Am Beispiel der Juden. Von Ellen White
Vor seiner Himmelfahrt gab Jesus seinen Jüngern ihren Auftrag. Er hob die Hände zum Segen und sprach: »Geht hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur.« »Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.« (Markus 16,15; Matthäus 28,20) Umkehr und Sündenvergebung sollten sie in seinem Namen allen Völkern predigen, aber in Jerusalem beginnen. Vor dem Betreten neuer Gebiete, waren Jesu Jünger aufgefordert, die Botschaft ihren eigenen Landsleuten weiterzugeben. Die Heimat hatte Priorität.
Überall dort, wo Gottes Leute sich befinden, in überfüllten Städten, in Dörfern oder in der Nähe von Landstraßen, haben sie einen Auftrag, der sich aus dem Auftrag ihres Herrn ableitet. In jeder Stadt oder Siedlung, wo Christen sich zur Anbetung versammeln, gibt es Männer, Frauen und Kinder, die potenzielle Gemeindeglieder sind. Viele haben noch nie einen Vortrag über Gottes Wort gehört. Gott ruft die Gläubigen auf, sich dieser Menschen anzunehmen und von dem großen Lehrer zu lernen, dass man sie am besten durch den direkten, persönlichen Kontakt erreicht. Jesu Mitarbeiter dürfen alle jene, die in ihren Übertretungen und Sünden tot sind, auf ihren gekreuzigten, erhöhten Erlöser hinweisen, damit sie das Leben finden. Der HERR möchte, dass Menschen, die schon länger große Erkenntnis haben, von einer herzlichen Atmosphäre umgeben sind, weil sie Jesus den Messias, die Wahrheit und das Licht, lieben, Dann nämlich spüren alle um sie herum, dass sie vom Lebensbrot gegessen haben.
Nicht Mauern, sondern Brücken
Jesus hatte nicht den Auftrag, in dieser Welt Mauern aufzurichten und den Menschen permanent zu sagen, wo sie falsch liegen. Obwohl er Jude war, mischte er sich ungezwungen unter die Samariter und ignorierte so die pharisäischen Volksbräuche. Trotz ihrer Vorurteile nahm er die Gastfreundschaft dieser verachteten Menschen an. Er schlief unter ihrem Dach, aß an ihren Tischen, genoss die Speisen, die sie eigenhändig zubereitet und serviert hatten, lehrte in ihren Gassen und behandelte sie äußerst freundlich und höflich. Eben weil er ihre Herzen durch das Band menschlicher Zuneigung gewann, erlebten sie durch seine göttliche Anmut die Rettung, die viele Juden ablehnten.
Wechselwirkung von Inlands- und Auslandserfahrung
Paulus verband auf seinen Reisen das Wirken daheim und im Ausland. Einmal predigte er den Juden in ihrem Gotteshaus. Ein andermal predigte er den Heiden vor deren Göttertempel. Den Juden predigte Paulus etwa nicht einen Messias, der gekommen war, um die alte Ordnung aufzulösen, sondern einen Messias, dessen Auftrag es war, die jüdische Volkswirtschaft im Einklang mit der Wahrheit weiter zu entfalten.
Die Jünger, die die Wahrheit am weitesten verbreitet hatten, waren immer bereit, sich allen Fragen der Daheimgebliebenen zu stellen. Ihre Auslandserfahrung war ein Segen für die Heimatgemeinden. Die Lehre des Messias erlangte gerade durch Juden, die Bekehrung erlebten, bedeutende Siege. Gerade sie vertraten die hohe und erhabene Position, dass seine Lehre und seine Rettung allen Nationen, Sprachen und Völkern auf der Erde gelten.
An unserer Welt ist ein gewaltiger Auftrag zu erfüllen. Der HERR hat uns die Sammlung der Völker als Ziel vor Augen gestellt, aber nicht nur der Völker, sondern auch der Juden. Unter den Juden gibt es viele, die zu Gott umkehren und Gottes Rettung wie eine brennende Fackel hinaustragen werden. Juden gibt es überall. Auch sie brauchen das Licht der gegenwärtigen Wahrheit! Viele von ihnen werden zum Licht kommen und die Unantastbarkeit von Gottes Gesetz mit wunderbarer Vollmacht verkündigen. Gott der HERR wird wirken. Er wird in seiner Gerechtigkeit wunderbare Dinge tun.
Das Gleichnis vom Ölbaum und seinen Zweigen
»Und David spricht: ›Ihr Tisch soll ihnen zur Falle werden und zu einer Schlinge und zum Ärgernis und zur Vergeltung. Ihre Augen sollen finster werden, dass sie nicht sehen, und ihren Rücken beuge allezeit.‹
So frage ich nun: Sind sie gestrauchelt, damit sie fallen? Das sei ferne! Sondern durch ihre Verfehlung ist den Heiden das Heil widerfahren; das sollte sie eifersüchtig machen. Wenn aber ihre Verfehlung Reichtum für die Welt ist und ihr Schaden Reichtum für die Heiden, welchen Reichtum wird dann ihre volle Zahl bringen! Euch Heiden aber sage ich: … ich preise meinen Dienst, ob ich vielleicht meine Stammverwandten eifersüchtig machen und einige von ihnen retten könnte. Denn wenn ihr Verlust Versöhnung der Welt ist, was wird ihre Annahme anderes sein als Leben aus den Toten! Ist die Erstlingsgabe vom Teig heilig, so ist auch der ganze Teig heilig; und ist die Wurzel heilig, so sind auch die Zweige heilig.
Wenn nun einige von den Zweigen ausgebrochen wurden, du aber, der du ein wilder Ölzweig bist, in den Ölbaum eingepfropft wurdest und Anteil bekommen hast an der Wurzel und dem Saft des Ölbaums, so rühme dich nicht gegenüber den Zweigen. Rühmst du dich aber, so sollst du wissen: Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich.
Nun wirst du sagen: Die Zweige sind ausgebrochen worden, damit ich eingepfropft werde. Ganz recht! Sie wurden ausgebrochen um ihres Unglaubens willen; du aber stehst fest durch den Glauben. Sei nicht überheblich, sondern fürchte dich!
Hat Gott die natürlichen Zweige nicht verschont, wird er auch dich nicht verschonen. Darum sieh die Güte und die Strenge Gottes: die Strenge gegenüber denen, die gefallen sind, die Güte Gottes aber dir gegenüber, sofern du in der Güte bleibst; sonst wirst auch du abgehauen werden. Jene aber, sofern sie nicht im Unglauben bleiben, werden eingepfropft werden; denn Gott vermag sie wieder einzupfropfen.
Denn wenn du aus dem Ölbaum, der von Natur aus wild war, abgehauen und wider die Natur in den edlen Ölbaum eingepfropft worden bist, um wie viel mehr werden die natürlichen Zweige wieder eingepfropft werden in ihren eigenen Ölbaum.
Ich will euch, Brüder und Schwestern, dieses Geheimnis nicht verbergen, damit ihr euch nicht selbst für klug haltet: Verstockung ist einem Teil Israels widerfahren, bis die volle Zahl der Heiden hinzugekommen ist. Und so wird ganz Israel gerettet werden, wie geschrieben steht: ›Es wird kommen aus Zion der Erlöser; der wird abwenden alle Gottlosigkeit von Jakob. Und dies ist mein Bund mit ihnen, wenn ich ihre Sünden wegnehmen werde.‹ Nach dem Evangelium sind sie zwar Feinde um euretwillen; aber nach der Erwählung sind sie Geliebte um der Väter willen. Denn Gottes Gaben und Berufung können ihn nicht gereuen.« (Römer 11,9-29)
Jüdische Morgendämmerung
Ist es nicht merkwürdig, dass so wenigen Siebenten-Tags-Adventisten die Arbeit für das jüdische Volk am Herzen liegt? Die schlummernden Fähigkeiten der Juden dürfen geweckt werden. Die Schriften des Alten Bundes werden gemeinsam mit denen des Neuen Bundes Gottes Absicht erklären und so für die Juden wie die Morgendämmerung einer neuen Schöpfung sein oder die Auferstehung der Seele. Gottvertrauen erwacht, wenn der Messias auf den Seiten des Alten Bundes erkannt wird. Wenn das Alte Testament durch das Neue entschlüsselt wird und es sich zeigt, wie deutlich das Neue Testament das Alte erklärt, wird Jesus als der Retter der Welt anerkannt werden. Viele Juden werden Jesus als ihren Erlöser annehmen. An ihnen wird sich das Wort erfüllen: »Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden: denen, die an seinen Namen glauben.« (Johannes 1,12) Sie werden in dasselbe Bild verändert von einer Schönheit zur nächsten durch den Geist des HERRN. Als Teilhaber des göttlichen Wesens wird das Bild der Göttlichkeit in ihre Herzen geprägt. Wenn sie weiter vom Messias lernen, werden sie das volle Maß seiner Statur erreichen.
Die Zeit ist gekommen, in der die Juden das Licht der letzten Evangeliumsbotschaft erhalten sollen. Der HERR möchte, dass wir Männer unterhalten und ermutigen, die sich auf richtige Weise um diese Menschen bemühen; denn es soll eine große Schar von der Wahrheit überzeugt werden, die sich auf Gottes Seite stellen werden. Juden werden vollmächtig für Juden wirken, und wir werden Gottes Rettung sehen.
Demonstration göttlicher Wunderkraft
Himmlische Intelligenzen warten darauf, mit menschlichen Helfern zusammenzuwirken, damit sie der Welt zeigen können, was aus Menschen werden und was für die Rettung von sterbenden Seelen getan werden kann, wenn der Mensch sich mit Gott verbündet. Wer sich selbst zurücknimmt, den Heiligen Geist in seinem Herzen wirken lässt und sein Leben ganz Gott weiht, der kann zum grenzenlosen Segen werden. Jeder, der Herz, Leib und Geist in seinen Dienst stellt, wird ständig neue körperliche, mentale und spirituelle Kraft erhalten. Der Heilige Geist entfaltet seine höchste Kraft beim Wirken in Herz und Verstand. Durch die empfangene Gnade können wir Siege erreichen, die wegen unserer Vorurteile, Charakterfehler und unseres Kleinglaubens unmöglich schienen.
Eine besondere Aufgabe für jeden
Viele Arbeitsbereiche erfordern den Einsatz von Gottes Dienern. Nicht alle können die gleiche Arbeit machen, aber jeder hat eine Aufgabe. Jesu wunderbares Opfer macht es möglich, dass jeder Mensch eine ganz besondere Aufgabe bekommt.
Warum brauchen wir einen Matthäus, einen Markus, Lukas, Johannes, Paulus und all die anderen Schreiber, die ihre Begegnungen mit dem Retter bezeugt haben? Warum hätte nicht ein Jünger den gesamten Bericht verfassen können, sodass wir einen zusammenhängenden Überblick über Jesu Leben und Wirken bekommen hätten? Die Evangelien unterscheiden sich, aber ihre Berichte ergänzen sich zu einem harmonischen Ganzen. Ein Schreiber bringt Aspekte, die der andere nicht erwähnt. Wenn diese Aspekte wesentlich sind, warum werden sie dann nicht von allen Schreibern erwähnt? Weil die Menschen unterschiedlich sind und nicht alles auf die gleiche Weise verstehen. Manche Wahrheiten sprechen die einen stärker an als die anderen; manche Punkte erscheinen einigen wichtiger als anderen. Dasselbe Prinzip trifft auf Redner zu. Einige Redner verweilen ausführlich bei Punkten, die andere nur flüchtig oder gar nicht erwähnen. So wird die Wahrheit von mehreren deutlicher dargestellt als von einem.
An Kornelius zeigt sich etwas Wichtiges: Der Gott des Himmels schickte seinen Boten auf die Erde, um eine Kette von Ereignissen in Gang zu setzen, die Petrus mit Kornelius in Verbindung brachte, damit Kornelius die Wahrheit erfuhr. Mit Widerwillen folgte Petrus bei jedem Schritt der Aufforderung Gottes. Beim Berichten seiner Erfahrung erklärt er sein Verhalten nicht mit allgemeinen Prinzipien, sondern als Ausnahmeverhalten aufgrund göttlicher Offenbarung. Das Ergebnis war für ihn selbst überraschend. Als Kornelius ihm sein Erlebnis erzählte und die Worte des Engels, der ihm in der Vision erschienen war, erklärte Petrus: »Nun erfahre ich in Wahrheit, dass Gott die Person nicht ansieht; sondern in jedem Volk, wer ihn fürchtet und Recht tut, der ist ihm angenehm.« (Apostelgeschichte 10,34.35) Die Bekehrung von Kornelius und seinem Haus war nur die Erstlingsfrucht einer Ernte, die in der ganzen Welt eingefahren werden sollte. Von diesem Haus ging ein Gnadenstrom aus, der einer ganzen heidnischen Stadt zum Segen wurde.
Ein breiterer Ansatz
In jedem Zeitalter wirkt Gott durch seine Diener auf verschiedene Weise. Er bringt den Aufrichtigen in Verbindung mit denjenigen von seinen Leuten, die auf die individuellen Bedürfnisse des Einzelnen am besten eingehen können. Einige seiner Kinder verfügen auf manchen Gebieten über besondere Kenntnisse und können daher einer bestimmten Kategorie von Suchenden am besten helfen; andere, die wieder anders ausgebildet sind, sind am besten geeignet einer anderen Gruppe zu helfen.
Wir denken in unseren Plänen insgesamt zu eng. Hier ist breiterer Ansatz nötig. Gott möchte, dass wir bei unserer Arbeit seine wahren und gerechten Prinzipien verwirklichen. Er hat uns beauftragt, in Städte und Dörfer zu gehen. Wir brauchen ein tieferes Verständnis von Gottes Wort. Nur wenn wir die Grundsätze des Wortes im Herzen behalten, können wir sie unverfälscht weitergeben.
Wir bräuchten Tausende von Mitarbeitern in den Städten, die intelligent vorgehen. Nicht alle Mitarbeiter sollten von der Vereinigung Unterstützung suchen. Am besten sie versuchen ihre Arbeit so zu verrichten, dass sie sich selbst trägt. Sehr viele können so arbeiten, aber manche auch nicht. Wer sich nicht darum bemüht hat, das Evangelium auf persönliche Weise zu verbreiten, braucht nicht zu meinen, dass jeder seiner Meinung sein müsse. Hört auf, denen Steine in den Weg zu legen, durch die Gott ein besonderes Werk in den Städten tut! Lasst Gott auf seine Weise wirken! Er hat Männer mit besonderen Talenten und Gaben, die er einsetzen wird, um die Wahrheit in den Städten zu verbreiten.
Warum sind wir so kleinkariert? Größere Pläne sind gefragt! Es bedarf größeren Einsatzes, um alle nah und fern zu erreichen. Der Dienst von Bruder Gilbert trägt Gottes Stempel. Er braucht verbale und finanzielle Ermutigung für seine Arbeit. Dieser besondere Einsatz zur Aufklärung der Juden soll ungehindert stattfinden. Jeder Mensch, der sich bekehrt, ist im Himmel ein Grund zur Freude.
Manuskript 87, 1907. Aus: Manuscript Releases 6, 323-330
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