… vertrauen, dranbleiben. Von Kai Mester
Lesezeit: 4 Minuten
Gläubige Menschen sind auf der Suche. Sie wollen Gott verstehen, möchten sich von ihm führen lassen. Suchen nach individuellen Antworten.
Natürlich enthält die Heilige Schrift, Gottes Wort, viel Rat und Weisung. Die großen Linien sind in den Zehn Geboten, der Bergpredigt und an zahlreichen anderen Stellen klar formuliert. Doch immer dann, wenn uns die Weitsicht fehlt, fragen wir uns, welche von mehreren guten Optionen wir wählen sollen – vor allem, wenn wir spüren, dass die Auswirkungen gravierend sein könnten.
Für solche und andere Fälle schreibt der Apostel Jakobus: »Wenn es aber einem von euch an Weisheit fehlt, bitte er Gott darum, und sie wird ihm gegeben werden; denn Gott gibt allen gern und macht dem, der ihn bittet, keine Vorhaltungen.« (Jakobus 1,5 NGÜ)
Manche Gläubige schreiben Gott vor, wie er ihnen antworten soll. Sie setzen sich Zeichen wie der Richter Gideon, der geschorene Wolle auf die Tenne legte und darum bat, dass nur sie taunass sein solle am Morgen, der Boden ringsum aber nicht. Als er die Antwort hatte, testete er es noch einmal umgekehrt: Wolle trocken, Boden nass (Richter 6,36-40). Dabei hatte Gott ihm schon genug klare Weisung gegeben. Doch Gideons Vertrauen war noch schwach.
Die Bibel sagt an keiner Stelle, dass dies nachahmenswert ist und ich empfehle es auch nicht. Aber Gott hat in seiner Gnade schon so manchem Menschen auf ähnliche Weise geantwortet. Allerdings wird durch dieses Ja-Nein-Orakel Gott eventuell in seinen Antwortmöglichkeiten eingeschränkt, in seinem Zeitplan unter Druck gesetzt, und unsere Urteilsfähigkeit kann sich unter solchen Methoden oft nicht weiterentwickeln. Außerdem kann es uns für die Notwendigkeit späterer Kursanpassungen blind machen, deren Möglichkeit wir zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht sehen. Auch Loseziehen oder Münzenwerfen fällt übrigens in diese Kategorie. Es ist bewegend, dass Gott wie bei Gideon viel Geduld mit uns hat, wenn wir es aufrichtig meinen, und uns da abholt, wo wir stehen – auf uns eingeht. Er möchte unser volles Vertrauen gewinnen, sodass wir uns entspannter von ihm leiten lassen. Jesus hat uns erklärt, wie es geht: »Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und bin den Meinen bekannt … Die Schafe folgen ihm nach, denn sie kennen seine Stimme … Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir.« (Johannes 10,14.4.27)
Man kann also von Gott auch Weisheit erhalten, ohne ihm Vorschriften zu machen über das Wie und Wann seiner Antwort. Er selbst sagt: »Ich will dich unterweisen und dir den Weg zeigen, den du gehen sollst; ich will dich mit meinen Augen leiten.« (Psalm 32,8) »Und kommt ihr vom richtigen Weg ab, so hört ihr hinter euch eine Stimme: Halt, dies ist der Weg, den ihr einschlagen sollt!« (Jesaja 30,21 HFA) Ich bete für gewöhnlich: »Lieber Vater, antworte mir so, dass ich es verstehen kann und weiß: Das war deine Antwort.« Dies geschieht oft durch zwei oder drei Zeugen. Erlebnisse in der Natur, Bibelverse in der Andacht, das Wort eines Freundes oder Autoren, eine Idee oder Eingebung, das »zufällige«, gleichzeitige Eintreffen zweier oder mehrerer unwahrscheinlicher Ereignisse (Synchronizität), offene und geschlossene Türen usw. Gott hat viele Möglichkeiten, seine sorgende Gegenwart in unserem Leben deutlich zu machen.
Wer ein sensibles Radar hat und alle Erfahrungen und Gedanken am Wort Gottes prüft, wird einiges entdecken, was eine persönliche Botschaft von Gott an ihn sein könnte. Da der Feind uns aber auch in die Irre führen und täuschen möchte, ist es nicht immer ganz leicht, all die Botschaften richtig einzuordnen, erst recht, wenn wir irgendwelche Seile ins Reich der Finsternis noch nicht gekappt haben. Auch kann uns unsere Fantasie einen Streich spielen: Wir können uns so manches einbilden. Außerdem gibt es natürlich auch krankhafte, psychotische Wahrnehmungsstörungen, die den Betroffenen zwischen Wirklichkeit und Einbildung nicht mehr klar unterscheiden lassen. Fest steht allerdings, dass alles, was uns geschieht, von Gott zugelassen wird. Daher ist seine Hand immer im Spiel, und denen, die Gott lieben, werden alle Dinge zum Besten dienen.
Doch was ist, wenn ich meinte, Gott verstanden zu haben, seine Botschaften aber plötzlich für mich ein großes Rätsel werden? Wenn offensichtlich übernatürliche Synchronizitäten passieren, diese aber vorangegangenen widersprechen oder mit der Wirklichkeit einfach nicht unter einen Hut gebracht werden können? Muss ich dann Gott, seine Liebe zu mir oder meine Glaubenserfahrungen in Frage stellen?
»Wie unermesslich reich ist Gottes Weisheit, wie abgrundtief seine Erkenntnis! Wie unergründlich sind seine Entscheidungen, wie unerforschlich seine Wege!« (Römer 11,33 NEÜ) Wir können nicht immer alles verstehen. Aber wir können Gott dennoch vertrauen. Die Bibel ist voller Geschichten, in denen Gott Glaubensmänner und ein ganzes Volk durch viele Schwierigkeiten geführt hat, durch leidvolle Situationen, die sie einfach in dem Moment nicht begreifen konnten.
Doch er führt uns als guter Hirte Schritt für Schritt. Und eines Tages wird im Rückblick alles klar werden. Schon unterwegs darf unser Vertrauen auf ihn wachsen, wenn er uns immer wieder herausrettet, sobald wir uns an ihn klammern. Bis zum vollen Verständnis dürfen uns die Erfahrungen mit IHM stärken in dem Bewusstsein: Er liebt uns unendlich. Er ist mit vollster Aufmerksamkeit bei uns, hat die Details im Blick. Er zeigt uns dies in kritischen Momenten durch sein vielfältiges und manchmal auch für uns rätselhaftes Eingreifen.
Es gibt niemanden sonst im Universum, der meines Vertrauens würdig wäre – ich selbst schon gar nicht. Alle außer ihm können mich nur ins Verderben stürzen. Gott hat in meinem Leben schon so viel Gutes bewirkt, mich tiefgreifend verändert und befreit. Daran darf ich mich in Krisensituationen immer erinnern, meinen Blick von den Problemen weg zu ihm nach oben richten und ausrufen: »Auch wenn er mich umbringt, ich vertraue auf ihn.« (Hiob 13,15 KJV)
Schreibe einen Kommentar