Werde in der Wüste dieser Welt zur erfrischenden Oase. Von Stephan Kobes
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Erstaunt watet Hesekiel durch das flache Wasser. Erst reicht ihm der Bachlauf nur bis an die Knöchel. Bald aber bis an die Knie. Ein paar hundert Meter weiter reicht es ihm schon bis an die Hüften. Dann muss Hesekiel stehen bleiben, da das Wasser so tief ist, dass man es nur schwimmend durchqueren kann.
»Hast du das gesehen, Menschenkind?«, fragte ihn der Engel (Hesekiel 47,6 NL). Ja, natürlich! Aber was bedeutet das?
Der staunende Prophet erfährt, dass das Wasser, das aus dem Heiligtum heraussprudelt, ins Tote Meer fließt. Dann erklärt ihm der Engel:
»Überall wohin der Fluss kommt, da schenkt er Leben. Ja, durch ihn wird das Wasser des Toten Meeres gesund, so dass es darin von Tieren wimmelt.« (47,9 Hfa)
Dann sieht der Prophet auch noch Fischer an diesem Meer stehen:
»Von En-Gedi bis En-Eglajim breiten sie ihre Netze zum Trocknen aus. Es gibt dort so viele Fische und Fischarten wie im Mittelmeer.« (47,10 GN)
Es ist ein spannendes Bild, das sich Hesekiel hier bietet. Aber was will Gott ihm damit sagen? Will er dem Propheten ankündigen, was er tun will? Was will er mit dieser Symbolik andeuten?
Eine Quelle des Lebens
Auch der Apostel Johannes erblickte in einer Vision einen mächtigen Fluss:
»Und der Engel zeigte mir einen reinen Fluss mit dem Wasser des Lebens, so klar wie Kristall, der vom Thron Gottes und des Lammes entspringt« (Offenbarung 22,1 NL)
Das Wasser des Lebens, das er sah, geht von einer Quelle aus, die am Thron des Schöpfers entspringt. Darin ist alles enthalten, was Gottes Geschöpfe für ein glückliches, erfülltes Leben brauchen. Das Symbol ist vielsagend: Gottes Herrschaft ist lebensspendend. Den Schöpfer als höchste Autorität anzuerkennen heißt, sich mit der Quelle des Lebens zu vereinen. Er ist der Erschaffer und Erhalter allen Lebens.
Aber warum schwillt dieser Strom an, je weiter er sich vom Heiligtum entfernt? Und warum ist ausgerechnet das Tote Meer (oder auch Salzmeer) Zielort dieses besonderen Wassers?
Das Salzmeer – ein Mahnmal des Todes
Einst war die Landschaft um das Salzmeer »wie der Garten des HERRN« (1. Mose 13,10): ein Bild unvergleichlicher Schönheit. Aber die Bewohner dieses Landstrichs sündigten sehr schlimm gegen den Himmel. Daher ließ Gott Schwefel und Feuer auf das ganze Gebiet um Sodom und Gomorra fallen. Das ganze Gebiet verwandelte sich in eine unbewohnbare Landschaft: das Tote Meer (1. Mose 14,3).
Hinfort führte der Anblick des Salzmeers die Wahrheit vor Augen, dass eine Abwendung von Gott immer mit dem Tod endet (Römer 6,23). Da ausnahmslos alle Menschen gesündigt haben, ist der Tod auch zu allen Menschen durchgedrungen (Römer 5,12).
Das Meer wird in der Bibel häufig als Symbol für Scharen von Menschen benutzt: »Die Wasser, die du gesehen hast, … sind Völker und Scharen und Nationen und Sprachen« (Offenbarung 17,15)
Daher ist es nicht verwunderlich, dass der Prophet Hesekiel hier das Tote Meer gesehen hat – also leblose Nationen! Sie alle erwartet dasselbe schreckliche Schicksal – das Ende ihrer Existenz.
Lebensspendende Liebe
Als sich die Menschheit von ihm abwandte, stand Gott eines vor Augen:
»Kann eine Mutter etwa ihren Säugling vergessen? Fühlt sie etwa nicht mit dem Kind, das sie geboren hat? Selbst wenn sie es vergessen würde, vergesse ich dich nicht! Sieh, ich habe dich in meine Handflächen gezeichnet.« (Jesaja 49,15.16 NL)
Das Leben sollte nicht abrupt mit dem Tod enden müssen! Gottes Herz sehnt sich nach seinen Geschöpfen. In seinem Herzen entspringt die Liebe, die alle Geschöpfe glücklich machen will. Er will, dass es ihnen gut geht. Darin besteht seine höchste Freude! Das ist das Hauptmerkmal seines Charakters!
»Wie wertvoll ist deine Güte, Gott! Ja, die Menschen … lassen es sich gut gehen, weil es in deinem Haus alles im Überfluss gibt. Du stillst ihren Durst mit dem Strom deiner reichen Gaben. Denn bei dir entspringt die Quelle des Lebens und das Licht erblicken wir in deinem Licht.« (Psalm 36,8-10 Das Buch)
Diese Liebe kann er unmöglich in seinem Heiligtum – dem Vaterhaus – einsperren. Gabe häuft er auf Gabe, Geschenk auf Geschenk. Mit jeder neuen Aufmerksamkeit sagt der Schöpfer liebevoll: »Du sollst leben!« (Hesekiel 16,6)
Allen sagt er: »Hab keine Angst, ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du gehörst mir.« (Jesaja 43,1 NL) In meinen Augen bist du wertvoll und kostbar! Ich habe dich lieb! (Jesaja 43,4)
Ist das etwa der Strom, den Hesekiel aus dem Heiligtum sprudeln sah? Erzählt er uns etwa die Geschichte von Gottes Vaterliebe, die er all seinen Geschöpfen in einem nie versiegenden Strom zufließen lassen will?
Ja!
Jesus: ein Botschafter der Agape
Damit die Menschen diese Liebe erfahren können, kam Jesus auf diese Erde. Als der Prophet Zefanja das Kommen Jesu ankündigte, sagte er:
»Jauchze, du Tochter Zion; juble, Israel! Freue dich und sei fröhlich von ganzem Herzen, du Tochter Jerusalem! … Der HERR, dein Gott, ist in deiner Mitte, ein Held, der rettet; er wird sich über dich freuen mit Wonne, er wird still sein in seiner Liebe, er wird über dich jubelnd frohlocken.« (Zefanja 3,14-17)
Auf Schritt und Tritt offenbarte Jesus die freundliche Liebe des Vaters:
»Christus kam auf die Erde und trat mit der angesammelten Liebe der Ewigkeit vor die Menschenkinder. Dies ist der Schatz, den wir durch unsere Verbindung mit ihm empfangen, enthüllen und weitergeben sollen.« (Ministry of Healing, 37)
Jesus kam, damit wir Anteil an den Freuden des Vaterhauses haben können. Er wusste: Allein darin – in der Erkenntnis der Vaterliebe Gottes – kann ein Mensch neues Leben finden!
Alle Nachfahren Adams sollen die Chance haben, die freundliche Liebe ihres Schöpfers auszukosten.
Und tatsächlich: Als Jesus die Liebe des Vaters offenbarte, keimte neues Leben auf: »Als aber die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Retters, erschien, da hat er uns … errettet durch das Bad der Wiedergeburt und durch die Erneuerung des Heiligen Geistes« (Titus 3,4-6)
Auch heute noch lässt er alle vom Quell seiner Freude trinken: der Glückseligkeit des Vaterhauses, die er in der Gemeinschaft mit dem Vater fand. Er sagt: »Das alles ist dein und mein! Darf ich dich mit meinem Vater bekanntmachen?«
Diese Einladung, Gottes Vaterliebe kennenzulernen und auszukosten, ist das Wasser, das vom Thron des Allmächtigen fließt. Dadurch kann das Tote Meer – eine in Sünde gefallene Menschheit – schließlich heilen!
Diese Einladung gilt natürlich allen Menschen! Alle Stämme, Nationen und Sprachen sollen die freundliche Liebe des Vaters auskosten.
»Darum gehet hin …«
Aber wie sollen sie diese Liebe erfahren? Ganz einfach: durch diejenigen, die diese Liebe am eigenen Leib kennengelernt haben.
Jesus selbst sagte ja: »Das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt.« (Johannes 4,14)
Auf diese Weise wird das Wasser, das von Gottes Thron ausgeht immer tiefer. Der Strom der Liebe wird breiter, wenn alle, die daraus getrunken haben anfangen, die Liebe des Schöpfers nachzuahmen! (Epheser 5,1)
Da, wo der Heilige Geist an dem Herz eines Menschen arbeiten darf, wird sich die Liebe des Vaters ganz gewiss offenbaren; »denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.« (Römer 5,5) Wie ein mächtiger, lebensspendender Strom wird eine Offenbarung des Charakters Gottes dann überall neues Leben zeugen.
War es nicht das, was Hesekiel gesehen hatte? Denn »überall wohin der Fluss kommt, da schenkt er Leben.« (Hesekiel 47,9 Hfa)
Gesundes Wasser, gesunde Fische
Dann können schließlich auch Fischer ihre Arbeit aufnehmen:
»Und es soll sehr viele Fische dort geben, wenn dieses Wasser dorthin kommt; und alles soll gesund werden und leben, wohin dieser Strom kommt.« (Hesekiel 47,9)
Aber wer sind diese Fischer?
Als Jesus seinen Jüngern Petrus und Andreas das erste Mal begegnete, sagte er:
»Kommt, folgt mir! Ich mache euch zu Menschenfischern.« (Matthäus 4,19 GN)
Als er seinen Aposteln die Aufgabe übertrug, andere für Gott zu gewinnen, verglich er diese Arbeit mit dem Handwerk eines Fischers. Das Bild war ihnen vertraut. Sie waren ja Fischer! Damit hat Jesus das Bild des Fischens mit aller evangelistischen Tätigkeit verknüpft.
In den Nationen, die leblos waren, soll es vor Fischen wimmeln! »Es gibt dort so viele Fische und Fischarten wie im Mittelmeer.« (Hesekiel 47,10 GN)
Was für eine Zusage!
Da, wo jetzt noch ganze Nationen tot in der Übertretung sind, werden Evangelisten mit Erfolg viele Menschen zu Gott führen.
Auf zu neuen Erfolgen!
Aber das kann sich erst dann erfüllen, wenn das Wasser des Lebens, das aus dem Heiligtum herausfließt, zuvor sein Werk getan hat! Das Wasser des Lebens – der Strom der Freuden, aus dem Gottes wahre Kinder täglich trinken – muss zuerst auch ihnen zufließen: durch dich und mich:
»Wer an mich glaubt, wird erfahren, was die Heilige Schrift sagt: Von seinem Inneren wird Leben spendendes Wasser ausgehen wie ein starker Strom.« (Johannes 7,38 Hfa)
»Damit meinte er den Heiligen Geist, den alle bekommen würden, die an Jesus glauben.« (Johannes 7,39 Hfa)
Wenn andere mit uns zusammen in den bewussten Genuss der Liebe Gottes kommen – einer Liebe, »die alle Erkenntnis übersteigt« (Epheser 3,19) –, dann werden die Wasser des Toten Meeres gesund werden; alle Arten von Fischen werden sich da sammeln, wo die Fischer zuvor enttäuscht leere Netze aus dem Wasser lebloser Nationen zogen. Ganz sicher wird das Werk Gottes dann auch neue Erfolge feiern!
»Eine der erfolgreichsten Methoden, Seelen für ihn zu gewinnen, besteht darin, dass wir seinen Charakter in unserem täglichen Leben darstellen.« (Desire of Ages, 141, 142)
»Die Wahrheit soll allen Nationen und Stämmen und Sprachen und Völkern verkündet werden … Wenn wir uns vor Gott demütigen und freundlich und höflich und mitleidsvoll sind, wird es hundert Bekehrungen zur Wahrheit geben, wo es heute nur eine gibt.« (Testimonies 9, 189)
»Die wunderbare Liebe des Messias wird Herzen erweichen und auftun, wo die bloße Wiederholung von Lehrpunkten nichts erreichen würde.« (Sieg der Liebe, 804)
Dann wird Evangelisation auch wieder das sein, was sie eigentlich sein sollte: die höchste Freude für Gottes wahre Kinder.
»Dann wird das Ende kommen!« (Matthäus 24,14)
Gibt es Länder, die sich bis heute hartnäckig vor der göttlichen Wahrheit verschließen? Dann gibt es laut Hesekiels Vision Hoffnung!
Denn wenn es den Nachfolgern von Jesus also gelingt, den Weg für das Wirken des Heiligen Geistes frei zu machen und unter dessen fachkundiger Anleitung die Liebe des Vaters praktisch darzustellen, wird das Land, das heute noch dem Toten Meer gleicht, bald in neuem Leben erblühen!
Alle, die Gottes Liebe kennengelernt haben, dürfen dafür leben, diese Liebe in diesen Regionen sichtbar zu machen! Dann kann die Offenbarung der Liebe des Vaters zu einem mächtigen Strom anschwellen, und die entlegensten Flecken der Erde mit dem Ausdruck seiner väterlichen Zuneigung wiederbeleben.
»Euch aber lasse der HERR wachsen und überströmend werden in der Liebe zueinander und zu allen … damit er eure Herzen stärke und sie untadelig seien in Heiligkeit … bei der Wiederkunft unseres gesalbten Herrn Jesus mit allen seinen Heiligen.« (1. Thessalonicher 3,13)
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