»Wer sich an der Verkündigung der dritten Engelsbotschaft beteiligt, studiert die Schrift nach demselben System, dem William Miller folgte« (Ellen White, RH 25.11.1884). Höchste Zeit, dass wir uns seine Regeln näher anschauen in folgendem Artikel von William Miller
Beim Bibelstudium habe ich folgende Regeln als sehr hilfreich empfunden. Auf besonderen Wunsch veröffentliche ich sie nun [1842] an dieser Stelle. Wer von den Regeln profitieren möchte, dem empfehle ich, jede einzelne mit den angegebenen Bibelstellen eingehend zu studieren.
Regel 1 – Jedes Wort hat Gewicht
Jedes Wort ist angemessen miteinzubeziehen, wenn man ein Thema in der Bibel studiert.
Matthäus 5,18
Regel 2 – Alles ist nötig und verständlich
Die ganze Heilige Schrift ist nötig und kann durch gezielten Einsatz und intensives Studium verstanden werden.
2. Timotheus 3,15-17
Regel 3 – Wer bittet, der versteht
Nichts, was in der Schrift offenbart ist, kann oder wird denen verborgen bleiben, die im Glauben und ohne zu zweifeln bitten.
5. Mose 29,28; Matthäus 10,26.27; 1. Korinther 2,10; Philipper 3,15; Jesaja 45,11; Matthäus 21,22; Johannes 14,13.14; 15,7; Jakobus 1,5.6; 1. Johannes 5,13-15.
Regel 4 – Alle relevanten Stellen vereinen
Um eine Lehre zu verstehen, sammle alle Schriftstellen zu dem Thema, das dich interessiert! Dann lass jedes Wort zum Tragen kommen! Gelangst du zu einer harmonischen Theorie, kannst du nicht irregehen.
Jesaja 28,7-29; 35,8; Sprüche 19,27; Lukas 24,27.44.45; Römer 16,26; Jakobus 5,19; 2. Petrus 1,19-21
Regel 5 – Sola Scriptura
Die Heilige Schrift muss sich selbst auslegen. Sie setzt den Maßstab. Denn, wenn ich mich bei meiner Auslegung auf einen Lehrer verlasse, der Mutmaßungen über ihre Bedeutung anstellt oder sie im Einklang mit seinem Glaubensbekenntnis deuten möchte oder der sich für weise hält, dann richte ich mich nur nach seinen Vermutungen, Wünschen, seinem Bekenntnis oder seiner Weisheit, und nicht nach der Bibel.
Psalm 19,8-12; Psalm 119,97-105; Matthäus 23,8-10; 1. Korinther 2,12-16; Hesekiel 34,18.19; Lukas 11,52; Maleachi 2,7.8
Regel 6 – Prophezeiungen zusammenfügen
Gott hat Zukünftiges offenbart durch Gesichte, in Symbolen und Gleichnissen. Auf diese Weise werden die selben Dinge oft mehrfach wiederholt, durch verschiedene Gesichte oder in verschiedenen Symbolen und Gleichnissen. Wer sie verstehen will, muss sie alle zu einem Gesamtbild zusammenfügen.
Psalm 89,20; Hosea 12,11; Habakuk 2,2; Apostelgeschichte 2,17; 1. Korinther 10,6; Hebräer 9,9.24; Psalm 78,2; Matthäus 13,13.34; 1. Mose 41,1-32; Daniel 2;7;8; Apostelgeschichte 10,9-16
Regel 7 – Gesichte erkennen
Gesichte werden immer ausdrücklich als solche erwähnt.
2. Korinther 12,1
Regel 8 – Symbole werden erklärt
Symbole haben immer eine symbolische Bedeutung und werden häufig bei Prophezeiungen verwendet, um zukünftige Dinge, Zeiten und Ereignisse darzustellen. So bedeuten zum Beispiel »Berge« Regierungen, »Tiere« Königreiche, »Wasser« Völker, »Lampe « Gottes Wort, »Tag« Jahr.
Daniel 2,35.44; 7,8.17; Offenbarung 17,1.15; Psalm 119,105; Hesekiel 4,6
Regel 9 – Gleichnisse entschlüsseln
Gleichnisse sind Vergleiche anhand derer Themen veranschaulicht werden. Sie müssen genauso wie Symbole vom Thema und der Bibel selbst erklärt werden.
Markus 4,13
Regel 10 – Mehrdeutigkeit eines Symbols
Symbole haben manchmal zwei oder mehrere Bedeutungen, »Tag« wird zum Beispiel als Symbol verwendet um drei verschiedene Zeiträume darzustellen.
1. unendlich
2. begrenzt, ein Tag für ein Jahr
3. ein Tag für tausend Jahre
Bei richtiger Auslegung entsteht ein Einklang mit der gesamten Bibel und es macht Sinn, andernfalls nicht.
Prediger 7,14, Hesekiel 4,6; 2. Petrus 3,8
Regel 11 – Wörtlich oder symbolisch?
Woher weiß man, ob ein Wort symbolisch zu verstehen ist? Wenn es wörtlich verstanden Sinn macht und den einfachen Naturgesetzen nicht widerspricht, ist es wörtlich zu verstehen, sonst symbolisch.
Offenbarung 12,1.2; 17,3-7
Regel 12 – Symbole durch Parallelstellen entschlüsseln
Um die wahre Bedeutung von Symbolen zu verstehen, studiere man das Wort in der ganzen Bibel. Hast du eine Erklärung gefunden, so wende sie an. Macht sie Sinn, hast du die Bedeutung gefunden, wenn nicht, suche weiter.
Regel 13 – Prophetie und Geschichte vergleichen
Um zu wissen, ob man das richtige geschichtliche Ereignis gefunden hat, das eine Prophezeiung erfüllt, muss sich jedes Wort der Prophezeiung, nachdem man die Symbole entschlüsselt hat, buchstäblich erfüllen. Dann weiß man, dass sich die Prophezeiung erfüllt hat. Wenn aber ein Wort unerfüllt bleibt, muss man nach einem anderen Ereignis suchen oder auf eine zukünftige Entwicklung warten. Denn Gott sorgt dafür, dass die Geschichte und die Prophetie übereinstimmen, damit die wirklich gläubigen Gotteskinder nicht zuschanden werden.
Psalm 22,6; Jesaja 45,17-19; 1. Petrus 2,6; Apostelgeschichte 3,18
Regel 14 – Wahrhaft glauben
Die wichtigste Regel von allen ist: Glaube! Wir brauchen einen Glauben, der Opfer bringt und, wenn er bewährt ist, auch das Kostbarste auf Erden aufgibt, die Welt und alle ihre Wünsche, Charakter, Lebensunterhalt, Beruf, Freunde, Zuhause, Trost und weltliche Ehren. Wenn irgendetwas davon uns daran hindert, einem Teil von Gottes Wort Glauben zu schenken, dann ist unser Glaube umsonst.
Auch können wir erst glauben, wenn diese Beweggründe nicht mehr in unseren Herzen lauern. Es gilt, daran zu glauben, dass Gott sein Wort niemals bricht. Und wir dürfen darauf vertrauen, dass er, der sich um die Sperlinge kümmert und die Haare auf unserem Haupt gezählt hat, auch über der Übersetzung seines eigenen Wortes wacht und eine Schranke um es zieht. Er wird alle, die aufrichtig Gott und seinem Wort vertrauen, davor bewahren, weit von der Wahrheit abzuirren, auch wenn sie weder Hebräisch noch Griechisch verstehen.
Das ultimative Buch
Dies sind ein paar der wichtigsten Regeln, die ich aus dem Wort Gottes für ein systematisches und geregeltes Bibelstudium erkannt habe. Wenn ich mich nicht gewaltig täusche, dann ist die Bibel als Ganzes eines der einfachsten, schlichtesten und vernünftigsten Bücher, das je geschrieben wurde.
Sie enthält den Beweis dafür, dass sie göttlichen Ursprungs ist und alle Erkenntnis enthält, nach der sich unsere Herzen sehnen können. Ich habe in ihr einen Schatz gefunden, den die Welt nicht kaufen kann. Sie schenkt inneren Frieden, wenn man ihr Glauben schenkt und eine feste Hoffnung auf die Zukunft. Sie stärkt den Geist in schwierigen Lebenslagen und lehrt uns demütig zu bleiben, wenn wir im Wohlstand leben. Sie lässt uns andere lieben und ihnen Gutes tun, weil wir den Wert jedes einzelnen Menschen erkennen. Sie macht uns mutig und lässt uns tapfer für die Wahrheit eintreten.
Wir erhalten Kraft, dem Irrtum zu widerstehen. Sie schenkt uns eine mächtige Waffe gegen den Unglauben und zeigt uns das einzige Gegenmittel gegen die Sünde. Sie bringt uns bei, wie man den Tod besiegt und wie die Banden des Grabes gebrochen werden. Sie sagt uns die Zukunft voraus und zeigt uns, wie wir uns auf sie vorbereiten können. Sie bietet uns die Gelegenheit mit dem König der Könige zu kommunizieren und offenbart den besten Gesetzeskodex, der je erlassen wurde.
Achtung: Nicht vernachlässigen, sondern studieren!
Das ist nur eine schwache Beschreibung ihres Wertes; doch wie viele Seelen gehen verloren, weil sie dieses Buch vernachlässigt haben, oder weil sie – und das ist genauso schlimm – es mit einem solchen Schleier der Rätselhaftigkeit umgeben, dass sie glauben, die Bibel sei letztlich nicht verständlich. Liebe Leser, machen Sie dieses Buch zu Ihrem Hauptstudium! Versuchen Sie es und Sie werden feststellen, dass es so ist, wie ich es gesagt habe. Ja, wie die Königin von Saba werden Sie sagen, dass ich Ihnen nicht mal die Hälfte verraten habe.
Theologie oder freies Denken?
Die Theologie, die an unseren Schulen gelehrt wird, beruht immer auf irgendeinem Glaubensbekenntnis einer bestimmten Glaubensgemeinschaft. Es mag sein, dass man jemanden, der nicht mitdenkt, mit solch einer Theologie ganz auf Linie bringen kann, doch es wird immer im Fanatismus enden. Wer unabhängig denkt, wird sich nie mit den Ansichten anderer zufrieden geben.
Wenn ich die Jugend in Theologie unterrichten müsste, würde ich zuerst herausfinden, was für ein Auffassungsvermögen und was für einen Geist sie besitzen. Wären diese gut, würde ich sie selber die Bibel studieren lassen und sie als Freie in die Welt hinaussenden, um Gutes zu tun. Besäßen sie keinen Verstand, würde ich sie mit dem Gedankengebäude eines anderen prägen, ihnen »Fanatiker« auf die Stirn schreiben und sie als Sklaven hinaussenden!
WILLIAM MILLER, Views of the Prophecies and Prophetic Chronology, Herausgeber: Joshua V. Himes, Boston 1842, Bd. 1, S. 20-24
Zuerst erschienen: Versöhnungstag, Juni 2013
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