Jüdische Anpassungsfähigkeit: Der Glückskeks, der den Ausschlag gab

Jüdische Anpassungsfähigkeit: Der Glückskeks, der den Ausschlag gab
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Manchmal benutzt Gott in seiner Liebe und Verzweiflung eigenartige Wege, um Menschen ein Stück näher zu sich zu ziehen. Von Richard Elofer

Rabbi Olesker gab in Boston ein Seminar. In einer Pause kam einer der Teilnehmer, ein jüdischer Mann Anfang 50, zu ihm und bat ihn um einen Gesprächstermin. Sie verabredeten sich zum Abendessen und gingen in ein chinesisches Restaurant. Schon auf dem Weg dahin schnitt der Mann das Thema an. Er und seine Frau hätten recht spät geheiratet und seien – Gott sei Dank – mit Kindern gesegnet worden. Die Kinder kämen aber nun ins Schulalter. »Rabbi, ich möchte, dass meine Kinder sich stark mit dem Glauben identifizieren und auch einen gläubigen Partner heiraten. Ich weiß, wie hoch das Anpassungsrisiko ist, wenn wir unsere Kinder in eine staatliche Schule schicken – ganz zu schweigen vom Drogen- und Gewaltproblem. Doch wie kann ich sie auf eine Jeschiwa oder eine jüdische Ganztagsschule schicken, wenn sie dann abends in ein nichtreligiöses Elternhaus heimkommen? Müssen meine Frau und ich jetzt religiös werden um unserer Kinder willen?

Rabbi Olesker lachte und der Mann fragte ihn: »Warum lachen Sie über meine Frage?« Rabbi Olesker antwortete: »Weil Sie die Antwort auf die Frage schon wissen. Aber Sie gefällt Ihnen nicht. Nun wollen Sie, dass ich Ihnen sage, was Sie schon wissen. Dann werden Sie sich an meiner Antwort stören und sich im Recht fühlen, wenn Sie ihr nicht folgen. Dabei ist Ihnen eigentlich schon klar, dass sie richtig ist. »Woher wollen Sie das wissen?«, fragte der Mann. »Einfach daher«, erwiderte Rabbi Olesker, »dass Sie diese Frage an einen orthodoxen Rabbi stellen.« Der Mann lachte und sagte: »Vielleicht haben Sie Recht, aber ich würde trotzdem gerne Ihre Gedanken dazu hören.«

»Nun gut«, sagte Rabbi Olesker, »Eltern schulden ihren Kindern drei Dinge: Vorbild, Vorbild und noch mal Vorbild. Wenn es Ihnen wichtig ist, dass Ihre Kinder ein Teil der jüdischen Zukunft sind, dann gibt es keinen besseren Weg, als Sie in die Ganztagsschule zu schicken und daheim Ihren Glauben konsequent zu leben.« Der Mann antwortete: »Aber es ist so schwer. Ich kann mich niemals ändern.« Rabbi Olesker, der aus einem nicht-praktizierenden Elternhaus kam, erwiderte: »Schauen Sie, niemand hat mehr Änderungen vorgenommen als ich. Wenn ich das kann, dann können Sie es auch!« Der Mann konterte: »Für Sie ist es leicht. Sie sind sehr anpassungsfähig. Aber ich bin schon zu alt, um mich zu ändern.«
Das Gespräch ging noch ein paar Minuten ziellos weiter, dann wechselten Sie das Thema. Nach dem Nachtisch brachte der Kellner zwei Glückskekse. Rabbi Olesker öffnete seines und fing an zu lachen. »Warum lachen Sie?«, fragte sein Begleiter. »Lesen Sie, was auf meinem Zettel steht!«, sagte er und reichte ihn dem Mann. Dort stand: »Sie sind ein sehr anpassungsfähiger Mensch.« Der Mann stimmte in sein Gelächter mit ein und überlegte dann: »Was wohl auf meinem Zettel steht?« Er zerbrach seinen Keks und las den Zettel. Da wurde er plötzlich ganz blass und fing an zu zittern.

»Was ist los?«, fragte Rabbi Olesker. »Es ist der Zettel aus dem Keks.« Rabbi Olesker nahm ihn und las: »Du bist nie zu alt, um dich zu ändern.«

Heute besucht der Mann regelmäßig die Synagoge. Er und seine Familie machen in ihrer Hingabe an G’tt* stetig Fortschritte, und seine Kinder besuchen religiöse Schulen.

Aus: Shabbat Shalom Newsletter, 737, 1. Juli 2017, 7. Tammus 5777
Herausgeber: World Jewish Adventist Friendship Center

*Deutsche Juden haben die Gewohnheit, im Wort G’tt oder H’RR den Vokal nicht zu schreiben und stattdessen Adonai oder HaSchem zu lesen. Dies ist für sie Ausdruck der Ehrfurcht vor G’tt.

Empfohlener Link: https://wjafc.globalmissioncenters.org/


 

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