Was Paulus über das Leben danach dachte: Der Tod – Tor zum Glück oder letzter Feind?

Was Paulus über das Leben danach dachte: Der Tod – Tor zum Glück oder letzter Feind?
Adobe Stock – Harvinder

Am liebsten aus dem Leib auswandern, das Zelt loswerden und bei Gott sein, nur wie? Von Jim Wood

Lesezeit: 10 Minuten

»Wir sind aber getrost und wünschen vielmehr, aus dem Leib auszuwandern und daheim zu sein bei dem HERRN.« (2. Korinther 5,8)

Einige wollen mit diesem Vers beweisen, dass unsere Seelen beim Tod aus unserem Körper befreit werden und in Gottes Gegenwart gelangen. Haben sie diesen Vers richtig verstanden?

Auf den ersten Blick klingt das ganz gut. Könnte es aber sein, dass wir hier einer traditionellen Sichtweise aufsitzen? Hält diese Auslegung einer genauen Prüfung wirklich stand? Schauen wir mal!

Der Autor ist Paulus, Missionar und Theologe in der frühen christlichen Kirche. Wir haben seine Worte aus dem Zusammenhang gerissen. Den nehmen wir, um fair zu sein, jetzt unter die Lupe. Wir gehen ein Kapitel zurück, um zu verstehen, worum es Paulus hier geht. Er spricht über seinen Einsatz als Missionar und darüber, was ihn seine Hingabe gekostet hat.

»Wir werden … bedrängt … kommen in Verlegenheit … werden verfolgt … niedergeworfen … beständig dem Tod preisgegeben um Jesu willen.« (2. Korinther 4,8-11) Das alles, sogar der Tod selbst, sei erträglich, »da wir wissen, dass der, welcher den Herrn Jesus auferweckt hat, auch uns … auferwecken … wird.« (Vers 14)

Paulus freut sich auf die Auferstehung

Die Auferweckung, von der er hier redet, ist die große Hoffnung der Christen: die Auferstehung von den Toten. Paulus hatte sie schon in seinem ersten Brief an die Gemeinde in Korinth beschrieben. Offensichtlich freute sich Paulus sehr auf den Tag, wenn »die Toten … auferweckt werden« (1. Korinther 15,52). Er sagt nichts davon, dass der Tod die Seele befreit und sich zu Gott aufschwingen lässt. Er spricht von einer Auferstehung der Toten in einem neuen, verwandelten und unverweslichen Körper (1. Korinther 15,51-53).

Zurück zu 2. Korinther und dort zum Beginn von Kapitel 5: »Denn wir wissen: Wenn unsere irdische Zeltwohnung abgebrochen wird, haben wir im Himmel einen Bau von Gott, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist.« (Vers 1)

Die Gelehrten sind sich einig, dass »unsere irdische Zeltwohnung« ein Bild für unseren physikalischen Leib ist. Die Neue Genfer Übersetzung spricht vom »Körper, in dem wir hier auf der Erde leben, einem Zelt, das eines Tages abgebrochen wird«.

Mit diesem Wortbild sieht Paulus die Zeltwohnung als vorübergehend an, der Zerstörung ausgesetzt. Er stellt sie etwas viel Besserem gegenüber: »im Himmel einen Bau von Gott, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist«. Die griechischen Worte zeichnen das Bild eines soliden, dauerhaften Gebäudes, das Gott selbst erbaut hat, ein Bau von ewigem Bestand.

Diese bildliche Sprache erinnert uns wieder an die Auferstehung, die Paulus in 1. Korinther 15 beschreibt: »Wir werden verwandelt werden«, schreibt er. »Denn dieses Verwesliche muss Unverweslichkeit anziehen, und dieses Sterbliche muss Unsterblichkeit anziehen.« (Vers 53) Dieses irdische Zelt eignet sich nicht fürs ewige Leben. Es hält nicht ewig. Gott hat ein himmlisches Gebäude vorbereitet, das »nicht mit Händen« gemacht ist.

Beachten wir, dass Paulus von keinem Zwischenzustand nach der Zeltwohnung und vor dem ewigen Gebäude im Himmel redet. Auf diesen Zwischenzustand freut er sich nicht, wie wir gleich sehen werden. Sein Glaube und seine Hoffnung konzentrieren sich dagegen auf das Ende des Zeitalters, den Tag der Auferstehung, an dem »wir … alle verwandelt werden« (1. Korinther 15,51).

»Wir sind aber getrost und wünschen vielmehr, aus dem Leib auszuwandern und daheim zu sein bei dem HERRN.« (2. Korinther 5,8)

Sagt dieser Vers, dass unsere Seelen aus dem Gefängnis unseres Körpers befreit werden, um beim HERRN zu sein? Bis jetzt haben wir den Zusammenhang untersucht, um zu sehen, ob so eine Auslegung gerechtfertigt ist.

Das vorige Kapitel (2. Korinther 4) weist auf die Auferstehung der Toten »zur Zeit der letzten Posaune« hin (1. Korinther 15,51-53). Auch der erste Vers des fünften Kapitels beschreibt den irdischen Leib lediglich als Zelt und vergleicht ihn mit dem dauerhaften »Gebäude«, das wir in der Ewigkeit im Himmel haben werden.

Zwischen Tod und Auferstehung sind wir »nackt«

Bis jetzt hat Paulus nichts über ein Zwischenstadium gesagt. Darüber spricht er aber in Vers 2 und 3.

»Denn in diesem Zelt seufzen wir vor Sehnsucht danach, mit unserer Behausung, die vom Himmel ist, überkleidet zu werden – sofern wir bekleidet und nicht unbekleidet erfunden werden.«

Hier drückt Paulus seine Unzufriedenheit mit seinem irdischen, endlichen Körper aus. Dann wechselt er vom Bild des Körperzelts zum Bild des Körpergewands. Sein Herzenswunsch ist es, das himmlische Haus anzuziehen – den ewigen Gottesbau im Himmel. Er möchte nicht unbekleidet gefunden werden – also völlig ohne Körper, tot.

Der folgende Vers macht das noch deutlicher: »Denn wir, die wir in dem Zelt sind, seufzen und sind beschwert, weil wir lieber nicht entkleidet, sondern überkleidet werden möchten, sodass das Sterbliche verschlungen wird vom Leben.« (2. Korinther 5,4)

Jetzt spricht er wieder vom Körper als Zelt. In diesem Zustand stöhnt oder seufzt er. Vielleicht trauert er sogar. Warum? Weil er »beschwert« ist – bedrängt, in Verlegenheit, verfolgt, niedergeworfen, dem Tod preisgegeben um Jesu willen (2. Korinther 4,8-10). Er wünscht sich sehr, dieser Kampf wäre bald vorüber. Aber will er sterben? Auf gar keinen Fall! Er will nicht tot sein, nackt, »unbekleidet«. Er will angezogen sein, »überkleidet werden« mit seinem himmlischen, ewigen Leib – ohne je sterben zu müssen.

Totenkult oder Sehnsucht nach dem Leben?

Paulus fördert hier keinen Totenkult. Er gibt keinen übergeschnappten Irrlehrern Grund zu verkündigen, dass alle Gläubigen sich am besten umbringen, damit sie gleich in den Himmel zu Gott kommen. Nein! Er möchte einfach, die ganze Sache mit dem Tod überspringen. Er möchte, dass seine Sterblichkeit »verschlungen wird vom Leben«. Er kann das Ende der Geschichte kaum erwarten und den Beginn der nächsten. Genauso geht es mir auch!

»Wir sind aber getrost und wünschen vielmehr, aus dem Leib auszuwandern und daheim zu sein bei dem HERRN.« (2. Korinther 5,8)

Viele verstehen diesen Vers falsch und meinen, aus dem Leib auszuwandern, bedeute, beim HERRN daheim zu sein. Damit mag man zwar nahe dran sein an der Bedeutung, aber eben nur nahe dran. Die Gleichsetzung zwischen Auswandern und Daheimsein ist das Ergebnis oberflächlichen Lesens. Das hat Paulus jedenfalls nicht gemeint.

Das Missverständnis ergibt sich, sobald man den Vers aus dem Zusammenhang reißt. Dazu neigen wir leider allzu oft – auch ich. [Wenn du mich dabei erwischst, mach mich bitte darauf aufmerksam!] Denen von uns, die an der Vorstellung eines Körper-Seele-Dualismus festhalten, kommt die Ausdrucksweise in 2. Korinther 5,8 natürlich sehr gelegen. Sie ist für sie geradezu unwiderstehlich.

Bis jetzt haben wir gesehen, dass Paulus von seinem erschöpften Leib – seinem Zelt, wie er es nennt – befreit werden möchte (5,1). Er sehnt sich nach einem neuen Leib – einem Haus, das nicht mit Händen gebaut ist, das Gott gebaut hat – nach einem unverweslichen, unsterblichen Körper (5,2).

Tot zu sein, hieße aus der Sicht von Paulus, nackt zu sein. Diese Nacktheit hätte er gerne vermieden (5,3). Er hätte den Tod gerne übersprungen (5,3). Er wollte zu den am Ende Lebenden gehören, »sodass das Sterbliche verschlungen wird vom Leben« (5,4).

Schon jetzt ein Stück ewiges Leben

Und nun Vers 5: »Der uns aber hierzu bereitet hat, ist Gott, der uns auch das Unterpfand des Geistes gegeben hat.« Ewig in vollkommenen Leibern leben? Das war der ursprüngliche Plan, den Gott mit uns hatte. Gott gibt uns einen Beweis für seine guten Pläne mit unserer Zukunft: »das Unterpfand des Geistes«.

Das Unterpfand ist eine Anzahlung wie bei einem Hauskauf. Hier weist Paulus auf die umwandelnde Kraft des Heiligen Geistes hin, der in und durch die Gemeinde und ihre Glieder wirkt. Diese Anzahlung ist ein Beweis für die umwandelnde Kraft, die uns dann auch perfekt und unsterblich machen wird.

»Darum sind wir allezeit getrost und wissen: Solange wir im Leib daheim sind, sind wir nicht daheim bei dem HERRN. Denn wir wandeln im Glauben und nicht im Schauen.« (5,6.7)

Paulus setzt sein Vertrauen auf Gottes Zusicherung eines neuen, unsterblichen Körpers. Bis jetzt hat er nur die Anzahlung (den Heiligen Geist), doch das reicht ihm fürs Erste. Er ist immer noch »im Leib daheim« und »nicht daheim beim HERRN«. Er ist noch nicht in der körperlichen Gegenwart des HERRN; doch Gottes Geist, die Anzahlung ist bereits hier und jetzt bei ihm.

Wie kann sich Paulus dieser unsichtbaren Welt so sicher sein – sei es des Heiligen Geistes jetzt oder der zukünftigen Auferstehung? Durch den Glauben!

Jetzt zu unserem Zielvers: »Wir sind aber getrost und wünschen vielmehr, aus dem Leib auszuwandern und daheim zu sein bei dem HERRN.« (2. Korinther 5,8)

Der Glaube schenkt Paulus Zuversicht für seine eigene Zukunft, aber er muss mit der gegenwärtigen Realität zurechtkommen. Die Zustände in dieser Welt findet er keineswegs attraktiv. Er ist kein Sklave des Materialismus. Er hat keine Hoffnung oder Ambitionen, die ihn hier halten würden.

Er hat die Brücken längst hinter sich abgebrochen, bereit alles Irdische hinter sich zu lassen und ganz in der Gegenwart des HERRN zu sein.

Der Zusammenhang unseres Verses macht klar, dass Paulus nicht an eine Seele glaubte, die beim Tod aus dem Körper entweicht und frei umherschwebt, um beim HERRN zu sein. Er hoffte vielmehr darauf, den Tod ganz zu überspringen und einen neuen unsterblichen Leib zu bekommen, der sein verderbliches, irdisches Fleisch ersetzen würde. Da kann man nur Amen dazu sagen!

Mit freundlicher Genehmigung von www.lltproductions.org (Lux Lucet in Tenebris)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Ich stimme der Speicherung und Verarbeitung meiner Daten nach EU-DSGVO zu und akzeptiere die Datenschutzbedingungen.