Gottes Charakter auf dem Weg ins menschliche Herz: Das Wort wurde Fleisch

Gottes Charakter auf dem Weg ins menschliche Herz: Das Wort wurde Fleisch
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Ein Geheimnis, das andere Geheimnisse erklärt. Von Ellen White

Lesezeit: 14 Minuten

»Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott. Alles ist durch dasselbe entstanden; und ohne dasselbe ist auch nicht eines entstanden, was entstanden ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht begriffen … Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns; und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.« (Johannes 1,1-5.14)

In Jesus streckt Gott seine Arme nach uns aus

Dieses Kapitel im Johannesevangelium beleuchtet das Wesen und die Bedeutung des Dienstes, den Jesus versah. Als einer, der sein Thema versteht, führt Johannes alle Errungenschaften auf Jesus zurück. Um seine Größe und Majestät geht es ihm dort. Wie Sonnenlicht lässt er wertvolle Wahrheit aufleuchten: göttliche Strahlen! Er präsentiert uns Jesus als einzigen Mittler, als einzige Brücke zwischen Gott und Mensch.

Wie Jesus ins menschliche Fleisch kam ist ein Geheimnis, »nämlich … das Geheimnis, das seit ewigen Zeiten und Generationen verborgen war« (Kolosser 1,26 NEÜ). Es ist das große und tiefe Geheimnis der »Gottseligkeit« (1. Timotheus 3,16). »Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns.« Jesus nahm menschliche Natur an, eine Natur, die unter seiner himmlischen Würde stand. Nirgendwo wird deutlicher, zu welch wunderbarer Erniedrigung Gott imstande war. »Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab.« (Johannes 3,16) Johannes bringt dieses wunderbare Thema so einfach und klar, damit jedem ein Licht aufgeht, wenn er die vorgebrachten Gedanken hört.

Jesus tat nicht nur so, als ob er Mensch wurde; er wurde wirklich Mensch. Er besaß wirklich menschliche Natur. »Weil nun die Kinder von Fleisch und Blut sind, hatte er gleichermaßen daran Anteil.« (Hebräer 2,14 LU) Er war der Sohn der Maria, von menschlicher Abstammung her der Nachkomme Davids. Er wird als Mensch proklamiert, als »der Mensch Christus Jesus« (1. Timotheus 2,5). »Denn dieser«, schreibt Paulus, »ist größerer Ehre wertgeachtet worden als Mose, wie ja doch der, welcher ein Haus gebaut hat, mehr Ehre hat als das Haus selbst.« (Hebräer 3,3)

Ewig eins mit Gott

Doch während Gottes Wort über das Menschsein des Messias spricht, als er auf dieser Erde weilte, so spricht es auch eindeutig von seiner Präexistenz. Das Wort existierte als göttliches Wesen, ja als ewiger Gottessohn, in Einheit und Einssein mit dem Vater. Von Ewigkeit her war er der Mittler des Bundes, derjenige, durch den alle Nationen der Erde, Juden und Heiden, gesegnet würden, wenn sie ihn annähmen. »Das Wort war bei Gott und das Wort war Gott.« Bevor Menschen oder Engel geschaffen wurden, war das Wort bei Gott und war »Gott«.

Jesus war wesensmäßig Gott

Die Welt wurde durch es geschaffen, »und ohne dasselbe ist auch nicht eines entstanden, was entstanden ist«. Wenn der Messias alles geschaffen hat, muss er auch zeitlich vor allem existiert haben. Die darüber gesprochenen Worte sind so eindeutig, dass niemand im Unklaren gelassen wird. Jesus war wesensmäßig Gott, und das im höchsten Sinne. Er war bei Gott von aller Ewigkeit her. »Gott, der da ist über allem, sei gelobt in Ewigkeit.« (Römer 9,5 LU)

Seine Göttlichkeit kein Raub

Der Herr Jesus Christus, der Heilige Gottessohn, existierte von Ewigkeit her, als eigenständige Person, aber doch eins mit dem Vater. Er war der alles übertreffende Glanz des Himmels. Als Befehlshaber der himmlischen Intelligenzen war er berechtigt, ihre bewundernde Huldigung zu empfangen. Dadurch beraubte er Gott in keiner Weise (Philipper 2,6). »Der HERR besaß mich am Anfang seines Weges«, erklärt er, »ehe er etwas machte, vor aller Zeit. Ich war eingesetzt von Ewigkeit her, vor dem Anfang, vor den Ursprüngen der Erde. Als noch keine Fluten waren, wurde ich geboren, als die wasserreichen Quellen noch nicht flossen. Ehe die Berge eingesenkt wurden, vor den Hügeln wurde ich geboren. Als er die Erde noch nicht gemacht hatte und die Fluren, die ganze Summe des Erdenstaubes, als er den Himmel gründete, war ich dabei; als er einen Kreis abmaß auf der Oberfläche der Meerestiefe.« (Sprüche 8,22-27)

Jesus ist ungetrübtes Licht

Dass Jesus eins mit dem Vater war, bevor der Welt Grund gelegt wurde, ist eine Wahrheit, die leuchtet und glänzt. Diese Wahrheit ist das Licht, das an einem dunklen Ort scheint und diesen Ort mit göttlichem, ursprünglichem Glanz erleuchtet. Diese Wahrheit, die an sich unendlich geheimnisvoll ist, erklärt andere geheimnisvolle, ansonsten unerklärliche Wahrheiten und ist doch gleichzeitig in ein Licht gehüllt, das unnahbar und unfassbar ist.

»Ehe die Berge wurden und du die Erde und den Erdkreis hervorbrachtest, ja, von Ewigkeit zu Ewigkeit bist du Gott!« (Psalm 90,2) »Das Volk, das in der Finsternis wohnte, hat ein großes Licht gesehen, und denen, die im Land des Todesschattens wohnten, ist ein Licht aufgegangen.« (Matthäus 4,16) Hier werden die Präexistenz des Gesalbten und der Zweck seines Erscheinens in unserer Welt als lebendige Lichtstrahlen beschrieben.

»Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht begriffen.« Johannes 1,5

Jesus – Gottes Kraft und Weisheit

»Nun aber schließe deine Reihen, du Schar! Man hat eine Belagerung gegen uns aufgestellt; mit dem Stab haben sie dem Richter Israels ins Gesicht geschlagen. Und du, Bethlehem-Ephrata, du bist zwar gering unter den Hauptorten von Juda; aber aus dir soll mir hervorkommen, der Herrscher über Israel werden soll, dessen Hervorgehen von Anfang, von den Tagen der Ewigkeit her gewesen ist.« (Micha 4,14-5,1) »Wir aber predigen Christus, den Gekreuzigten«, erklärt Paulus, »den Juden ein Ärgernis und den Heiden eine Torheit; denen aber, die berufen sind, Juden und Griechen, predigen wir Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit.« (1. Korinther 1,23.24 LU)

Unbegreifliches Geheimnis

Dass Gott sich auf diese Weise im Fleisch offenbarte, ist tatsächlich ein Geheimnis; und ohne die Hilfe des Heiligen Geistes, ist es hoffnungslos, dieses Thema begreifen zu wollen. Nichts ist demütigender für einen Menschen, als zu erfahren, dass menschliche Weisheit nichtig und der Versuch töricht ist, aus eigener Anstrengung Gott »auf die Schliche zu kommen«. Der Mensch kann seine Verstandeskräfte noch so einsetzen, sogar das haben, was die Welt höhere Bildung nennt, in Gottes Augen aber dennoch unverständig sein.

Die Philosophen der Antike prahlten mit ihrer Weisheit; aber wie viel wiegt sie auf Gottes Waage? Salomo war hochgelehrt; doch seine Weisheit war Torheit; denn er hatte nicht gelernt, moralisch unabhängig zu sein, frei von Sünde, und einen starken Charakter zu haben, der nach Gottes Ebenbild geformt ist. Salomo hat uns das Ergebnis seiner Forschung mitgeteilt, seiner akribischen Anstrengungen, seiner ausdauernden Recherchen: Er selbst bezeichnet seine Weisheit als komplette Nichtigkeit.

Nichtige Theologie

Mit ihrer ganzen Weisheit hat die Welt Gott doch nicht erkannt. Ihre Einschätzung von Gottes Charakter, ihre unvollkommene Erkenntnis seiner Eigenschaften, hat ihre Geisteskräfte nicht gestärkt. Ihr Denken wurde nicht auf eine Stufe mit Gottes edlem Willen gehoben, sondern sie versank in widerwärtigem Götzendienst. »Da sie sich für weise hielten, sind sie zu Narren geworden und haben die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes vertauscht mit einem Bild, das dem vergänglichen Menschen, den Vögeln und vierfüßigen und kriechenden Tieren gleicht.« (Römer 1,22.23) So viel sind also die ganzen Anforderungen und Erkenntnisse ohne Jesus wert.

Jesus macht uns mit seinem göttlichen Charakter lebendig

»In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.« Johannes 1,4

»Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben«, erklärt Jesus, »niemand kommt zum Vater als nur durch mich!« (Johannes 14,6) Jesus ist mit der Macht ausgestattet, allen Geschöpfen Leben zu schenken. »Wie mich der lebendige Vater gesandt hat«, sagt er, »und ich um des Vaters willen lebe, so wird auch der, welcher mich isst, um meinetwillen leben … Der Geist ist es, der lebendig macht, das Fleisch nützt gar nichts. Die Worte, die ich zu euch rede, sind Geist und sind Leben.« (Johannes 6,57.63) Jesus spricht hier nicht von seiner Lehre, sondern von seiner Person, also seinem göttlichen Charakter. »Wahrlich, wahrlich, ich sage euch«, sagt er wiederum, »Es kommt die Stunde und ist schon jetzt, dass die Toten hören werden die Stimme des Sohnes Gottes, und die sie hören, die werden leben. Denn wie der Vater das Leben hat in sich selber, so hat er auch dem Sohn gegeben, das Leben zu haben in sich selber; und er hat ihm Vollmacht gegeben, das Gericht zu halten, weil er der Menschensohn ist.« (Johannes 5,25-27 LU)

Jesus wurde einer von uns

Gott und Jesus wussten von Anfang an, dass Satan abtrünnig werden und dass Adam durch die Täuschungskünste des Apostaten in Sünde fallen würde. Der Heilsplan wurde geschmiedet, um das gefallene Geschlecht zu erlösen, ihm eine zweite Chance zu geben. Gott betraute Jesus von Anbeginn der Schöpfung mit dem Amt des Mittlers, setzte ihn von Ewigkeit her ein, um unser Stellvertreter und Ersatzmann sowie unser Bürge, Garant und Gewährsmann zu sein. Noch vor der Erschaffung der Welt wurde vereinbart, dass Jesu Göttlichkeit in menschliche Gestalt gehüllt würde. »Einen Leib«, sagte Jesus, »hast du mir bereitet.« (Hebräer 10,5) Doch er kam erst in menschlicher Gestalt, als die Zeit erfüllt war. Dann kam er in unsere Welt – als Kind in Bethlehem.

Jesus ist Gottes Schönheit

»Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns; und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.« Johannes 1,14

Keinem, der in diese Welt geboren wurde, nicht einmal dem begabtesten Gotteskind, schlug je so viel Freude entgegen, wie dem Kind in Bethlehem. Engel Gottes sangen ihm Lob über den Hügeln und Ebenen von Bethlehem. »Ehre sei Gott in der Höhe«, sangen sie, »und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.« (Lukas 2,14 LU 1912) Könnte doch die Menschenfamilie heute dieses Lied nur wiedererkennen! Die Proklamation, die damals erging, der Ton, der damals getroffen wurde, die Melodie die damals begann, wird anschwellen und bis ans Ende der Zeit reichen und von den Enden der Erde widerhallen. Es geht um Gottes Schönheit, um Frieden auf Erden und um Wohlwollen gegenüber den Menschen. Wenn die Sonne der Gerechtigkeit mit Heilung unter ihren Flügeln aufgeht, dann wird das Lied, das damals auf den Hügeln von Bethlehem seinen Anfang nahm, eine große Schar von Stimmen aufnehmen, die wie großes Wasserbrausen klingen werden, mit den Worten: »Hallelujah! Denn der HERR, Gott, der Allmächtige, hat die Königsherrschaft angetreten.« (Offenbarung 19,6)

Jesus nimmt Menschen hinein ins göttliche Wesen

Indem Jesus alle Gebote Gottes befolgte, erwirkte er die Erlösung für den Menschen. Dies geschah nicht dadurch, dass er sich von sich selbst abwandte und auf andere konzentrierte, sondern indem er die Menschheit in sich integrierte. Auf diese Weise schenkte Jesus aus seinem Dasein heraus der Menschheit eine Existenz. Die Menschheit in Jesus hineinzuholen, das gefallenen Geschlecht mit der Göttlichkeit zu vereinen, darin besteht das Werk der Erlösung. Jesus wurde Mensch, damit der Mensch mit ihm eins wird, wie er mit dem Vater eins ist, damit Gott den Menschen liebt, wie er seinen eingeborenen Sohn liebt, damit die Menschen am göttlichen Wesen partizipieren und in ihm komplettiert werden.

Versöhnung mit Gott ist Wesensvereinigung

Der Heilige Geist, der aus dem eingeborenen Gottessohn hervorgeht, schafft ein körperlich-seelisch-geistiges Band zwischen dem Menschen und der göttlich-menschlicher Natur von Jesus. Diese Einheit wird an der Einheit des Weinstocks und den Reben illustriert. Der sterbliche Mensch wird also mit der Menschlichkeit des Messias vereinigt. Durch den Glauben gleicht sich das Wesen des Menschen an seine Wesensart an. In Jesus werden wir mit Gott eins gemacht.

Aus: Review and Herald, 5. April 1906. Zuerst erschienen am 26. April 1899 in Signs of the Times.

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