Vatikan zwischen Anspruch und Wirklichkeit (Teil 2): Heiliger Stuhl oder Blendwerk?

Petersplatz, Vatikanstadt, Vatikan
unsplash - Morgane BEDEL

Von der Kunst, erfolgreich auf die falsche Fährte zu locken. Von Dr. Alberto R. Treiyer

Lesezeit: 5 Minuten

Der Apostel Paulus sagte voraus, dass die politisch-religiöse Macht des Antichristen nach dem Ende des weströmischen Kaiserreichs sich als Gott darstellen würde (2. Thessalonicher 2,4). Sich als Gott auszugeben, heißt aber, Gott zu lästern. Das Papsttum trägt tatsächlich entsprechende Titel: Papst (Vater), Stellvertreter des Gottessohnes und Stellvertreter Gottes selbst.

Im Buch Daniel wird das Papsttum als »unerbittlicher König, ein Meister der Verschlagenheit« (Daniel 8,23 NL) beschrieben, als jemand, dem »der Betrug in seiner Hand gelingt« (Daniel 8,25 SLT) und der sich über alle Götter erhebt (Daniel 11,37-38). Dies wurde in seinem Versuch sichtbar, den Ruhetag zu verändern, den Gott selbst in seinem Gesetz festgeschrieben hat (Daniel 7,25). Auch das Neue Testament geht auf das lasterhafte und prunkvolle Wesen des Papsttums ein, wie es sich in der Geschichte manifestiert hat. In 2. Thessalonicher 2,4.9-12 stellt der Apostel Paulus das Papsttum als listigen Eindringling in Jesu Gemeinde dar. In Offenbarung 13,5-8 und 17,3 wiederum wird es als blasphemisch beschrieben, als eine Macht, die sich an Gottes Stelle setzt.

Weil die Protestanten viele katholische Dogmen stark kritisierten, gab Johannes Paul II. eine Neubearbeitung des katholischen Katechismus in Auftrag. Es hat uns freudig überrascht, dort zu lesen, die Zehn Gebote seien »grundsätzlich unwandelbar und gelten immer und überall; niemand kann sich da entschuldigen« (S. 1968), und: »Durch sein Leben und seine Predigt hat Jesus die dauerhafte Gültigkeit des Dekalogs bestätigt.« (S. 2076) Dennoch sind wir enttäuscht, dass der Katechismus kurz darauf zwei Gebote verändert hat.

Bilderverehrung

In seinem Kommentar zum zweiten Gebot, das die Verehrung und Anbetung von Bildern verbietet, die etwas aus dem Himmel oder von der Erde darstellen (2. Mose 20,4-5), behauptet der katholische Katechismus offen: »Das siebte ökumenische Konzil zu Nizäa (787) rechtfertigte den Bilderstürmern gegenüber die Verehrung von Ikonen, die Jesus darstellen, aber auch die Mutter Gottes, die Engel und alle Heiligen« (S. 2131). Man bemüht sich nicht, den Widerspruch zu klären.

Verlegung des Ruhetages

Derselbe Widerspruch findet sich im katholischen Kommentar zum vierten Gebot (das von der katholischen Kirche als drittes Gebot bezeichnet wird), wo es um den Ruhetag geht. Gott sagte im Dekalog, dass der Sabbat der siebte Tag ist und zum Gedenken der Schöpfung eingesetzt wurde. Der erste Tag wird dort nicht erwähnt. Doch der Katechismus bestätigt den Sonntag als Ruhetag. »Weil er der ›erste Tag‹ ist und weil Jesu Auferstehungstag die erste Schöpfung in Erinnerung rufe.« »Der Sonntag unterscheidet sich deutlich vom Sabbat. Denn er folgt jede Woche unmittelbar auf ihn. Für Christen ist die rituelle Sonntagsfeier an die Stelle der Sabbatheiligung getreten« (2174, 2175). Die Verlegung wird als »Vorschrift der Kirche« bezeichnet (2180). Erstaunlich! Im Wort Gottes findet sich nichts, was diese Verlegung rechtfertigen würde. Im Gegenteil: Der Prophet Daniel hat vorausgesagt, dass der Versuch einer Veränderung von Gottes Gesetz vom römischen Antichristen unternommen würde (Daniel 7,25).

Wunder durch die Heiligen

Die Bibel sagt auch, der Antichrist wirke als Beweis seiner angeblich göttlichen Autorität falsche Wunder, durch die er die ganze Welt verführt (2. Thessalonicher 2,9-12). Bis heute erhebt das Papsttum Menschen auf den Sockel der Heiligkeit, die vermeintlich Wunder gewirkt haben. Daraufhin können sie von den Menschen göttergleich verehrt werden. Dieser Punkt gehört zum spirituell fragwürdigen Wesenszug des römischen Katholizismus, auf den die nächste Folge dieser Artikelserie eingehen wird.

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