Weisheiten adventistischer Pädagogik: Richtig erziehen

Weisheiten adventistischer Pädagogik: Richtig erziehen
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Ein Blick auf die Smartphone-Generation lässt Eltern und Lehrer entsetzt die Frage stellen: Was kann ich Kindern und Jugendlichen für die Zukunft mitgeben? Von Ellen White

Die schönste Aufgabe für Männer und Frauen ist es seit jeher gewesen, junge Menschen zu betreuen. Dabei gilt es vor allem darauf zu achten, dass bei der Unterweisung die hohen und edlen Verstandeskräfte geweckt werden. Eltern und Lehrer können Kinder nur dann richtig erziehen, wenn sie zuerst Selbstbeherrschung, Geduld, Nachsicht, Sanftheit und Liebe gelernt haben. Was für eine große Verantwortung haben doch Eltern, Pflegeeltern und Lehrer! Nur sehr wenige verstehen, was der Geist unbedingt braucht und können die erwachende Vernunft sowie die immer dichter werdenden Gedanken und Gefühle junger Menschen richtig leiten …

Worin unterscheidet sich Erziehung von Dressur?

Kinder sollte man weder daheim noch in der Schule wie Tiere dressieren; denn Kinder haben einen intelligenten Willen, den man so lenken kann, dass er alle mentalen Fähigkeiten koordiniert. Tiere dressiert man, weil ihnen die höhere Vernunft und der menschliche Verstand fehlt. Nur wenn unser Geist während der Erziehung Selbstbeherrschung lernt, kann er den ganzen Menschen regieren. Tiere werden hingegen von ihrem Herrn regiert und darauf abgerichtet, sich ihm unterzuordnen. Der Herr denkt, urteilt und entscheidet für sein Tier. Auch ein Kind kann man so erziehen, dass es keinen eigenen Willen hat, ja dass seine ganze Persönlichkeit in der des Erziehers aufgeht. Dann ist sein Wille dem Willen des Lehrers völlig unterworfen.

Kindern, die so erzogen werden, wird es immer an moralischer Kraft und persönlicher Verantwortung fehlen … Sie wurden ohne Rücksicht auf ihre individuelle Verfassung und mentalen Fähigkeiten geführt und erzogen … Die Kinder vieler Familien scheinen wohlerzogen zu sein, solange sie unter der Führung ihrer Eltern stehen. Hört jedoch das System auf, deren festen Regeln sie sich unterordnen müssen, sind sie praktisch unfähig, selbst zu denken, zu handeln oder zu entscheiden. Unter eisernem Regiment wurde bei diesen Kindern ein in gewissen Bereichen angemessenes selbstständiges Denken und Handeln so lange unterdrückt, dass sie keine Selbstsicherheit mehr haben, keine eigene Meinung und keine Entschlossenheit, ihrem eigenen Urteil zu folgen …

Andererseits ist es ungut, wenn junge Leute meinen, sie dürften unabhängig vom Urteil ihrer Eltern und Lehrer denken und handeln. Es ist gut, wenn Kinder lernen, auf erfahrenen Rat zu hören und sich von Eltern und Lehrern leiten zu lassen. Unser pädagogisches Ziel ist es, dass sich ihr Geist mit dem ihrer Eltern und Lehrer vereint …

Eltern und Lehrer laufen Gefahr, zu viel zu befehlen und zu diktieren, während sie zu wenig Gemeinschaft mit ihren Kindern oder Schülern pflegen. Sie sind zu zurückhaltend und üben ihre Autorität so kühl und wenig mitfühlend aus, dass sie die Herzen ihrer Kinder und Schüler nicht gewinnen. Wenn sie die Kinder eng um sich scharen würden, ihnen zeigten, dass sie sie lieb haben und sich für ihre Ziele und Freuden interessieren, ja manchmal ein Kind unter Kindern wären, würden sie ihre Kinder sehr glücklich machen und ihre Liebe und ihr Vertrauen gewinnen. Dann würden die Kinder die Autorität ihrer Eltern und Lehrer schon bald achten und lieben …

Wie bleiben Kinder gesund?

Kleine Kinder sollten wie die Lämmer frei und glücklich draußen herumrennen, so dass sie die größte Chance haben, eine gesunde Konstitution zu entwickeln.

Es ist sehr anstrebenswert, dass Eltern die einzigen Lehrer ihrer Kinder bis zum Alter von acht oder zehn Jahren sind … ihr einziges Klassenzimmer unter freiem Himmel, mitten in blühenden Blumen und der schönen Landschaft in der Natur; ihr einziges Schulbuch die Schätze der Natur. Hier lernen die Kinder Lektionen, die sie nie mehr vergessen werden.

Damit Kinder und Jugendliche gesund, fröhlich und lebhaft bleiben, muskulös werden und das Potenzial ihres Gehirns entfalten, sollten sie viel an der frischen Luft sein bei gut organisierter Beschäftigung und Vergnügung. Kinder und Jugendliche, die den ganzen Tag in der Schule sitzen müssen und nichts als Bücher kennen, können körperlich nicht gesund sein. Beim Studieren sammelt sich zu viel Blut im Gehirn, weil man sich körperlich nicht genug bewegt. Die Durchblutung gerät aus dem Gleichgewicht, weil dieses Blut dann in Armen und Beinen fehlt. Daher ist es besser, man begrenzt das Studieren auf feste Zeiten und arbeitet einen Teil der Zeit körperlich. Leben die jungen Menschen zudem noch durch ihre Ess-, Kleidungs- und Schlafgewohnheiten im Einklang mit den Naturgesetzen, können sie eine hohe Bildung erlangen, ohne ihre körperliche und psychische Gesundheit zu opfern …

Wie man Kinder zu starken Persönlichkeiten erzieht

Erzieht Kinder dazu, mit Versuchungen zu rechnen und Schwierigkeiten und Gefahren zu erwarten! Bringt ihnen Selbstbeherrschung bei und erzieht sie dazu, Schwierigkeiten zu überwinden! Wenn sie sich nicht absichtlich in Gefahr und unnötig in Versuchung begeben, wenn sie bösen Einflüssen und verdorbener Gesellschaft aus dem Weg gehen, werden sie Charakterstärke entwickeln, sich für das Richtige einsetzen und ihren Grundsätzen treu bleiben, selbst wenn sie manchmal nicht verhindern können, in gefährliche Gesellschaft zu geraten … Bei richtiger Erziehung zu Gottvertrauen werden ihre moralischen Kräfte auch die schwierigste Prüfung bestehen …

Wie bekommen Eltern Kraft und Weisheit für die Erziehung?

Wenn Eltern erkennen würden, was für eine erschreckende Verantwortung die Kindererziehung ist, würden sie mehr Zeit im Gebet verbringen und weniger mit unnötigen Äußerlichkeiten. Sie würden nachdenken und studieren und Gott ernstlich um Weisheit und Beistand anflehen, damit sie ihre Kinder zu Charakteren erziehen können, die ihm gefallen. Sie würden sich nicht mehr so sehr darum sorgen, wie sie ihre Kinder für das Lob und die Ehre dieser Welt erziehen könnten … Wie wichtig ist es daher, dass die Gedanken der Eltern so frei wie möglich sind von den verwirrenden und ermüdenden Sorgen dieser Welt. Sonst gelingt es ihnen nicht, ruhigen, überlegten, weisen und liebevollen Gedanken nachzugehen, in demselben Geist zu handeln und die Rettung ihrer eigenen Kinder zum ersten und wichtigsten Ziel zu machen! Ihr Eltern, steckt euch das große Ziel, euren geliebten Kindern zu innerem Schmuck zu verhelfen! Ihr könnt es euch nicht leisten, dass Besucher und Fremde eure Aufmerksamkeit derart beanspruchen und euch so viel Zeit und damit das wichtigste Lebenskapital rauben, dass ihr euren Kindern nicht jeden Tag die geduldige Unterweisung schenken könnt, die sie brauchen, damit sich ihr Geist in die richtige Richtung entwickelt. Dieses Leben ist zu kurz, als dass wir es mit leeren und unbedeutenden Freizeitbeschäftigungen, fruchtlosen Besuchen, sinnlosen Äußerlichkeiten oder aufregenden Vergnügungen verschwenden können …

Eine Zusammenstellung aus: Testimonies for the Church, Mountain View, CA: Pacific Press Publishing Association, (1904/1948), Band 3, Seite 131-160.

Erstmalig in Deutsch erschienen in Unser festes Fundament, 4-2003.

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