Warum Gott wartet – Verantwortung trifft Bequemlichkeit

Sand im Getriebe
Adobe Stock – Björn Wylezich

Gott sehnt sich nach aktiven Mit-Arbeitern – doch zu oft blockieren Gleichgültigkeit und Komfort den Fluss seines Segens. Von Ellen White

Lesezeit: 11 Minuten

Wer im Weinberg Gottes untätig bleibt, kann seinen Segen nicht empfangen. Wer sich zwar zum christlichen Glauben bekennt, aber im Alltag passiv bleibt, untergräbt mit seinem Einfluss und Beispiel die Arbeit derer, die sich wirklich engagieren. Solche Menschen bekennen sich zwar zu großen und wichtigen Wahrheiten, machen sie aber durch ihr widersprüchliches Leben wieder wirkungslos. Am Ende entsteht durch sie sogar ein falsches Bild von Jesus.

Sand im Getriebe – warum?

Wie soll Gott seine Gnade auf Gemeinden ausgießen, die hauptsächlich aus solchen Gliedern bestehen? Sie bringen Gottes Werk keinen Schritt voran. Wie könnte der Meister zu so einem Menschen sagen: »Recht so, du guter und treuer Knecht … geh hinein zu deines Herrn Freude!« (Matthäus 25,21), wenn er doch weder gut noch treu gewesen ist?

Gott kann nicht lügen. Daher kann er seine Gnadenkraft den Gemeinden auch nicht in großem Ausmaß schenken. Denn wenn er Menschen Gnadenströme sendete, die weder Jesu Joch noch irgendwelche Lasten tragen wollen, die weder sich selbst verleugnen noch Jesu Kreuz auf sich nehmen wollen, entstünde ein völlig verzerrtes Bild von seinem einzigartigen Charakter. Die Trägheit dieser Menschen würde zum Hindernis für alle, die das Werk sonst vorantragen könnten. Gott sehnt sich nicht nach leerer Nächstenliebe, die nur Schall und Rauch ist, sondern nach großzügiger und freigebiger Nächstenliebe.

Gottes Großzügigkeit wird in dieser Welt deutlich, wenn sein Volk ihm durch Zehnten, Gaben und Opfer den Anteil gibt, der ihm zusteht. Viele Menschen kennen jedoch weder Einschränkung, Selbstverleugnung noch Selbstaufopferung. So etwas überlassen sie anderen; Gott aber sucht Menschen, die sich durch Glauben und Gebet ganz dem Werk weihen; Menschen, die forschen und planen; Menschen, die Selbstverleugnung und Selbstaufopferung mit ihren Plänen verbinden. Nur diese Art von Wohltätigkeit entspricht Jesu Gebot und bringt Gott Ruhm und Ehre. Solange diese Wohltätigkeit nicht in die Praxis umgesetzt wird, kann sein Volk den Segen nicht in Fülle und Kraft bekommen.

Von der Sehnsucht, Menschen zu retten

Jeder wirklich Bekehrte ist von dem starken Wunsch beseelt, andere aus der Finsternis des Irrtums ins wunderschöne Licht der Gerechtigkeit Jesu Christi zu führen. Gottes Geist, der die ganze Erde mit seiner Herrlichkeit erleuchten soll, wird erst ausgegossen, wenn wir ein erleuchtetes Volk haben, das aus eigener Erfahrung weiß, was es heißt, mit Gott an einem Strang zu ziehen.

Wenn wir Gott aus ganzem Herzen und mit jeder Faser unseres Seins dienen, wird Gott dies durch eine gewaltige Ausgießung seines Geistes honorieren; dazu kommt es jedoch nicht, solange der größte Teil der Gemeinde Gott die Zusammenarbeit verweigert. Gott kann seinen Geist nicht ausgießen, wenn Egoismus und Genusssucht derartig verbreitet sind, dass ein Geist vorherrscht, der in Worte gefasst, der Antwort Kains entspräche: »Soll ich meines Bruders Hüter sein?« (1. Mose 4,9)

Immer deutlicher zeigen sich die Zeichen, dass das Ende aller Dinge nahe ist. Wenn selbst die Botschaft für unsere Zeit nicht ausreicht, um die schlummernden Kräfte der bekennenden Christen zu wecken, dann wird sie bald eine Finsternis einholen – so tief, wie das Licht groß war, das ihnen gegeben wurde. Am großen Tag der Abrechnung wird es keine Entschuldigung geben. Kein Grund wird ausreichen, um vor Gott zu rechtfertigen, warum sie das Licht der heiligen Wahrheit nicht gelebt, nicht danach gehandelt und nicht dafür gearbeitet haben. Dabei hätte ihr Leben, ihre Anteilnahme und ihr Einsatz der von Sünde geprägten Welt zeigen können, dass das Evangelium eine reale Kraft ist – und keine bloße Theorie.

Vollen Einsatz bringen

Nicht nur Prediger, sondern auch Laien bringen nicht den vollen Einsatz, um Menschen durch Wort und Tat davon zu überzeugen, Jesu rettende Gnade anzunehmen. Mit Geschick, Taktgefühl und Weisheit von oben könnten sie Menschen dazu bewegen, das Lamm Gottes zu betrachten, das der Welt Sünde trägt. Wenn Gläubige Gott von Herzen lieben, werden sie auch kontinuierlich für Jesus arbeiten. Sie werden Jesu Sanftmut und eine Entschlossenheit an den Tag legen, die sich nicht aufhalten lässt, bis ihr Ziel erreicht ist. Demütige Menschen lässt Gott für sich arbeiten; denn es gibt einen großen Weinberg, für den er Arbeiter braucht: »Was steht ihr den ganzen Tag müßig da?« (Matthäus 20,6)

Wie Licht schnell zur Finsternis werden kann

Jesus rief ein Wehe über die Städte und Menschen aus, die sein Wirken erleben durften, die Zeugen seiner Gnadentaten waren und seinen Gnadenworten lauschten, aber dennoch keine Reue zeigten. Wer große Frömmigkeit zur Schau stellte, jedoch nicht die entsprechenden Werke hervorbrachte, wurde von ihm äußerst scharf getadelt. Zu den Pharisäern sagte er: »Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr den Zehnten gebt von Minze, Dill und Kümmel und lasst das Wichtigste im Gesetz beiseite, nämlich das Recht, die Barmherzigkeit und den Glauben! Doch dies sollte man tun und jenes nicht lassen.« (Matthäus 23,23)

Wessen Herz voll ist von Gottes Liebe und Barmherzigkeit, dessen Mund wird davon auch überfließen. »Wehe dir, Chorazin! Weh dir Betsaida! Wären solche Taten in Tyrus und Sidon geschehen, wie sie bei euch geschehen sind, sie hätten längst in Sack und Asche Buße getan. Doch ich sage euch: Es wird Tyrus und Sidon erträglicher ergehen am Tag des Gerichts als euch. Und du, Kapernaum, wirst du bis zum Himmel erhoben werden? Du wirst bis in die Hölle hinuntergestoßen werden. Denn wenn in Sodom die Taten geschehen wären, die in dir geschehen sind, es stünde noch heutigen Tages. Doch ich sage euch: Es wird dem Land der Sodomer erträglicher ergehen am Tage des Gerichts als dir.« (Matthäus 11,20-24)

Geht hinaus zu den Menschen!

Wenn diejenigen, die großes Licht empfangen haben, Gottes Einladung zur Mitarbeit nicht folgen, dann wird Gott Menschen berufen, die viel geringeres Licht und viel weniger Möglichkeiten hatten. Wer seine Errettung mit Furcht und Zittern festmacht, wird feststellen, dass es Gott ist, der in ihm Wollen und Vollbringen wirkt nach seinem Wohlgefallen. Tausende könnten als strahlende Lichter hellwach und voller Ernst für Gott arbeiten. Tausende könnten die Zeit erkennen, in der wir leben, statt zu warten, bis man sie drängt. Warum verbreiten sie nicht, von Gottes Kraft getrieben, das Licht und bringen anderen die Wahrheit nahe, die Gottes Wort so deutlich offenbart?

Es gilt, keine Zeit zu verlieren! Ihr Männer und Frauen, predigt an Orten und in Regionen, die noch im Dunkeln liegen! Weckt Interesse und findet dann einen lebendigen Prediger, der die Wahrheit gut darlegen und Familien im Wort Gottes unterweisen kann! Frauen, denen Gottes Sache am Herzen liegt, können gut im Umkreis ihrer Wohnung wirken. Jesus spricht von Frauen, die ihm halfen, anderen die Wahrheit zu bringen und Paulus erwähnt Frauen, die mit ihm im Evangeliumsdienst zusammenarbeiteten. Doch wie wenig tun die, die ein großes Werk tun könnten, wenn sie nur wollten! Es gibt Familien, die das Geld hätten, um Gott durch Auslandseinsätze zu verherrlichen. Sie könnten mit dem Licht ihrer guten Werke anderen leuchten, die Hilfe brauchen. Warum engagieren sich Männer und Frauen nicht wie Jesus in der Missionsarbeit?

Was bist Du bereit, für den HERRN zu tun?

Wir können nur wiederholen, was schon gesagt wurde. Das Wissen steht zur Verfügung, doch die wenigsten wenden es an! Dabei erwartet Gott von allen, die die Wahrheit kennen, persönlichen Einsatz. Er hält nach christlichen Familien Ausschau, die an Orte gehen, die sich in Dunkelheit und Irrtum befinden; Familien, die fremde Gebiete betreten und eine neue Gesellschaftsgruppe kennenlernen, um dort mit Weisheit und Ausdauer für den Meister zu arbeiten. Dieser Einladung folgen heißt, Selbstaufopferung praktizieren.

Während viele darauf warten, dass ihnen jedes Hindernis aus dem Weg geräumt wird, sterben Menschen ohne Hoffnung und ohne Gott in der Welt. Viele, sehr viele, wagen sich um weltlicher Vorteile willen oder einfach aus Forscherdrang hinaus in Seuchengebiete, oder sie gehen in Länder, in denen sie sich wirtschaftliche Vorteile erhoffen; wo aber sind die Männer und Frauen, die ihren Wohnort wechseln und mit ihren Familien in Gebiete ziehen, die noch auf das Licht der Wahrheit warten? Dadurch wären sie ein Vorbild für alle, die in ihnen Repräsentanten Jesu erkennen.

Der Ruf aus Mazedonien ertönt aus allen Ecken der Erde und Menschen sagen: Kommt herüber … und helft uns! (vgl. Apostelgeschichte 16,9) Wo bleibt die entschlossene Reaktion? Eigentlich müssten doch Tausende vom Geist Jesu bewegt werden, dem Beispiel Jesu zu folgen. Er hat sein Leben für das Leben der Welt geopfert. Warum wollen wir keinen entschiedenen Einsatz bringen? Warum wollen wir uns nicht selbst verleugnen und Menschen anleiten, die die Wahrheit für diese Zeit noch nicht kennen? Der Meistermissionar kam auf unsere Erde und ist uns vorangegangen, eben um uns zu zeigen, wie wir arbeiten sollen. Niemand sonst kann eine genaue Richtlinie für die aufstellen, die für Jesus zeugen wollen.

Was mache ich mit meinem Geld?

Wer finanzielle Mittel hat, trägt doppelte Verantwortung, denn diese Mittel hat Gott ihm anvertraut. Alle, die über Gelder verfügen, dürfen sich dafür verantwortlich fühlen, dass Gottes Werk in allen Regionen gefördert wird. Dass die Wahrheit Menschen und den Thron Gottes mit goldenen Ketten verbinden kann, ist eine große Motivation. Wir dürfen unsere gesamte Energie und die Gaben, die Gott uns verliehen hat, in fernen Regionen einsetzen, so dass dadurch die Erkenntnis des Heilandes weit unter die Heiden verbreitet wird. Vielen, denen Gott Gelder anvertraut hat, sind diese Gelder zum Fallstrick geworden statt zu einem Segen für sich und andere.

Kann es sein, dass der Besitz, den Gott uns gegeben hat, uns zum Stolperstein wird? Wollen wir zulassen, dass die Gelder, die Gott uns zum Einsatz anvertraut hat, uns davon abhalten, für Gott zu arbeiten? Wollen wir das Vertrauen Gottes in uns missbrauchen? Wollen wir, statt treue Diener zu sein, unsern Einfluss und unsere Nützlichkeit schmälern lassen, weil der Wohlstand uns abhält, mit Gott zusammenzuarbeiten? Wollen wir zulassen, dass wir zu Hause auf den Mitteln sitzen, die Gott uns anvertraut hat, damit wir sie auf der Himmelsbank anlegen?

Wir können nicht behaupten, es gäbe nichts zu tun. Denn es gibt allerhand zu tun. Wollen wir da einfach die Gemütlichkeit bei uns daheim genießen, ohne auch nur einen Versuch zu wagen? Menschen, die im Prinzip dem Untergang geweiht sind, müssen darüber informiert werden, wie sie zu den Wohnungen gelangen können, die Jesus für alle vorbereitet, die ihn lieben. Wollen wir nicht Hab und Gut opfern, damit andere ein unsterbliches Erbe bekommen können?

Wahre Nächstenliebe

Auf welchen Grundsätzen beruht Gottes Gesetz? »Du sollst den HERRN, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen … Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.« (Matthäus 22,37.78) Jeder, der die ersten vier Gebote befolgt, wird auch die letzten sechs Gebote befolgen. Er ist ein lebendiges Beispiel dafür, welche Aufgaben der Mensch gegenüber seinen Mitmenschen hat. Freundliche, mitfühlende Liebe erweist er allen, für die Jesus gestorben ist. Als Mitarbeiter Gottes weiht er sich der Mission ganz.

Wer Jesu Geist hat, ist ein Missionar; denn er holt sich seinen Eifer und seine Energie vom Meistermissionar selbst. Seine Weisheit bekommt er von Gott. Diese Weisheit ist aber weder ein blinder Impuls noch ein kaltes, berechnendes Pharisäertum. Sie erwächst vielmehr aus dem Vertrauen zu Gott. »Die Weisheit aber von oben her ist zuerst lauter, danach friedfertig, gütig, lässt sich etwas sagen, ist reich an Barmherzigkeit und guten Früchten, unparteiisch, ohne Heuchelei.« (Jakobus 3,17)

Was soll der Himmel von denen halten, die einerseits bekennen, dass Jesus Christus für die Welt die einzige Hoffnung auf Erlösung ist, und andererseits kaum etwas tun, um Jesus denen bekanntzumachen, die sich in der Finsternis des Irrtums befinden? Wie groß wird ihnen ihre eigene Schuld erscheinen, wenn der Tag kommt, an dem jeder Fall für immer entschieden sein wird? Sie haben während der Gnadenzeit die Menschen, mit denen sie regelmäßig zu tun hatten, nicht vor dem Schicksal gewarnt, das alle erwartet, die eine solch großartige Rettung unbeachtet lassen.

Was für eine Enthüllung wird das sein, wenn bekannt wird, was erklärte Christen hätten tun können und nicht getan haben! Wie viele Menschen hätten durch den Einsatz dieser Christen gerettet werden können, wenn diese mit Gott zusammengeabeitet hätten! Viele, die ihre Liebe zu Gott bekennen, sind scheinbar von einer eisigen Atmosphäre eingehüllt; Jesu Liebe hat ihre Herzen nie erweicht. Der Herr Jesus sagt: »Bringt aber die Zehnten in voller Höhe in mein Vorratshaus, auf dass in meinem Hause Speise sei, und prüft mich hiermit, spricht der HERR Zebaoth, ob ich nicht des Himmels Fenster auftun werde und Segen herabschütten die Fülle. Und ich will um euretwillen den ›Fresser‹ bedrohen, dass er euch die Frucht auf dem Acker nicht verderben soll und der Weinstock auf dem Felde euch nicht unfruchtbar sei, spricht der HERR Zebaoth. Dann werden euch alle Heiden glücklich preisen, denn ihr sollt ein herrliches Land sein, spricht der HERR Zebaoth« (Maleachi 3,10-12).

Aus: Review and Herald, 21. Juli 1896

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