Biblischer Standpunkt zur Homosexualität: Brauchen Gebundene wirklich einen »ausgewogeneren« Ansatz?

Biblischer Standpunkt zur Homosexualität: Brauchen Gebundene wirklich einen »ausgewogeneren« Ansatz?
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Wer hier vom Überwinden redet, gilt schnell als unausgewogen. Der Autor hat sein homosexuelles Leben schon knapp ein Vierteljahrhundert hinter sich gelassen. Doch so etwas darf es ja gar nicht geben! Von Ron Woolsey

Lesezeit: 15 Minuten

Ein Verlag, der sich nicht durchringen konnte

Es geschah im Jahr 1999. Ein Mitarbeiter eines adventistischen Verlags hörte die Geschichte meiner Bekehrung von Homosexualität. Daraufhin bat er mich, ob ich sie nicht aufschreiben und das Manuskript an den Verlag schicken könne. Solch eine Publikation wäre ein wertvolles Werkzeug in der Buchpalette unserer Gemeinde. Binnen vier Wochen sei das Manuskript einzureichen, wenn ich Chancen auf eine Veröffentlichung haben wollte.

Ich betete viel und schrieb vierzehn Stunden täglich. So konnte ich das Manuskript termingerecht abliefern. Dann kam das Warten – ein Tag nach dem anderen verstrich, eine Woche nach der anderen, es wurden Monate. Schließlich war ich so perplex, dass ich anrief, um nachzufragen.

»Oh! Hast du dein Manuskript noch nicht bekommen? Es sollte dir zurückgeschickt werden.«

»Warum zurückgeschickt?«, fragte ich.

»Es wurde abgelehnt. Der Buchausschuss hat entschieden, dass ein ausgewogenerer Standpunkt veröffentlicht werden soll«, erfuhr ich.

»Was für einen ausgewogeneren Standpunkt?«, fragte ich. »Man hat mich gebeten, meine Geschichte einzureichen. Willst du damit sagen, dass sie unausgewogen ist?« Ich war erschrocken.

»Nein, man dachte nur, es sei besser, mehrere Geschichten in ein Buch aufzunehmen, um einen ausgewogenen Standpunkt zu bringen«, war die Antwort.

Ich stellte mir die Frage: »Muss man Sieges- und Erfolgsgeschichten mit Geschichten übers Versagen ausbalancieren? Und wenn ja, warum?«

Ab diesem Moment begegnete mir dieser rätselhafte ausgewogene Standpunkt immer wieder. Seitdem sind jetzt schon fünfzehn Jahre verstrichen. Immer wieder werden meine Arbeit, meine Projekte oder Seminare abgelehnt, weil das Thema Homosexualität und Gemeinde angeblich einen ausgewogeneren Standpunkt erfordere. Schließlich blieb mir nur der Weg, mein Buch bei einem externen Verlag zu veröffentlichen. Dieser verkaufte es dann dem adventistischen Verlag zurück, damit es in allen englischsprachigen adventistischen Buchzentren auf der Welt erhältlich war.

Nur ein Interview, und doch große Wirkung

Vor einigen Jahren lud man mich ein, auf einer Konferenz über Ehe, Homosexualität und die Gemeinde mein Zeugnis zu geben. Doch einer Person, die an die Einmal-schwul-immer-schwul-Theologie glaubt, die ich nicht teile, gelang es, mich so zu diskreditieren, dass mein Vortrag auf ein Interview reduziert wurde. Jene Person nahm dann auch meinen Platz in einer Podiumsrunde vor der Studentenschaft ein, sodass der »ausgewogene Standpunkt« vermittelt werden konnte.

(Seither haben mich wiederholt Kritiker und Zweifler als Perfektionist abgelehnt, weil ich aus meiner persönlichen Erfahrung des Siegs über Homosexualität heraus glaube und predige, dass wir aus und nicht in Sünden gerettet werden.)

Da man nun meine Zeit beschnitten hatte, betete ich, der HERR würde das meiste daraus machen. Das tat er dann auch. Im Abschlussvortrag sagte nämlich der Redner dann: »Als Ron Woolsey hier am Eröffnungsabend stand, die Bibel emporhob und sagte, er habe alles, was er brauchte, im Wort Gottes gefunden, um der Homosexualität den Rücken zu kehren und sich von ihr zu trennen, war das eine gute Zusammenfassung für die ganze Konferenz.«

Eine Universität ringt sich durch

Als ich auf einer unserer adventistischen Universitäten eingeladen wurde, begegnete ich erneut jenem »rätselhaften ausgewogenen Standpunkt«. Schon Monate vor dem Termin wurde die Einladung in den Ausschüssen gestoppt, weil meine Geschichte so kontrovers sei.

»Ja aber Moment mal! Wir befinden uns doch mitten in einer großen Kontroverse …«, erwiderte ich.

»Es hat halt alles zwei Seiten …«

»Nun gut! Warum bringen wir dann nicht die zweite Seite, Gottes Seite …?

Ich betonte, dass ich an derselben Uni studiert und meinen Abschluss in Theologie mit Auszeichnung gemacht hatte. Außerdem sei ich als Pastor in einer Vereinigung tätig. Wenn man Straight/Gay Alliances auf dem Campus genehmigt, warum dürfte ich dann nicht auf dem Campus Gottes Standpunkt darstellen?

Schließlich bekam ich die Genehmigung doch und durfte vor der Studentenschaft meine Botschaft bringen, die herzlich und mit großem Interesse und echter Wertschätzung aufgenommen wurde.

Pluralismus auf der Predigertagung

Auf der letzten Predigertagung der Nordamerikanischen Division und Breakout-Session in Austin, Texas kurz vor der Generalkonferenz zogen vor allem zwei Themen meine Aufmerksamkeit auf sich: Frauenordination und Homosexualität. Obwohl die Ordinationsfrage in den letzten paar Jahren auf Drängen der Gemeindeleitung intensiv studiert wurde, machte man von offizieller Seite für die »Pro-Seite« Werbung, die »Kontra-Seite« wurde ignoriert, zurückgehalten, ja sogar unterdrückt.

Zum Thema LGBT wurden drei verschiedene Seminare angeboten. Die Coming Out Ministries sollten ursprünglich zwei Zeitfenster bekommen, doch eines wurde ihnen aufgrund der Brisanz der Thematik entzogen. Wieder beteten wir zum HERRN, er möge das meiste aus der Zeit machen, die wir bekommen würden. Ich glaube, dass er es getan hat.

Einem anderen Seminar mit einer ganz anderen Botschaft wurde jedoch doppelt so viel Zeit gegeben wie uns. Die Besucher, die (wie ich) beiden Seminaren beiwohnten, äußerten sich uns gegenüber verwirrt. Ich antwortete dann einfach, dass beide Seminare genau dieselbe Botschaft bringen, aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Das andere Seminar brachte die Botschaft der Liebe und Annahme. Annahme bei Gott hängt jedoch davon ab, dass wir ihm unseren Willen ganz hingeben, und an diesem Punkt hatten die beiden Seminare unterschiedliche Ansätze. Die Botschaft der Coming Out Ministries bringt auch Liebe und Annahme, spricht aber ebenfalls von der notwendigen Reue, Hingabe, Jüngerschaft, Charakteränderung und Überwindung homosexueller wie jeder anderen Sünde. In anderen Worten: vom Evangelium.

Das andere Seminar brachte die Zeugnisse einer »lesbischen Adventistin«, eines »schwulen Gemeindeältesten«, der Eltern eines Schwulen, der mit einem Mann verheiratet war und ließ einen »schwulen Adventisten« auftreten, der eine Power-Point-Präsentation gab, in der alle Bemühungen von Diensten angeprangert wurden, die Homosexuellen zum Sieg und zur Veränderung verhelfen möchten. Kein einziges Überwinderzeugnis wurde gegeben. Eine Psychologin bezeugte sogar, sie kenne keinen Menschen, der Homosexualität überwunden habe. Einige Zuhörer, die mich kannten, drehten sich um und deuteten auf mich. Denn ich wurde vor 24 Jahren erlöst und bin nun schon 23 Jahre verheiratet. Auch bin ich Vater von fünf Kindern.

Einer der Organisatoren sagte uns, es gebe mehr als eine Ideologie zum Thema Homosexualität. Deshalb musste wohl ein »ausgewogener Standpunkt« gebracht werden. Doch dieser ausgewogene Standpunkt verunsicherte viele.

Inspirierte Antworten auf die Frage der Ausgewogenheit

Ist es nötig, wenn wir Gottes Wort bringen, einen ausgewogenen Standpunkt zu finden, indem wir der politischen Korrektheit, dem modernen Denken, den Sozialwissenschaften, der Psychologie und Psychiatrie gleich viel Zeit einräumen? Ist Gottes Standpunkt nicht ohnehin ausgewogen?

»Überaus trügerisch ist das Herz und bösartig; wer kann es ergründen? Ich, der HERR, erforsche das Herz und prüfe die Nieren, um jedem einzelnen zu vergelten entsprechend seinen Wegen, entsprechend der Frucht seiner Taten.« (Jeremia 17,9)

»Niemand betrüge sich selbst! Wenn jemand unter euch sich für weise hält in dieser Weltzeit, so werde er töricht, damit er weise werde! Denn die Weisheit dieser Welt ist Torheit vor Gott; denn es steht geschrieben: Er fängt die Weisen in ihrer List. Und wiederum: Der HERR kennt die Gedanken der Weisen, dass sie nichtig sind.« (1. Korinther 3,18-20)

Die Bibel spricht auch von »Ausgewogenheit«:

»Zweierlei Gewicht ist dem HERRN ein Gräuel, und falsche Waage ist nicht gut.« (Sprüche 20,23)

»Falsche Waage ist dem HERRN ein Gräuel, aber volles Gewicht gefällt ihm wohl.« (Sprüche 11,1)

»So lautet aber die Schrift, die geschrieben steht: Mene, mene, tekel upharsin! Und das ist die Bedeutung des Spruches: Mene bedeutet: Gott hat die Tage deines Königtums gezählt und ihm ein Ende bereitet! Tekel bedeutet: Du bist auf einer Waage gewogen und zu leicht erfunden worden!« (Daniel 5,25-28)

»Am jüngsten Tag werden wir nach unseren Werken freigesprochen oder verurteilt werden. Der Richter der ganzen Erde wird sein gerechtes Urteil sprechen. Er ist nicht bestechlich und lässt sich nicht täuschen. Er, der den Menschen gemacht hat und dem die Welten gehören und alle ihre Schätze – er wägt den Charakter in der Waage der ewigen Gerechtigkeit.« (Signs of the Times, 8.10.1885 Abs. 13; Review and Herald 19.1.1886)

»Und als es das dritte Siegel öffnete, hörte ich das dritte lebendige Wesen sagen: Komm und sieh! Und ich sah, und siehe, ein schwarzes Pferd, und der darauf saß, hatte eine Waage in seiner Hand.« (Offenbarung 6,5)

Offensichtlich kennzeichnet sich Gottes Ausgewogenheit nicht dadurch, dass zwei widersprüchliche Standpunkte gepredigt werden, sondern dass die Wahrheit angenommen, das Gesetz befolgt und Gottes Wille von uns umgesetzt wird.

»Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Reich der Himmel eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut. Viele werden an jenem Tag zu mir sagen: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt und in deinem Namen Dämonen ausgetrieben und in deinem Namen viele Wundertaten vollbracht? Und dann werde ich ihnen bezeugen: Ich habe euch nie gekannt; weicht von mir, ihr Gesetzlosen! Ein jeder nun, der diese meine Worte hört und sie tut, den will ich mit einem klugen Mann vergleichen, der sein Haus auf den Felsen baute.« (Matthäus 7,21-24)

»Wir sind ja allesamt geworden wie Unreine, und alle unsere Gerechtigkeit wie ein beflecktes Kleid. Wir sind alle verwelkt wie die Blätter, und unsere Sünden trugen uns fort wie der Wind.« (Jesaja 64,5)

Wir können nur in dem gerecht werden, der den Namen trägt »Der HERR unsere Gerechtigkeit«. (Jeremia 23,6; 33,16)

Völlige Ausgewogenheit finden wir in Rechtfertigung und Heiligung, in Begnadigung/Vergebung und Reinigung/Veränderung.

Jesu Gerechtigkeit wird uns zugerechnet oder zugeschrieben, wenn wir bekennen und bereuen. Jesu Gerechtigkeit wird uns auch verliehen oder in uns geschaffen durch seine Gnade und seine verändernde Kraft, wenn wir uns ihm hingeben und seinem Wirken an uns.

»Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.« (1. Johannes 1,9) Sehen wir hier die Ausgewogenheit?

»Er wird sich wieder über uns erbarmen, unsere Missetaten bezwingen. Ja, du wirst alle ihre Sünden in die Tiefe des Meeres werfen!« (Micha 7,19)

»Satan steht an der Spitze aller Verkläger der Brüder; doch was antwortet der HERR, wenn er die Sünden von Gottes Volk vorbringt? ›Der HERR schelte [nicht Josua, den Repräsentanten des geprüften und auserwählten Gottesvolks, sondern] dich, du Satan; ja, der HERR schelte dich, er, der Jerusalem erwählt hat! Ist dieser nicht ein Brandscheit, das aus dem Feuer herausgerissen ist? Jeschua aber hatte unreine Kleider an und stand doch vor dem Engel.‹ (Sacharja 3,2-3) Satan hatte das auserwählte und treue Gottesvolk als schmutz- und sündenbeladen dargestellt. Er konnte die einzelnen Sünden der Schuldigen benennen. Hatte er nicht sein ganzes Bündnis des Bösen eingesetzt, um sie durch seine Verführungskünste in genau diese Sünden zu verstricken? Doch sie hatten bereut, sie hatten Jesu Gerechtigkeit angenommen. Sie standen daher vor Gott bekleidet mit den Gewändern der Gerechtigkeit Jesu. ›Und er begann und sprach zu denen, die vor ihm standen: Nehmt die unreinen Kleider von ihm weg! Und zu ihm sprach er: Siehe, ich habe deine Sünde von dir genommen und lasse dir Festkleider anziehen!‹ (Sacharja 3,4) Jede Sünde, derer sie sich schuldig gemacht hatten, war vergeben, und sie standen vor Gott so auserwählt und treu, so unschuldig und vollkommen, als hätten sie nie gesündigt.« (Review and Herald, 29. August 1893 Abs. 3)

»Johannes sah, dass die Barmherzigkeit, die Freundlichkeit und Liebe Gottes sich mit seiner Heiligkeit, Gerechtigkeit und Macht deckten. Er sah, wie Sünder einen Vater in ihm fanden, vor dem ihnen ihre Sünden Angst eingejagt hatten. Dann sah er nach dem Höhepunkt des großen Konflikts auf Zion, wie ›die, welche als Überwinder hervorgegangen waren … standen an dem gläsernen Meer und hatten Harfen Gottes. Und sie singen das Lied Moses, des Knechtes Gottes, und das Lied des Lammes.‹ (Offenbarung 15,2-3)« (Acts of the Apostles, 489)

»Wenn wir den göttlichen Charakter im Licht des Kreuzes studieren, verschmelzen Barmherzigkeit, Freundlichkeit und Vergebung mit Fairness und Gerechtigkeit. Wir sehen mitten am Thron den Einen, der an Händen und Füßen und an der Seite die Zeichen des Leidens trägt, das er ertrug, um den Menschen mit Gott zu versöhnen. Wir sehen einen grenzenlosen Vater, der in einem Licht wohnt, zu dem niemand kommen kann und der uns dennoch aufnimmt bei sich durch die Verdienste seines Sohnes. Die Wolke der Rache, die nur Elend und Verzweiflung androhte, offenbart im Licht des Kreuzes die Handschrift Gottes: ›Lebe, Sünder, lebe! Ihr reuigen, gläubigen Seelen, lebt! Ich habe ein Lösegeld bezahlt.« (Acts of the Apostles, 333)

In meinen Augen ist genau das der ausgewogene Standpunkt!

Quelle: The Narrow Way Ministry Rundbrief vom 31. August 2015

www.thenarrowwayministry.com
www.comingoutministries.org

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