Erfahre mehr über Gottgeweihte im alten Israel und ihren Umgang mit Alkohol und Fleisch. Von Kai Mester
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Besondere Aufgaben bringen besondere Verantwortung mit sich. Ähnlich wie es in Deutschland seit Juli 2007 für Unter-21-Jährige eine Null-Promille-Grenze am Steuer gibt, gab es auch im alten Israel eine Null-Promille-Grenze für Priester.
Null-Promille-Grenze
»Du [der erste Hohepriester Aaron] und deine Söhne mit dir sollen weder Wein noch starkes Getränk trinken, wenn ihr in die Stiftshütte geht, damit ihr nicht sterbt. Das sei eine ewige Ordnung für eure künftigen Geschlechter, damit ihr einen Unterschied macht zwischen dem Heiligen und dem Unheiligen, zwischen dem Unreinen und Reinen, und damit ihr die Kinder Israels alle Ordnungen lehrt, die der HERR zu ihnen durch Mose geredet hat.« (3. Mose 10,9-11)
Zu ihren Aufgaben gehörte eben auch die Rechtsprechung und Bildungsvermittlung, für die ein klarer Kopf gefordert war.
Höchste Fleischqualität
Die Qualität des Fleisches, das sie aßen, war noch eine Stufe besser als die des gewöhnlichen Volks. Die Erstgeburt aller Rinder, Schafe und Ziegen war für sie reserviert (4. Mose 18,17-18). Bei der Erstgeburt haben sich im Muttertier noch nicht so viele Toxine angereichert wie bei späteren Geburten. Bessere Fleischqualität ist kaum zu haben.
Auf der 40-jährigen Wüstenwanderung durfte das Volk Israel nur im Rahmen einer Opferhandlung Tiere schlachten (3. Mose 17,1-9). Brandopfer wurden vollständig verbrannt, was den Fleischkonsum weiter einschränkte. Beim Sünd- und Schuldopfer verzehrten die Priester das Fleisch, nachdem Blut, Fett, Leber und Nieren, die oft eine höhere Toxinbelastung aufweisen, entfernt worden waren (3. Mose 4+7). Nur vom Friedens- oder Dankopfer durfte der Gläubige das Fleisch essen, nachdem er das Brustfleisch und die rechte Keule den Priestern abgetreten hatte (7,34).
Jedes Opfertier musste überdies kerngesund sein (22,20-25; 5. Mose 17,1). Erst nach dem Einzug ins Land Kanaan wurde die Schlachtung dann auch außerhalb des Tempels gestattet (5. Mose 12,15.20-25).
Das Beste vom Besten
Auch von den vegetarischen Nahrungsmitteln erhielten die Priester nur das Beste: Die ersten Früchte und das Beste von Öl, Most und Korn und darüber hinaus den zehnten Teil aller Zehntengaben, die die Leviten vom Volk nach der Ernte bekommen hatten (4. Mose 18,12-13).
Die Nasiräer – besonders Geweihte
Wer sich Gott für eine gewisse Zeit besonders weihen wollte, schwor, weder vom Alkohol, Essig, Traubensaft, noch von Trauben und Rosinen zu kosten – ein besonders strenges Alkoholverbot, dass schon das Risiko leicht alkoholisierter Säfte oder Früchte mit einbezog. Auch durfte er sich die Haare nicht schneiden und keine Leiche berühren (4. Mose 6).
Simson
Einer der berühmtesten Nasiräer war der Richter Simson. Schon seine Mutter durfte während der Schwangerschaft keinen Alkohol trinken und nichts Unreines essen (Richter 13,4). Hier wurden die vorgeburtlichen Einflüsse auf das werdende Kind berücksichtigt.
Simson sollte ein Nasiräer auf Lebenszeit sein, brach aber alle Bestandteile des Nasiräergelübdes: Er nahm Honig aus dem Leichnam eines Löwen (14,8-9), was den Honig unrein machte. War doch sogar schon feuchtes Saatgut, das mit Aas in Berührung kam, nicht mehr zur Aussaat geeignet (3. Mose 11,37-38). Zweitens veranstaltete er ein Weingelage (משתה, mishte, Richter 14,10) und drittens ließ er sich das Haar scheren, indem er sich in die Hände der Verführerin Delila begab und ihr sein Geheimnis verriet (16,19).
Samuel und Johannes der Täufer
Auch der Richter und Prophet Samuel wurde von seiner Mutter dem HERRN auf Lebenszeit geweiht. (1. Samuel 1,28)
Und über Johannes den Täufer wurde prophezeit: »Wein und starkes Getränk wird er nicht trinken, und mit Heiligem Geist wird er erfüllt werden schon von Mutterleib an.« (Lukas 1,15) Jesus sagte von ihm: »Johannes der Täufer ist gekommen, der aß kein Brot und trank keinen Wein.« (7,33)
Seine Grundnahrungsmittel seien Heuschrecken und wilder Honig gewesen (Matthäus 3,4). Zwar sind manche Heuschreckenarten rein, sie haben aber keinen hohen Nährwert und sind zudem nicht das ganze Jahr über verfügbar, wenn überhaupt.
Heuschrecken oder Johannisbrot?
Einige Hinweise sprechen dafür, dass mit dem griechischen Wort ακρις (akris) hier nicht die Heuschrecke gemeint ist, sondern Johannisbrotschoten (κερατιον, keration), die nämlich wie Heuschrecken an dem Johannisbrotbaum hängen. Johannisbrot war die Nahrung der Armen (Lukas 15,16). Das jüdische Sprichwort: »Wenn ein Jude Karobschoten isst, tut er Buße« (Midrash Rabbah zu 3. Mose 11,1, Soncino ed., p. 168), passt zum Auftrag des Johannes. In der Kirchengeschichte haben griechische Autoren und ihre lateinischen Übersetzer unter den Heuschrecken anscheinend immer eine vegetarische Kost verstanden. Der Begriff Johannisbrot wurde wahrscheinlich von den Kreuzfahrern in verschiedene europäische Sprachen importiert. Sowohl das Lateinische locusta, als auch das englische locust wird sowohl für Heuschrecken als auch für Johannisbrot verwendet, und im Hebräischen unterscheiden sich die beiden Wörter nur im mittleren Stammkonsonant: Heuschrecke = חגב (chagav); Johannisbrot = חרב (charuv); also g anstelle von r. Vokale wurden damals nicht geschrieben. Doch welche Haltung hatte Jesus Christus zum Vegetarismus?
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