Gottes verlorene Kinder rennen ins Verderben und kaum einer tut etwas: Der Zorn des Lammes

Junge Frau liegt ohnmächtig im Schnee. Zwei Männer retten sie.
Bild erstellt mit KI (ChatGPT)

Heiße Tränen, grollender Donner, zuckende Blitze. Von Ellen White

Es war Gottes gerechtes Handeln gegen die Sünde, die das Leben seines Sohnes auslöschte. Es war die Last der Sünde, die ihn im Garten Gethsemane gewissermaßen große Blutstropfen schwitzen und ihn am Kreuz ausrufen ließ: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« Die Sünden des Übertreters wurden Jesus zugeschrieben; doch gerade in seinem gerechten Handeln wurde die Liebe Gottes für jeden Menschen sichtbar.

Als Jesus am Kreuz starb, hat Jesus nicht im Allergeringsten die Lebensanforderungen abgeschwächt, die im Gesetz des HERRN beschrieben werden. Er ertrug die Strafe anstelle des Sünders, damit alle, die an ihn glauben, Söhne und Töchter Gottes werden können. Doch in seinem Tod bewies Jesus dem himmlischen Universum, dass Gott für die Sünden einer schuldigen Welt tatsächlich straft. Jesu Kreuz bezeugt, dass das Gesetz nicht etwa geändert wurde, um dem Sünder in seinen Sünden entgegenzukommen, sondern dass der Sünder durch Jesu Opfer die Chance zur Umkehr bekommt.

Jesus kann keinen Menschen in seinen Sünden retten. Er kam, um göttliche Kraft mit menschlichen Fähigkeiten zu vereinen, damit der Mensch Satans Versuchungen überwinden kann. Wenn daher jemand meint, er dürfe ruhig weiter sündigen, weil Jesus ja die Sünden der Welt getragen habe, wird er aufwachen, sobald er selbst die Heilige Schrift studiert.

So wie Jesus die Sünden aller Übertreter getragen hat, werden alle die Konsequenzen ihrer eigenen Übertretungen tragen, die ihn als persönlichen Retter ablehnen und Gottes Gebote brechen. Jesu Sühne gibt jedem Menschen die Chance, ein Gotteskind zu werden. Wer aber weiter sündigt, wird eins mit dem Urheber der Sünde. Er ernährt sich von Satan, sein Geist und seine Eigenschaften stehen Gottes Gesetz entgegen, welches ja die Abschrift seines Wesens und der Maßstab seiner Regierung ist.

Auf einem Zettel fiel mir die Geschichte eines Mädchens in die Hand, das sich im Wald verlaufen hatte und vom Schnee überrascht wurde. Tage und Nächte vergingen. Aller Kraft beraubt, war es unfähig sich zu bewegen und lag reglos im Schnee. Schließlich kamen einige Waldarbeiter vorbei. Der Schnee war geschmolzen und man fand es bewusstlos. Vorsichtig hoben sie es auf ein paar Bretter und trugen es zu sich nach Hause an den Kamin. Liebevoll pflegten sie es. Voller Freude erlebten sie, wie es wieder zu Bewusstsein kam. Dann erfuhren sie seinen Namen und benachrichtigten seine Eltern. Die Eltern kamen zu ihm und als es kräftig genug war, nahmen sie es wieder mit nach Hause.

Eine wunderbare Geschichte von einem wirklich robusten Mädchen; doch der Grund, warum ich sie erzähle, ist ein anderer. Ich erzähle sie, weil ich Verständnis für den Zorn der Liebe wecken möchte. Man stelle sich nur einmal vor, dass diese Männer das hilflose Mädchen gesehen, aber liegen gelassen hätten und es gestorben wäre. Was, wenn die Eltern irgendwie davon erfahren hätten, was ihrem geliebten Kind widerfahren war. Was hätten sie für die Männer gefühlt? Etwa Dankbarkeit? Oder einfach nur Gleichgültigkeit? Wären sie nicht viel eher von schrecklicher Trauer übermannt worden, von unbändigem Zorn? Hätte nicht die Erkenntnis, dass ihr Kind noch hätte leben können, die Trauer über seinen Tod noch bitterer gemacht? Hätten sie diese Männer, falls sie ihnen begegnet wären, sanft und honigsüß angesprochen? Hätten sie sie nicht angeprangert mit gerechter Empörung, glühend wie ihre Tränen, leidenschaftlich wie ihre Liebe?

Hier ging es um ein menschliches Leben, das durch menschliches Mitgefühl und Freundlichkeit gerettet wurde; doch wie muss Gottes Zorn erst gegen die brennen, die Seelen in Gefahr sehen, kurz vor dem Untergang, aber nichts sagen, nichts tun, ihnen nicht helfen. Sie richten ihre ganze Aufmerksamkeit auf die 99 im Pferch, während überall um sie herum Seelen in Gefahr schweben, denen man keine rettende Hand reicht. Wenn eine Seele vom Weg abirrt, gehen sie gleichgültig weiter. Dabei könnte diese Seele durchaus das ewige Leben erhalten. Den Himmel zu verlieren, heißt alles verlieren. Wie gleichgültig und sorglos, wenn diese Seele nie gewarnt und ihr nie der Weg des Lebens gezeigt wird.

Die Leiden jedes Menschen sind die Leiden eines Gotteskindes. Wer an seinem untergehenden Mitmenschen ohne Mitleid und Hilfestellung vorbeigeht, erregt Gottes schmerzlichen Zorn. Seine gerechten Donner brauen sich zusammen. Seine grellen Blitze zucken; es ist der Zorn des Lammes. Seid euren Mitmenschen treu, dann werdet ihr Gott erfreuen. Er liebt die Welt; liebt auch ihr sie, dann wird er euch annehmen.

Bible Echo, 30. Mai 1898

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