Die Liebe einer Mutter kann Großes bewirken. Von Glesni Mason
Mary Slessor sagte einmal: »Ich verdanke sehr, sehr viel meiner heiligen Mutter.« Mary und ihre Mutter waren enge Freundinnen. Daher fühlte sie sich schon als Kind geborgen und spürte später auch so viel Liebe für andere Menschen.
Das Leben war nicht leicht bei den Slessors in Schottland. Marys Vater Robert war ein Trinker und verschwendete alles Geld für Alkohol. Für seine Frau und Kinder blieb nichts übrig. Marys Mutter tat dennoch alles, damit ihre sieben Kinder sich immer an einen gedeckten Tisch setzen konnten.
Manchmal hoben Mary und sie etwas von ihrem Essen für den Vater auf, obwohl er einmal sogar das Essen ins Feuer warf, weil er keinen Hunger hatte. Mary und ihre Mutter wurden während dieser schweren Zeiten enge Freundinnen.
Trotz der Schwierigkeiten sorgte Frau Slessor auch für die geistliche Speise ihrer Kinder. Jeden Tag baute sie die Bibel und ihre Grundsätze in den Alltag ein. Sie erzählte ihnen die Gute Nachricht und ließ sie spüren, wie sehr andere darauf angewiesen sind, dass man ihnen die Gute Nachricht weitersagt. Obwohl ihr Mann ungläubig war, träumte Frau Slessor davon, dass ihre Familie ein Licht in dieser Welt würde. Dieses Ziel gab sie ihren Kindern weiter. Dieses Ziel wurde auch dadurch immer klarer, dass die Familie eifrig jede Ausgabe einer Zeitschrift mit dem Namen Missionsecho las und die Geschichten von David Livingstone und anderen großen Missionaren begierig verschlang.
Weil sie nur wenig Geld hatten, litt die Familie unter Mangelernährung und schlechten Wohnverhältnissen. Deshalb waren alle Kinder häufig krank. Zwei starben schon als Kinder, darunter einer von Marys beiden Brüdern. Schließlich starb auch der Vater an seiner Alkoholsucht.
Es geht aufwärts
Nach seinem Tod ging es den Slessors langsam besser. Mary und ihre Mutter mussten das schwer verdiente Geld nicht mehr vor dem Vater verstecken. Sie brauchten keine Angst mehr vor seinen Schritten zu haben. Aber das Leben war noch lange nicht bequem. Sie arbeiteten beide zwölf Stunden täglich in der Weberei. Manchmal fragte Mary sich, ob sie den Rest ihres Lebens in dieser Eintönigkeit verbringen müsste. Doch ihre Mutter machte ihr Hoffnung. Während der langen Stunden dachte Mary immer mehr über die Missionare und ihre Arbeit nach. Sie stellte Missionsbücher und -geschichten so vor sich auf, dass sie beim Weben lesen konnte. Doch ihr Lieblingsbuch blieb die Bibel.
Das Naheliegende
Frau Slessor ermutigte Mary auf Schritt und Tritt eine Missionarin zu sein. Sie motivierte sie zu einer engeren Beziehung mit ihrem Heiland. Schon bald leitete Mary eine Sonntagsschulklasse in ihrer Kirche. Aber sie sehnte sich nach mehr. Auf dem Weg zur Arbeit musste sie durch die Slums laufen. Das weckte in ihr den Wunsch, die armen Kinder dort zu erreichen. Als Mary darum bat, in den Slums arbeiten zu dürfen, waren die Kirchenleiter entsetzt! Wusste sie denn nicht, dass diese Kinder die frechsten in der ganzen Stadt waren? Sie rieten ihr, sich mit ihrer Aufgabe in der Sonntagsschule zufrieden zu geben. Mary setzte sich aber entschlossen durch. Obwohl sich diese Kinder nur schwer unterrichten ließen, gab Mary nicht auf, wahrscheinlich dank ihrer Mutter, die sie ständig ermutigte. Oft suchte sie die Menschen in den Slums auf, kümmerte sich um sie und erzählte ihnen von Jesus. Die Menschen, denen sie mit solcher Liebe begegnete, liebten diese mutige junge Frau mit der Zeit immer mehr.
Noch vierzehn Jahre lang arbeitete Mary in der Weberei. In der Freizeit erzählte sie den Menschen von Jesus. Doch weder sie noch ihre Mutter verloren ihr Interesse an der Weltmission. Mit ihrer Familie besuchte sie jede Missionsveranstaltung in ihrer Kirche. Marys Mutter hoffte, dass ihr Sohn John als Missionar nach Calabar in Afrika (Nigeria) gehen würde. Doch Johns schwache Gesundheit machte Mary Sorgen. Sie liebte ihren großen Bruder. Würde er den Härten des Missionslebens gewachsen sein? Als er immer schwächer wurde, schickten seine Mutter und Schwestern ihn in ein wärmeres Klima nach Neuseeland. Nur eine Woche nach seiner Ankunft starb er. Johns Tod war ein fürchterlicher Schlag für Frau Slessor. War er doch der einzig verbliebene Sohn gewesen. Damit war ihr Traum von einem Missionar in der Familie für sie dahin.
Bis nach Afrika
Doch dieses Ereignis richtete Marys Gedanken aufs Missionsfeld. Sie hatte immer ein Herz für Calabar gehabt. Vielleicht sollte nun sie als Missionarin nach Afrika gehen statt John? Die beiden ihr verbliebenen Schwestern Susan und Janie waren inzwischen in der Lage, die Mutter zu unterstützen. Sie wussten, Mary würde so viel von ihrem Missionsgehalt wie möglich zurücksenden. Mary brütete mehrere Monate über dieser Idee, ohne ihrer Mutter etwas davon zu sagen. Doch eines Tages, als die Nachricht von David Livingstones Tod kam, sprach Mary ihre Mutter darauf an. Sollte sie vielleicht nach Calabar gehen, wo David Livingstone gelebt hatte und gestorben war?
Die Mutter war bereit, sie gehen zu lassen. »Du wirst eine wunderbare Missionarin werden. Ich bin sicher, dass Gott mit dir sein wird.«
Überglücklich in der Familie schließlich doch eine Missionarin zu haben, erzählte die Mutter allen ihren Freundinnen davon. Doch diese konnten nicht glauben, dass Mary ihre Stelle in der Weberei aufgeben und ihr Leben in Afrika vergeuden sollte. Schließlich war sie doch schon missionarisch aktiv! Sie warnten die Mutter, Mary könnte in diesem fremden Land sterben. Geduldig hörte Frau Slessor zu, vertraute Mary aber Gottes Händen an. Während sich ihre Abreise nach Calabar verzögerte, machte Frau Slessor ihrer Tochter immer wieder Mut.
Heimaturlaube
Drei Jahre nach ihrer Ankunft in Afrika kam Mary auf Heimaturlaub zurück. Sie war gesundheitlich angegriffen. Marys Mutter und Schwestern freuten sich sehr über das Wiedersehen und waren begeistert über ihren Bericht von der Arbeit in Calabar. Leider war auch Frau Slessor nicht gesund. Mary half ihrer Mutter, aus der schmutzigen Stadt in ein Landhäuschen umzuziehen. Die frische Luft und der Sonnenschein ließen die beiden genesen. So konnte Mary wieder nach Calabar gehen.
Nach weiteren drei Jahren in Afrika wurde Mary wieder krank. Diesmal brachte sie ein kleines Mädchen namens Janie nach Schottland mit. Mary verabscheute den Brauch des Zwillingsmordes und hatte das Kind davor gerettet. Mit viel Liebe erzog sie diese Namensvetterin ihrer Schwester. Daheim erzählte Mary von ihren Erfahrungen in Calabar. Wie immer ermutigte ihre Mutter sie sehr.
Als Mary wieder nach Calabar wollte, wurde ihre Schwester Janie plötzlich sehr krank. Mary hatte kein Geld um Janie nach Frankreich oder Italien zu bringen. Daher bat sie den Missionsausschuss, Janie nach Calabar mitnehmen zu dürfen. Doch der lehnte ab. Eine Freundin schlug das wärmere Klima in Südengland vor. So zog Mary mit ihrer Mutter und Schwester dorthin. Kurze Zeit später erfuhren sie, dass ihre andere Schwester Susan verstorben war. Trotz allen Leides ging Mary vorwärts und kümmerte sich aufopfernd um Janie.
Schon bald war Janie gesund, sodass Mary für die Abreise nach Calabar packen konnte. Da erkrankte ganz unerwartet ihre Mutter. Mary betete um Weisheit. Ihr wurde der Gedanke geschenkt, eine ältere Freundin kommen zu lassen. Marys Mutter war einverstanden, obwohl es ihr nicht leicht fiel. Sie wusste, es war Zeit für Mary wieder nach Calabar zu gehen. Bald winkte Mary ihrer Mutter und ihrer Schwester ein letztes Mal vom Segelschiff aus zu. Sie ahnte nicht, dass sie sich das letzte Mal auf dieser Erde gesehen hatten.
Danke Mutter!
Zurück in Calabar stürzte sich Mary in die Arbeit für die Einheimischen. Das meiste Geld von ihrem Gehalt schickte sie ihrer Familie daheim. Eines Tages kam ein Brief. Sowohl ihre Schwester als auch ihre Mutter waren gestorben. Mary trauerte tief über den Verlust ihrer Familie! Ihre Mutter hatte sie immer ermutigt und inspiriert. Sie hatte immer großes Interesse an allem gehabt, was Mary tat und hatte Opfer für ihre Missionsziele gebracht. Mary schrieb: »Wem soll ich jetzt meine Geschichten, Sorgen und Flausen erzählen? Mein ganzes Leben habe ich für meine Mutter und meine Schwestern gesorgt und geplant. Jetzt bin ich allein übrig geblieben – wie ein gestrandetes Schiff.«
Doch Mary war nicht allein. Ihr himmlischer Vater stand ihr bei. Mit seiner Kraft machte sie weiter und vollbrachte noch größere Werke für ihn. Sie gewann die Herzen der Einheimischen für Gott. Der weitreichende Einfluss von Marys Leben lässt sich weitgehend auf die Ermutigung durch ihre Mutter zurückführen. Sie tat alles, damit ihre Kinder auf Jesus schauten. Sie pflanzte ihnen ihren Auftrag ins Herz. Marys Worte kamen aus tiefem Herzen: »Ich verdanke sehr, sehr viel meiner heiligen Mutter.«
Buchtipp: Vielleicht könnt ihr über Internet noch antiquarisch eine Ausgabe des spannenden Kinderbuchs über Mary Slessor kaufen. Es heißt: »Die Todesprobe« und ist von Dave und Neta Jackson.
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