Vom Segen eines ausgefallenen Fluges: »Alle Dinge zum Besten!«

Vom Segen eines ausgefallenen Fluges: »Alle Dinge zum Besten!«
Pixabay - Rudy and Peter Skitterians

Manchmal kommt es anders. Von Klaus Reinprecht

Lesezeit: 3½ Minuten

Wie oft ringen wir darum, Gottes Führungen in unserem Leben zu verstehen. Meist bleibt uns nur das Vertrauen auf seine Verheißung, dass »denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen«, und die Gewissheit, einmal in der Ewigkeit alles verstehen zu können.

Doch manchmal lüftet Gott den Vorhang des Geheimnisses seiner Führung etwas, und wir dürfen kurz dahinter blicken:

Eines Donnerstagmorgens im Winter: Ich muss zum Flughafen, um einer spontanen Einladung in ein östliches Land zu folgen. Das Gepäck ist verstaut, doch das Auto springt nicht an. Auch das zweite Auto stottert – und schweigt. Zum Glück hat meine Mutter ihr Auto bereit, und ich schaffe es rechtzeitig zum Bahnhof. In Wien fällt der Zug zum Flughafen aus. Aufgrund eines medizinischen Notfalls war er ersatzlos gestrichen worden. Endlich sitze ich am Gate und nutze die kurze verbleibende Zeit bis zum Abflug mit Computerarbeit.

Kurz darauf beginnt das Boarden – so meine ich zumindest – doch die Mitarbeiterin der Fluglinie teilt uns lediglich mit, dass der Flug aufgrund schlechter Wetterbedingungen am Zielort ersatzlos gestrichen sei. Alle Flugpassagiere mögen wegen Umbuchung mit ihr mitkommen. Nach zwei Stunden sitze ich, versehen mit einem neuen Flugticket, gültig für den nächsten Tag, im Zug nach Hause. »HERR«, bete ich, »denen, die Gott lieben, dienen alle Dinge zum Besten. So hast du sicher auch einen Plan mit dieser Situation.«

Der Flug am kommenden Tag wird planmäßig durchgeführt. Ich sitze neben dem Vorsitzenden des Planungskomitees für die olympischen Spiele. Auch er wollte am Vortag fliegen und findet es sehr eigenartig, dass der Flug ausgefallen ist. Alle anderen Flüge zu dieser Destination sind durchgeführt worden.

Am Zielort angekommen, werde ich von meinem Kontaktmann abgeholt. Wir nutzen die fast dreistündige Fahrt, um über das Gesundheitsprojekt zu sprechen, das das Ziel meiner Reise ist. Das Team dort erwartet meine Hilfe für fast alle Projektbereiche – vor allem der Struktur. Ohne mein Wissen haben sie noch einen Termin mit der Stadtbehörde vereinbart, den wir direkt bei der Ankunft in der Stadt wahrnehmen sollen.

So sitze ich dann also gegenüber der Stadtchefin und den Mitgliedern des Stadtrates. Sie haben ihren freien Freitagnachmittag in geduldigem Warten auf uns verbracht. Sie freuen sich, dass ein Europäer Interesse an der Entwicklung ihrer Stadt hat und bitten, mich kurz vorzustellen. Nebenbei erwähne ich die Erfolge eines CP*-Projekts in Tadschikistan, das ich dort initiieren durfte. Plötzlich füllen sich die Augen der Stadtchefin mit Tränen und mit gebrochener Stimme erzählt sie die Leidensgeschichte ihrer neun Monate alten Enkeltochter, deren Gehirn durch einen Geburtsfehler massiv geschädigt wurde. Die Mitglieder des Stadtrates verabschieden sich, weil sie die private Konversation nicht stören möchten, und so sind wir mit dem Übersetzer alleine.

»Können Sie mir ein bisschen Hoffnung geben?« Ich zeige der Dame anhand von Fotos die Fortschritte der Kinder in Zentralasien und kann ihr einige Wasseranwendungen am Bürotisch erklären. Ein zaghaftes Lächeln zeigt mir, dass sie Hoffnung schöpft; sie ist so dankbar für unser Kommen. Sie weiß von dem ausgefallenen Flug, weil das Gespräch mit der Behörde deswegen verschoben werden musste. Doch da hätte sie aus Termingründen nicht teilnehmen können. So zeigt sie nach oben und sagt: »Ich weiß, warum Sie nicht gestern gekommen sind: Gott wollte, dass wir uns treffen, deshalb hat er den gesamten Flug ausfallen lassen, damit Sie einen Tag später kommen konnten und ich dabei sein kann.« Und so darf ich mit der kommunistischen Stadtchefin Gott danken und ihm auch das Wohlergehen ihrer Enkelin anvertrauen. Sie ist sichtlich gerührt.

Mein Sitznachbar auf dem Heimflug ist – wieder derselbe Herr von den olympischen Spielen. Die Chance auf denselben Sitznachbarn liegt bei etwa bei 1:140. Zufall? Sofort spricht er wieder den ausgefallenen Flug an und meint, es wäre für ihn unerklärlich, warum die AUA aus heiterem Himmel diesen vollbesetzten Flug gestrichen hat. Er staunte nicht schlecht, als ich ihm erklärte, dass es wegen mir war und einer Begegnung, die sonst nicht stattfinden hätte können.

Gott hätte tausend andere Wege gehabt, den Termin so zu organisieren, dass es zu einem Treffen mit der Dame gekommen wäre. Aber er entschied sich für diese sehr spektakuläre Art. Eine Woche später durfte ich dann erfahren, warum. Aber das ist eine andere Geschichte.


*Die Cerebralparese (CP) ist eine Bewegungsstörung aufgrund einer frühkindlichen Hirnschädigung, mehrheitlich als Folge von Sauerstoffmangel, der vor, während oder nach der Geburt auftritt und das Hirn irreparabel schädigt.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors
aus Missionsbrief 49, Sept./Okt. 2018

www.missionsbrief.de

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