Wie man die zahlreichen Briefe und Manuskripte von Ellen White, die erstmalig im Juli 2015 veröffentlicht wurden, nutzen kann. Von Kai Mester
Schon wer die CD-ROM mit Ellen Whites Schriften besitzt, hat sich längst von der Vorstellung verabschiedet, je alles lesen zu können, was sie geschrieben hat. Schließlich hat sie seit ihrer Berufung zur Prophetin praktisch täglich zur Feder gegriffen.
Hinzu kommt, dass für viele Englisch nicht Muttersprache ist und sie überhaupt nur sehr langsam und mühsam das lesen können, was nun jedem zugänglich ist. Dennoch!
Keiner von uns ist verschont geblieben von traditionellen christlichen Auslegungen. Und als Erben der Reformation fragen wir uns immer wieder, wo weicht mein Glaube von den Ursprüngen ab? Wo sind mein Glaubensverständnis und meine Glaubenspraxis geprägt von späteren Auslegungen, die sich meistens von Gott und seiner Wahrheit bereits ein gutes Stück entfernt haben?
Auch als Adventisten sind wir geprägt von der christlichen Kultur, in der wir aufwachsen. Daher ist es immer wieder wichtig, die Bibel unvoreingenommen zu studieren und uns von ihr die Augen öffnen zu lassen.
Dabei drohen uns Adventisten zwei Gefahren:
Die erste ist, dass wir uns betrogen fühlen, wenn wir entdecken, wie wir uns doch tatsächlich von der traditionellen Theologie hinters Licht haben führen lassen. Das kann uns so theologiekritisch machen, dass wir irgendwelche Irrlehren aufgreifen (die meistens um eine Kernwahrheit herum aufgebauscht werden), schließlich auch unser Vertrauen auf den Geist der Weissagung verlieren und in die Zone der vielfältigen Sonderlehren abdriften.
Die zweite Gefahr ist, dass wir uns durch gutgemeinte Zitatensammlungen von Ellen White in unserem Forschen nach Wahrheit bremsen lassen, weil wir den traditionellen Auslegungen dieser Zitate Glauben schenken und nicht selbst in ihrem Schrifttum ein ausführlicheres und vergleichendes Studium anstellen.
Der beste Weg, sich ein ausgewogeneres Bild von Ellen Whites Verständnis zu einem Thema zu machen, ist folgender: Man sucht sich die entscheidenden Bibelstellen heraus, durch die einem in der ein oder anderen Frage ein neues Licht aufgegangen ist. Sodann geht man auf eine Website wie www.bibelserver.com und sucht sich die entsprechenden Verse in der King James Bibel heraus, denn dies ist die Bibelübersetzung, die Ellen White fast ausschließlich verwendet hat. Hier gilt es nun die Schlüsselwörter zu finden, möglichst zwei oder drei aufeinanderfolgende, die man daraufhin mit Anführungszeichen vorne und hinten in das Suchfeld auf der Ellen-White-Seite eingibt.
Um die unveröffentlichten Schriften zu durchsuchen, geht man wie folgt vor:
Man öffnet folgende Seite https://egwwritings.org und muss nun links in der Bibliothek dafür sorgen, dass nur die unveröffentlichten Schriften angeklickt sind. Dazu entfernt man alle Häkchen und klickt auf das Pfeilchen neben der Kategorie »Englisch«, dann auf das Pfeilchen neben »EGW Schriften«. Jetzt kann man den Ordner »Unveröffentlicht« mit einem Häkchen versehen.
Nun braucht man nur noch die gesuchte Wendung oben links ins Suchfenster einzugeben und auf die Lupe zu drücken. Auf diese Weise findet man alles, was man von Ellen White auf der CD-ROM zu diesem Vers nicht finden konnte. Es sind zwar meistens keine übergroßen Überraschungen, sie bringen aber dennoch mehr Licht ins Dunkel.
Viel Freude beim Forschen!
Denn uns gilt ja die Prophezeiung:
»Die Macht Gottes pflegte über mich zu kommen und ich wurde befähigt, klar zu definieren, was Wahrheit und Irrtum ist. Als unsere Glaubenspunkte auf diese Weise fest gegründet wurden, fanden unsere Füße Halt auf einem soliden Fundament. Wir nahmen die Wahrheit unter der Bekundung des Heiligen Geistes Punkt für Punkt an. Ich pflegte in einer Vision entrückt zu werden und Erklärungen wurden mir gegeben. Himmlische Dinge und das Heiligtum wurden mir in Bildern gezeigt, sodass wir dort hingestellt wurden, wo das Licht auf uns in klaren, deutlichen Strahlen schien. Alle diese Wahrheiten sind in meinen Schriften verewigt. Der HERR steht zu seinem Wort. Menschen mögen einen Plan nach dem anderen schmieden und der Feind wird versuchen, die Seelen von der Wahrheit abspenstig zu machen. Doch alle, die glauben, dass der HERR durch Schwester White gesprochen und ihr eine Botschaft gegeben hat, werden vor den zahlreichen Täuschungen sicher sein, die in diesen letzten Tagen kommen werden.« Manuscript Releases 8, 320
Und hier noch unser Artikel vom November 2013, in der wir die Veröffentlichung angekündigt hatten:
White Estate plant Veröffentlichungen im großen Stil zum Todestag von Ellen White
Im Jahr 2015 jährt sich der Todestag von Ellen White zum 100. Mal. Aus einer ganzen Reihe von geplanten Aktionen zum Gedenken an die Gründermutter der Siebenten-Tags-Adventisten stellen wir hier einige vor:
• Veröffentlichung des zweiten Bands aller Briefe und Manuskripte von Ellen White mit historischen Hintergrundkommentaren. Dieser Band umfasst die Jahre 1859-1863. Der erste Band mit den Jahren 1845-1859 soll schon Ende 2013 erscheinen.
• Veröffentlichung mehrerer Stunden Audio-Interviews mit Personen, die Ellen White persönlich kannten. Darunter ihre Schwiegertochter Ethel White-Currow, ihre vier Enkel Ella White-Robinson, Mabel Workman, Evelyn White-Jacques und Arthur White, ihr Urenkel Virgil Robinson u.a.
• Veröffentlichung mehrerer Stunden Video-Interview mit ihren Enkeln Arthur White und Evelyn White-Jacques.
• 16. Juli 2015 Todestag von Ellen: Veröffentlichung aller Briefe und Manuskripte Ellen Whites auf der Website des White Estates.
• 28. Juli 2015 Geburtstag von Ellens zweitem Sohn Edson: Veröffentlichung aller Briefe von Edson White auf derselben Website.
• 29. August 2015 Geburtstag von Ellens drittem Sohn Willy: Veröffentlichung der Korrespondenz des Briefordners von William White auf der Website.
• 30. August 2015 Hochzeitstag von James und Ellen: Veröffentlichung aller Briefe von James White auf der Website.
• 26. November 2015 Geburtstag von Ellen: Veröffentlichung aller eingehenden Briefpost bis 1915 auf der Website.
Ein Grund für die endgültige Veröffentlichung all dieser Briefe und Manuskripte sei auch, dass nun nach hundert Jahren wirklich niemand mehr lebt, dessen Privatsphäre dadurch verletzt werden könnte.
Möge die Veröffentlichung dieser historischen Quellen dazu beitragen, Gottes Volk für die letzten Ereignisse zu stärken! Zwei Jahre später im Jahr 2017 jährt sich die Reformation zum 500. Mal. Welche Überraschungen uns wohl dann erwarten, vor allem von Seiten des Vatikans mit dem neuen extrem ökumenefreundlichen Papst Franziskus?
Zuerst erschienen in Versöhnungstag, November 2013
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