Tiere im Tuch, Götzenopferfleisch und jüdische Riten: Apostolische Ernährungsvorschriften oder Plädoyer für Freiheit und Nächstenliebe?

Paulus sieht unreine Tiere im Tuch
Bild erstellt mit KI (ChatGPT)

Wo Menschen andern das Leben schwer machten, verkündeten die Apostel Entlastung. Von Kai Mester

Lesezeit: 5 Minuten

Es war Mittag. Petrus stieg aufs Dach, um zu beten. Da wurde er sehr hungrig und wollte essen. Während man etwas zubereitete, bekam er eine Vision: Ein riesiges Tuch voll unreiner Tiere wurde vom Himmel auf die Erde gelassen mit der Aufforderung: »Steh auf, Petrus, schlachte und iss! Petrus aber sprach: Keineswegs, Herr! Denn ich habe noch nie etwas Gemeines oder Unreines gegessen! Und eine Stimme sprach …: Was Gott gereinigt hat, das halte du nicht für gemein!« (Apostelgeschichte 10,14) Und das Tuch wurde wieder hinaufgezogen. Dies geschah dreimal.

Wurden damit die Speise- und Reinheitsgebote aufgehoben? Petrus selbst war sich über die Bedeutung des Gesehenen unsicher (Vers 17). Als er noch darüber nachdachte, betraten drei Männer das Haus. Da bekam Petrus auf dem Dach den Auftrag, mit diesen Männern mitzugehen, denn sie überbrachten eine Einladung eines römischen Hauptmanns. Jetzt verstand Petrus die Vision: »Gott hat mir gezeigt, dass ich keinen Menschen gemein oder unrein nennen soll.« (Vers 28) Leider hatte Petrus die Gemeinschaft mit Nichtjuden immer noch gemieden. Das sollte nun anders werden.

Warnt Paulus vor Vegetariern?

Paulus prophezeite, dass Irrlehrer auftreten werden: »Sie verbieten zu heiraten und Speisen zu genießen, die doch Gott geschaffen hat, damit sie mit Danksagung gebraucht werden … Denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, wenn es mit Danksagung empfangen wird; denn es wird geheiligt durch Gottes Wort und Gebet.« (1. Timotheus 4,3-4) Doch welche Speisen sind von Gott zum Verzehr mit Danksagung erschaffen? Schwein, Aal, Hase, Meeresfrüchte? Sicherlich genauso wenig wie Knollenblätterpilze, Giftschlangen und Menschenfleisch. Eigentlich hat Gott kein Tier zum Verzehr geschaffen, auch nicht die wiederkäuenden Pflanzenfresser; denn der Tod kam erst durch die Sünde.

Paulus warnt hier also nicht vor dem Vegetarismus und gesunder Ernährung, sondern vor dem verordneten Zölibat und vor von Menschen erdachten religiösen Speiseverboten (Askese).

Alles auf dem Fleischmarkt?

Und was ist mit der Aussage: »Alles, was auf dem Fleischmarkt angeboten wird, das esst, ohne um des Gewissens willen nachzuforschen; denn dem HERRN gehört die Erde und was sie erfüllt.« (1. Korinther 10,25)?

Wer das ganze Kapitel liest, merkt, worum es geht. Paulus warnt vor dem Götzendienst mit seinen Weingelagen, Vergnügungen (Vers 7) und sexuellen Ausschweifungen (Vers 8). An diesen Partys können Christen nicht teilnehmen. Deshalb braucht aber niemand bei Einkäufen oder Besuchen zu fragen, ob das angebotene Fleisch den Götzen geweiht wurde. Wenn es sich um reines, völlig ausgeblutetes Fleisch handelte, war es laut Bibel zum Verzehr geeignet, denn das geschlachtete Tier gehörte Gott, auch wenn es in heidnischen Tempeln geschlachtet wurde.

»Ob ihr nun esst oder trinkt oder sonst etwas tut – tut alles zur Ehre Gottes« (Vers 31), indem ihr Gott für die Speise dankt und ihn als die Macht im Universum preist, die stärker ist als alle Götzen und Dämonen. Zu Gottes Ehre essen und trinken heißt aber auch, sich gesund zu ernähren, um im Dienst für Gott und den Nächsten das Beste geben zu können.

Jüdische Riten

»So richte euch nun niemand wegen Speise oder Trank, oder betreffs eines Festes oder Neumondes oder Sabbats, die ein Schatten der künftigen Dinge sind, der Körper selbst aber ist des Christus.« (Kolosser 2,16-17 Elberfelder) Welche Speisen, Feste und Sabbate waren ein Schatten auf den Messias? Das Zeltheiligtum mit seinen Opfer- und Festvorschriften machte den Erlösungsplan verständlich und wies auf den kommenden Messias hin. Alle Opfer (auch Speis- und Trankopfer) und der irdische Priesterdienst kamen dann auch in Jesus und seiner Gemeinde zum Ziel (Römer 10,4). Der rituelle Schatten ging in der Wirklichkeit auf. Der Tempel in Jerusalem wurde 70 n. Chr. zerstört, die Tieropfer endeten. Alles was darüber hinaus lediglich religiös unterweisende, pädagogische Funktion hat, wie zum Beispiel der jüdische Kalender mit seinen Festen, hat keinen verbindlichen Charakter mehr. Hier hat jeder die Freiheit, in seiner Kultur Elemente zu verwenden oder nicht. Moralgesetze und Gesundheitsvorschriften aber sind nicht Schatten einer Wirklichkeit, sondern ewige Prinzipien. Deshalb gelten der wöchentliche Schöpfungssabbat und die Speisegebote bis heute.

Das Neue Testament richtet den Blick auf drei andere Tempel: einen himmlischen (Hebräer 8,2; Offenbarung 11,19), in dem uns Jesus als Hoherpriester vor Gott vertritt, einen geistlichen (Epheser 2,21), Gottes Gemeinde auf Erden und … passend zu unserem Thema …

Lies weiter!

Sehnsucht nach dem Paradies

Die ganze Sonderausgabe als PDF!
Oder als Printausgabe bestellen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Ich stimme der Speicherung und Verarbeitung meiner Daten nach EU-DSGVO zu und akzeptiere die Datenschutzbedingungen.