Licht bricht durch – und wird wieder verschluckt. So zieht sich das kosmische Tauziehen durch die Geschichte: Islam als Licht im Mittelalter, später gekapert von der Finsternis. Rom, Hitler, Zionismus, Israel und neue Allianzen im Orient – alles fügt sich ins prophetische Panorama der Offenbarung. Von Kai Mester
Lesezeit: 7 Minuten
Einmal habe ich erlebt, wie der Vollmond hinter einer Wolkenwand hervorkam, nur um kurz darauf wieder von den Wolken verschluckt zu werden. Minutenlang ein packendes Schauspiel – Licht gegen Finsternis. Am Ende siegte der Mond.
Genau so etwas sehen wir in der Weltgeschichte: Licht bricht durch – und wird wieder verschattet. Erst das Paradies, dann die Sintflut. Licht am Sinai, Finsternis in Gibea. Hoffnung durch David und Salomo, Zerfall ins geteilte Reich und schließlich babylonisches Exil. Morgenröte durch Jesus, danach Christenverfolgung und finsteres Mittelalter. Was für ein gewaltiges Tauziehen!
Die fünfte Posaune – ein Kulturkampf
Die fünfte Posaune wird oft auf die ersten Jahrhunderte des Islam gedeutet: als Zuchtrute Gottes fürs Abendland mit seiner dekadenten römischen Staatskirche. Aber der eigentliche Schlag gegen Rom war nicht militärisch – es war der Rauch aus dem Abgrund (Offenbarung 9), der das Licht des Papsttums verdunkelte: ein geistiger Kulturkampf. Er brachte Rom mehr zum Wanken als die arabischen und persischen Krieger. Wissenschaft, Freiheit und Toleranz aus dem Orient bahnten sich ihren Weg in die Herzen der Europäer, entzündeten Reformationen und Revolutionen, die das Gesicht des Abendlandes bis heute prägen – und die USA zur führenden Weltmacht aufsteigen ließen.
Der gekaperte Islam
So freiheitlich, fortschrittlich und antirömisch der ursprüngliche Impuls aus der arabischen Wüste auch war, so grausam und mittelalterlich zeigte sich später der fundamentalistische Islam. Hier wird ein Muster deutlich: Immer wieder kapern finstere Mächte jene Bewegungen, die Gott einst als Gegengewicht gegen das Böse erweckte.
Einst war der Islam die größte Bedrohung für Rom – und zugleich ein Lichtstrahl im finsteren Mittelalter. Als Rom seine »tödliche Wunde« erhielt und die Adventbewegung 1840 erstarkte, schien sein biblischer Auftrag aus der fünften und sechsten Posaune erfüllt.
Neue Bedrohung für die Juden
In muslimischen Gebieten hatten Juden über Jahrhunderte mehr Freiheit und Schutz als in Europa genossen. Nun ließ Roms tödliche Wunde auch die europäischen Juden aufatmen. Doch dann erhob sich ein Feind, noch grausamer als Rom: Adolf Hitler. Millionen Juden wurden ausgelöscht – und das von einem Mann, der zwar nicht mehr zur Messe ging, aber formal aus der katholischen Kirche nie ausgetreten war. Die Finsternis blieb erfinderisch – und fand immer neue Gestalten, um ihr zerstörerisches Werk fortzuführen.
Zionismus und neue Konflikte
Der Zionismus führte schließlich viele Juden zurück ins Land ihrer Väter. Mit der Staatsgründung Israels 1948 hatte der Islam plötzlich einen neuen Feind direkt vor seiner Haustüre. Ein Volk, das aus dem Holocaust mit unbändigem Lebenswillen und starker Energie hervorging. Die muslimische Welt wehrte sich – Israel schlug zurück. Und so wurde der Israel fast über Nacht zum Erzfeind der islamischen Länder.
Tarnkünstler der Finsternis
Die Geschichte zeigt: Die Finsternis ist ein Meister der Tarnung. Immer wieder schlüpft sie in die Gestalt jener Kräfte, die ihr gefährlich werde könnten – nur um sie an der Wurzel zu packen und unschädlich zu machen:
- Zuerst traten sie »christlich« auf, begrub das Evangelium unter Traditionen und lateinischen Formeln, und verfolgte Andersdenkende.
- Dann zeigte sie sich »aufklärerisch« und »revolutionär« – um Roms Kritiker in den Atheismus zu treiben und die Bibel zu verbieten.
- Später tarnte sie sich protestantisch-überkonfessionell, emotionalisierte das Evangelium charismatisch und missbrauchte es politisch.
- Schließlich führte sie den Islam in sein eigenes grausames »Mittelalter«.
Oder anders gesagt: Als das Evangelium nicht mehr aufzuhalten war und in alle Winkel der Welt drang, da eroberte der Feind das Christentum von innen. Als der Geist des Islam die Europäer gegen Rom aufwiegelte, da sorgte die Finsternis dafür, dass sie in ihrem Freiheitsdrang auch die Bibel und Gott über Bord warfen. Als die Protestanten in der Neuen Welt eine Heimat fanden und sich zur Weltmacht entwickelten, da hatten dunkle Kräfte ihr Projekt schon infiltriert, und die Offenbarung sagt voraus: Die USA werden Rom zur letzten Blüte führen (Offenbarung 13).
Erweckung oder Vereinnahmung?
Kann es sein, dass jede echte Erweckung, jede Rückkehr zu Gott, sofort von der Finsternis vereinnahmt werden möchte? Sei es die Adventgemeinde im 19. Jahrhundert durch totalitäre Tendenzen in den eigenen Reihen oder im 20. Jahrhundert durch Bündnisse im Bildungs-, Gesundheits- und Wohlfahrtssektor? Wohlgemerkt immer entgegen den Empfehlungen der prophetischen Stimme Ellen Whites.
Kann die Erweckungsbewegung, die wir im republikanischen Lager in den USA sehen, vielleicht auch ein Nebeneinander sein? Auf der einen Seite Menschen, die ehrlich auf Gottes Wort hören und sich ein Stück weiterführen lassen, hin zum biblischen Jesus und hin zum barmherzigen Gott, den er uns gezeigt hat. Auf der anderen Seite Repräsentanten der Finsternis, die Hass und Gewalt verbreiten.
Hier braucht es die Gabe der Geisterunterscheidung. Sonst denkt man schnell in Schubladen, wird von Strohmännern abgelenkt und lässt sich seine Orientierung vernebeln.
Mit einem weiteren Kunstgriff des Feindes würden wir wahrscheinlich auch nicht rechnen, würde ihn die biblische Prophezeiung nicht andeuten.
Ein neuer Bund am Horizont?
Die Offenbarung kündigt an, dass die letzte Weltmacht wieder aus der »Tiefe« – dem Abgrund der (arabischen) Sand- und Steinwüste – emporsteigen wird (Offenbarung 17,8)? Werden arabische Führer im Ringen um Frieden am Ende mit dem Papsttum gemeinsame Sache machen? Erste Zeichen sind sichtbar: In Abu Dhabi steht bereits das Abrahamic Family House – Symbol einer Allianz, die prophetisch mehr Fragen aufwirft, als sie beantwortet.
Auch Trumps Annäherung an arabische Königshäuser zur Bildung eines Friedensrates, der die Welt in eine goldene Zukunft führt, könnte in diese Richtung weisen. Doch wie sich die Dinge entwickeln, wird die Zeit zeigen.
Hoffnung aus dem Osten
Bemerkenswert ist: Die Bibel verbindet die letzte große Erweckung – den Spätregen und den Lauten Ruf – mit dem Orient. Jesaja (60,1-7) beschreibt, dass er besonderen Anklang in Ländern findet, aus denen Kamele, Gold und Weihrauch kommen: Midian, Efa, Saba, Kedar und Nebajot – Nachkommen Abrahams, die in der Bibel als Söhne des Ostens bezeichnet werden – sollen des HERRN Lob verkündigen. In der Offenbarung (7,2) steigt der Versiegelungsengel vom Osten auf. Hesekiel (43,2) und Johannes (Offenbarung 18,1) sehen Gottes Herrlichkeit vom Osten kommen und »brausen, wie ein großes Wasser, und es ward sehr licht auf der Erde von seiner Herrlichkeit … und die Erde wurde erleuchtet von seinem Glanz« (Hesekiel 43,2; Offenbarung 18,1).
Schon damals kam der Wind, der das Rote Meer teilte, die Königin von Saba, die Befreiung durch König Kyros und die Waisen aus dem Osten. Auch Jesu Wiederkunft wird als aus dem Osten dargestellt (Matthäus 24,27). Doch dazwischen wird auch die Vorbereitung seines Kommens in derselben Weise geschehen wie das Aufgehen des Morgensterns in unseren Herzen (2. Petrus 1,19), nämlich vom Osten. Was das genau bedeutet? Auch das wird die Zeit zeigen.
Grund zum Strahlen
All diese Entwicklungen zeigt uns die biblische Prophetie – nicht um uns Angst zu machen, sondern damit wir Orientierung haben. Damit wir Gott in diesen Wirren vertrauen, sein Wesen aufnehmen und ausstrahlen.
So dürfen wir strahlen wie Sterne inmitten der Finsternis:
»Viele werden gereinigt, geläutert und geprüft werden, aber die Gottlosen werden gottlos handeln; alle Gottlosen werden’s nicht verstehen, aber die Verständigen werden’s verstehen. Die Verständigen werden leuchten wie des Himmels Glanz, und die viele zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewiglich.« (Daniel 12,10.3)
Wir dürfen zu den »Übrigen« gehören – und zugleich offen sein, die Übrigen, die Gott in allen Erweckungsbewegungen hat, zu erkennen. Wir dürfen sie in unser Herz und unsere Gebete einschließen. Denn Gott wirkt – und sein Licht wird am Ende siegen.
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