Seit der Pandemie besonders anschaulich erlebt. Von Kai Mester
Schon beim Turmbau zu Babel hat Gott bewusst die Einheit der Menschen zerbrochen. Er sprach: »Siehe, es ist einerlei Volk und einerlei Sprache unter ihnen allen und dies ist der Anfang ihres Tuns; nun wird ihnen nichts mehr verwehrt werden können von allem, was sie sich vorgenommen haben zu tun. Wohlauf, lasst uns herniederfahren und dort ihre Sprache verwirren, dass keiner des andern Sprache verstehe!« (1. Mose 11,6.7) Die Vielsprachigkeit wirkte wie Sand im Getriebe und verlangsamte die schlimmsten Entwicklungen.
Auf demselben Prinzip besteht der radikalreformatorische Grundsatz der Religionsfreiheit, der die Trennung von Staat und Kirche fordert, um die Verfolgung religiöser Minderheiten zu verhindern oder wenigstens zu erschweren.
Auch in der Politik merken wir derzeit den Segen dieses Prinzip in der Gewaltenteilung. Diese äußert sich im Föderalismus (Beispiel: Bundesländer mit eigenständigen Regierungsorganen). So kann die Bundesregierung in Deutschland nicht so leicht durchregieren wie der Präsident in Frankreich. Sie muss sich immer wieder mit den einzelnen Landesregierungen auseinandersetzen. Das hat sich wunderschön in der Corona-Politik gezeigt. Einerseits manchmal chaotisch, andererseits doch viel mehr Freiheit und Luft zum Atmen durch Ausweichmöglichkeiten.
Unter Gewaltenteilung versteht man aber auch insbesondere die Trennung von Legislative (Gesetzgebung), Exekutive (Regierung) und Judikative (Gerichte) sowie als vierter Gewalt eine Medienlandschaft, die in einem Klima der Pressefreiheit berichten, recherchieren, aufdecken und kritisieren darf. Auch hier haben wir die Auseinandersetzung zwischen diesen vier Gewalten deutlich sehen können. Natürlich stimmt es sorgenvoll, dass die Medien durch ihre Zugehörigkeit zu einem Netzwerk von Medienkonzernen offensichtlich nicht mehr ganz so frei sind, wie sie es einmal früher waren. Auch kann all diese Gewaltenteilung nur bedingt ein Segen sein, wenn die Mentalität eines Volkes, dieses Potenzial nur eingeschränkt nutzt.
Auf jeden Fall können wir sehr dankbar sein für jede Ausdrucksform dieses Prinzips, das Gott beim Turmbau zu Babel zum Schutz seiner Kinder eingesetzt hat.
Dasselbe Prinzip wird auch innerhalb kirchlicher Strukturen und anderer Organisationen zum Segen sein. Irdische Diktaturen, ob im kleinen Kreis oder auf staatlicher Ebene, sind immer nur vorübergehend und scheinbar dieser Organisationsform überlegen.
Nun mag jemand fragen, ob denn Gott nicht viel lieber die Einheit wünscht. Hat nicht Jesus seinen und unseren Vater gebeten: »Ich bitte … dass sie alle eins seien … auf dass die Welt glaube, dass du mich gesandt hast … und erkenne, dass du … sie liebst«? (Johannes 17,20-23)
Ja, ganz bestimmt! Doch verhält es sich hiermit genauso wie mit echter christlicher Gütergemeinschaft. Während das achte Gebot Diebstahl verbietet, und damit eindeutig Privatbesitz und klare Grenzen als biblischen Wert definiert, kann uns Jesu Liebe dennoch befähigen, einander freiwillig auszuhelfen, wo Mangel ist, sodass nach außen hin der Eindruck einer Gütergemeinschaft entsteht, ohne dass der Kommunismus in irgendeiner Form Einzug gehalten hätte. Jeder weiß, was wem gehört. Jeder respektiert das Eigentum des anderen. Doch jeder gibt freiwillig und großzügig, wo Not ist und wo dadurch Segen entstehen kann.
Nicht anders verhält es sich mit der freiwilligen Einheit, die durch Gottes Liebe da entstehen kann, wo unterschiedliche Sprachen, Kulturen und Aufgaben respektiert werden, wo man föderale, kirchliche und staatliche Strukturen, Religions-, Meinungs- und Pressefreiheit achtet und schätzt.
Wenn wir jetzt noch den Segen der Demonstrationsfreiheit, der Kommunikationsfreiheit von Messengerdiensten dazu nehmen, können wir Gott nur dafür danken. Auch wenn dadurch leider noch mehr Falschinformationen zu uns gelangen, so haben doch auch nur so manche richtigen Informationen eine Chance weithin gehört zu werden. Denken wir nur an die vielen Bibelverse und Aussagen von Ellen White, die über diesen Weg Menschenherzen verändern.
Haben wir also Mut zur Teilung! Freuen wir uns über eine offene und herzliche Gesprächskultur. Keiner von uns hat die ganze Wahrheit. Wir können immer voneinander lernen und dennoch fest in Gott, der guten Nachricht, der Adventbotschaft, in Glaubensgerechtigkeit, Sündenüberwindung und allen reformatorischen Prinzipien bis hin zu Lebensstilfragen verwurzelt sein. Dann wird uns Gottes Geist in alle Wahrheit führen, ohne dass wir eine einzige der neun Geschmacksrichtungen der Frucht des Geistes verlieren müssten.
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