Angeklagt von Engeln offenbart Gott sein gütiges Wesen. Von Ellen White
Viele können nicht verstehen, woher Ungerechtigkeit und Verbrechen kommen und warum sie existieren. Sie sehen das Unheil mit all seinen leidvollen Auswirkungen, mit seinem Elend und seiner Trostlosigkeit, und sie fragen sich, wie Gott so etwas zulassen kann, wo er doch so unendlich weise, mächtig und liebevoll sein soll. Sie können sich das nicht erklären.
Den Ursprung der Sünde kann man unmöglich erklären. Könnte man es, gäbe es einen Grund für ihre Existenz. Aber man kann über den Ursprung und das endgültige Schicksal der Sünde genug verstehen, dass offensichtlich wird, wie gerecht und gütig Gott mit dem Unheil umgeht. Nichts zeigt die Bibel klarer: Gott ist in keiner Weise für das Entstehen der Sünde verantwortlich. Nicht, dass er seine Gnade willkürlich zurückgezogen hätte oder seine Regierung mangelhaft gewesen sei, was zum Aufkommen der Rebellion geführt hätte. Nein. Die Sünde ist ein Eindringling. Es gibt keinen Grund für ihre Existenz. Sie ist rätselhaft, unerklärlich. Sie zu entschuldigen, würde sie verteidigen. Könnte man eine Entschuldigung oder einen Grund für ihre Existenz finden, wäre sie nicht mehr Sünde. Die einzige Definition von Sünde finden wir in der Bibel, in Gottes Wort: »Übertretung des Gesetzes«. Sünde ist das Ausleben eines Grundsatzes, der sich mit dem großen Gesetz der Liebe streitet – die Liebe ist die Grundlage der göttlichen Regierung.
Harmonie im Himmel
Bevor das Böse aufkam, herrschte im ganzen Universum nur Frieden und Freude. Alle Wesen standen im völligen Einklang mit dem Willen des Schöpfers. Die Liebe zu Gott stand am höchsten. Die Liebe untereinander war rein in ihren Beweggründen. Jesus, der Sohn Gottes, war eins mit dem ewigen Vater – eins mit ihm im Wesen, im Charakter und in den Zielen. Er war das einzige Wesen im ganzen Universum, das mit allen Ratschlüssen und Absichten Gottes vertraut war. Durch Jesus hat der Vater alle himmlischen Wesen geschaffen. »In ihm ist alles erschaffen worden, was im Himmel ist … seien es Throne oder Herrschaften oder Fürstentümer oder Gewalten.« (Kolosser 1,16) Und wie dem Vater so folgte der ganze Himmel auch Jesus treu.
Das Gesetz der Liebe bildet die Grundlage der Regierung Gottes. Das Glück aller geschaffenen Wesen hängt von ihrer vollkommenen Übereinstimmung mit dessen wunderbaren Grundsätzen der Gerechtigkeit ab. Gott wünscht sich von allen seinen Geschöpfen, dass sie ihm aus Liebe dienen, dass sie ihn aus einer verständigen Wertschätzung seines Charakters heraus anbeten. Ihm gefällt keine erzwungene Untertanentreue. Allen gewährt er einen freien Willen, damit man ihm freiwillig diene.
Vom Stolz verblendet
Aber da war einer, der sich entschloss, diese Freiheit zu verderben. Mit ihm begann die Sünde. Er war nach Jesus von Gott am meisten geehrt worden. Er besaß höchste Macht und Herrlichkeit unter den Einwohnern des Himmels. Vor seinem Fall war Luzifer der Wächter-Cherub gewesen. Als dieser oberste Engel war er heilig und rein. »So spricht Gott der HERR: Du warst ein vollendet gestaltetes Siegel, voller Weisheit und über die Maßen schön. In Eden warst du, im Garten Gottes, geschmückt mit Edelsteinen jeder Art … Du Wächter-Cherub, ich hatte dich dazu eingesetzt; du warst auf dem heiligen Berg Gottes, und du wandeltest mitten unter den feurigen Steinen. Du warst vollkommen in deinen Wegen vom Tag deiner Erschaffung an, bis Sünde in dir gefunden wurde.« (Hesekiel 28,12-15 LU/SLT/NL/EIN)
Luzifer hätte in der Gunst Gottes bleiben können – geliebt und geehrt vom ganzen Engelheer. Er hätte seine edlen Kräfte einsetzen können, um andere zu segnen und seinen Schöpfer zu verherrlichen. Aber der Prophet in der Bibel sagt über ihn: »Deine Schönheit ist dir zu Kopf gestiegen, deine prachtvolle Erscheinung ließ dich handeln wie ein Narr.« (Vers 17 HfA). Ganz allmählich begann Luzifer den Wunsch nach Selbsterhöhung zu hegen. »Du erhebst dein Herz, als wäre es Gottes Herz.« Du sagst: »›Ich will zum Himmel emporsteigen und meinen Thron über die Sterne Gottes erhöhen und mich niederlassen auf dem Versammlungsberg … Ich will emporfahren auf Wolkenhöhen, dem Allerhöchsten mich gleichmachen!‹« (Vers 6 ELB; Jesaja 14,13.14) Statt sich dafür einzusetzen, dass Gottes Geschöpfe GOTT über alles lieben und ihm treu dienen, bemühte er sich, ihren Dienst und ihre Anbetung für SICH SELBST zu gewinnen. Luzifer beneidete den Sohn Gottes um die Ehren, die der unendliche Vater ihm erwiesen hatte. Und so strebte dieser Engelsfürst nach der Macht, die allein Jesu Vorrecht war.
Liebevolle Warnungen
Die größte Freude des ganzen Himmels bestand darin, den herrlichen Charakter des Schöpfers widerzuspiegeln und ihn zu loben. So wurde Gott geehrt, und so gab es nur Frieden und Freude. Aber nun störte ein Missklang die himmlische Harmonie. Sich selbst zu dienen, sich selbst zu erhöhen, entgegen dem Plan des Schöpfers – das weckte böse Vorahnungen in den Köpfen derer, für die Gottes Ehre das Wichtigste war. Die himmlischen Ratsversammlungen rangen mit Luzifer. Der Sohn Gottes stellte ihm die Größe, Güte und Gerechtigkeit des Schöpfers vor Augen, auch das heilige und unwandelbare Wesen seines Gesetzes. Gott selbst hatte die Ordnung des Himmels eingeführt. Würde Luzifer davon abweichen, so würde er seinen Schöpfer missachten und sich selbst ins Verderben stürzen. Aber die in unendlicher Liebe und Barmherzigkeit gebrachte Warnung erregte nur den Geist des Widerstandes. Luzifer ließ zu, dass sein Neid auf Jesus ihn beherrschte, und er wurde nur noch entschlossener.
Warum er und nicht ich?
Der Stolz auf seine eigene Herrlichkeit ließ in Luzifer den Wunsch wachsen, Herrscher zu sein. Er sonnte sich in seiner eigenen Pracht und erhabenen Stellung und trachtete danach, Gott gleich zu sein. Die himmlischen Heerscharen liebten und verehrten ihn. Die Engel führten gern seine Anweisungen aus. Er hatte mehr Weisheit und Herrlichkeit erhalten als sie alle. Aber der Sohn Gottes sollte als Herrscher des Himmels anerkannt werden, eins mit dem Vater in Macht und Gewalt. An allen Ratsversammlungen Gottes nahm Jesus teil, während es Luzifer nicht erlaubt war, in die göttlichen Absichten so tief eingeweiht zu werden. »Warum«, fragte dieser mächtige Engel, »warum soll Jesus die Oberherrschaft haben? Warum ehrt man ihn mehr als mich?«
Erste heimliche Schritte
Luzifer verließ seinen Platz in der unmittelbaren Nähe Gottes und fing an, den Geist der Unzufriedenheit unter die Engel zu streuen. Er arbeitet geheimnisvoll verborgen. Eine Zeit lang versteckte er seine wahren Absichten hinter dem Anschein der Ehrfurcht vor Gott. Er versuchte Unzufriedenheit mit den Gesetzen zu stiften, die den himmlischen Wesen gegeben waren, indem er behauptete, sie würden nur unnötig einschränken. Die Engel waren doch heilig, betonte er. Deshalb sollten sie ihrem eigenen Willen folgen. Auch versuchte er, Mitgefühl für sich selbst zu wecken. Gott hätte ihn ungerecht behandelt, als er Jesus die höchste Ehre zusprach. Und wenn er jetzt selbst nach größerer Macht und Ehre strebte, dann war das kein Streben nach Selbsterhöhung. Er versuchte nur allen Einwohnern des Himmels Freiheit zu verschaffen, damit sie dadurch zu einer höheren Daseinsstufe gelangten.
Gottes Geduld und Weisheit
Gott in seiner großen Barmherzigkeit hatte lange Geduld mit Luzifer. Er wurde seiner erhabenen Stellung nicht sofort enthoben, als er sich dem Geist der Unzufriedenheit zum ersten Mal hingab. Auch nicht, als er begann seine falschen Behauptungen unter den treuen Engel zu verbreiten. Man behielt ihn noch lange im Himmel. Immer wieder bot man ihm Vergebung an, wenn er nur bereit wäre, umzudenken und sich mit der Position zu begnügen, die Gott ihm zugedacht hatte. So große Anstrengungen wurden unternommen, wie nur unendliche Liebe und Weisheit sie ersinnen kann, um ihn von seinem Irrtum zu überzeugen. Den Geist der Unzufriedenheit hatte man im Himmel vorher nicht gekannt. Selbst Luzifer erkannte anfangs nicht, in welche Richtung er sich bewegte. Er kannte die wahre Natur seiner Gefühle nicht.
Von der heimlichen zur offenen Rebellion
Als dann nachgewiesen wurde, dass er ohne Grund unzufrieden war, sah Luzifer ein: Er lag falsch, Gottes Erwartungen waren gerecht und er müsste sie als solche vor dem ganzen Himmel anerkennen. Hätte er das getan, hätte er sich und viele Engel retten können. Zu diesem Zeitpunkt hatte er nämlich seine Treue gegenüber Gott noch nicht völlig aufgegeben. Er hatte zwar seine Stellung als schirmender Engel verlassen. Aber er wäre wieder eingesetzt worden, wäre er nur bereit gewesen, zu Gott zurückzukehren und die Weisheit des Schöpfers anzuerkennen, ja, wäre er nur damit zufrieden gewesen, seinen ihm zugedachten Platz in Gottes großem Plan auszufüllen. Aber sein Stolz ließ es nicht zu, dass er sich unterwarf. Beharrlich verteidigte er seine eigene Vorgehensweise. Er bestand darauf, dass er nicht umdenken müsse, und er stellte sich in dem großen Konflikt gänzlich gegen seinen Schöpfer.
Täuschen, lügen, verdrehen
Satan richtete nun alle Kräfte seines meisterhaften Geistes darauf zu täuschen und Mitgefühl bei den ihm untergebenen Engeln zu wecken. Sogar dass Jesus ihn gewarnt und ihn beraten hatte, verdrehte er für seine verräterischen Zwecke. Einige Engel waren mit ihm besonders eng verbunden und innig ergeben. Ihnen stellte Satan es so dar, als würde man ihn falsch beurteilen, seine Stellung nicht respektieren und seine Freiheit beschneiden. Er stellte Jesu Worte nicht nur falsch dar, sondern verdrehte sie und log sogar direkt, indem er den Sohn Gottes beschuldigte, ihn vor den Bewohnern des Himmels demütigen zu wollen. Auch versuchte er, Streit zwischen sich und den treuen Engeln zu säen. Alle, die er nicht verführen und völlig auf seine Seite ziehen konnte, klagte er an, ihnen sei das Wohl der himmlischen Wesen gleichgültig. Genau das, was er selbst tat, legte er denen zur Last, die Gott treu blieben. Und um seiner Klage über Gottes Ungerechtigkeit Nachdruck zu verleihen, stellte er die Worte und Handlungen des Schöpfers falsch dar. Er verwirrte die Engel mit subtilen Beweisführungen und ließ sie an den Absichten Gottes zweifeln. Alles, was klar und einfach war, hüllte er in ein Mysterium, und durch seine geschickten Verdrehungen warf er Zweifel auf die klarsten Aussagen des Allerhöchsten. Seine hohe Stellung in so enger Verbindung mit der göttlichen Regierung verlieh seinen Darstellungen noch größere Kraft und veranlasste viele Engel, sich der Rebellion gegen die himmlische Regierung anzuschließen.
Alles muss reifen
Gott in seiner Weisheit gestattete es Satan, sein Werk solange fortzuführen, bis der Geist der Unzufriedenheit zu einem offenen Aufruhr heranreifte. Seine Pläne mussten voll ausreifen, damit alle erkennen konnten, was diese genau beinhalteten und wohin sie führten. Gott regierte nicht nur die Einwohner des Himmels, sondern die Einwohner aller Welten, die er geschaffen hatte. Satan meinte, wenn er die Engel im Himmel mit sich in die Rebellion ziehen könne, könne er das auch mit allen anderen Welten tun. Seine Täuschungskünste waren sehr groß, und indem er sich in ein Lügengewand kleidete, verschaffte er sich einen Vorteil. Sogar die treuen Engel konnten seinen Charakter nicht völlig durchschauen oder verstehen, wohin sein Werk führen würde. Im Umgang mit der Sünde konnte Gott nur Gerechtigkeit und Wahrheit walten lassen. Satan handelte, wie Gott nicht handeln konnte – durch Schmeichelei und Betrug. Deshalb war es notwendig, dass Satan zeigen konnte, was seine Behauptungen umfassten und welche Auswirkungen seine vorgeschlagenen Veränderungen im göttlichen Gesetz haben würden. Alle sollten den wahren Charakter des Thronräubers und sein wahres Ziel verstehen. Satan sollte genug Zeit haben, um sich selbst durch seine bösen Werke zu offenbaren.
Leid aus Liebe
Sogar als entschieden wurde, dass Satan nicht länger im Himmel bleiben konnte, vernichtete ihn die unendliche Weisheit nicht. Nur der Dienst aus Liebe ist Gott angenehm. Gottes Geschöpfe sollen ihm treu dienen, weil sie von seiner Gerechtigkeit und Güte überzeugt sind. Die Einwohner des Himmels und anderer Welten hätten die Gerechtigkeit und Barmherzigkeit Gottes nicht erkennen können, wenn Satan zerstört worden wäre. Sie waren nicht darauf vorbereitet, das Wesen und die Folgen der Sünde zu begreifen. Wäre Satan sofort vernichtet worden, hätten sie Gott aus Furcht und nicht aus Liebe gedient. Der Einfluss des Betrügers wäre nicht völlig ausgelöscht worden. Auch wäre der Geist der Rebellion nicht gänzlich beseitigt worden. Das Böse musste reifen. Zum Wohl des gesamten Weltalls für ewige Zeiten durfte Satan seine Grundsätze ausführlicher entfalten. Nur so konnten alle erschaffenen Wesen seine Anklagen gegen die göttliche Regierung im wahren Licht sehen, und nur so würden Gottes Gerechtigkeit und Barmherzigkeit sowie die Unveränderlichkeit seines Gesetzes für immer außer Zweifel stehen.
Aus dem Himmel verbannt
Bis zum Ende der Auseinandersetzung im Himmel hörte der große Aufrührer nicht auf, sich zu rechtfertigen. Als angekündigt wurde, dass er mit all seinen Anhängern aus den herrlichen Wohnstätten verbannt werden müsse, erklärte der Rädelsführer kühn, er verachte des Schöpfers Gesetz. Er wiederholte immer wieder seine Behauptung, dass die Engel keine Aufsicht benötigten, sondern frei sein müssten, ihrem eigenen Willen zu folgen, der sie allezeit richtig führen werde. Er verachtete die göttlichen Satzungen als Beschränkung ihrer Freiheit und erklärte, dass er das Gesetz abschaffen wolle, damit die Heerscharen des Himmels, von diesem Zwang befreit, zu einem erhabeneren, herrlicheren Dasein gelangen könnten.
In völligem Einverständnis legten Satan und seine Scharen die Verantwortung für ihre Empörung ausnahmslos Jesus zur Last und behaupteten, sie hätten sich niemals aufgelehnt, wenn sie nicht gerügt worden wären. Da der Erzempörer und alle seine Anhänger hartnäckig und herausfordernd in ihrer Treulosigkeit verharrten, da sie sich vergeblich bemühten, die Regierung Gottes zu stürzen und sich dennoch Gott gegenüber lästernd als unschuldige Opfer einer ungerechten Macht hinstellten, wurden sie schließlich aus dem Himmel verbannt.
Die Verführung der Menschen
Genauso wie Satan Gottes Wesen im Himmel falsch darstellte, – Gott sei streng und herrschsüchtig –, verführte er auch die Menschen auf der Erde zur Sünde. Und als er damit Erfolg hatte, erklärte er, Gottes ungerechte Einschränkungen hätten zum Fall des Menschen geführt wie auch zu seiner eigenen Rebellion.
Gottes Charakter
Aber der Ewige Gott beschreibt seinen eigenen Charakter so: »Der HERR, der HERR, der starke Gott, der barmherzig und gnädig ist, langsam zum Zorn und von großer Gnade und Treue; der Tausenden Gnade bewahrt und Schuld, Übertretung und Sünde vergibt, aber (den Schuldigen) keineswegs ungestraft lässt.« (2. Mose 34,6.7)
Indem Gott Satan aus dem Himmel verbannte, bekundete Gott seine Gerechtigkeit und verteidigte die Ehre seines Thrones. Aber als der Mensch sündigte, weil er den Täuschungen jenes abgefallenen Geistes unterlag, bewies Gott seine Liebe: Er gab seinen eingeborenen Sohn, damit er für die gefallene Menschheit starb. In der Versöhnung offenbart sich das Wesen Gottes. Das Kreuz zeigt dem ganzen Universum, dass man den Weg der Sünde, den Luzifer erwählt hatte, niemals der Regierung Gottes zur Last legen kann.
Satans Kampf gegen Jesus
In dem Kampf zwischen Jesus und Satan, während Jesus auf der Erde wirkte, wurde das Wesen des großen Verführers entlarvt. Nichts hätte den himmlischen Engeln und dem ganzen treuen Universum die Zuneigung zu Satan so wirkungsvoll entziehen können wie Satans grausamer Kampf gegen den Erlöser der Welt. Die vermessene, gotteslästerliche Forderung, Jesus müsse ihn anbeten; seine anmaßende Dreistigkeit, ihn auf den Berggipfel und die Zinne des Tempels zu tragen; die niederträchtige Absicht hinter seinem Vorschlag, Jesus solle sich von der schwindelnden Höhe hinabstürzen; seine unermüdliche Bosheit, mit der er ihn von Ort zu Ort verfolgte und mit der er die Herzen von Priestern und Volk dazu anfeuerte, seine Liebe zu verwerfen; und schließlich der Schrei: »Kreuzige ihn! Kreuzige ihn!« – all das weckte das Erstaunen und die Entrüstung des Universums.
Satan verführte die Welt dazu, Jesus zu verwerfen. Der Fürst des Bösen wandte all seine Macht und Verschlagenheit an, um Jesus zu zerstören. Denn er sah, dass Jesu Barmherzigkeit und Liebe, sein Mitgefühl und seine anteilnehmende Freundlichkeit der Welt das Wesen Gottes veranschaulichten. Satan bestritt jeden Anspruch des Sohnes Gottes und benutzte die Menschen als seine Werkzeuge, um das Leben des Heilands mit Leiden und Sorge zu erfüllen. Die Spitzfindigkeiten und Lügen, mit denen er versuchte, Jesu Werk zu behindern, der Hass, den er durch die Kinder des Ungehorsams offenbarte, seine grausamen Anklagen gegen den, dessen Leben ein Leben beispielloser Güte war – sie alle entsprangen einer tiefsitzenden Rachsucht. Die aufgestauten Flammen des Neides und der Bosheit, des Hasses und der Vergeltung brachen auf Golgatha gegen den Sohn Gottes hervor, während der ganze Himmel in stillem Entsetzen auf dieses Geschehen herabblickte.
Als das große Opfer vollbracht war, fuhr Jesus auf zum Vater, weigerte sich aber, sich von den Engeln verehren zu lassen, bevor er dem Vater die Bitte vorgelegt hätte: »Vater, ich möchte, dass alle, die du mir gegeben hast, mit mir dort sind, wo ich sein werde.« (Johannes 17,24 HfA) Dann kam mit unaussprechlicher Liebe und Macht die Antwort vom Thron des Vaters: »Alle Engel Gottes sollen ihn anbeten!« (Hebräer 1,6) Kein einziger Schandfleck war auf Jesus. Seine Erniedrigung war zu Ende. Sein Opfer war vollbracht. Ihm wurde ein Name gegeben, der über allen Namen ist.
Satan hat keine Entschuldigung
Nun wurde deutlich, dass es für Satans Vergehen keine Entschuldigung gab. Er hatte seinen wahren Charakter als Lügner und Mörder offenbart. Es zeigte sich: Mit demselben Geist, mit dem er die Menschen beherrschte, die seiner Macht unterstanden, hätte er auch über die Einwohner des Himmels regiert, wäre es ihm erlaubt worden. Er hatte behauptet, die Übertretung von Gottes Gesetz bringe Freiheit und Fortschritt. Aber stattdessen zeigte sich, dass sie in Sklaverei und Entwürdigung endete.
Ist Gott schuld an dem Dilemma?
Satan hatte Gott beschuldigt, er würde sich nur selbst erhöhen wollen, indem er von seinen Geschöpfen erwartete, sich unterzuordnen und gehorsam zu sein. Der Schöpfer würde zwar Selbstverleugnung von anderen fordern, aber selbst weder Selbstverleugnung üben und noch irgendwelche Opfer bringen. Nun aber wurde sichtbar, dass der Herrscher des Universums zur Rettung einer gefallenen und sündigen Menschheit das größte Opfer brachte, was die Liebe jemals bringen konnte. Denn »Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich.« (2. Korinther 5,19 ZB) Alle konnten sehen: Luzifer hatte durch seinen Wunsch nach Ehre und Macht der Sünde Tür und Tor geöffnet. Jesus aber hatte sich selbst erniedrigt und war gehorsam geworden bis zum Tod, um die Sünde zu vernichten.
Das ewige Gesetz
Luzifer hatte behauptet: Wenn Gottes Gesetz unveränderlich wäre und man die Strafe nicht erlassen könne, müsse jeder Übertreter für immer von der Gunst des Schöpfers ausgeschlossen werden. Die sündigen Menschen könnten nicht erlöst werden und wären deshalb seine rechtmäßige Beute. Aber der Tod Jesu war ein unumstößlicher Beweis zu Gunsten der Menschen. Die Strafe des Gesetzes fiel auf den, der Gott gleich war. Der Mensch war frei, die Gerechtigkeit Jesu anzunehmen und durch einen bußfertigen und demütigen Wandel über die Macht Satans zu triumphieren, wie auch der Sohn Gottes triumphiert hatte. Somit ist Gott gerecht und macht doch alle gerecht, die an Jesus glauben.
Jesus kam aber nicht nur auf die Erde, um zu leiden und zu sterben und allein die Menschen zu erlösen. Er kam um »das Gesetz groß und herrlich zu machen« (Jesaja 42,21) Nicht allein, damit die Bewohner dieser Welt das Gesetz achten sollen, wie es ihm zusteht, sondern um allen Welten der ganzen Schöpfung zu beweisen, dass das Gesetz Gottes unveränderlich ist. Hätte man die Forderungen des Gesetzes aufheben können, dann hätte der Sohn Gottes nicht sein Leben geben müssen, um die Übertretung zu sühnen. Der Tod Jesu beweist die Unveränderlichkeit des Gesetzes. Unendliche Liebe bewog den Vater und den Sohn zu diesem Opfer, damit Sünder erlöst werden können. Dies zeigt dem ganzen Weltall – wie nichts Geringeres als dieser Erlösungsplan es hätte zeigen können –, dass Gerechtigkeit und Barmherzigkeit die Grundlage des Gesetzes und der Regierung Gottes sind.
Kein Grund für Sünde
Beim letzten Gerichtsvollzug wird offensichtlich: Es gibt keinen Grund für die Sünde! Wenn der Richter über die ganze Erde Satan fragen wird: »Warum hast du gegen mich rebelliert und mir die Untertanen meines Königreichs geraubt?«, wird der Urheber des Bösen keine Entschuldigung vorbringen können. Er wird verstummen, und das ganze rebellische Heer wird sprachlos sein.
Das Kreuz von Golgatha: Auf der einen Seite zeigt es, dass das Gesetz unveränderlich ist. Gleichzeitig sagt es dem Universum, dass der Lohn der Sünde der Tod ist. Im Todesruf des Heilands »Es ist vollbracht« läutete für Satan die Totenglocke. Die große, so lange andauernde Kontroverse wurde in diesem Augenblick entschieden und es gab keinen Zweifel mehr: Die Sünde würde endgültig beseitigt werden. Der Sohn Gottes ging durch die Tore des Todes, »um durch seinen Tod den zu vernichten, der über den Tod verfügt, nämlich den Teufel« (Hebräer 2,14 GNB). Luzifers Verlangen nach Selbsterhebung hatte ihn zu dem Wunsch verleitet: »Hoch über Gottes Sternen will ich meinen Thron aufstellen … Ich will … gleich sein dem Allerhöchsten.« Gott aber sagt: Ich werde »dich zu Asche machen auf der Erde … Es aus ist mit dir für immer.« (Jesaja 14,13 HfA. 14 LUT; Hesekiel 28,18.19 LUT) Wenn »der Tag kommt, der brennen soll wie ein Ofen, werden alle Verächter und Gottlosen Stroh sein, und der kommende Tag wird sie anzünden, spricht der HERR Zebaoth, und er wird ihnen weder Wurzel noch Zweig lassen.« (Maleachi 3,19)
Nie wieder Ungerechtigkeit
Das ganze Universum wird verstanden haben, wie Sünde wirklich ist und wohin sie führt. Wäre sie gleich zu Anfang beseitigt worden, hätte das die Engel in Furcht versetzt und Gott in einem grausamen Licht erscheinen lassen. Nun aber bewahrheitet sich Gottes Liebe und seine Ehre wird vor dem ganzen Universum wieder hergestellt – einem Universum voller Wesen, die gerne seinen Willen tun und die sein Gesetz im Herzen haben. Das Böse wird nie mehr aufkommen. Das Wort Gottes sagt: »Es wird das Unglück nicht zweimal kommen.« (Nahum 1,9) Das Gesetz Gottes, das Satan als Sklavenjoch geschmäht hat, wird als Freiheitsgesetz geehrt werden. Eine geprüfte und bewährte Schöpfung wird nie mehr ihre Hingabe von Gott abwenden. Denn alle haben erkannt, dass Gott unergründlich liebevoll und unendlich weise ist.
Aus: The Great Controversy, Kapitel 14, »The Origin of Evil«, S. 492-504.
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