Rezension zum Buch „God’s Character and the Last Generation Theology“: Wann hören wir auf zu sündigen?

Rezension zum Buch „God’s Character and the Last Generation Theology“: Wann hören wir auf zu sündigen?
Adobe Stock - Floydine

Dialog zwischen zwei Theologen. Von Dr. theol. Alberto Treiyer, adventistischer Experte in Heiligtumslehre aus Argentinien

Lesezeit: 8 Minuten

Was hältst du vom neuen Buch God’s Character and the Last Generation Theology, herausgegeben von mehreren Theologen der Andrews Universität? Bist du mit dem Inhalt einverstanden?
– Nein, das bin ich nicht. Es nähert sich dem evangelikalen Verständnis an.

Warum? Glaubst du etwa auch an die Theologie der letzten Generation?
– Selbstverständlich!

Steckst du also mit diesen Leuten unter einer Decke?
– Nein. Ich bin ein Freigeist und folge keinen Menschen nach, sondern der Wahrheit. Ich rede keiner Mehrheit nach dem Mund, aber auch keiner Minderheit.

Sagt die Bibel nicht, dass wir erst dann aufhören zu sündigen, wenn dieses Verderbliche bei Jesu Wiederkunft in Unvergänglichkeit verwandelt wird?
– Nein, das steht nicht in der Bibel. Erlösung beginnt früher. Die letzte Generation wird nicht erst dann aufhören zu sündigen, wenn Jesus kommt, sondern schon vorher.

Diese Theologie basiert auf Ellen White, nicht auf der Bibel. Die über dieses Thema debattieren, picken sich gerade die Aussagen heraus, die jeweils in ihre Sichtweise passen. Ich stütze mich da lieber auf die Bibel.
– [ironisch]: Deshalb meide ich auch die Bibel, weil manche Leute sich Texte einseitig herauspicken. Von daher will ich mit Religion gar nichts zu tun haben.

[Lacht]. Was sagst du dann als Heiligtums-Experte zum Thema Stellvertretung? Leugnest du das auch?
– Nein, ich leugne Jesu Stellvertretung nicht. Niemand, auch nicht die letzte Generation, wird das Himmelreich aus Selbstgerechtigkeit erreichen. Wir alle brauchen das Kleid der Gerechtigkeit Jesu.

Das heißt doch, dass die letzte Generation nicht vor der Entrückung vollkommen wird. Oder glaubst du, dass wir die Vollkommenheit erreichen, bevor Jesus wiederkommt?
– Nein. Wir erreichen die Vollkommenheit nicht, sondern werden vom Silberschmied vollkommen gemacht. Es gibt zwei Wege, den Sünder vollkommen zu machen: erstens durch Stellvertretung, indem wir Jesus an unserer Stelle annehmen (sein Opfer), und zweitens durch das Feuer der Trübsal, das die Schlacke wegbrennt, die sich in unserem Leben festgesetzt hat, wodurch der Charakter vervollkommnet wird. Letzteres geschieht durch den Silberschmied, den HERRN, durch seine Vorsehung, denn das gemeine Metall kann es nicht selbst tun.

Kannst du mir aus der Bibel zeigen, dass wir die Sünde lassen, bevor Jesus wiederkommt?
– Ja, in der Offenbarung, bei der Versiegelung, wenn Jesus aufhört, für sein Volk Fürsprache einzulegen, sagt er: »Wer gerecht ist, der übe weiterhin Gerechtigkeit.« (Offenbarung 22,11-12) Was würde geschehen, wenn diese Generation sündigt, nachdem keiner mehr für sie Fürsprache einlegt? Sie wäre verloren.

Aber das hat damit zu tun, dass Jesus das Amt als Hoherpriester erfüllt und das himmlische Heiligtum verlässt, um für sein Volk zu kommen, und nicht damit, dass wir mit dem Sündigen aufhören.
– Kannst du mir mit der Bibel deine Amtstheorie belegen?

[Lacht].
– Sag mir, welche Absicht verfolgt Gott, wenn er uns durch eine Trübsal gehen lässt, die in der biblischen und menschlichen Geschichte beispiellos ist? Dafür muss es einen Grund geben. Gott muss durch diese letzte Generation gerechtfertigt werden. Warum holt er uns sonst nicht einfach so zu sich, wie wir sind, und erspart uns dieses Leid [durch geheime Entrückung und direkte Aufnahme in den Himmel]? Es steht viel auf dem Spiel. Deshalb kann der HERR kein Volk in sein Reich bringen, das nicht durch Jesu Blut gereinigt und durch Gottes Namen gerechtfertigt worden ist (Johannes 14,15). Durch eine gründliche Charakter-Umwandlung hält es Gottes Gebote. Dieser Punkt wird oft übersehen.

Glaubst du, dass wir Gott rechtfertigen müssen? Ist nicht Jesus der Einzige, der Gottes Ehre rettet?
– In gewissem Sinne ja. Jesus hat Satans Anschuldigung gegen Gott widerlegt, der Mensch sei nicht in der Lage das göttliche Gesetz zu halten. Aber wenn wir in diesem Zustand bleiben, sind wir verloren. Dann stehlen, töten und lügen wir weiter. Ist Jesus dafür gekommen? Nein. Gott muss vielmehr, wenn er uns retten will, dem Universum beweisen, dass Jesu Leben sich auch im Leben der Gläubigen reproduziert, nachdem ihre vergangenen Sünden getilgt wurden. Die letzte Generation muss gewinnen, denn kein Unternehmen, das am Ende scheitert, kann als triumphierend betrachtet werden. [Ich führe ein paar Aussagen von Ellen White an.]

Nein. Komm mir nicht mit Ellen White. Zeig mir aus der Bibel, dass wir Gottes Charakter rechtfertigen müssen.
– Vergiss nicht, dass Ellen White alles, was sie sagt, mit der Bibel untermauert. So einfach kann man sie nicht von der Bibel trennen. Das Gesetz ist der vollkommene Ausdruck von Gottes Charakter, die Grundlage seines Throns (Psalm 89,14). Gott ehren, ohne sein Gesetz zu befolgen, das geht nicht. Nur wenn Menschen aus ihrer Sünde gerettet werden, wird sein Name groß (Jes 42,21; 51,4). Die letzte Generation »hält Gottes Gebote« (Offenbarung 12,17; 14,12). In Offenbarung 14,7 heißt es außerdem, dass unsere Aufgabe in der Welt darin besteht, Gott zu ehren angesichts einer Welt, die ihn entehrt. Ist das keine Rechtfertigung von Gottes Namen? Die übrige Welt schmäht ihn. Können wir Gott allein mit Worten ehren, ohne zu leben, was wir predigen, ohne Gottes Gesetz zu befolgen (Jesaja 29,13; Matthäus 15,8-9)?

Mir kommt es darauf an, was ich jetzt zu tun habe und nicht, was mit der letzten Generation geschieht
– Aber niemand wird die letzte Trübsal überleben, der nicht vorher weiß, worum es dabei geht und was Gott dann von seinem Volk erwartet.

Es gibt viele Geheimnisse, die wir nicht verstehen, bis wir vor dem HERRN im Himmelreich stehen.
– Aber es gibt vieles, was wir bereits wissen können. Wenn Gott es offenbart hat, dann weil er will, dass wir es verstehen. Soll mir die Lehre vom tausendjährigen Reich egal sein, weil ich es sowieso erst erlebe, wenn ich in den Himmel komme? Gott hat sie doch schon vorher offenbart, weil er will, dass wir verstehen, wie er die Probleme der Welt lösen will und welche Rolle wir dabei spielen.

Aber was nützt es mir, wenn ich weiß, ob die letzte Generation vollkommen sein wird?
– Wenn du heute stirbst, betrifft es dich vielleicht nicht so sehr. Aber wenn Gott dich auserwählt, durch diese Zeit der Trübsal zu gehen, brauchst du das Wissen, was auf dem Spiel steht und was dein Auftrag ist, sonst wirst du der Prüfung erliegen. Es hat mit unserem Auftrag zu tun. Wir haben mehr Grund oder größeren Ansporn, in der gegenwärtigen und zukünftigen Prüfung treu zu sein, wenn wir wissen, dass Gott uns auf seine Seite gerufen hat, damit wir beweisen, dass Jesu Kraft ausreicht, um uns vor Sünde zu bewahren (Epheser 3,10; Offenbarung 3,5).

Sagt Johannes nicht, dass wir uns selbst betrügen, wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben (1 Joh 1,10)?
– Ja, aber er sagt auch: »Wer in ihm bleibt, der sündigt nicht.« (1. Johannes 3,6) und: »Wer aus Gott geboren ist, der tut keine Sünde; denn Gottes Same bleibt in ihm, und er kann nicht sündigen; denn er ist aus Gott geboren.« (Vers 9)

Aber wer bin ich, dass ich Gott rechtfertige? Was nützt es Gott, wenn ich das Gesetz perfekt halte, wenn er weiß, dass ich ein Sünder bin?
– Wir dürfen dieses Endziel vor Augen haben, Gott und sein Gesetz rechtfertigen, statt einfach nur zu predigen. Wir dürfen ausleben, was wir predigen (Philipper 3,12-14). Niemand sagt, dass unser Ziel darin besteht, Verdienste zu erwerben. Du weißt doch, was Heiligung ist und was das Ziel dieser Heiligung ist, oder nicht?

Keine Ahnung. Ich verstehe das mit der Vollkommenheit des Charakters nicht. Ich weiß, dass Ellen White das sagt. Aber ich glaube, es ist unmöglich. Die Hauptsache ist doch, dass Jesus mich rettet.
– Das ist ein Problem, das die Gegner der Theologie der letzten Generation haben. Sie stürzen sich auf die Missverständnisse derer, die das Thema verteidigen, und schütten das Kind mit dem Bade aus. Sie beurteilen die einmalige Erfahrung der letzten Generation nach dem gegenwärtigen Zustand, in dem sie sich befinden. Deshalb glauben sie nicht, dass Gott die Macht hat, dein und mein Leben zu verwandeln. Insbesondere zweifeln sie, dass Gott sein Volk in der Stunde der Prüfung bewahren kann, die über die ganze Welt kommen wird (Offenbarung 3,10).

Aber welche Auswirkungen hat es auf die biblische Wahrheit, wenn ich nicht an die Theologie der letzten Generation glaube?
– Jesus würde dir antworten: »Ihr irrt, weil ihr weder die Schrift kennt noch die Kraft Gottes.« (Matthäus 22,29) Wenn man glaubt, dass man Gottes Gesetz nicht vollkommen halten kann, wird man nachlässig und macht die Engel und Gott selbst traurig. Hat Jesus zu viel verlangt, als er sagte: »Darum seid vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist« (Matthäus 5,48)? Jeder natürlich in seinem eigenen Bereich.

Wo verwendet die Bibel das Konzept, Gott zu rechtfertigen? Ist es nicht vielmehr Gott, der uns rechtfertigt?
– Wir rechtfertigen auch Gott, indem wir zeigen, dass sein Heilsplan funktioniert, dass er Leben verändert. Und genau das ist der Zweck des Untersuchungsgerichts. Der Gedanke der Rechtfertigung im Gericht ist im hebräischen Begriff nisdaq in Daniel 8,14 enthalten. In Psalm 51, den Paulus in Römer 3,4 aufgreift, heißt es über die Rechtfertigung Gottes im Untersuchungsgericht, dass dieses Gericht gehalten wird, »damit du recht behältst in deinen Worten und siegst, wenn man mit dir rechtet«. Johannes beschreibt den Teufel als »Verkläger der Brüder«. Wen will Satan eigentlich verklagen, ist es nicht Gott, der uns zu Unrecht errettet? Jemand muss Gott rechtfertigen, indem er die Anklagen Satans widerlegt.

Das macht doch auch wieder Jesus, der Gott vor den Anklagen Satans rechtfertigt, denn er hat ihn ja besiegt.
– Ja, aber der Teufel lebt noch und will uns vernichten. Besiegt allein Jesus den Teufel? Rechtfertigt allein Jesus Gott? Wir werden ermutigt, dem Teufel zu widerstehen, damit er von uns flieht (Jakobus 4,7). Nur wer treu ist, wie Jesus wird überwinden (1. Johannes 2,6; Offenbarung 2,10-11; 3,10). Es gilt, den Teufel zu überwinden, wie Jesus ihn überwunden hat. Deshalb wird in dem Abschnitt, wo Satan als Verkläger der Brüder dargestellt wird, noch hinzugefügt, dass diese Brüder »ihn überwunden haben durch das Blut des Lammes und durch das Wort ihres Zeugnisses« (Offenbarung 12,10-11). Denn Gott schummelt bei seinem Gericht nicht. Er prüft die Aufrichtigkeit unserer Reue mit seinem großen Maßstab der Gerechtigkeit, seinem Gesetz. Er verlangt völlige Hingabe, denn er will nicht, dass das Universum glaubt, sein Sohn sei für nichts und wieder nichts gestorben (Matthäus 12,37-39). Wir werden durch Jesu Blut gerettet, aber auf jeden Fall nach unseren Werken gerichtet, ob Gott sie in uns getan hat oder nicht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Ich stimme der Speicherung und Verarbeitung meiner Daten nach EU-DSGVO zu und akzeptiere die Datenschutzbedingungen.