Das Kreuz schon jetzt tragen. Von Ellen White
Wir leben in einer sehr gefährlichen Zeit. Keiner von uns kann es sich leisten, seine Vorbereitung auf Jesu Wiederkunft aufzuschieben. Folgen wir also nicht den törichten Jungfrauen und meinen, wir könnten gefahrlos warten, bis die Krise kommt, um erst dann unseren Charakter auf die Prüfung vorzubereiten. Wenn die Gäste hineingerufen werden und sich ausweisen müssen, ist es zu spät, Jesu Gerechtigkeit zu suchen. Jesu Gerechtigkeit – das Hochzeitskleid – will heute angelegt werden. Es ist die Eintrittskarte für das Hochzeitsmahl des Lammes.
Im Gleichnis betteln die törichten Jungfrauen um Öl, aber niemand erfüllt ihre Bitte. Das ist ein Bild für jene, die ihren Charakter nicht auf die Krise vorbereitet haben. Es ist, als würden sie zu einem Freund gehen und sagen: »Gib mir deinen Charakter, sonst geh ich verloren!« Die klugen Jungfrauen konnten kein Öl in die flackernden Lampen der törichten Jungfrauen gießen. Charakter ist nicht übertragbar, käuflich oder verkäuflich. Man kann ihn sich nur aneignen. Der HERR gibt jedem die Chance einen gerechten Charakter zu erhalten, solange noch Gnade ist. Doch wie soll einer dem anderen seinen Charakter übertragen, den er in schweren Lebenserfahrungen und in der Schule des großen Lehrers gebildet hat, um in Prüfungen Geduld zu beweisen und einen Glauben, der Berge versetzt und Unmögliches möglich macht? Den Duft der Liebe kann man nicht übertragen – Freundlichkeit, Takt und Ausdauer lassen sich nicht abgeben. Ein Mensch kann seine Liebe zu Gott und seinen Mitmenschen nicht einfach ins Herz seines Nächsten hineingießen.
Der Tag kommt und steht unmittelbar bevor, wo jeder Charakterzug in besonderen Versuchungen offenbar wird. Wer grundsatztreu bleiben und bis zum Ende vertrauen wird, hat sich schon zuvor unter Prüfungen bewährt und einen Charakter nach Jesu Ebenbild gebildet. Enge Vertrautheit mit Jesus bedeutet auch, durch seine Weisheit und Gnade an der göttlichen Natur teilzuhaben. Doch man kann anderen keine Herzenshingabe oder sonstige edle Gemütszüge schenken und ihre Mängel mit moralischer Kraft aufwiegen. Wir können zwar viel füreinander tun, indem wir ein jesusähnliches Vorbild sind und uns gegenseitig motivieren, bei Jesus die Gerechtigkeit zu holen, ohne die niemand im Gericht besteht. Bedenken wir aber unter Gebet das wichtige Thema der Charakterbildung und lassen wir unseren Charakter schon jetzt nach dem göttlichen Modell formen!
Youth Instructor, 16. Januar 1896
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