Welcher Antwort ich glaube, bestimmt meine Art zu leben, so stark sogar, dass das Thema ein heißes Eisen ist. Wer sich aber um der befreienden Wahrheit willen damit beschäftigt, wird reich belohnt werden. Von Alberto Rosenthal
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»Sei sorgfältig, äußerst sorgfältig, wie du über das Thema der menschlichen Natur Jesu sprichst! Stelle ihn den Leuten nicht als Mensch mit den Neigungen der Sünde dar! … Nie, in keiner Weise, lass in den Gedanken der Menschen den geringsten Eindruck entstehen, dass Jesus mit einem Makel oder einer Neigung zur Verdorbenheit behaftet war oder dass er irgendwie der Verdorbenheit nachgegeben habe. Er wurde in allen Dingen versucht wie ein Mensch, doch wird er ›das Heilige‹ genannt (Lukas 1,35).
Dass Jesus genauso versucht wurde wie wir, doch ohne Sünde, ist ein Geheimnis, das Sterblichen nicht erklärt wird. Jesu Fleischwerdung ist ein Geheimnis und wird stets ein Geheimnis bleiben. Was offenbart worden ist, ist für uns und unsere Kinder, doch sei jeder gründlich davor gewarnt, Jesus allzu menschlich zu machen, so wie einen von uns, denn das kann nicht sein. Es ist nicht notwendig, dass wir den genauen Zeitpunkt kennen, an dem die menschliche Natur sich mit der göttlichen Natur vereinte. Wir sollen uns auf den Felsen Christus Jesus stellen, als Gott geoffenbart in menschlicher Natur.«
(Bible Commentary 5, 1128; vgl. Bibelkommentar, 311)
Die aus dem Bibelkommentar zitierten Aussagen sind einem Brief von Ellen White aus dem Jahr 1895 an Bruder W. L. H. Baker entnommen. Es war ein persönlicher Brief, den sie ihm aus Australien schrieb. Bruder Baker war damals in Tasmanien als junger Prediger tätig.
Von 1852 bis 1952 sprachen wir als Gemeinde mit einer Stimme in unseren Veröffentlichungen über Jesu Natur (also über seine Menschlichkeit; diese ist ja vorrangig in der theologischen Fragestellung um die »Natur Jesu« gemeint). Wir kommen dabei auf 1200 Aussagen, davon ca. 400 von Ellen White (aufgelistet in Ralph Larsons bahnbrechender Studie The Word Was Made Flesh). Genau 100 Jahre nach der ersten schriftlichen Äußerung über dieses Thema erschien die erste gegenteilige Aussage. Das neue Verständnis hat sich besonders auf den Baker-Brief berufen, der erst in den 50er Jahren entdeckt wurde und auf dessen Grundlage seitdem oft sämtliche Aussagen von Ellen White zu diesem Thema interpretiert worden sind.
100 Jahre lang glaubten die adventistischen Verfasser, die zu diesem Thema schrieben, dass in Jesu Fleisch [nicht in seinem Geist] in der Tat eine Neigung zur Sünde vorhanden war. Sie betrachteten Jesu Fleisch als mit dem unsrigen identisch und verwendeten den Begriff »Fleisch« und »gefallene menschliche Natur« austauschbar. Das große Geheimnis der Gottseligkeit, »Gott ist offenbar geworden im Fleisch« (1. Timotheus 3,16), erkannten sie darin, dass Jesus tatsächlich und mehr als nur scheinbar »unsere Natur in ihrem entarteten Zustand annahm« (Selected Messages 1, 253; vgl. Frühe Schriften 1, 266). »Er wurde nicht nur Fleisch, sondern dem Sündenfleisch gleich.« (Bible Commentary 5, 1124; vgl. Bibelkommentar, 305)
Aus diesem Grund gebrauchte Ellen White die Formulierung, dass Jesus unsere »sündhafte (sinful)« oder »gefallene (fallen)« Natur auf sich genommen habe (Review and Herald, 15.12.1896, Selected Messages 3, 134).
Sie alle verstanden darunter lediglich das Erbgut, die »erbliche Schwäche«, wie Ellen White auch sagt. Darin sah sie den »Kanal«, durch den Satan uns versucht (Desire of Ages, 122; vgl. Leben Jesu, 107). Jeder Mensch wird somit versuchbar geboren – im Fleisch!
»Fleisch« bedeutet Versuchung von innen
In der Tat identifiziert das Neue Testament Fleisch mit Versuchung, genauer gesagt mit »Versuchung von innen« (Ellen White unterscheidet zwischen »Versuchung von außen« und »Versuchung von innen«; Review and Herald, 29.04.1884).
Man vergleiche hierzu Galater 5,24 und Jakobus 1,14. In beiden Texten findet sich dasselbe griechische Wort für »Begierde«. Das Fleisch besteht aus Begierde, so Paulus; die Begierde aber ist Versuchung, so Jakobus. Es geht den Schreibern hier also um Versuchung, nicht um Sünde.
Das Wort »Begierde« kann biblisch sowohl für Versuchung als auch für Sünde verwendet werden. Deshalb ist es entscheidend zu verstehen: »Verschiedene Bedeutungen werden durch dasselbe Wort ausgedrückt. Es gibt nicht ein Wort für jeden unterschiedlichen Gedanken.« (Selected Messages 1, 20; vgl. Für die Gemeinde geschrieben 1, 20)
Das Fleisch kreuzigen
Zu Jesus gehört laut Paulus, wer das Fleisch gekreuzigt hat, und in der Sprache des Jakobus, wer die »eigene Begierde« gekreuzigt hat. In anderen Worten: Wer die Versuchung von innen zur Sünde tötet, indem er Jesus und seiner erhaltenden Macht vertraut, der überwindet und ist für den Himmel bereit.
Versucht in allem wie wir
Jesus aber wurde versucht in allem wie wir (Hebräer 4,15), nicht nur äußerlich, sondern auch von innen, also durch sein Fleisch, die eigene Begierde, die ihn »gereizt und gelockt« hat wie jeden von uns (Jakobus 1,14).
Er spürte wie jeder Mensch in seiner menschlichen Natur, in seinem Fleisch, »einen Hang zum Bösen, eine Kraft, der er [der Mensch] ohne Hilfe nicht widerstehen kann.« (Education, 29; vgl. Erziehung, 25)
Dieser Hang des Fleisches [nicht des Geistes] quälte ihn wie jeden anderen Menschen. Er äußert sich in Gedanken und Gefühlen, die Satan einflößt und weckt. »Es gibt Gedanken und Gefühle, von Satan eingeflößt und geweckt, die sogar die Besten unter den Menschen belästigen; wenn sie aber nicht gehegt werden, wenn sie als hassenswert zurückgewiesen werden, wird die Seele nicht mit Schuld verunreinigt und kein anderer durch ihren Einfluss beschmutzt.« (Review and Herald, 27.03.1888)
Die augustinische Erbsündenlehre
Augustinus und in seiner Nachfolge der Protestantismus im Allgemeinen setzten »Fleisch« mit dem Begriff »Erbsünde« gleich (die katholische Kirche hat das augustinische Erbsündenverständnis modifiziert). Demnach würden wir alle als Sünder geboren, weil unsere gefallene menschliche Natur, die wir von unseren Eltern erben, schon Sünde darstelle. Deshalb könne Jesus, nicht mit derselben menschlichen Natur versehen worden sein wie wir, denn dies würde ihn ja dann auch zum Sünder gemacht haben. Daher habe er Adams ungefallene menschliche Natur bei seinem Kommen auf sich genommen (nach katholischer Lehre wurde dies durch die unbefleckte Empfängnis Mariens selbst möglich; sie folgt in diesem Punkt Augustinus).
Der Geist des Antichristen
Die Bibel identifiziert in dieser Sicht den Geist und Kern des Antichristen: »Daran erkennt ihr den Geist Gottes: Jeder Geist, der bekennt, dass Jesus Christus im Fleisch gekommen ist, der ist aus Gott; und jeder Geist, der nicht bekennt, dass Jesus Christus im Fleisch gekommen ist, der ist nicht aus Gott. Und das ist der Geist des Antichristen, vom dem ihr gehört habt, dass er kommt; und jetzt schon ist er in der Welt.« (1. Johannes 4,2.3)
Die richtige Definition von Fleisch und Sünde
Es ist also entscheidend, das Wort »Fleisch«, aber auch das Wort »Sünde« richtig zu definieren. Darin besteht das erste Werk des Heiligen Geistes (Johannes 16,8). Dieses Werk zu fälschen ist das Hauptanliegen Satans im großen Kampf zwischen Licht und Finsternis. So wartet der Teufel mit einer Gegendefinition für Fleisch und Sünde auf. Von den Kanzeln hören wir heute fast nur noch sein Verständnis über diese Dinge. Satans Sicht hat sich in der Christenheit fast vollständig durchgesetzt. Die Definition der Bibel für Fleisch haben wir betrachtet.
Die Definition für Sünde findet sich in 1. Johannes 3,4: »Sünde ist die Übertretung des Gesetzes.« (siehe King James/ Hoffnung für alle) Oft verweist Ellen White in ihren Schriften darauf, dass dies die einzige Definition für Sünde ist. Sünde ist damit immer eine willentliche Entscheidung.
Der Bakerbrief und der Adoptianismus
Bruder Baker hatte durch sein intensives Studium der Kirchenväter die Lehre des Adoptianismus angenommen, nach der Jesus bei seiner Geburt nicht der Sohn Gottes gewesen sei, sondern nur ein Mensch wie wir. Während der ersten Phase seiner menschlichen Existenz sei er ein normaler Mensch mit einem hohen Verständnis von Reinheit und Heiligkeit gewesen, die er heldenhaft erstrebte, aber in keinem Sinne göttlich. So habe er, da er ausschließlich Mensch war, dieselben Neigungen [des Geistes, des Charakters] zur Sünde besessen wie alle Menschen und konnte somit auch gesündigt haben. In Anbetracht seines heldenhaften Einsatzes, Heiligkeit zu erlangen, habe dies aber nicht verhindern können, dass er am Höhepunkt seines geistlichen Fortschritts von Gott adoptiert worden sei (bei seiner Taufe oder bei seiner Auferstehung oder auch allmählich, nach den verschiedenen Auffassungen). Daraufhin sei seine Menschlichkeit mit der Göttlichkeit verbunden worden.
In ihrem Brief an Bruder Baker deckt Ellen White Punkt für Punkt die Irrlehre des Adoptianismus auf. Zehnmal drückt sie in unterschiedlicher Weise unmissverständlich aus, dass Jesus nie in seinem Leben sündigte.
Jesus sündigte kein einziges Mal
Ellen White gebraucht in diesem Brief den Begriff »Neigung« in diesem spezifischen Sinn. »Stelle ihn dem Volk nicht dar als einen Menschen mit den Neigungen der Sünde (propensities of sin).« »Er hätte sündigen können. Er hätte fallen können. Aber nicht einen einzigen Augenblick war in ihm eine böse Neigung vorhanden (an evil propensity).« In anderen Worten: Jesus sündigte kein einziges Mal!
In diesen Zitaten geht es nicht um die Definition des Begriffes »Fleisch«. Baker hatte keine Schwierigkeit zu verstehen, dass Jesus wie jeder Mensch durch die Neigungen des Fleisches versucht wurde. Sein Problem bestand darin, Jesus »innewohnende Neigungen des Ungehorsams« und offensichtlich auch erworbene charakterliche Neigungen zum Bösen zuzuschreiben.
Jesus besaß jedoch nie einen charakterlichen Hang, eine charakterliche Neigung zur Sünde. Sein Wille war und blieb heilig!
Neigung und Neigung
Ellen White benutzt in ihrem Schrifttum wie die Bibel manchmal dasselbe Wort für unterschiedliche Bedeutungen, in diesem Fall das Wort »propensity«. Darin besteht des Rätsels Lösung!
Die sündigen Neigungen
In der folgenden Aussage benutzt sie »propensity« erneut im Sinne von Sündigen (oder dem Resultat des Sündigens):
»Wir brauchen nicht eine sündige Neigung zu behalten (one sinful propensity).« (Maranatha, 225)
Offensichtlich kann sie hier nicht unser Fleisch meinen, denn das werden wir behalten, bis Jesus in den Wolken des Himmels erscheint, bis zur Verwandlung. Die Neigung des Fleisches zur Sünde werden wir auch in der großen Trübsalszeit noch spüren, sogar stärker als zuvor. Doch schon bei unserer Neugeburt befreit uns Jesus von jeder sündigen uns bekannten charakterlichen Neigung, da er unser ganzes Herz reinigt und uns seine eigene Gesinnung schenkt.
Diese Art von Neigung (propensity), die Christen aus ihrer Erfahrung ausmerzen müssen, besaß Jesus nie und in keinerlei Weise.
Die natürlichen Neigungen
Ellen White spricht aber noch von einer anderen Art von Neigung (propensity), die beherrscht werden muss, aber nicht ausgemerzt werden kann. Sie sagt:
»Unsere natürlichen Neigungen (natural propensities) müssen beherrscht werden, oder wir vermögen niemals so zu überwinden, wie Jesus überwand.« (Testimonies 4, 235; vgl. Zeugnisse 4, 257)
Schwester White unterscheidet somit zwischen sündigen Neigungen und natürlichen Neigungen. Erstere müssen ausgemerzt, letztere beherrscht werden.
Letztere besaß Jesus wie wir. Dies wird auch deutlich, wenn man ihre Verwendung des Wortes Leidenschaft (passion) untersucht. Auch dieses Wort kann bei ihr je nach Zusammenhang zweierlei bedeuten, eine sündige oder eine natürliche Leidenschaft. So lesen wir über Jesus einerseits:
»Obgleich er die menschlichen Leidenschaften in vollem Ausmaß besaß (though he had all the strength of passion of humanity), gab er niemals der Versuchung nach, das zu tun, was nicht rein, erbaulich und erhebend war. Er sagt: ›Ich heilige mich für sie, damit auch sie geheiligt seien.‹ (Johannes 17,19)« (Signs of the Times, 21.11.1892)
Andererseits aber lesen wir: »Er war ein mächtiger Bittsteller, der die Leidenschaften unserer gefallenen, menschlichen Naturen nicht besaß (not possessing the passions of our human, fallen natures), aber mit gleichen Schwachheiten behaftet war, in allem versucht wie wir.« (Testimonies 2, 508; vgl. Zeugnisse 2, 501)
Im ersten Fall spricht sie von Versuchung, im zweiten von Sünde.
Die Worte propensity und passion können somit auf die Versuchbarkeit durch das Fleisch verweisen oder aber auf das Sündigen selbst. Alles klärt sich somit durch das rechte Verständnis des Sprachgebrauchs! Ein Wort kann zwei verschiedene Bedeutungen haben!
Das Geheimnis der Gottseligkeit
Faszinierend ist, dass die zwei unterschiedlichen Verwendungen desselben Wortes zusammen das Geheimnis der Gottseligkeit wiedergeben. Diese besteht ja aus zwei Wirklichkeiten: »Anerkannt groß ist das Geheimnis der Gottseligkeit: Gott ist geoffenbart worden im Fleisch, gerechtfertigt im Geist.« (1. Timotheus 3,16)
1. Jesus wurde versucht in allem wie wir. Gott ist geoffenbart im Fleisch: Er besaß wie wir natural propensities.
2. Jesus war ohne Sünde. Gott ist gerechtfertigt im Geist: Er besaß anders als wir keine evil propensities.
Die Bedeutung von Römer 8
Damit wird auch Römer 8,3.4 verständlich:
»Denn was dem Gesetz [den 10 Geboten] unmöglich war – weil es durch das Fleisch [die erbliche Schwäche, die ererbten Neigungen des Fleisches zum Bösen, die Versuchung von innen] kraftlos war –, das tat Gott, indem er seinen Sohn sandte in der Gleichheit des sündigen Fleisches [so die beste Übersetzung; also durch natürliche Leidenschaften bedrängt wie wir, versucht wie wir] und um der Sünde willen [um das Sündenproblem zu lösen, das nur auf diesem Weg zu lösen war] und die Sünde im Fleisch verurteilte [die Sünde besiegte, indem er seinem Sohn den Glauben schenkte, der Versuchung durch das Fleisch zu widerstehen], damit die vom Gesetz [von den 10 Geboten] geforderte Gerechtigkeit in uns erfüllt würde, die wir nicht gemäß dem Fleisch wandeln [also der Versuchung von innen nicht nachgeben], sondern gemäß dem Geist [der die Versuchung von innen tötet, wenn wir uns zu Gott flüchten und in Jesu Namen widerstehen].«
Jesus ist uns ein wahrhaftes, vollkommenes Vorbild geworden! »Genau das, was du sein kannst, war er in menschlicher Natur.« (Bible Commentary 5, 1124; vgl. Bibelkommentar, 305)
Der Vater verurteilte die Sünde (die Übertretung des Gesetzes) im Fleisch (der Versuchungsmacht von innen) seines Sohnes!
Das Fleisch versuchte ihn zu zwingen, die Werke des Fleisches zu tun. Weil er diesem Locken im Namen seines Vaters widerstand, kam es nicht zur Sünde. Die Sünde wurde damit genau dort besiegt, wo jeder andere Mensch zur Sünde gereizt, gezogen und verführt wurde – im Fleisch selbst, in der gefallenen menschlichen Natur, die seit dem Sündenfall unter Satans Kontrolle steht.
Die »niedrigeren« Leidenschaften
Tatsächlich ist es von aller größter Bedeutung, die richtige Definition des Begriffes Fleisch zu besitzen. Die Christenheit führt seit 2000 Jahren einen theologischen Kampf hierum. Das gesamte Erlösungsverständnis und damit auch die Wirksamkeit der Heiligtumslehre hängen davon ab. Gott sei Dank hat Gott uns als Adventbewegung durch Ellen White die biblische Definition noch einmal ausdrücklich bestätigt – und zwar an einer einzigen Stelle in ihrem Gesamtwerk!
»Die niedrigeren Leidenschaften haben ihren Sitz im Körper und wirken durch ihn. Worte wie ›Fleisch‹, ›fleischlich‹ oder ›Fleischeslust‹ umfassen die niedrigere, verdorbene Natur; das Fleisch kann aus sich heraus nicht gegen Gottes Willen handeln.« (Adventist Home, 127; Das adventistische Heim, Kap. 18, letzter Abs.)
Das Fleisch ist eindeutig die Macht der Versuchung! Es fühlt sich sündhaft an, aber es ist nicht Sünde; man fühlt die Kraft der Sünde und spürt das Böse, den Stolz, die Selbstsucht, die Selbsterhöhung, den Neid, die Bitterkeit, die Ungeduld, die Lieblosigkeit, die Gleichgültigkeit, manchmal wie eine Urgewalt, wie einen Strom, der einen Damm zum Einreißen bringen möchte. Doch das Fleisch kann aus sich allein heraus nicht gegen Gottes Willen handeln (es ist nicht Sünde)!
Genau das erlebte Jesus. Das Zitat fährt fort: »Wir sind angewiesen, das Fleisch samt den Leidenschaften und Begierden zu kreuzigen (Galater 5,24). Wie sollen wir das tun? Sollen wir dem Körper Schmerzen zufügen? Nein! Wir kreuzigen vielmehr die Versuchung zur Sünde! Wir weisen den verdorbenen Gedanken aus, nehmen jeden Gedanken gefangen und bringen ihn zu Jesus Christus. Wir unterwerfen alle körperlichen Neigungen den höheren Seelenkräften, lassen die Liebe Gottes zuoberst regieren und Christus auf einem ungeteilten Thron sitzen. Wir sollen unseren Körper als sein erkauftes Eigentum betrachten und alle Körperteile sollen der Gerechtigkeit dienen.« (Adventist Home, ibid.; vgl. ebd.)
Wir lernen so viel aus diesen wenigen Sätzen:
Das Fleisch kreuzigen heißt: die Versuchung zur Sünde kreuzigen. Das bedeutet, den verdorbenen Gedanken ausweisen, jeden Gedanken gefangen nehmen und zu Jesus bringen, also alle körperlichen Neigungen den höheren Seelenkräften unterwerfen, die Liebe zuoberst regieren lassen, Jesus auf einem ungeteilten Thron sitzen lassen, unseren Körper als sein erkauftes Eigentum betrachten und mit dem ganzen Körper der Gerechtigkeit dienen.
Wie kreuzigte Jesus sein Fleisch?
Jesus kreuzigte die Versuchung zur Sünde. Er wies den verdorbenen Gedanken aus, nahm jeden Gedanken gefangen und brachte ihn zu seinem Vater. Er unterwarf alle körperlichen Neigungen den höheren Seelenkräften, ließ die Liebe zuoberst regieren, seinen Vater auf einem ungeteilten Thron sitzen und betrachtete seinen Körper als Eigentum seines Vaters. Er diente mit seinem ganzen Körper der Gerechtigkeit.
Die ökumenische Sichtweise
Aus katholischer und protestantischer Sicht machen wir Jesus damit zum Sünder. Wer aber wird einmal gegen Gottes Volk stehen? Der Katholizismus und der abgefallene Protestantismus. In der Tat:
»Daran erkennt ihr den Geist Gottes: Jeder Geist, der bekennt, dass Jesus Christus im Fleisch gekommen ist, der ist aus Gott; und jeder Geist, der nicht bekennt, dass Jesus Christus im Fleisch gekommen ist, der ist nicht aus Gott. Und das ist der Geist des Antichristen, vom dem ihr gehört habt, dass er kommt; und jetzt schon ist er in der Welt.« (1. Johannes 4,2.3)
Nun lässt sich auch eine Aussage wie die folgende einordnen:
Wirklich versucht wie wir – doch ohne Sünde
»So arg er auch geprüft wurde hinsichtlich übereilter und ärgerlicher Rede, er sündigte mit seinen Lippen kein einziges Mal.« (Bible Commentary 7, 936; vgl. Bibelkommentar, 483)
Versucht wie wir – doch ohne Sünde (Hebräer 4,15). Wirklich versucht wie wir. In jeder Hinsicht versucht wie wir. Doch ohne Sünde.
»Er nahm die menschliche Natur auf sich und wurde in allem versucht, wie die menschliche Natur versucht wird. Er hätte sündigen können, er hätte fallen können. Aber keinen einzigen Augenblick war in ihm eine böse Neigung vorhanden.« (Bible Commentary 5, 1128; vgl. Bibelkommentar, 311)
»Lass niemals auch nur ansatzweise den Eindruck in den Köpfen der Leute entstehen, dass ein Flecken oder eine Neigung zu Verdorbenheit auf Jesus ruhte oder dass er in irgendeiner Weise der Verdorbenheit nachgab.« (Ibid.; vgl. ebd.)
Jesu Denken war stets auf den Himmel gerichtet. Er konzentrierte sich auf Gottes Gedanken. So galt für ihn in Vollendung, wozu wir alle aufgefordert werden:
»Halte Satans Versuchungen keinen Moment lang für im Einklang mit deinem eigenen Geist! Wende dich von ihnen ab, als ob du dich von Satan selbst abwenden würdest.« (Our High Calling, 85)
Ein geheiligter Wille
Jesu geistliche Natur war vollkommen. Sie entsprach dem Wesen und der Erfahrung von Adam vor dem Fall. Wenn wir aber von der gefallenen menschlichen Natur sprechen, meinen wir das Fleisch, die ererbten Neigungen zum Bösen. Nur das.
Was also den Willen betrifft, hatte Jesus den ungefallenen Willen Adams vor dem Fall. Er war vom Heiligen Geist gezeugt.
»Beginn, Verlauf und Abschluss seines Lebens standen unter einem geheiligten menschlichen Willen.« (Signs of the Times, 29.10.1894)
Jesus wurde geboren, wie wir neugeboren werden – völlig ermächtigt durch den Heiligen Geist.
Das eben erwähnte Zitat besagt im Zusammenhang: »Jesus Christus ist unser Vorbild in allen Dingen. Beginn, Verlauf und Abschluss seines Lebens standen unter einem geheiligten menschlichen Willen. Er wurde versucht in allen Dingen wie wir. Dennoch neigte er nicht im allergeringsten dazu, Böses zu tun oder sich gegen Gott aufzulehnen, weil er seinen Willen immer in Gott und seiner Heiligkeit ruhen ließ.« (Ibid.)
Jesus überwand, indem er dem Vater vertraute und ihm seinen Willen ständig unterstellte.
Das Erbgut
Jesus hatte sein menschliches Erbgut von Maria erworben. Hierin war er in keiner besseren Lage als wir alle. In den folgenden Aussagen wird die menschliche Natur in ihren Dimensionen klar umrissen:
»Es wäre bereits eine nahezu unendliche Erniedrigung für den Sohn Gottes gewesen, die menschliche Natur anzunehmen, als Adam in seiner Unschuld in Eden stand. Aber Jesus nahm die menschliche Natur an, nachdem das Menschengeschlecht durch 4000 Sündenjahre geschwächt worden war. Wie jedes Kind Adams nahm er die Folgen der Wirkung des großen Vererbungsgesetzes auf sich. Worin diese Folgen bestanden, lehrt uns die Geschichte seiner irdischen Vorfahren. Er kam mit solch einem Erbe, um unsere Nöte und Versuchungen zu teilen und um uns das Beispiel eines sündlosen Lebens zu geben.« (Desire of Ages, 48; vgl. Leben Jesu, 33)
»Als Adam vom Versucher angegriffen wurde, litt er noch unter keinen Auswirkungen der Sünde. Er war stark, vollkommen und im Besitz aller seiner geistigen und körperlichen Lebenskräfte. Die Herrlichkeiten Edens umgaben ihn, täglich hatte er Gemeinschaft mit himmlischen Wesen. Als Jesus die Wüste betrat, wo er sich mit Satan messen sollte, war es jedoch ganz anders. Seit 4000 Jahren hatte das Menschengeschlecht an körperlicher Kraft, geistiger Stärke und moralischem Wert eingebüßt; und Jesus hatte die Schwachheiten der entarteten Menschheit auf sich genommen. Nur auf diese Weise konnte er den Menschen aus den tiefsten Tiefen der Entartung retten.« (Desire of Ages, 117; vgl. Leben Jesu, 100)
Vom Vater hatte Jesus einen heiligen Willen, einen heiligen Charakter geerbt, einen geheiligten Geist. Von Maria die Schwachheiten der Menschheit: geschwächte Körperkraft, geschwächte Geisteskraft und geschwächte moralische Kraft.
»Er wurde seinen Brüdern gleich mit denselben geistig-seelischen (mental) und körperlichen (physical) Anfälligkeiten (susceptibilities).« (Review and Herald, 10.02.1885)
»Er nahm die gefallene, leidende menschliche Natur auf sich, die durch die Sünde verdorben und befleckt war … Er verband die Menschheit mit der Göttlichkeit: Ein göttlicher Geist wohnte in einem Tempel aus Fleisch. Er verband sich mit dem Tempel. ›Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns‹ [Johannes 1,14], weil er, indem er dies tat, mit den sündigen, trauernden Söhnen und Töchtern Adams Umgang haben konnte.« (Bible Commentary 4, 1147; Bibelkommentar, 194)
Ein göttliches und ein menschliches Erbe
Charakter entsteht, wenn wir Gedanken bilden (durch persönliche Willensentschlüsse, persönliche Entscheidungen), denen Gefühle folgen. »Gedanken und Gefühle gemeinsam bilden unseren moralischen Charakter.« (In Heavenly Places, 164) Menschen leben von der Wiege an meist einfach ihr Erbgut aus (erworbene Eigenschaften durch Erziehung, Tradition und Bildung vervollständigen dann schrittweise das Lebensbild). Bei gläubigen Eltern kann der Heilige Geist durch das Gebet und den Glauben der Eltern »unsere Kleinen von ihren ersten Augenblicken an formen« (Desire of Ages, 512; vgl. Leben Jesu, 506).
Jesus lebte sein menschliches Erbgut, was die ererbten Neigungen zum Bösen betraf, aber nicht einen einzigen Augenblick aus. Er war gezeugt vom Heiligen Geist. Nur dieses Erbe lebte er vom ersten Augenblick (zunächst unbewusst) aus. Gottes Geist, Engel und der Eltern Glauben bildeten seinen Schutz, so wie es bei jedem anderen Kind der Fall sein kann. Doch er allein war vom Heiligen Geist gezeugt, Sohn des lebendigen Gottes.
Sein menschliches Erbgut aber beinhaltete nicht nur geschwächte körperliche Eigenschaften, sondern auch geschwächte geistige und moralische. Denn er wurde als echter Mensch geboren.
Dieses menschliche Erbgut wurde ihm zur Versuchung so wie uns: körperlich, geistig und moralisch. Er kann uns deshalb wirklich ganz verstehen.
Wie ein Fels in der Brandung
Spüren wir nicht oft als neugeborener Mensch auch die Anfechtung auf geistigem Gebiet? Dennoch dürfen wir wie ein Fels in der Brandung stehen. Denn mit der Neugeburt wird uns ja der ursprüngliche gehorsame Geist erneut geschenkt, den der Mensch vor dem Sündenfall besaß! In der Heiligung wird er bewährt und vollendet.
Die Neugeburt
Wenn wir von Neuem geboren werden, werden die ererbten Neigungen zum Bösen, die wir praktizierten (uns also zu eigen machten), und die erworbenen schlechten Neigungen aus unserem Charakter entfernt – also jede sündige Gewohnheit, ob ererbt oder erworben. Es mag noch unwissentliche Sünden in unserem Leben geben, aber diese trennen uns nicht vom HERRN, da wir sie noch nicht kennen und sie beeinträchtigen weder unser Herz noch unsere Übergabe; beispielsweise, wenn wir den Sonntag von ganzem Herzen als dem HERRN halten, weil wir es noch nicht besser wissen.
Nun ist unser Wille, unsere Motivation neu. Manche ererbten Neigungen, die wir praktizierten, spüren wir gar nicht mehr, manche spüren wir als Versuchung noch weiter, doch immer schwächer, da wir sie nicht aus- üben, sondern in der Heiligung voranschreiten. Nie wird es aber vor der Verwandlung einen Zeitpunkt geben, wo wir nicht Versuchung stark spüren könnten oder von alten Versuchungen plötzlich überrascht werden könnten. Denn Satan kann uns damit erneut anfechten wollen und der HERR es zu unserer Prüfung zulassen.
Aufs engste mit dem Geist verbunden
Wir dürfen unseren ererbten schwachen Geist in Gottes Hände legen, und dadurch einen vom Heiligen Geist erfüllten Geist erhalten – solange wir auf Jesus schauen!
Und so verhielt es sich auch bei unserem Herrn in seiner irdischen Erfahrung. Deshalb spricht er: »Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Der Sohn kann nichts von sich selbst aus tun, sondern nur, was er den Vater tun sieht; denn was dieser tut, das tut gleicherweise auch der Sohn.« (Johannes 5,19)
In Jesu Leben offenbarte sich allein das Leben seines Vaters. Er war der Kanal für Gottes Liebe, freiwillig und von Herzen.
Er lebte allein aus Glauben. Allein durch das Wort seines Vaters. Auf Sinneseindrücke konnte er sich keinen Augenblick lang verlassen, weder auf eigene Gedanken noch Gefühle, die das Fleisch erzeugt und die den Menschen so leicht täuschen und irreführen.
Dieselbe genetische Natur
Er war sich der Kraft seines Erbguts voll bewusst und vergaß während seines Menschseins nie, was auch wir zu verstehen haben:
»Seine menschliche Natur war … mit der unsrigen identisch.« (The Truth About Angels, 156; vgl. Die Engel, 138)
»Als Jesus die menschliche Natur in ihrem gefallenen Zustand auf sich nahm, beteiligte er sich doch nicht im Geringsten an ihrer Sünde.« (Bible Commentary 5, 1131; vgl. Bibelkommentar, 314)
Jesus besaß dieselbe genetische Natur wie wir!
»Da nun die Kinder an Fleisch und Blut Anteil haben, ist er gleichermaßen dessen teilhaftig geworden, damit er durch den Tod den außer Wirksamkeit setzte, der die Macht des Todes hatte, nämlich den Teufel.« (Hebräer 2,14)
Nur so konnte er uns also erlösen, für uns sterben und Satan besiegen.
»Wir sehen aber Jesus, der ein wenig niedriger gewesen ist als die Engel wegen des Todesleidens.« (Vers 9)
Ein Angriff auf Gottes Gesetz
Satan behauptete nach dem Fall, dass es nicht möglich sei, Gottes Gesetz zu halten:
»Der eingeborene Sohn Gottes kam als Mensch in unsere Welt, um der Welt zu zeigen, dass der Mensch in der Lage ist, Gottes Gesetz zu halten. Satan, der gefallene Engel, hatte erklärt, dass kein Mensch das Gesetz Gottes halten könne, nachdem Adam gesündigt hatte.« (The Truth About Angels, 155; vgl. Die Engel, 137)
Die neue Theologie glaubt, dass wir sündigen werden bis zur Wiederkunft und behauptet deshalb, dass Jesu menschliche Natur sich von unserer unterschied. Hat Jesus aber in einer uns gleichen Natur gehorcht, ist Sündigen offensichtlich mit Gottes Hilfe immer vermeidbar, ungeachtet der Stärke der Versuchung, und damit zugleich auch immer unentschuldbar. Auch zahlreiche Prediger und Geschwister in unserer Gemeinde glauben heute, dass Jesus die ungefallene Natur Adams auf sich nahm. Andere wiederum, die sich als konservativ einordnen, glauben zwar, dass Jesus die gefallene Natur Adams auf sich nahm, doch auch sie begrenzen dies allein auf die körperliche Komponente.
Jesus aber war ein echter Mensch. »Selbst die Natur der Engel hatte er nicht auf sich genommen, sondern die Menschlichkeit, völlig identisch mit unserer eigenen Natur, nur ohne Sündenmakel. Er besaß einen menschlichen Leib, einen menschlichen Geist, mit all den dazugehörigen Eigenschaften, er war Knochen, Gehirn und Muskel. Als Mann unseres Fleisches war er mit der Schwachheit der menschlichen Natur behaftet.« (The Truth About Angels, 181; vgl. Die Engel, 138)
Jesus wurde aber ohne Sündenmakel geboren, er war also charakterlich rein und heilig. Sein menschlicher Geist wurde vom Vater gelenkt, das Erbgut (im Hinblick auf die ererbten Neigungen zum Bösen) brach zu keinem Zeitpunkt bei ihm durch, was seinen Charakter beschmutzt und befleckt hätte. Es blieb gekreuzigt.
Jesus hatte die Neigungen zum Bösen in seinem Fleisch
1903 schrieb Ellen White einen Brief an Doktor Kellogg. Darin erklärte sie: »Da er als Mensch kam, mit allen bösen Neigungen (evil tendencies), die der Mensch erbt (to which man is heir), war er für menschliche Agenten angreifbar, die von Satan, dem verstoßenen Himmelsrebellen, inspiriert waren.« (Brief K-303, 1903; zit. in Adventist Review, 17.02.1994)
Welch eine beeindruckende Aussage, um Jesu Kampf besser zu verstehen! Es hat ihn alles gekostet, rein zu bleiben, bei jedem Schritt!
Teilhaber der göttlichen Natur
Manchmal spricht Ellen White von Jesu Menschlichkeit aus der Perspektive seiner Heiligkeit. Dann steht die Tatsache seiner Verbindung mit dem Vater im Vordergrund. Eines dieser Zitate besagt:
»Durch Jesu Sieg werden dieselben Vorteile, die er hatte, dem Menschen eröffnet. Denn er kann nun Teilhaber einer Kraft werden, die außerhalb von ihm und über ihm ist, nämlich Teilhaber der göttlichen Natur. Durch sie kann er die Verderbnis überwinden, die durch die Begierde in der Welt ist. In menschlicher Natur bildete Jesus einen vollkommenen Charakter … Jesu Menschlichkeit wird ›das Heilige‹ genannt (Lukas 1,35). Der inspirierte Bericht sagt von Jesus: ›Er hat keine Sünde getan‹ (1. Petrus 2,22), ›der von keiner Sünde wusste‹ (2. Korinther 5,21) und ›in ihm ist keine Sünde‹ (1. Johannes 3,5). Er war ›heilig, sündlos, unbefleckt, abgesondert von den Sündern‹ (Hebräer 7,26 Elberfelder).« (Signs of the Times, 16.01.1896)
Diese Menschlichkeit können auch wir erlangen:
»Jesu vollkommene Menschlichkeit ist dieselbe, die der Mensch haben kann, indem er sich mit Jesus verbindet.« (Manuscript Releases 16, 181)
All unsere höheren Kräfte – unsere Vernunft, unseren Willen und unser Gewissen – können wir mit Gottes Natur verbinden und dadurch eine vollkommene Menschlichkeit erlangen, die heilig- und reingehalten werden und in dieser Heiligkeit und Reinheit wachsen kann – bis »zur vollkommenen Mannesreife, zum Maß der vollen Größe des Christus« (Epheser 4,13).
Wir dürfen unendlich dankbar sein: Die Sünde kann überwunden und im Tod gehalten werden!
Wie weit geht die Erlösung?
Wäre Jesus mit einer ungefallenen menschlichen Natur auf diese Erde gekommen, hätte er nur beweisen können, dass Adam und Eva vor ihrem Fall keine Entschuldigung für ihre Sünde hatten. Aber er hätte nicht aufzeigen können, dass deine oder meine Sünden unentschuldbar gewesen sind.
So aber ist nicht nur dies eindeutig erwiesen, es gibt auch ein Heilmittel für die vergangenen Sünden und Kraft für ein siegreiches Leben im menschlichen Fleisch.
»Denn obgleich wir im Fleisch wandeln, so kämpfen wir doch nicht nach der Art des Fleisches; denn die Waffen unseres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern mächtig durch Gott zur Zerstörung von Festungen, so dass wir Vernunftschlüsse zerstören und jede Höhe, die sich gegen die Erkenntnis Gottes erhebt, und jeden Gedanken gefangen nehmen zum Gehorsam gegen Christus.« (2. Korinther 10,3-5)
Überwinder werden und bleiben
Manches, was uns bedrängt hat, können wir sofort für immer überwinden. Anderes erfordert eine beständige große Wachsamkeit. Wir haben es wohl abgelegt und damit auch »überwunden«, weil wir uns davon getrennt haben, von Herzen und entschieden, aber wir müssen es mit Jesu Hilfe und entschiedener Anstrengung ständig im Tod halten, bis wir es so überwunden haben, dass es uns zu keiner Zeit mehr anficht.
Wir können diesen Prozess dadurch beschleunigen, dass wir uns immer dann ausreichend stille Zeit zum bewussten, tiefen Absterben in einer Sache nehmen, wo wir feststellen, dass sie uns noch stark bedrängt und uns weiter zu überwinden droht. Dann gilt es besonders, im Geist den Glauben zu ergreifen, so oft wie nötig – manchmal mag es 100 Male innerhalb einer kurzen Zeit nötig sein –, dass sie in Jesus bereits für immer beseitigt ist. Doch auch wenn wir etwas so vollständig überwunden haben, dass unser Denken dafür nicht mehr anfällig ist, müssen wir trotzdem weiter auf der Hut bleiben. Denn unser Fleisch existiert noch und Satan mag irgendeine Situation für uns planen, in der er uns überraschend zu Fall bringen möchte. Siehe die Erfahrung von Mose vor Kanaan am Ende der 40 Jahre Wüstenwanderung.
Überwinden in der Endzeit
Die Vollkommenheit des Fleisches wird sich erst bei Jesu Wiederkunft einstellen, im Augenblick der Verwandlung. Bis dahin bleiben wir versuchbar. Eine heilige Gemeinde, der treue Überrest der Siebenten-Tags-Adventisten, wird zwar unter dem Spätregen das Werk vollenden, aber auch dann wird Satan Gottes Kinder weiter in die Sünde zu leiten versuchen. Es wird ihm jedoch nicht mehr gelingen. Versucher und Versuchung aber bleiben bestehen bis zu Jesu Kommen, wo die Versuchung bei der Verwandlung für Gottes Kinder ein Ende nimmt, und bis kurz nach dem Ende der 1000 Jahre, wenn der Versucher und alle seine Nachfolger im Feuersee nach ihren Werken gerichtet und für immer vernichtet werden.
Wo befinden wir uns heute?
Was die Erfahrung der Gemeinde betrifft, unterscheidet Ellen White »die kämpfende Gemeinde« und »die siegreiche Gemeinde«. Wir befinden uns heute noch in der ersten dieser zwei Phasen. Der Übergang von der kämpfenden Gemeinde, die noch von vielen Unvollkommenheiten geprägt ist, zur siegreichen, die wie ein Mann dastehen und Jesu Wesen der Welt vollkommen widerspiegeln wird, geschieht im Rahmen der Sonntagsgesetzkrise. Dann wird uns die Mehrheit, wie uns leider gesagt wird, verlassen und sich Babylon anschließen. Gottes treue Kinder aber erhalten die Fülle des Spätregens und geben geschlossen den Lauten Ruf. Die Vollkommenheit des christlichen Charakters, den die Gemeinde zu diesem Zeitpunkt offenbaren darf, betrifft ihre Herzensvollkommenheit. Fehler, die nicht moralischer Natur sind, werden auch dann noch stattfinden. Zum Beispiel spricht Ellen White davon, dass viele weniger Gebildete die Botschaft unter dem Spätregen, also erfüllt mit der Fülle des Heiligen Geistes, mit Grammatikfehlern verkündigen werden.
In der Phase der kämpfenden Gemeinde wird es immer Geschwister geben, die uns versuchen werden und sich von Satan dazu gebrauchen lassen. In der Phase der siegreichen Gemeinde, dem Ziel und Höhepunkt des Erlösungsplanes, wird keiner mehr dem anderen zur Versuchung. Dann erfüllen sich Weissagungen wie: »Und es wird keiner mehr seinen Nächsten und keiner mehr seinen Bruder lehren und sagen: Erkenne den HERRN! Denn es werden mich alle kennen, vom Kleinsten bis zum Größten unter ihnen.« (Hebräer 8,11) »An jenem Tag wird der HERR die Einwohner Jerusalems beschirmen, so dass an jenem Tag der Schwächste unter ihnen sein wird wie David, und das Haus David wie Gott, wie der Engel des HERRN vor ihnen her.« (Sacharja 12,8)
Für heute also gilt noch: Wir dürfen keine ideale Gemeinde erwarten, in der Satans Versuchungen nicht mehr auftreten. Wir selbst dürfen nach dem Höchsten streben und sollen andere dazu anspornen, niemand aber verurteilen, der fallen sollte oder uns entmutigen lassen, wo den offenbarten Maßstäben des Glaubens nicht entsprochen wird. Wir brauchen die den Heiligen zugesagte Geduld und Liebe, immer wieder besonders mit unseren eigenen Geschwistern. »Der größte Triumph, den uns Jesu Religion geschenkt hat, ist die Selbstbeherrschung. Unsere natürlichen Neigungen müssen beherrscht werden, sonst können wir niemals überwinden wie Jesus.« (Testimonies 4, 235; vgl. Zeugnisse 4, 257) »Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander lieben sollt, damit, wie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebt. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.« (Johannes 13,34.35)
Persönliches
1990 begann meine Suche in dieser Fragestellung um die (menschliche) Natur Jesu. Über drei Jahre dauerte diese an. Schritt für Schritt vertiefte sich mein Verständnis. Dann führte der HERR mich aus Gnaden zur Erkenntnis dieser großen Wahrheit und ich durfte sie befreiend selbst erfahren. Bald darauf entschlossen wir uns, diese verlorene Wahrheit über das persönliche Zeugnis hinaus durch eine Zeitschrift in Deutschland zu verbreiten. Daraus ist inzwischen hoffnung HEUTE und dieses Internetportal entstanden. Im Jahr 2010 gab auch Amazing Discoveries eine Ausgabe der STAndpunkte dazu heraus. Sie ist sehr empfehlenswert und zeigt noch weitere Hintergründe auf.
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