Auch du kannst mehr als Vergebung erfahren und vom Verbrecher zum Heiligen werden. Von Leola Rosenvold
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Ist das Bekehrungserlebnis des Schächers ein Beispiel für die Annahme des Menschen durch Erlösung ohne Werke? Belegt es die Theorie, dass man nur zu glauben braucht? Oder ist sein Erlebnis ein gutes Beispiel für Bekehrung generell; dafür, wie man Jesus als persönlichen Erlöser von Sünde annimmt; unabhängig davon, wie ausgedehnt die »Lebenszeit« danach noch ist?
War die Rechtfertigung des Schächers und die Vergebung seiner Sünden nur ein gerichtlicher Akt im Himmel, bei dem die Liste vergangener Sünden vergeben wurde, oder erlebte er gleichzeitig auch eine Neugeburt in seinem Herzen? Erfuhr er eine »radikale Veränderung« – eine Umwandlung seiner Gedanken und Taten? Besaß er rettenden, funktionierenden Glauben?
War er geheiligt? Mit anderen Worten: Versprach Jesus ihm den Himmel oder machte er ihn auch tauglich dafür? Erlebte er Bekehrung als Augenblick, in dem der Heilige Geist sein Herz berührte? Oder ist es so, wie es in Desire of Ages, 172 beschrieben steht: dass man das Wirken des Geistes nicht immer so genau nachvollziehen kann? Dass die genaue Zeit, der genaue Ort oder die genauen Umstände der Bekehrung nicht immer bestimmt werden können? Was geschah tatsächlich im Leben des reuigen Schächers?
Ich habe unter Gebet Lukas 23,33-43 studiert; dazu Markus 15,27; Desire of Ages, 749-752,775; Sons and Daughters of God, 250 und Story of Redemption, 322,323. Dabei bin ich zu dem Schluss gekommen, dass das Bekehrungserlebnis des reuigen Schächers sehr tiefgreifend war.
Welche Vorgeschichte hatte der Schächer?
Ich las, dass er Jesus schon lange vor Golgatha kennen gelernt hatte. Er hatte Jesus schon früher gesehen und gehört und sich von seinen Lehren überzeugen lassen. Doch leider brachte ihn der Einfluss der Priester und Führer seiner Zeit wieder von Jesus ab. Sie erstickten seine Überzeugung, was ihn immer tiefer und tiefer in Sünde stürzte, bis man ihn schließlich verhaftete, als Verbrecher vor Gericht stellte und zum Kreuzestod verurteilte.
Zweitens wurde mir klar, dass er kein gefühlloser Krimineller war wie sein Mitverbrecher, auch nicht nach seinem Todesurteil. Er war durch schlechte Kontakte auf Abwege gekommen, als Freund des Barabbas. Sogar zur elften Stunde war er noch unschuldiger als viele andere, die neben dem Kreuz standen und den Heiland verspotteten. Dazu gehörten Priester, Gemeindeleiter und viele angeblich rechtschaffene Leute.
Der inspirierte Bericht enthüllt außerdem, dass er schon im Gerichtssaal des Pilatus die Verhandlungen beobachtete und Pilatus sagen hörte: »Ich finde kein Falsch an ihm.« Auf dem Weg nach Golgatha fiel ihm das gottähnliche Verhalten von Jesus auf und seine Vergebungsbereitschaft für seine Peiniger.
Was beobachtete der Schächer vom Kreuz aus?
Als er neben Jesus am Kreuz hing, sah der Verbrecher die vielen großen Religionsgelehrten seiner Zeit, die ihn vorher von seiner Überzeugung abgebracht hatten. Sie streckten Jesus mit Verachtung die Zunge heraus und verspotteten ihn. Er sah, wie sie die Köpfe schüttelten. Er hörte die verärgerten Reden seines Mitverbrechers: »Bist du nicht der Christus? Hilf dir selbst und uns!«
Jedoch hörte er unter den Passanten auch viele, die Jesus verteidigten; seine Worte wiederholten und von seinen Taten erzählten. Als er den Worten derer lauschte, die an Jesus glaubten und ihm unter Tränen folgten, erinnerte er sich an alles, was er über den Meister wusste, besonders, wie er Krankheiten heilte und Sünden vergab. Er sah das Schild über seinem Kopf: »Jesus von Nazareth, König der Juden«. In dem Moment als der Heilige Geist seinen Verstand erleuchtete, überflutete himmlische Erleuchtung seine Seele.
Bekehrung am Kreuz
Erlebte der Schächer wahre Reue, als er an diesem ereignisreichen Tag am Kreuz hing? Oder wurde er gerechtfertigt, weil er einfach nur glaubte? Der Geist der Weissagung sagt, dass er Jesus zuerst mit dem anderen Verbrecher, den Priestern, Herrschern, Schriftgelehrten, Soldaten und anderen Leuten zusammen verspottete. Aber bald kamen ihm neue, sanfte Gedanken und es tat ihm leid. Er war am Boden zerstört. Es war ihm ernst; an diesem Punkt gab es keine Fragen, keine Zweifel und keine Vorwürfe. Er glaubte wirklich – er besaß echten Glauben. Der Geist der Weissagung offenbart, dass er seinen Mitverbrecher zurechtwies: »Und du fürchtest dich auch nicht vor Gott?« Er bekannte dann öffentlich seine Schuld und sagte: »Wir sind es zwar mit Recht.« Die Unschuld des Messias erklärte er jedoch mit den Worten: »Dieser aber hat nichts Unrechtes getan.« Indem er sich auf diese Weise öffentlich zu Jesus bekannte, sonderte er sich von seinem Mitverbrecher ab.
Der Schächer brachte die »Frucht der Buße« (Matthäus 3,8) hervor. Ellen White sagt: »Reue über Sünde – das sind die ersten Früchte vom Wirken des Heiligen Geistes im Leben.« (Bibelkommentar zu Römer 2,4). Wie klar spiegelt sich das in dem Erlebnis dieses Mannes!
Puzzleteile ergeben ein Bild: Ich bin angenommen
Als er miterlebte, wie Jesus verhört wurde, und die bittere Geschichte von Golgatha vor seinen Augen ablief, fügte sich für ihn Beweis an Beweis. Die Überzeugung, die er einst hatte, kam zurück: »Dieser ist der Christus.« In Jesus sah er das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt, und sein Herz streckte sich zu ihm aus. Mit Hoffnung und Qual in seinem Herzen erkannte er Jesus als seinen Erlöser und flehte ihn an in demütigem Glauben. Er bat ihn: »Herr, denke an mich.« Seine Vergebung kam rasch. Jesus antwortete sanft und melodisch, voller Liebe, Mitleid und Kraft. Vollkommener Friede erfüllte ihn, das Bewusstsein: Ich bin von Gott angenommen!
Bewährung und Zeugnis, nachdem Jesus gestorben war
Nachdem Jesus gestorben war, lebte der Schächer immer noch weiter. Deshalb war ihm eine kurze Zeit vergönnt, in der er in Gnade und Heiligung wachsen konnte. Um seinen Tod zu beschleunigen, wurden ihm die Beine gebrochen, was ihm noch mehr körperlichen Schmerz zufügte. Hat er wie der andere Verbrecher die Soldaten verflucht, die seine Beine brachen? Hat er sie beschimpft, wie er vorher Jesus beschimpft hatte?
Oder war er friedlich und ruhig, mit echtem Frieden erfüllt, weil er tiefe Reue über die Sünde empfand, die ihn in diese Lage gebracht hatte? Stand er mit christusähnlicher Gesinnung seinen Peinigern gegenüber, mit Vergebungsbereitschaft?
Was muss das für ein Unterschied gewesen sein, zwischen seinem alten fleischlichen Ich, der Gesinnung seines unbekehrten Freundes und seiner jetzigen Gesinnung! Konnte der Beobachter den Sinneswandel übersehen, der in ihm vorgegangen war? Es war ein großartiges Zeugnis für Jesus!
Obwohl die Heilige Schrift darüber schweigt, in welcher Weise er noch nach Jesu Tod für Jesus ein Zeugnis war und in welcher Weise sein neuer Charakter wuchs in seinem kurzen geheiligten »Leben« – eines ist sicher: Seine Werke folgten ihm nach. Mit der Gesinnung von Jesus in seinem Herzen konnte er nicht anders, als in den letzten Stunden seines Lebens christusähnlich zu handeln. Bis zum letzten Atemzug war er für Jesus ein Zeugnis.
Verbrecher wird heilig
Heiligung ist das Werk eines ganzen Lebens, sei es kurz oder lang. Der Verbrecher war gerecht und heilig geworden. Jetzt war er berechtigt und auch bereit für den Eintritt zum Himmel. Er hatte sowohl Glauben als auch Werke.
In Verbindung mit der Heiligung des reuigen Verbrechers sind folgende Aussagen interessant:
»Wenn ein Sünder sich bekehrt, bekommt er den Heiligen Geist. Das macht ihn zu einem Kind Gottes und macht ihn für die Gemeinschaft mit den Erlösten und den himmlischen Engeln tauglich. Er wird mit Jesus zum Miterben.« (The Southern Work, 12; Für die Gemeinde geschrieben 2, 469)
»Durch das Werk des Heiligen Geistes – die Heiligung der Wahrheit – wird der Gläubige für die himmlischen Gefilde tauglich gemacht. Denn Jesus wirkt in uns. Seine Gerechtigkeit bekleidet uns. Ohne sie hat niemand die Eintrittskarte zum Himmel.« (Selected Messages 1, 395; vgl. Für die Gemeinde geschrieben 1, 416)
Das Erlebnis des Schächers am Kreuz veranschaulicht diesen Vorgang wirklich gut. Ohne Zweifel: Er hat sich bekehrt. Darum bekam er den Heiligen Geist und wurde so nicht nur zu einem Kind Gottes, sondern auch tauglich für die himmlische Gesellschaft. Ohne diese »Tauglichkeit«, kann niemand (auch nicht der Schächer) in den Himmel kommen.
Vorbild für totale Transformation
Brauchen wir heute nicht das gleiche Erlebnis unabhängig davon, ob wir kurz oder lang leben? Wie lange muss man in dieser Erfahrung leben? »Wie ihr nun den Herrn Christus Jesus angenommen habt, so lebt auch in ihm.« (Kolosser 2,8) »Wenn du heute mit Gott im Einklang stehst, dann bist du auch bereit, falls Jesus heute wiederkommen würde.« (In Heavenly Places, 227; vgl. Christus kommt bald, 54)
Reden diese zwei von Gott inspirierten Aussagen vom selben Erlösungsprinzip? Das Erlebnis des Schächers ist womöglich gar keine Seltenheit, wie oft angenommen. Es deutet auch nicht darauf hin, dass wir erlöst sein können, ohne dass unser Herz radikal verändert wird; noch unterstützt es den Trugschluss, man bräuchte nur zu glauben. Davor warnt Gott uns sogar ausdrücklich.
»Die schöne Fabel, dass wir nur glauben müssen, hat Tausende und Abertausende vernichtet, weil sie etwas Glauben nannten, was gar kein Glauben war, sondern lediglich Dogma.« (Review and Herald, 1. April 1890)
Ewig immer heiliger
Wer in Christus wächst, bekommt dieselbe Eintrittskarte für den Himmel wie der Verbrecher. Gott ruft uns täglich dazu auf, uns kontinuierlich auf den Himmel vorzubereiten. Er lädt uns ein, höher hinaufzusteigen, »heiliger, noch heiliger« zu werden und mit der Zeit Jesus mehr und mehr widerzuspiegeln – ein Prozess, der die ganze Ewigkeit andauern wird.
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