Von Teilbekehrungen hat man schon mal gehört, aber von einer Teilneugeburt? Es scheint also einen Unterschied zu geben. Wo stehe ich? … Von Alberto Rosenthal
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Zu Deiner Frage möchte ich Dich auf das wunderbare Buch von Thomas Davis hinweisen: How to Be a Victorious Christian. Es ist auch im Deutschen erschienen unter dem Titel Als Christ siegreich leben und ist beim NewStartCenter erhältlich.
Fast dasselbe
Bekehrung und Neugeburt hängen inhaltlich eng miteinander zusammen und sind als biblische Begriffe in gewisser Weise austauschbar. Während der Begriff der Neugeburt (oder Wiedergeburt, gr. παλιγγενεσια – palingenesia, als Substantiv in dieser Bedeutung nur in Titus 3,5) aber den übernatürlichen Akt der Herzensumgestaltung des reuigen Menschen hervorhebt, der Golgatha versteht und erfährt, kann der Begriff Bekehrung gleichzeitig den Weg dorthin beschreiben. So kann Bekehrung (hebr. שוב – schuv, gr. επιστροφη – epistrophe) den Augenblick im Visier haben, wo der Mensch umzukehren beginnt, den Augenblick, wo er auf dem Weg der Umkehr ist oder schließlich eben den Augenblick, wo er die Umkehr vollständig vollzogen hat. Im letzten Fall fällt die Bedeutung von Bekehrung dann mit jener der Neugeburt zusammen. Der Mensch ist dann an den Ausgangspunkt (zurück)gelangt, an dem Gott ihn haben möchte, um ihm nun den Weg der Heiligung zu weisen. Er ist völlig bekehrt, ganz umgekehrt, mit Christus gekreuzigt, von der Sünde und ihrer Macht vollständig befreit.
So können wir in gewisser Weise von einer »Teilbekehrung« sprechen, nie aber von einer »Teilneugeburt«. Im tieferen eigentlichen Sinn aber bedeutet Bekehrung die Neugeburt.
Der Bekehrungsweg
Schön hierbei ist also, dass die Schrift den Bekehrungsweg im Begriff Bekehrung miteinschließt. Schuv bedeutet zunächst Umkehr und verweist auf den einfachen Tatbestand, dass ein Mensch sich zu drehen beginnt, er beginnt sich umzudrehen, umzukehren … Hat er sich 180° gekehrt, ist er ganz umgekehrt, völlig bekehrt.
Schuv umfasst von seiner Bedeutung her immer die völlige Kehrtwende und ist damit ein von Gott angestoßenes und zu Ende geführtes Geschehen. Wer in dieser Erfahrung steht, meint es ernst und folgt dem ihm scheinenden Licht.
Er ist kein Heuchler, auch kein rein intellektuell Bekehrter. Doch der Umkehrweg bis hin zur verständigen, entschiedenen Selbstaufgabe mag ein langer sein. Der Mensch kann auf diesem Umkehrweg bei jedem Teilschritt aber ganz »bekehrt« oder »hingegeben« sein, wenn er ständig dem Licht folgt, das ihm scheint (obgleich die Selbstsucht noch Teil seines Ichs ist).
Tägliche Bekehrung
Wahrhaft geheiligt – geheiligt im vollständigen Sinn – aber wird er erst ab dem Augenblick, wo er mit Christus gekreuzigt ist und selbstlose Liebe ihn ausfüllt. Nun kann er sich jeden Morgen sofort Gott erneut und völlig ausliefern in der Qualität des Kreuzes. Nun kann er Bekehrung täglich neu vollkommen erfahren, sich jeden Tag zu Gott hinkehren, kann täglich im Sinn einer neuen Absage an die Macht des Fleisches umkehren, sich täglich bekehren. Die heilige Freude und Barmherzigkeit Gottes erfüllen sein Denken und Sein. So wächst er in der Heiligung und gelangt von einer Stufe der Vollkommenheit zur nächsten.
Wachsende Erkenntnis
Es ist wunderbar, dass wir als Menschen also immer Gott ganz gehören können, ob wir nun vor Golgatha oder nach Golgatha stehen. Wir sind seine Kinder, wenn wir uns vom Geist Gottes führen lassen. Denn das bringt uns schließlich immer zur Neugeburt und biblischen Heiligung. Es ist einfach eine Frage der wachsenden Erkenntnis. Deshalb ist die wahrhaftige Verkündigung der Erlösung so wichtig, um Menschen so schnell wie möglich dahin zu führen, wo ihr Verlangen nach wahrem Heil, nach beständigem Sieg über die Sünde durch eine tiefe Herzensreinigung und Herzensbewahrung im Glauben an Jesus gestillt werden kann.
Sinneswandel
Buße (gr. μετανοια – metanoia) schenkt dies. Denn echte Reue, wahrhaftige Buße führt immer zu völliger Umkehr und zur Neugeburt. Dann hat, bewirkt vom Heiligen Geist, ein Sinneswandel (so die wörtliche Bedeutung von metanoia) stattgefunden; die direkte und natürliche Folge ist die Herzensumwandlung. Reue im biblischen Sinn und völlige Umkehr oder Neugeburt gehen fließend ineinander über und sind eine Erfahrung, bilden ein gemeinsames Ganzes.
Der Schlüssel zur Neugeburt ist also dieser Sinneswandel. Deshalb muss der Ruf zur Buße (durch die Offenbarung des Kreuzes und der Notwendigkeit des Todes Jesu) die erste Stelle in der Verkündigung einnehmen. Nur wer sich selbst im Licht des Gesetzes und des Evangeliums erkennt, wird zu wahrer Selbst- und Sündenerkenntnis gelangen. Dann erst kann es zu echter, tiefgreifender Bekehrung, also zu einer schnellen Erfahrung der Neugeburt kommen (siehe Pfingsten).
Eine seltene Erfahrung
Viele, die in die Gemeinde kommen, haben das Geheimnis der Bekehrung nie erfahren. Es ist das Geheimnis der Wirksamkeit des Heiligen Geistes im menschlichen Herzen. Viele, die einmal die Gemeinde verlassen werden, sind nie gründlich bekehrt gewesen. Sie haben sich vom HERRN nicht leiten, sondern nur ab und zu gebrauchen lassen. Das aber ist nicht wahre Kindschaft. Bekehrung schließt das bewusste Festhalten an eigenen, irdischen Mustern aus.
Wer wirklich in die Erfahrung der Bekehrung eingetreten ist, lässt sich schließlich ins ganze Heil ziehen, zuweilen langsam, aber sicher. Es bleibt ein Rätsel, weshalb Menschen, die die echte Erfahrung gemacht haben, sich wieder vom HERRN abwenden. Deshalb brauchen wir eine tägliche, bewusste und vollständige Bekehrung. Denn der Feind schläft nicht! »Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung kommt! Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach.« (Markus 14,38) Diese Warnung gilt jedem so lange, bis Jesus kommt.
»Der Glaube Jesu bedeutet mehr als Sündenvergebung; er bedeutet, dass die Sünde genommen wird und die Tugenden des Heiligen Geistes das Vakuum ausfüllen. Er bedeutet göttliche Erleuchtung und Freude an Gott. Er bedeutet ein vom eigenen Ich befreites Herz, Glücklichsein durch Jesu bleibende Gegenwart. Wenn Jesus die Seele regiert, herrscht dort Reinheit und Freiheit von Sünde. Im Leben kommt das strahlende, erfüllende und vollständige Evangelium zum Zuge. Die Annahme des Heilands verleiht eine Aura von völligem Frieden, völliger Liebe und völliger Gewissheit. Die Schönheit und der Wohlgeruch von Jesu Wesen zeigen sich im Leben und bezeugen, dass Gott wirklich seinen Sohn als Retter in die Welt gesandt hat.« (Christ’s Object Lessons, 419; vgl. Bilder vom Reiche Gottes, 342)
Ich hoffe, diese Gedanken sind dir eine Hilfe. Was haben wir für einen großen wunderbaren Gott!
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