In Südostasien zum ersten Mal Rektorin: Der Angriff

In Südostasien zum ersten Mal Rektorin: Der Angriff
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Wenn man vor dem Problem nicht flüchten kann. Von Molly Timmins

Warum bin ich hier, HERR?, denke ich im Stillen. Jeden Tag kämpfe ich mit der Buchführung, erstelle Stundenpläne und arbeite an der Verbesserung des Lehrplans. Ich spreche mit wütenden Eltern und Mitarbeitern und schlichte Streit zwischen den Schülern. Ich verbinde geschürfte Knie, mache Inventur im Schullager und bestelle weitere Uniformhemden. Verzweifelt versuche ich Vertretungslehrer zu finden und raufe mir die Haare, wenn der Schulbus gerade dann eine Panne hat, wenn die Kinder wieder nach Hause müssen. Kurz vor Tagesanbruch stehe ich auf, nach Einbruch der Dunkelheit komme ich heim. Warum bin ich überhaupt hier?

Schließlich, HERR, habe ich keinerlei Erfahrung als Übergangs-Rektorin. Ich war schon immer Hausfrau. Meine einzige Berufserfahrung habe ich im Homeschooling gesammelt. Ich wusste nicht mal, wie man mit einer Excel-Tabelle umgeht, bevor ich hierherkam, geschweige denn mit der QuickBooks-Buchhaltungssoftware. Jetzt benutze ich sie jeden Tag.

Ich war immer beliebt, habe nie Ärger gemacht. Ganz im Gegenteil!

Bilder von wütenden Augen funkeln mich in meinen Erinnerungen an. Ein Finger zeigt zitternd auf mich und schleudert mir böse Flüche entgegen.

Und so fing alles an: Einige Lehrer machten mich darauf aufmerksam, dass Sali, die Mutter eines Schülers zur Mittagszeit Essen an die Schüler verkaufte. An unserer Schule ist das verboten. Sie tat es heimlich, und so sah ich eine Weile weg. Aber als einige unserer Mitarbeiter sie zur Rede stellten, wurde sie aggressiv und sagte, sie habe von mir die Erlaubnis dazu bekommen. Jetzt wusste ich, dass ich eingreifen musste. So freundlich ich konnte, erinnerte ich Sali an unsere Schulregel und bat sie, hier nicht mehr zu verkaufen. Aber sie reagierte darauf mit wütenden Beleidigungen und nannte mich eine Kommunistin.

Ein paar Wochen später kletterte Salis Sohn, ein Sechstklässler, die Fenstergitter hoch, schob die Zwischendecke nach oben und kroch ins Haus. Die ganze Klasse war Zeuge seines Stunts, und es war nicht der erste. Aber diesmal brachte es die Decke zum Einsturz. Zwar wurde niemand verletzt, doch der Schaden sah schlimm aus. An unserer Schule gibt es auch die Regel, dass Schüler für mutwillige Schäden aufkommen müssen. Ich schauderte bei dem Gedanken, mich wieder mit Sali anlegen zu müssen. HERR, bitte schenk mir Weisheit und mach ihr Herz weich!, betete ich.

Man bestellte Sali, um den Zwischenfall mit der Decke zu besprechen. Sie kam, weigerte sich aber, mit mir zu sprechen. Sie ging zu anderen Lehrern und sagte ihnen, der Schaden sei nicht die Schuld ihres Sohnes, sondern der Schule. Die Decke sei nicht stabil genug gewesen. Zahlen wollte sie keinen Cent!

Als unser Team die Angelegenheit besprach, wurde deutlich, dass es nicht ums Geld ging. Die Reparatur der Decke hatte nur etwa neun Dollar gekostet. Es ging um Charakterbildung und Erziehung zur Verantwortung. Wir kamen überein, dass der Junge, wenn die Familie zahlungsunfähig sei, 45 Minuten nach der Schule fünf Tage lang arbeiten konnte, um die Reparatur abzubezahlen. Aber wie sollten wir das Sali beibringen? Da sie nicht mit mir reden wollte, erklärte sich einer unserer Mitarbeiter, der sie gut kannte, bereit, sie anzurufen und um ein Gespräch mit uns zu bitten.

Sali erwiderte, mein Mann Greg und ich könnten sie ja im Geschäft aufsuchen. Später erzählte mir eine andere Mitarbeiterin, Sali habe ihr am Telefon gesagt, sie würde uns vor ihren Kunden anschreien, falls wir auftauchen würden. Kurz gesagt: Wir gingen hin, sie schrie uns an und wir verschwanden wieder.

In den folgenden Tagen und Wochen erhielten wir viele wütende Nachrichten und lästige Anrufe von Sali in der Schule. Sie wollte ihre Söhne von der Schule nehmen und brauchte einen Versetzungsbrief und die Schulunterlagen. Wir berechnen dafür eine Gebühr von 1,25 Dollar. Das ist schon weniger als an öffentlichen Schulen. Aber Sali wollte die Dokumente kostenlos. Ich blieb standhaft.

Dann wurde mir eines Tages ein Text von Sali zugespielt. Sie hatte sich bei ehemaligen Missionaren beschwert, was für eine schreckliche Rektorin ich sei und dass ich versucht hätte, ihren Sohn zu schlagen. Sie fügte ein Video bei mit dem Titel: »Pastor betet für meinen Sohn«. Im Video sangen und sprachen vier Leute in Zungen, wedelten mit den Fingern und wiegten sich hin und her. Drei davon waren Ausländer wie wir.

Als ich das Video sah, lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Zwei der Zungenredner waren ein Paar, das seit einigen Monaten die Adventgemeinde in der Stadt besuchten. Plötzlich erkannte ich, dass es bei der ganzen Sache nicht nur um mich ging. Unsere Gemeinde und Schule stand unter satanischem Beschuss. In den nächsten Wochen bestätigte sich diese Erkenntnis mehrfach. Später sollten wir herausfinden, dass dieselben Leute, die für Salis Familie »beteten«, an einem Sabbat in der Gemeinde ein Video über einen Wunderheiler gezeigt hatten. Nach dem Video sprach einer von ihnen in Zungen. Die anderen drei schlossen sich ihm an und bald fiel einer von ihnen zu Boden. Andere begannen, ein seltsames Zaubergebet über den Mann zu sprechen. Schließlich wollten sie auch über unseren Bibelarbeiter beten (der hier als Ortspastor dient) und über seine Familie. Er lehnte ab.

Daraufhin begab sich die Gruppe zum Haus eines Gemeindegliedes, deren Mann unheilbar krank und bettlägerig ist. Sie »beteten« über ihn. Als kein Wunder geschah, meinten sie, dass in nicht-adventistischen Gemeinden sehr wohl Wunder geschehen würden. Daher könnten die Adventisten nicht den Heiligen Geist haben.

Der Gemeindegründer und seine Familie hatten dem Paar aus dieser Gruppe bei einem Sonntagseinsatz für Pnong-Kinder geholfen. Bei diesem Anlass verteilten sie Kleidung und Schuhe, erzählten biblische Geschichten und machten Spiele. Erst in der letzten Woche forderten sie dann zum ersten Mal die Kranken auf, sich heilen zu lassen. Sie sprachen in Zungen, die Leute fielen nach hinten um, wo jemand stand, der sie auffing. Als sie die Frau des Gemeindegründers und einen anderen Schulangehörigen baten, ihnen dabei zu helfen, die Leute aufzufangen, die im Geiste getötet wurden, weigerten sich diese jedoch.

Wegen all dieser seltsamen Ereignisse waren Zungenrede und Wunderheilungen zum Gesprächsthema in der Gemeinde geworden. Einige waren schon ganz verwirrt.

Die Frau des Gemeindegründers erzählte mir, dass die Gruppe bei ihren Ritualen immer wieder Worte sang, die dem Khmer-Wort für »Streit stiften« ähnelten.

In der folgenden Woche kam es zu einem neuen Streit. Einige Mitarbeiter ärgerten sich übereinander. Eifersucht und Misstrauen lagen in der Luft. Vor allem ein Mitarbeiter war sehr empört über mich. Mein Stresslevel schnellte in die Höhe. »Wie lange noch, HERR?«, betete ich wieder, während mir die Tränen übers Gesicht liefen. »Ich weiß nicht, wie lange ich den Stress noch aushalten kann!«

Eine leise Stimme schien zu sagen: »Komm her zu mir, Molly, die du mühselig und beladen bist. Ich will dich erquicken. Nimm auf dich mein Joch und lerne von mir. Es ist sanft und leicht. So wirst du Ruhe finden für deine Seele. Du befindest dich im Feuer des Schmelzers, aber ich verspreche dir, dass du nicht verbrannt wirst. Denn ich bin bei dir. Ich verfolge ein Ziel mit dem ganzen Streit und Stress. Ich bilde dich in meiner Leidensschule aus. Ich gebrauche dich und deine Familie im Kampf gegen das Böse gerade hier in meiner Gemeinde und meiner Schule. Vertraue mir, warte auf mich und achte darauf, was ich tun werde! Nicht dein, sondern mein ist der Kampf. ICH BIN.«

In Jesus ruhen. So einfach gesagt und doch so schwer umzusetzen in die Praxis! Als ich weiter auf den HERRN wartete (wenn auch nicht mit ganz so viel Seelenruhe), sah ich allmählich sein unverwechselbares Wirken. Greg hatte zum Beispiel die Gelegenheit, mit dem lokalen Bibelarbeiter ein längeres Gespräch zu führen, und gerade als sich die Dinge zuspitzten, sollte unser Studentenmissionar Jader in der Schule eine Mitarbeiterandacht halten. Er wusste nichts von den oben genannten Ereignissen, wählte aber dennoch das Thema Zungenrede! Obwohl Englisch seine zweite Sprache ist, die dann noch ins Khmer übersetzt werden musste, war seine Botschaft einfach, klar und leicht verständlich. Am nächsten Tag war eigentlich ich für die Andacht vorgesehen, bat aber Jader, ob er nicht sein Thema fortführen könne, da ihm am Vortag die Zeit davongelaufen war. Ich spürte die Gegenwart des Heiligen Geistes und konnte in den Gesichtern der Mitarbeiter erkennen, dass sie gebannt zuhörten. Satans Pläne wurden vereitelt.

Außerdem hatte die Kontroverse eine erstaunliche Wirkung auf die Gemeindeglieder. Anstatt sie zu entmutigen, motivierte es sie, die Bibel zu studieren. Gott stärkte ihren Glauben und mehrte ihr Bibelverständnis.

Und Sali? Sie schickte ihren Bruder, um die Gebühr für die Schuldokumente zu bezahlen. Die Schikanen hörten auf.

Vorher, als ich an der Reihe war, die Mitarbeiterandacht zu halten, hatten wir Bibelverse über die Feindesliebe gelesen. Dass wir denen, die uns hassen, Gutes tun sollen. Wir teilten uns in Gruppen auf, um speziell für Sali und ihre Familie zu beten. Bis heute beten wir noch um Gelegenheiten, um ihr Jesu Liebe zu zeigen.

Und die ärgerlichen Mitarbeiter? Diese Geschichte ist noch im Gange. Aber ich weiß, dass Gott auch das im Griff hat.

Aus: Adventist Frontiers, Mai 2019, S. 12-15

Adventist Frontiers ist eine Publikation von Adventist Frontier Missions (AFM).
AFM hat es sich zum Ziel gesetzt, einheimische Bewegungen ins Leben zu rufen, die Adventgemeinden in unerreichten Volksgruppen gründen. Familie Timmins lebt unter den Pnong, einem Volk in Südostasien.


 

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