Die konstantinische Wende: Der Sabbat auf dem Rückzug?

Die konstantinische Wende: Der Sabbat auf dem Rückzug?
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Entdecke die faszinierende Geschichte des Sabbats im Christentum. Erfahre, wie sich die Sabbatpraxis im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat.
Lesezeit: 4 Minuten

Gelang es Konstantin, den Sabbat mit seinem Sonntagsgesetz von 321 zurückzudrängen?

Der Kirchenhistoriker Sokrates Scholastikus schreibt noch im 5. Jahrhundert, dass »fast alle Kirchen auf der Welt das heilige Abendmahl jede Woche am Sabbat feiern« (Sokrates Scholastikus, Kirchengeschichte V, XXII in: The Seven Ecumenical Councils, www.ccel.org).

Im ägyptischen Alexandria finde der Gottesdienst zwar am Sabbat statt, das Abendmahl werde aber erst am Abend nach einem ausgiebigen Essen eingenommen. Nur in Rom herrsche eine ganz andere Tradition, die übrigens dazu führte, dass bereits zu Anfang des 7. Jahrhunderts Papst Gregor I. die wörtliche Auslegung des Sabbatgebots als antichristlich bezeichnete (Gregorius I Magnus, Registri Epistolarum, »Epistola Prima. Ad Romanos Cives«, 1253B, www.documentacatholicaomina.eu).

Vom Freuden- zum Fastentag

In Rom wurde jeden Sabbat gefastet – ganz gegen den so genannten apostolischen Kanon 64 aus dem vierten Jahrhundert, der sowohl Klerus als auch Laien das Fasten am Sabbat strengstens untersagte (Siehe Anhang von Apostolische Konstitutionen).

Vielerorts wurde der Sonntag als Herrentag zusätzlich zum Sabbat gefeiert. Die neue Tradition des Sabbatfastens machte jedoch aus dem Freuden- und Festtag Sabbat eine Last. Im Judentum galt Fasten am Sabbat zudem als Sabbatbruch. So wurde durch das Sabbatfasten der Graben zwischen Juden und Christen noch breiter.

Bald schon war das Sabbatfasten in der gesamten Westkirche gängige Praxis. Nur die Ostkirche lehnte es kategorisch ab. Diese und andere Streitpunkte führten schließlich 1054 zur großen Kirchenspaltung zwischen der orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche.

So gab es im Westen bald nur noch Sabbathalter unter den Gruppen, die von der römischen Kirche als Ketzer verfolgt wurden, darunter die Katharer (Albigenser), die Passagini, die Petrobrusianer und die Waldenser. Außerhalb des Machtbereichs der römischkatholischen Kirche – beispielsweise in der keltischen Kirche Irlands und Schottlands – hielt sich der Sabbat so lange, bis auch diese Kirche unter den Einfluss Roms kam.

Die Wiederentdeckung des Sabbats

Erst seit dem Zeitalter der Reformation kam die Verdrängung des Sabbats zum Stillstand und der Trend kehrte sich vorsichtig wieder um. Schon unter den Anhängern John Wyclifs, den Lollarden, finden sich wieder Sabbathalter. Und das reformatorische Prinzip sola scriptura, allein die Schrift, förderte die Rückkehr zur biblischen Lehre.

Die Inquisition und das Konzil von Trient (1545–1563) mit der darauf folgenden Gegenreformation waren Reaktionen der katholischen Kirche auf die verschiedenen reformatorischen Bestrebungen und Abspaltungen.

Auf diesem Konzil wurde auch erklärt: »Der Sabbat, der herrlichste Tag im Gesetz, wurde auf den Herrentag verschoben. Dies geschah nicht auf einen Befehl Jesu hin, sondern durch die Autorität der Kirche.« (G./J. D. Mansi, Sacrorum Consiliorum, Bd. 33, Spalte 529-530)

Namen, die Geschichte schrieben

Doch es gab immer mehr Reformatoren, die den Sabbat für sich wiederentdeckten. Darunter Andreas Bodenstein von Karlstadt, ein Kollege von Martin Luther, der auch als Wegbereiter der Wiedertäuferbewegung gilt. Während Luther alles akzeptierte, was die Bibel nicht ausdrücklich ablehnte oder verbot, nahm Karlstadt nur das an, was die Bibel ausdrücklich lehrte. Weitere Sabbathalter waren die Wiedertäufer Oswald Glaidt und Andreas Fischer, die in Mitteleuropa viele sabbathaltende Gruppen gründeten; unter den Puritanern in England sind Dorothy Traske und Theophilus Brabourne zu nennen; unter den Baptisten James Ockford, Peter Chamberlen und Francis Bampfield.

Den Sabbat nach Amerika brachten Stephen und Ann Mumford. Sie gründeten die erste Gemeinde der Siebenten-Tags-Baptisten in Rhode Island. Auch hielten den Sabbat Conrad Beissel, Gründer des Ephrata-Klosters in Pennsylvania, und Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf, Gründer der Herrnhuther Brüdergemeine, samt seinen Missionaren, die im selben Bundesstaat die Stadt Bethlehem gründeten.

Die Situation heute

Heute wird der Sabbat von Siebenten-Tags-Adventisten (mehr als 22 Millionen), der Wahren Kirche Jesu (3 Millionen), der Vereinten Kirche Gottes und anderen kleinen Kirchen gehalten (insgesamt 6-stellig). Darüber hinaus nimmt die Zahl sabbathaltender Christen auch in anderen Kirchen ständig zu. Die messianischen Juden als Brücke zwischen Juden- und Christentum spielen dabei als Einfluss wahrscheinlich eine besondere Rolle.

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