Wie eine Prophezeiung auf bemerkenswerte Weise auf Ereignisse in der Geschichte und im christlichen Glauben hinweist. Wir entschlüsseln das Geheimnis der 70 Wochen und die Bedeutung der 2300 Jahre. Von Kai Mester
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Der Erlass zum Aufbau Jerusalems wurde vom persischen König Artaxerxes im Jahr 457 v. Chr. gegeben (Esra 7,7). Obwohl der Tempelbau schon abgeschlossen war, erging erst jetzt der Befehl zum Aufbau Jerusalems als Provinzhauptstadt (Esra 7,25; 6,14).
Der Messias
Von diesem Zeitpunkt an sollten 69 Wochen vergehen, bis der Messias kommen würde. Kurzer Sprachkurs: Messias (משיח maschiach) ist hebräisch und heißt Gesalbter. In Daniel 9,26 steht dieser Begriff. Auf Griechisch heißt Gesalbter christos (χριστος).
Gesalbt wurde im Alten Israel mit Öl, und zwar Priester (2. Mose 29,7) und Könige (1. Samuel 16,13). Das Öl war ein Sinnbild für den Heiligen Geist (Jesaja 61,1; Sacharja 4,2-3.6.11-14; Lukas 4,18; Apostelgeschichte 10,38). Diesen Geist empfing Jesus bei seiner Taufe (Matthäus 3,16).
Wieder wird deutlich, dass die Zeitangaben in Daniel nicht buchstäblich auszulegen sind. Denn von 457 v. Chr. käme man mit 483 Tagen (69 Wochen) sonst nur wenig weiter als ein Jahr. Mit dem Jahr-Tag-Prinzip gelangen wir aber genau in den Herbst des Jahres 27 n. Chr., in dem Jesus getauft wurde, da Esra das Dekret erst nach seiner Ankunft in Jerusalem im »fünften Monat« (August/September) verkünden konnte (Esra 7,8).
Genau dreieinhalb Jahre nach Jesu Taufe wurde Jesus im Frühjahr 31 n. Chr. gekreuzigt. Der Vorhang im Tempel zerriss (Lukas 23,46). Schlacht- und Speisopfer hatten nun keinen Sinn mehr, sie hatten ihre Erfüllung im Opfertod Jesu gefunden. So sahen es die ersten Christen (Hebräer 10), so hat es Daniel in dieser Zeitweissagung vorausgesagt: »In der Mitte der Woche wird er Schlacht- und Speisopfer aufhören lassen.« (Daniel 9,27)
Die Amputation
Die ganze Zeitkette der 70 »Jahrwochen« war für Gottes Volk »bestimmt«. Hier steht im Hebräischen das Wort chatakh (חתך) »abgeschnitten«. Es kommt nur einmal in der Bibel vor, ist aber aus außerbiblischen Quellen gut bekannt. Jüdische Lehrer im Altertum (die Rabbiner) verwendeten das Wort bei der Vorbereitung der Opfertiere im Sinne von »amputieren« oder »abschneiden«. Hier in Daniel 9 sollten die 70 Wochen von einer längeren Zeitperiode »abgeschnitten« oder »amputiert« werden. Zudem sollten diese 70 Wochen in besonderer Weise dem Wohl der Juden dienen und das irdische Leben und Sterben des Messiasfürsten Jesus Christus umfassen.
Wenn die 490 Tage der 70 Wochen symbolische Jahrwochen sind, dann sind auch die 2300 Tage symbolisch zu verstehen und stellen 2300 Jahre dar, von denen die 490 Tage »abgeschnitten« sind. Man kann schließlich nur etwas Kürzeres von etwas Längerem amputieren: einen Finger von der Hand, ein Bein vom Körper, nicht umgekehrt.
Wo sollen wir die 490 Jahre von den 2300 Jahren abschneiden? Vorne oder hinten? Schneiden wir sie hinten ab, dann enden die 2300 Jahre im Jahr 34 und beginnen 2267 v. Chr., ein Datum weitab von jedem Ereignis, das im Buch Daniel besprochen wird.
Schneiden wir sie vorne ab, kommen wir ins Jahr 1844. Das macht Sinn, denn die 1260 Jahre Mittelalter und Inquisition würden ja erst im Jahr 1798 zu Ende gehen. Vorher könnten die Reichsübergabe, das Gericht und die Reinigung des Heiligtums wohl kaum stattfinden.
Was geschah 1844?
In der dritten Vision erfahren wir nur, dass 1844 das Heiligtum wieder gereinigt werden würde (Daniel 8,14). Der irdische Tempel ist aber seit 70 n. Chr. zerstört. Er kann nicht gemeint sein. Die meisten Protestanten Anfang des 19. Jahrhunderts glaubten, die Erde sei das Heiligtum. Sie müsse durch Feuer gereinigt werden. Doch hierin täuschten sie sich. Das Neue Testament kennt außer dem zerstörten Jerusalemer Tempel nur drei Heiligtümer: Das himmlische Heiligtum (Offenbarung 11,19), Gottes Gemeinde (Epheser 2,21) und unseren Körper als Tempel des Heiligen Geistes (1. Korinther 3,16-17; 6,19-20). Lies auch unser Special 2 mit dem Titel Sehnsucht nach dem Paradies.
Das Rätselraten ist überflüssig. Die Parallelvision macht deutlich, dass die Reinigung durch ein Gericht im Himmel stattfindet (Daniel 7,9ff). Wie beim Versöhnungstag ganz Israel, so betet Daniel in Kapitel 9,3-19 um Reinigung und Vergebung von Sünden für sein Volk. In Kapitel 1,8-16 wird außerdem deutlich, dass Daniel auch seinen Körper als Tempel des Heiligen Geistes betrachtet.
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