Nicht alles, was Gott in die Schuhe geschoben wird, ist seine Idee gewesen. Von Kai Mester
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Was tut Gott, was lässt er zu und warum? Mit dieser Frage beschäftigt sich eines der ältesten biblischen Bücher, wenn nicht sogar das älteste: das Buch Hiob.
Gottes Widersacher wird kaum erwähnt
Wie nur wenige andere Bücher der hebräischen Bibel gestattet uns das Buch Hiob einen Blick hinter die Kulissen. Gleich im siebten Vers des ersten von insgesamt 42 Kapiteln wird uns eine Persönlichkeit vorgestellt, die erst wieder zur Zeit Davids erwähnt wird: der Satan, Ankläger und Widersacher Gottes.
In der ganzen hebräischen Bibel gibt es nur drei Begebenheiten, wo deutlich von ihm gesprochen wird: Hiob 1, 1. Chronik 21 und Sacharja 3. Ansonsten finden wir lediglich Andeutungen. Manchmal wird von ihm in Bildern gesprochen: als König von Babel (Jesaja 14), als König von Tyros (Hesekiel 28). Manchmal versteckt er sich hinter einem Medium: der Schlange in 1. Mose 3, dem Totengeist in 1. Samuel 28.
Wussten die Schreiber der Bibel zu wenig über Satan? Oder schenkten sie ihm bewusst wenig Aufmerksamkeit, um Gott allein zu ehren? Oder gibt es einen noch anderen Grund?
Drei Einsichten: Fällt der Groschen?
Wenn wir die Erklärungen im Buch Hiob als Schlüssel für das Verständnis von Satans Wirken erkennen, kann das unseren Blick auf die Botschaft der Bibel verändern und unsere Beziehung zu Gott stärken.
Drei Dinge werden im Buch Hiob deutlich:
Erstens: Satan ist der Vordenker und Drahtzieher alles Bösen. Er forderte Gott auf: »Strecke deine Hand aus und taste alles an, was Hiob hat.« (Hiob 1,11) »Doch Gott kann nicht versucht werden zum Bösen.« (Jakobus 1,13) Deshalb gab er den Ball an Satan zurück: »Siehe, alles, was er hat, sei in deiner Hand« (Hiob 1,12) Daraufhin brachte Satan drei Katastrophen über Hiob: Blitzschlag, Raubüberfall und Orkan töteten Hiobs Tiere, Knechte und Kinder. Wieder versuchte er Gott: »Strecke deine Hand aus und taste sein Gebein und Fleisch an.« (Hiob 2,5) Und wieder gab Gott den Ball an Satan zurück: »Siehe da, er sei in deiner Hand, doch schone sein Leben!« (Vers 6). Wenn der Apostel Jakobus schreibt, dass Gott nicht zum Bösen versucht werden kann, macht er uns damit bewusst, dass wir als Menschen die Situation oft falsch beurteilen: Wir verdächtigen Gott. Wir zweifeln an seiner Güte. Uns fehlt der Blick hinter die Kulissen.
Zweitens: Satan bringt Katastrophen und Krankheit und stört damit die Geborgenheit und Gesundheit, für die Gott seine Geschöpfe geschaffen hat. Der Urheber des Leidens ist nicht Gott. Er hat kein Gefallen an Leiden und Tod. Doch in seiner Weisheit und Liebe gibt er dem Bösen Raum und lässt es ausreifen. Satan hingegen »ist ein Mörder von Anfang an« (Johannes 8,44). Wie oft beschuldigen wir Gott für Katastrophen und Krankheit? »Irrt euch nicht, meine Lieben. Von oben kommen nur gute Gaben und nur vollkommene Geschenke, von dem Vater des Lichts, bei dem es keinen Wechsel von Licht zu Finsternis gibt.« (Jakobus 1,16.17 NGÜ/LUT)
Drittens: Gott nimmt die Schuld auf sich. Nach dem Mord an den Unschuldigen sagt Gott zu Satan: »Du hast mich versucht, Hiob ohne Grund zu verderben.« (Hiob 2,3) Wie krass ist das denn? An keiner Stelle im Buch Hiob wäscht Gott seine Hände in Unschuld. Vielmehr belässt er Hiob in dem Glauben, dass alles Unglück von ihm gekommen ist. Nach den schlimmen Schicksalsschlägen sagt Hiob: »Der HERR hat’s gegeben, der HERR hat’s genommen; der Name des HERRN sei gelobt!« (Hiob 1,21) Auch in seiner Krankheit bekräftigt er. »Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen?« (Hiob 2,10) Und am Ende des Buches heißt es: »Alle … trösteten Hiob wegen all des Unglücks, das der HERR über ihn gebracht hatte.« (Hiob 42,11) Gott ist bereit, die Verantwortung zu übernehmen mit allen bitteren Folgen. Ganz am Ende wird er aber dann wie im Buch Hiob den Teufelskreis durchbrechen, Tränen abwischen und uns mit mehr Segen überschütten, als wir vor dem Beginn unseres Leidenswegs hatten.
Jesus zieht den Vorhang zurück
Als Gott seinen Messias in die Welt sandte, um ihn der Welt zu schenken, da wurde sein Wesen erst so richtig klar. Denn in Jesus ließ Gott uns in sein Herz blicken: »Der Menschensohn ist nicht gekommen, um die Seelen der Menschen zu verderben, sondern zu erretten!« (Lukas 9,56 SLT) So ist also auch Gott, denn wir dürfen ihn im Messias erblicken. »Er nahm unsere Krankheiten auf sich und trug unsere Schmerzen. Und wir dachten, er wäre von Gott geächtet, geschlagen und erniedrigt. Doch wegen unserer Vergehen wurde er durchbohrt, wegen unserer Übertretungen zerschlagen. Er wurde gestraft, damit wir Frieden haben. Durch seine Wunden wurden wir geheilt … Der HERR warf unser aller Sünde/Schuld auf ihn.« (Jesaja 53,4) Auch der himmlische Vater leidet mit uns, unter uns und an uns, gerade weil wir ihn verdächtigen als den, von dem das Leid ausgehen würde.
Gott ist nicht der Verderber, sondern der Retter. Statt Krankheit und Schmerz zu schicken, nimmt er Krankheit, Schmerz, Sünde und Schuld auf sich. Mit dieser Erkenntnis dürfen wir alle biblischen Berichte lesen, in denen Unglück, Krankheit, Schmerz, Sünde und Schuld scheinbar auf Gott zurückzuführen sind, Berichte, in denen der Feind Gottes überhaupt nicht erwähnt wird, sondern Gott die Verantwortung für alles trägt. Würde der Vorhang weggezogen, würden wir bei jeder Begebenheit erkennen, welche Rolle der Feind und sein Dämonenheer tatsächlich gespielt haben. Wir dürfen von Gottes Wort natürlich auch lernen, über den Feind nur das absolute Minimum zu sagen, um ihm so wenig Aufmerksamkeit und Ehre wie möglich zu schenken. Ebenso dürfen wir in Gottes Allmacht Geborgenheit finden, selbst wenn wir nicht immer alles verstehen.
Der Meisterlügner
Es kann unserem Vertrauen zu Gott jedoch einen großen Anschub geben; es kann das Feuer der Liebe hell auflodern lassen und die Glut der Leidenschaft nachhaltig nähren, wenn Satan als der demaskiert wird, der er ist: »Er ist ein Lügner und der Vater der Lüge.« (Johannes 8,44)
»Satan ist in unsere Welt gekommen und hat die Menschen in Versuchung geführt. Mit der Sünde kamen Krankheit und Leid, denn wir ernten, was wir säen. Satan veranlasste, dass die Menschen Gott dieses Leiden vorwerfen, das die sichere Folge ist, wenn man die Naturgesetze übertritt. Gott wird also zu Unrecht beschuldigt und sein Charakter falsch dargestellt. Er wird für das beschuldigt, was Satan selbst getan hat. Gott möchte, dass sein Volk diese Feindeslüge entlarvt. Er hat ihnen die Erkenntnis geschenkt, dass das Evangelium gesund macht. Als seine Vertreter dürfen sie dieses Licht anderen weitergeben. Während sie das Leid der Menschen lindern, können sie über den Ursprung allen Leidens aufklären und die Gedanken auf Jesus lenken, den großen Heiler von Seele und Körper. Sein mitfühlendes Herz gilt allen Leidenden auf der Erde, und er arbeitet mit jedem zusammen, der sich für die Linderung des Leids einsetzt. Wenn mit seinem Segen Gesundheit zurückkehrt, wird Gottes Charakter wieder ins rechte Licht gerückt und die Lüge zu Satan, ihrem Urheber, zurückgeschmettert.« (Ellen White, Spalding and Magan Collection, Seite 127)
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