Vatikan zwischen Anspruch und Wirklichkeit (Teil 3): Heiliger Stuhl oder Dämonenblüte?

St. Peter's Basilica, Città del Vaticano, Vatican City
Unsplash - Alan Liu

Über Exorzisten und Besessenheit. Von Dr. Alberto R. Treiyer

Lesezeit: 8 Minuten

In Offenbarung 18 erfahren wir, dass Babylon, Symbol für Rom, eine »Behausung der Dämonen« wird (Vers 2). Das Kapitel weist auch darauf hin, dass dieselbe teuflische Falle auch über Babylons Töchtern zuschnappt, den protestantischen Kirchen, die mit ihr am Ende Hurerei treiben und »das große Babylon« bilden.34

Die Bibel erklärt, dass die Toten aufhören zu leben und sich bis zum Jüngsten Gericht und dem Kommen des HERRN in einem Zustand völliger Bewusstlosigkeit befinden (Prediger 2,16; 9,5.10; Jesaja 26,14; Malachi 4,1; Zephanja 1,18; 3,19; Obadja 16; 2. Petrus 3,10-11). Wer aber sollen dann die angeblichen Heiligen und Jungfrauen sein, die heute unzähligen Menschen erscheinen? In der Geschichte des Mediums von Endor sehen wir, dass Satan sich als Samuel verstellte (1. Samuel 28,5-25; 1. Chronik 10,13-14). Aus diesem Grund hatte Gott die Totenbefragung verboten (5. Mose 18,11; 3. Mose 19,31; 20,27). Sowohl Jesus als auch die Apostel warnen, Satan würde schließlich die ganze Welt durch täuschende Wunder hinters Licht führen (Matthäus 24,24; 2. Thessalonicher 2,9-12; Offenbarung 13,13-14).

Die Dämonologie war im Mittelalter erstaunlich stark entwickelt.35 In diesem Artikel geht es aber nicht um die Geschichte des Mittelalters, sondern darum wie ausgeprägt der Spiritismus noch heute in der römisch-katholischen Kirche ist. Am 21. Mai 2000 berichtete die Vatikan-Internet-Nachrichtenagentur Zenit, dass der Spiritismus in Italien immer weiter auf dem Vormarsch ist. Sie sagte:

»In Italien ist es inzwischen ganz normal, die Toten zu befragen. Der Spiritismus ist in neuem Gewand zurückgekehrt.« »Die Bischöfe sagen, dass Versammlungen, Seminare und Konferenzen, die sich um die Spiritualität des Jenseits drehen, stark zunehmen. Viele Trauernde nehmen an den Versammlungen am Wochenende teil, um von der Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod zu hören.« »Auch sehr bekannte Priester … arbeiten in diesen Gruppen … In manchen dieser Versammlungen wird die Messe gefeiert.«36

Die römisch-katholische Kirche wurde für den Spiritismus anfällig, als sie die heidnisch-griechische Philosophie von der natürlichen Unsterblichkeit der Seele übernommen hat. Wenn die Toten nicht wirklich tot sind, warum sollten wir dann nicht mit ihnen kommunizieren? Das ist das Hauptargument des modernen Spiritismus, einer Ideologie, die die Schlange erstmalig in Eden eingeschleppt hat (1. Mose 3,4).

Die römisch-katholische Kirche erkennt die biblische Lehre vom bewusstlosen Zustand der Toten nicht an. Deshalb haben viele römische Priester versucht, der spiritistischen Entwicklung mit psychologischen Erklärungen entgegenzutreten. Nach ihrer Sicht geschieht die Kommunikation weder mit den Verstorbenen noch mit den Dämonen, die sich als Tote ausgeben, sondern »mit dem Bild der Toten, das im Unbewussten existiert«. Wenn es sich aber wirklich um Verstorbene handeln sollte – so sagen sie –, dann dürfe man die Aussagen dieser körperlosen Menschen nur dann ernst nehmen, wenn sie von Heiligen stammen, die von der Kirche anerkannt sind. Bei ihren Geisteraustreibungen rufen die katholischen Priester dann auch tatsächlich die Heiligen an genauso wie in den geheimen »geistlichen Exerzitien« der Jesuiten. Diese wiederum werden von vielen in Zusammenhang gebracht mit dem Spiritismus und den okkulten Philosophien, die typisch sind für das New Age.37

Geisteraustreibung

Der Spiritismus hat auch mit dämonischer Besessenheit zu tun. Diese ist nicht nur in der römisch-katholischen Kirche zu finden, sondern breitet sich auch in protestantischen und evangelikalen Kirchen aus, und zwar durch den Einfluss von Pfingstlern und Charismatikern, die ja das Übernatürliche besonders betonen. Im Jahr 1996 soll es allein in Rom jede Woche 40 Geisteraustreibungen gegeben haben, 80 Prozent davon an Frauen mittleren Alters aus der Mittelschicht. Angeblich sind Frauen dafür »offener, weil sie meistens diejenigen sind, die Wahrsager, Medien, Kartenleser, Seancen besuchen und satanischen Sekten angehören«.38

Der größte und bekannteste Exorzist des Vatikan war Vater Gabriele Amorth, Mitgründer und Ehrenvorsitzender auf Lebenszeit der Internationalen Vereinigung der Exorzisten. Trotz breitem Widerstand wurde sein Verein schließlich im Jahr 2014 offiziell von der katholischen Kirche anerkannt. Bis zum Jahr 2010 soll Amorth angeblich 70.000 Geisteraustreibungen in 25 Jahren vollzogen haben. Das entspricht etwa 20 täglich.39 Er starb am 16. September 2016. Man schätzt, er habe insgesamt etwa 160.000 Besessene befreit.40 Kein Wunder, dass er zu dem Schluss kam, »der Teufel lebt im Vatikan«. Auch behauptete er, dass viele Kardinäle und Bischöfe gar nicht an Jesus glaubten, sondern in dämonischen Banden gefangen seien. Außerdem sprach er über die Unmoral des Klerus, Homosexualität etc.

Die Exorzismusgesuche wuchsen 1998 so stark an, dass der Vatikan ein Handbuch zur Geisteraustreibung herausgab und die Anzahl der Priester erhöhte, die diesem Phänomen begegnen sollten.41 Da der größte Teil des Handbuchs das Problem als rein psychologisches Problem betrachtet, hielt Amorth selbst es jedoch für nutzlos.

Am 17. April 2018 berichtete BBC London von einem starken Anstieg dämonischer Besessenheit in vielen Ländern, vor allem aber in Italien. Eine halbe Million würden sich jedes Jahr an die katholische Kirche in Italien mit der Bitte um Geisteraustreibung wenden. Die Anfragen stiegen auch in England. Der Bericht erwähnt sogar Fälle, wo Kinder missbraucht wurden oder Menschen in solchen Ritualen starben. Dies bestätigt eine Veröffentlichung der britischen Regierung vom Jahr 2012. In ihr wurde ein nationaler Aktionsplan vorgestellt, wie Kindesmissbrauch aufgrund solcher esoterischen Praktiken verhindert werden könne.42

Durch wen oder was nimmt Besessenheit angeblich in jüngster Zeit zu?

Durch Pfingstler, Hexerei und verschiedene abergläubische Praktiken wie Tarot-Karten, Ouija etc.43 Dass es in Italien, dessen Hauptstadt Rom ist und wo sich der Heilige Stuhl befindet, die meisten Exorzismusgesuche gibt, ist sehr bemerkenswert. Wie schon gesehen, warnt uns das Buch Offenbarung, dass es eine »Behausung der Dämonen und ein Gefängnis aller unreinen Geister« werden würde (Offenbarung 18,2).

Totenbefragung und Okkultismus spielten allerdings in heidnischen Religionen schon viel länger eine große Rolle. Das zeigt sich deutlich in der Bibel (5. Mose 18,11-12). Diese und andere heidnische Überzeugungen und Praktiken leben heute im so genannten New Age wieder auf. Am 23. September 2000, kündigte Zenit eine Versammlung im Vatikan an, zu der 20 Religionen eingeladen wurden, einige davon heidnische. Papst Johannes Paul II. forderte sie auf, »das Beste zu bringen, was sie besäßen, um die Welt zu verbessern« und betrachtete diesen Aufruf als »entscheidenden Schritt zur moralischen Wiederherstellung der Welt«. Seitdem ist der Vatikan in kontinuierlichem Dialog mit heidnischen und allgemein anderen Religionen.

Wo finden wir in der Bibel, dass Gott die Heiden dazu aufruft, nach Jerusalem zu kommen, um die Moral der Welt wiederherzustellen? Nirgends! Gott beauftragte das alte Israel vielmehr damit, die Heiden auf den einen Gott hinzuweisen und vor anderen Göttern zu warnen (Jesaja 2,3). Derselbe Auftrag gilt auch heute noch für Gottes Gemeinde (Offenbarung 12,17; 14,12; siehe Matthäus 19,17; Johannes 14,15).

»Die Tausendjährigen«

Im Jahr 1999 staunte die Welt nicht schlecht, als Priester aus dem Vatikan ein Buch mit dem Titel veröffentlichten: Via col vento in Vaticano [wörtl.: Vom Winde verweht im Vatikan; deutscher Titel: Wir klagen an; engl. Shroud of Secrecy, franz. Le Vatican mis a nu]. Es wurde anonym unter dem Pseudonym I Millenari (die Tausendjährigen) veröffentlicht. Die Autoren wollten der Welt die gewaltige Korruption enthüllen, die sich hinter dem so genannten Heiligen Stuhl verbirgt. Auf diese Weise hofften sie, den Vatikan zu einer Kirchenreform zu zwingen. Doch sie erkannten nicht, dass moralische und geistliche Korruption des Klerus nicht einfach durch Enthüllungen oder Verurteilungen geheilt wird. Wir glauben zwar auch, dass Sünde beim Namen genannt werden muss. Aber eine Umkehr kann nur durch den Heiligen Geist bewirkt werden, der mit Gottes Gesetz in Einklang ist. Nur Jesu Blut kann die Seele bekehren und geistliche Heilung bringen.

Was für Anschuldigungen erhoben die Millenari gegen den Vatikan? Sie nannten Drogenmissbrauch, verbotenen Sex und Homosexualität neben Machtmissbrauch, Machtkämpfen und Spiritismus. Sie sprachen von »schwarzen Messen«, die dort durchgeführt werden. Sie beklagten die ungenierte Existenz von Satanismus im Vatikan und die Ausübung dämonischer Rituale, was von verschiedenen auswärtigen Quellen bestätigt wurde. Ein zweites Buch wurde ein paar Jahre später von den Millenari veröffentlicht. Es trug den Titel Fumo di Satana in Vaticano. Via col vento in Vaticano n. 2 [Satans Rauch im Vatikan. Vom Winde verweht im Vatikan, Bd. 2]. Dort wird behauptet, dass der Teufel selbst am Heiligen Stuhl gegenwärtig ist.

Scheinexorzisten

Wir können in diesen beiden Büchern den bemerkenswerten Zusammenhang zwischen Dämonologie und moralischer Korruption erkennen. Doch bevor wir zur vierten Eigenschaft Roms kommen, noch die Frage: Greift Jesus durch moderne Exorzisten ein? In anderen Worten: Woher weiß man, ob ein Exorzist falsch oder echt ist? Die Bibel ist eindeutig in diesem Punkt. Gott ließ durch Jesaja ausrichten, und zwar einem Volk, das von allen möglichen trügerischen geistlichen Ereignissen ganz verwirrt war:

»›Zum Gesetz und zum Zeugnis!‹ — wenn sie nicht so sprechen, gibt es für sie kein Morgenrot. « (Jesaja 8,20) Jesus und die Apostel warnten uns, dass am Ende der Welt, der Teufel die Nationen durch große Wunder täuschen würde, um »wenn möglich auch die Auserwählten zu verführen« (Matthäus 24,24; 2. Thessalonicher 2,9-12; Offenbarung 13,13-14).

»Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Reich der Himmel eingehen«, sagte Jesus, »sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut.« (Matthäus 7,21) Er gab uns auch den Schlüssel, um Schwindler zu entlarven: »An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen.« (Matthäus 7,16) Was das Ende der Welt betrifft, warnte Jesus auch, dass viele falsche Exorzisten kommen würden, denen der Herr sagen wird, dass er nichts mit ihnen zu tun hatte: »Viele werden an jenem Tag zu mir sagen: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt und in deinem Namen Dämonen ausgetrieben und in deinem Namen viele Wundertaten vollbracht? Und dann werde ich ihnen bezeugen: Ich habe euch nie gekannt; weicht von mir, ihr Gesetzlosen!« (Matthäus 7,22-23)

Fußnoten:
(34) “Babylon is said to be ‘the mother of harlots.’ By her daughters must be symbolized churches that cling to her doctrines and traditions, and follow her example of sacrificing the truth and the approval of God, in order to form an unlawful alliance with the world. The message of Revelation 14, announcing the fall of Babylon must apply to religious bodies that were once pure and have become corrupt. Since this message follows the warning of the judgment, it must be given in the last days; therefore it cannot refer to the Roman Church alone, for that church has been in a fallen condition for many centuries” (GC 382-3).
(35) Dr. Carlos Puyol shared with me this bibliographical note. “In my doctoral dissertation of 1992, Inquisición y Política en el Reinado de Felipe IV. Los procesos de Jerónimo de Villanueva y las monjas de San Plácido 1628-1660, published by the Consejo Superior de Investigaciones Científicas in 1993, In chapter III, “Los diablos de San Plácido,” I address the subject of the demonic possession of the majority of Benedictine nuns at the convent of Madrid. Together with the Prior they were accused by the Inquisition making a ‘covenant with the demon’. This allowed me to investigate the parallel and coetaneous case of the Ursuline nuns of Loudun in Southern France (1632-1640), judged there by a royal court, where the Satanic manifestations of the nuns and of their spiritual leader in the forefront, coincide significantly (see pp. 141-180). See also Jean Starobinski, La posesión demoníaca. Tres estudios (Taurus Ediciones, Madrid, 1975); Corrado Balducci, La posesión diabólica (Ediciones Martínez Roca, Barcelona, 1976).
(36) https://es.zenit.org/articles/obispos-advierten-contra-las-nuevas-practicas-espi/
(37) https://www.caminoalregreso.org/2017/12/01/ignacio-de-loyola-ejercicios-espirituales-o-espiritistas/ These spiritual exercises are spreading in the Protestant and Evangelical world, causing the lost of religious identity through what is known as the Emerging Church. See J. Finneman, The Emergent Church Movement [http://www.gospel-herald.com/finneman/Emerging_%20Movement.htm].
(38) https://www.telegraph.co.uk/obituaries/2016/09/20/father-gabriele-amorth-exorcist–obituary/
(39) The Telegraph, March 11, 2010.
(40) Ibid.
(41) Ibid.
(42) BBC News, Exorcism: Vatican course opens doors to 250 priests, http://www.bbc.com/news/world-europe-43697573
(43) Ibid.

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