Kleider machen Leute – das Sprichwort kennen wir alle.
Aber wusstest du, dass das Neue Testament für »Schmuck« oder »sich kleiden« dasselbe Wort wie für »Kosmos« verwendet? Hinter dem Alltagswort »Kosmetik« steckt also mehr als nur Körperpflege: Es geht um die Frage, wie wir uns in die Welt einfügen – nach außen und nach innen. Die Bibel zeigt überraschend klar, dass Kleidung und Schmuck vor allem eine Frage der Spiritualität ist. Schon die Apostel betonten, nicht der äußerliche Schmuck sei wichtig, sondern die Ausstrahlung des »verborgenen Menschen des Herzens« (1. Petrus 3,4).
Am Ende zeigt sich: Wahre Schönheit entsteht, wenn die innere und äußere Dimension dieses Kosmos in Einklang stehen – mit Gott, mit anderen und mit uns selbst.
Von Sylvain Romain
Lesezeit: 7 Minuten
Sollen wir über Texte oder über Textilien sprechen? Am besten über beides! Allerdings geht es bei dieser Ausführung nicht um eine ausführliche Theologie der Textilien, sondern um ein Wort, das mich stutzig macht: »kosmisch«. Dieses Wort wird im griechischen Neuen Testament für »sich schmücken« verwendet.
Kosmos und Kosmetik – ein erstaunlicher Zusammenhang
»Euer Schmuck (kósmos) soll nicht der äußerliche sein, Haarflechten und Anlegen von Goldgeschmeide oder Kleidung, sondern der verborgene Mensch des Herzens in dem unvergänglichen Schmuck eines sanften und stillen Geistes, der vor Gott sehr kostbar ist. Denn so haben sich einst auch die heiligen Frauen geschmückt (kosmeó).« (1. Petrus 3,3-5)
»Ebenso [will ich] auch, dass sich die Frauen in ehrbarem Anstand (kosmiō) mit Schamhaftigkeit und Zucht schmücken (kosmeó), nicht mit Haarflechten oder Gold oder Perlen oder aufwendiger Kleidung.« (1. Timotheus 2,9)
Die Brücke zwischen dem Universum (Kosmos) und der Körperpflege liegt im deutschen Wort »Kosmetik«, das wörtlich bedeutet: im Einklang mit seinem Umfeld (mit seinem Kosmos) sein. Kosmetik ist also die Kunst, sich anzupassen oder, genauer gesagt, reinzupassen. Dabei unterscheide ich zwischen zwei Dimensionen: der äußeren und der inneren »Kosmetik«: Die Bekleidung soll passend zum Anlass sein und zu unserer Persönlichkeit passen.
Kosmiō, »in ehrbarem Anstand« (1. Timotheus 2,9 Schlachter). Luther schreibt »schicklich«, was mit dem deutschen Wort »Schick« zusammenhängt, das ursprünglich mit Vernunft und nicht mit Ästhetik (Schick-sein-Wollen) zu tun hat.
Die äußere Dimension: Kleidung im richtigen Rahmen
König Salomo, der fast so herrlich »wie die Lilien auf dem Feld« bekleidet war (Matthäus 6,28-29), schrieb: »Alles hat seine Zeit« (Prediger 3,1ff.), und vielleicht könnte man sagen: Ob in der Küche, beim Rasenmähen oder beim Sport, zu jedem Anlass gehört die passende Kleidung. Andererseits, wer zum Beispiel die Garderobe für eine Trauung mit der einer Trauerfeier verwechselt, wird stark auffallen. Dann wäre die Kosmetik nicht kosmisch, sondern eher komisch; es sei denn, wir haben keine ausgeprägte Beziehung zum Anlass oder wollen aus Protest anders aussehen.
Die innere Dimension: Kleidung als Spiegel der Seele
Deshalb verrät unser Aussehen einerseits unsere Fähigkeit, die Welt um uns herum wahrzunehmen. Andererseits zeigt unser Umgang mit der Etikette unsere Bereitschaft, uns so einzufügen, dass wir nicht unnötig auffallen. Die Wahl unseres Outfits reflektiert also den Platz, den wir in unserem Umfeld einnehmen wollen. Dabei fallen mir Worte ein wie Selbstbewusstsein (oder mangelndes Selbstbewusstsein), Unterordnung, Respekt oder Respektlosigkeit; mit anderen Worten, wen betrachten wir als Mittelpunkt des Anlasses: uns selbst oder die anderen?
Aber was bewegt uns zur Ehrerbietung oder Provokation? Welche Rolle spielt unsere Absicht, unbemerkt zu bleiben oder, im Gegenteil, für Gesprächsstoff zu sorgen?
Die Antwort liegt in der zweiten Dimension: Kosmetik ist der Ausdruck der inneren Welt, sozusagen eine Visitenkarte, die unsere Seele zur Schau stellt – ein Schaufenster, das wir so gestalten, wie die Menschen uns wahrnehmen sollen.
Signale nach außen: Was unsere Kleidung über unsere Beziehungen sagt
Die Frage ist: Was soll ich anziehen, um die Menschen anzuziehen? Was macht mich interessant? So gestaltet jeder von uns sein eigenes Image nach dem, was ihm auf dem Marktplatz seines Lebens wichtig ist: Soll er vorrangig durch Charme ansprechen, oder eher durch schöne Worte? Musikalität oder Muskulosität? Geistigkeit oder Geistlichkeit? Soll man (frau) attraktiv oder mysteriös wirken? Trivial ausgedrückt: Wie ein Artikel auf einem Regal im Supermarkt, der eine definierte Kundschaft ansprechen soll, schmücken wir uns je nach Gaben und Eigenschaften, die uns definieren sollen.
Freunde suchen wir nach Kriterien aus, die in uns schlummern, und genauso wollen wir von Menschen »gewählt« werden. Dafür senden wir ständig verbale und nonverbale Signale, und dazu gehören unsere Körper- und Kleidersprache. Das gilt besonders für die Job- und die Partnersuche. Auch in Bezug auf das andere Geschlecht können wir Distanz oder Bedürfnis nach Bewunderung durch unsere »Kosmetik« signalisieren. Deshalb verrät unsere Kleiderauswahl unsere Menschenauswahl.
Gesellschaftliche Normen, Erziehung und Vorbilder prägen unsere Selbstwahrnehmung, wobei die Auswahl bewusst oder unbewusst erfolgt. Am wichtigsten zeigt unser Gesamtbild, ob wir uns in unserer Haut wohlfühlen oder nicht. Wahre Kosmetik ist Stimmigkeit, und wenn etwas nicht stimmt, merken es die anderen, egal wie sehr wir es vertuschen wollen. An diesem Punkt mischt der Druck der Mode stark mit, bietet aber keine nachhaltige Lösung an.
Wenn unser Schaufenster unser Inneres reflektiert, muss sich jeder fragen: Warum will ich den einen ansprechen und den anderen nicht, und mit welchem Ziel? Erfahrungen der Annahme und Ablehnung ermutigen uns oder lassen uns aufgeben. Unreife Persönlichkeiten neigen zu Exzessen und besonders Ältere pflegen ihr Erscheinungsbild entsprechend ihrer Lebenslust. Extreme könnten Hilferufe sein.
Christliche Perspektive: Wem will ich gefallen?
Als Christ stellt sich vor allem die Frage: Wem will ich gefallen? Mir selbst (»Selbstgefälligkeit«), den Menschen oder Gott? Paulus gibt eine klare Antwort:
»Rede ich denn jetzt Menschen oder Gott zuliebe? Oder suche ich Menschen zu gefallen? Wenn ich allerdings den Menschen noch gefällig wäre, so wäre ich kein Knecht Christi.« (Galater 1,10)
Der Zusammenhang ist die Verkündigung des ewigen Evangeliums. Doch es gibt genug Texte, die uns ermutigen, alles, was wir tun, als »für den HERRN und nicht für Menschen zu tun« (Kolosser 3,23). Allein im Johannesevangelium sagt Jesus dreimal, er suche nicht seinen eigenen Willen (5,30) und erst recht nicht seine eigene Ehre (7,18; 8,50), sondern Gottes Willen und Ehre.
Genau hier liegt der Unterschied zwischen einem Leben im »alten Menschen« und einem Leben als »neuer, bekehrter Mensch«.
Paulus erwähnt in 1. Korinther 7,32, dass jemand, der unverheiratet bleibt, sich ungeteilt dem HERRN widmen kann. Wer aber verheiratet ist, beschäftigt sich zwangsläufig auch damit, dem Ehepartner zu gefallen – und das kann von der »Sache des HERRN« ablenken.
Doch dieser Gedanke lässt sich auch umkehren: Wenn wir verheiratet sind, gehört es zu unseren wichtigsten Aufgaben, dem Ehepartner Freude zu machen und für ihn oder sie anziehend zu bleiben. Das ist kein Nebenschauplatz, sondern Teil der Liebe, die die Ehe trägt. Gefährlich wird es erst dann, wenn wir mehr darauf bedacht sind, anderen Menschen zu gefallen als dem eigenen Partner.
Wie kann ich Gott gefallen?
Sagt uns nicht Jesus selbst, wir sollten uns auf die Hochzeit des Lammes vorbereiten? (Offenbarung 19,7)? Dies beinhaltet das Tragen eines wunderschönen Kleides, das er uns schenkt (Vers 8). Kein Gesetz der Welt schreibt vor, dass eine Braut sich schön kleiden soll. Aber bei einer Trauung werden die zwei kosmischen Dimensionen am deutlichsten sichtbar: die Kleiderordnung des Anlasses und der persönliche Selbstwert, der an diesem Tag am höchsten ist (das Brautpaar ist der Mittelpunkt, beide haben den besten Partner und die richtige Entscheidung getroffen).
Und Johannes fügt hinzu:
»Und ich, Johannes, sah die Heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabsteigen, zubereitet wie eine für ihren Mann geschmückte Braut. Und die Grundsteine der Stadtmauer waren mit allerlei Edelsteinen geschmückt.« (Offenbarung 21,2.19)
Zweimal haben wir hier das Wort kosmeó. So schließt sich der Kreis. Und bis dahin sollten die zehn Brautjungfern ihre Lampen »bereit machen« (Matthäus 25,7). Interessant, hier steht schon wieder das Wort kosmeó!
Wahre Kosmetik: Heiligung als Einklang mit Gott
Zusammenfassend besteht die Lösung der ewigen Diskussion über Kleidung und Schmuck nicht nur aus einer Liste von Ge- und Verboten, sondern aus der Entdeckung meiner wahren Persönlichkeit. Zum Glück haben wir als Christen inspirierte Richtlinien, die unseren wahren Wert definieren. Als gerecht gesprochenes Kind Gottes, als auserkorene Braut Jesu, können du und ich »herrlich, ohne Flecken und Runzeln, heilig und tadellos« dastehen (Epheser 5,27). Niemand muss sich behaupten oder bei anderen anecken. In Gottes Liebe wird jeder Schrei nach Liebe gestillt.
»Ich freue mich sehr in dem HERRN, und meine Seele ist fröhlich in meinem Gott; denn er hat mir Kleider des Heils angezogen, mit dem Mantel der Gerechtigkeit mich bekleidet, wie ein Bräutigam sich den priesterlichen Kopfschmuck anlegt und wie eine Braut sich mit ihrem Geschmeide schmückt. der in seinem Geschmeide prangt.« (Jesaja 61,10)
Wahre Kosmetik bringt den Dreiklang Gott, mein Umfeld und mich selbst in Einklang und erzeugt die Ausstrahlung, die schöner wirkt als jede Kosmetik der Welt. Diesen Einklang nenne ich einfach Heiligung.
In der Seelsorge habe ich immer wieder erlebt, wie Menschen schöner und schöner werden, je näher sie zu Jesus kommen. Möge Gott uns allen viel Freude in diesem täglichen Wachstumsprozess schenken!
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