Der Wille ist stark. Mit ihm können wir unsere Vorstellungswelt beherrschen und Krankheiten widerstehen.1 Der Einsatz des Willens gibt dem Verstand und den Nerven Spannkraft und Vitalität.2 Leider wird die Macht des Willens jedoch oft unterschätzt. »Wenn der Wille wach gehalten und richtig gelenkt wird, verleiht er dem ganzen Menschen Energie und trägt auf wunderbare Weise zur Gesundheit bei. Er spielt auch eine große Rolle beim Umgang mit Krankheiten.«3
Wie stark ist der Wille?
Der Psychiater William Sadler schreibt:
»Der Wille ist kein allmächtiger Herrscher. Er sitzt auf dem Thron des menschlichen Geistes, seine Macht wird aber eingeschränkt durch eine Verfassung, die auf chemischen und biologischen Gesetzmäßigkeiten beruht, und durch einen Ministerrat, der aus acht bzw. zehn endokrinen Drüsen besteht.
Ich möchte den Einfluss der endokrinen Drüsen auf die Persönlichkeitsentwicklung und das menschliche Verhalten nicht überbewerten. Auch will ich nicht die Rolle des Willens oder der Entscheidungsfähigkeit herunterspielen. Schließlich bestimmen ja diese Willensentscheidungen den Ausgang der inneren Kämpfe.
Jedoch wird ein intaktes endokrines System in jedem Fall dazu beitragen, dass man seine »Nerven« rasch wieder unter Kontrolle bekommt.
Ebenso kämpfen Patienten, deren endokrines System gestört ist, einen harten Kampf, da ihre Nerven ständig gereizt, überreizt und übermäßig ermüdet sind.«4
Manche Menschen nehmen Betäubungs- oder Rauschmittel ein und rutschen in falsche Gewohnheiten, die schließlich den Willen versklaven. Andere öffnen sich ihren Mitmenschen derart, dass sie sich in ihren Entscheidungen leicht beeinflussen lassen. Aber auch dann noch ist ihr Wille der entscheidende Faktor. Sie haben sich dafür entschieden, sich beeinflussen zu lassen.
Die menschliche Psyche ist zum geistlichen Schlachtfeld geworden. Viele sind unter die Gewalt der finsteren Macht geraten, weil sie ihren Willen nicht Gottes Geist gegeben haben. Wenn der Wille des Menschen erst einmal unter dieser Macht ist, führen dessen Entscheidungen zwangsläufig zu pathologischen Ergebnissen. Dann hat das Gehirn unter Krankheiten zu leiden, die einem ausgeglichenen Gemüt fremd sind.
Ein Beispiel für ein Einfallstor, durch das dunkle Mächte Zugang zur menschlichen Psyche suchen, ist die Hypnose. Bei dieser Methode wird der Geist eines Menschen unter die Kontrolle eines anderen gebracht, die schwächere Persönlichkeit wird der stärkeren unterstellt. Sie tut, was der Stärkere will, vor allem, wenn ihre Werte nicht fest gegründet sind. Das entspricht jedoch nicht Gottes Plan. Es erhöht vielmehr die Wahrscheinlichkeit, dass der Nachgiebige auch weiterhin das Urteil anderer Menschen übernimmt. So entscheidet der Wille sich nicht für das höchste Ziel, sondern geht den Weg des geringsten Widerstandes und der unmittelbaren Befriedigung. Vom therapeutischen Standpunkt aus ist daher eine Stärkung des Willens zu empfehlen. Der Wille soll nicht geschwächt werden.
Wie kann ich meinen Willen stärken?
1. Sich darin üben, Entscheidungen zu treffen. Sofort nachdem man alle Argumente abgewogen hat, seine Entscheidung fällen und auch dabei bleiben. Im Nachhinein seine Entscheidung nur ändern, wenn die Tatsachen wirklich deutlich dagegen sprechen. Besser einen Fehler machen, als lange unentschlossen hin- und herzuschwanken. Die Entscheidung aufzuschreiben, kann helfen, bei ihr zu bleiben.
2. Eine Arbeit vollenden, bevor man mit einer neuen beginnt. Wer von einer Sache zur nächsten und von einem Zimmer zum andern jagt, dreht sich letztlich im Kreis.
3. Manchmal helfen Spiele, die Entscheidungsfähigkeit zu entwickeln. Einer meiner jungen Patienten machte sich im Krankenhaus einen Ruf als ausgezeichneter Tischtennisspieler. Wenn wir zusammen spielten, ging er jedoch mehrmals vor und zurück, bis er sich endlich entscheiden konnte, wie er den Aufschlag machen wollte. Hatte er einmal angefangen, war er ein ausgezeichneter Spieler. Nach und nach half ihm das Spielen, seine Entscheidungen schneller zu treffen, bis er schließlich den Ball entschlossen angeben konnte.
4. Täglich eine unangenehme Aufgabe übernehmen, die erledigt werden muss.
5. Morgens zur geplanten Zeit aufstehen. Diese Entscheidung schon am Vorabend zu treffen, hilft dabei, sich morgens leichter an sie zu halten.
6. Gründlich und konzentriert lesen und sich engagiert darum bemühen, das Gelesene zu verstehen und auch zu behalten. Achtung: Wer viel sentimentale Romane und ähnliche Literatur liest, schwächt seinen Willen!
7. Selbstverleugnung und Selbstbeherrschung trainieren. Zum Beispiel auf reine Vergnügungen verzichten, vor allem wenn man allein ist.
8. Willen mit göttlicher Kraft verbinden: Gott darum bitten, seinen Willen zu stärken.
9. Einen gesunden Lebensstil mit guter Ernährung, viel Bewegung und Ruhe führen.
10. Sich angewöhnen, nach Plan statt aus dem Affekt zu leben.
Wem es schwer fällt, diese Übungen umzusetzen, der beginne mit der leichtesten, bis er sie beherrscht, und gehe dann zur nächsten über usw. Wem das immer noch zu schwierig ist, der kann mit Gott darüber reden und ihn um seine helfende Kraft bitten. Wer auf diese Weise seinen Willen stärkt, hat auch sein Leben wieder im Griff.
1 Ellen White, Ministry of Healing, 246; vgl. Der Weg zur Gesundheit, 183
2 Ellen White, Testimonies 1, 387; vgl. Intellekt, Charakter und Persönlichkeit 2, Kap 76, § 6
3 Ellen White, Ministry of Healing, 246; vgl. Der Weg zur Gesundheit, 183
4 William S. Sadler, Practice of Psychiatry, 969
Gekürzt aus: Elden M. Chalmers, Healing the Broken Brain, Science and the Bible Reveal How the Brain Heals, Remnant Publications, Coldwater, Michigan, 1998, S. 22-26.
Zuerst im Deutschen erschienen in Unser festes Fundament, 4-2003, S. 8-9.
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