Kindern zur Selbstachtung helfen: Respekt fürs Kinderherz

Kindern zur Selbstachtung helfen: Respekt fürs Kinderherz
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Statt zu Anarchie führt das zu einem friedlichen und herzlichen Miteinander. Von Ella Eaton Kellogg

Lesezeit: 6 Minuten

Fröbel sagte, er habe die Gewohnheit, seinen Hut vor jedem Kind zu ziehen, dem er begegnet, um, wie er formulierte, den Chancen Respekt zu zollen, die in ihm stecken.

Jedes Kind trägt in seiner Natur den Keim der Selbstachtung, aber oft benötigen Eltern und Lehrer viel Überlegung und Sorgfalt, um ihn zu schützen. Es gibt keinen sichereren Weg, die Selbstachtung eines Kindes zu entwickeln, als dem wunderbaren Beispiel Fröbels zu folgen und dem Kind zu zeigen, dass man es achtet. Ein Kind, das spürt, dass es geachtet wird, achtet sich viel eher auch selbst. Kinder, deren Worte man ständig hinterfragt, denen man über den Mund fährt und die man unterschätzt, entwickeln Selbstachtung nur schwer.

Wie viel Achtung bringen wir Kindern entgegen?

Die Bibel fordert uns auf: »Begegnet allen Menschen mit Achtung« (1. Petrus 2,17 NGÜ). Das gilt sowohl für junge als auch für reifere Menschen. Viele Eltern übersehen das und behandeln das Kind auf eine Art und Weise, wie sie ältere Menschen nicht einmal im Traum behandeln würden. Das schmutzige Kleidungsstück oder der unbeholfene Gang des Kindes werden in einer Weise kommentiert, wie man es im Umgang mit Erwachsenen als äußerst unhöflich ansehen würde.

Kleine Fehler werden korrigiert und kritisiert, Strafen werden verhängt, und das alles sogar in Gegenwart anderer. Man nimmt wenig Rücksicht auf das Kind, als hätte es keine Gefühle. Helen Hunt Jackson sagt zu diesem Punkt:

Keine Zurechtweisung vor anderen

»Die meisten Eltern, sogar die sehr freundlichen, sind sicher ein wenig erstaunt, wenn ich sage, dass ein Kind niemals in der Gegenwart anderer zurechtgewiesen werden sollte. Das passiert jedoch so häufig, dass es niemandem negativ auffällt. Niemand denkt darüber nach, ob es das Beste für das Kind ist oder nicht. Es ist jedoch ein großes Unrecht dem Kind gegenüber. Ich bin fest davon überzeugt, dass dies niemals nötig ist. Demütigung ist weder heilsam noch angenehm. Eine Wunde, durch die Hand der Eltern zugefügt, schmerzt umso mehr und schadet immer.

Spürt das Kind, dass seine Mutter darum bemüht ist, ihm Anerkennung und Wohlwollen seiner Freunde zu sichern? Dann wird sie die Aufmerksamkeit nicht auf seine Fehler lenken. Sie wird aber auch keinesfalls vergessen, nachher unter vier Augen mit ihm zu reden, wenn es sich unangemessen verhalten hat. So erspart sie ihm den zusätzlichen Schmerz und die unnötige Demütigung einer Zurechtweisung vor allen, und das Kind wird für solches private Zureden sehr offen sein, ohne darüber unglücklich zu werden.

Die aufwändigere aber erfolgreichere Methode

Ich kenne eine Mutter, die das verstand und auch die Geduld hatte, es sich zur Regel zu machen. Denn man braucht dazu viel mehr Geduld und Zeit als mit der üblichen Methode.

Unter vier Augen

Manchmal sagte sie ihrem Sohn, nachdem die Besucher das Wohnzimmer verlassen hatten: Komm, Schatz, wir spielen mal, ich wäre deine Tochter und du mein Papa. Wir haben gerade Besuch bekommen und ich spiele die Tochter während dieses Besuchs. Du sagst mir danach, ob du mit deiner Tochter zufrieden bist. Daraufhin spielte sie gekonnt und anschaulich die Situation nach. Es reichten ganz wenige ähnliche Situationen, um ihn für immer von seinem peinlichen Verhalten zu heilen: ständig unterbrechen, die Mutter am Ärmel ziehen oder auf dem Klavier klimpern – und von vielem anderen, womit temperamentvolle Kinder die Zeit mit Besuchern zur Hölle machen können.

Ohne, dass es die anderen mitbekommen

Einmal sah ich, wie sich derselbe kleine Junge in Gegenwart der Gäste am Esstisch so ungestüm und unverschämt verhielt, dass ich dachte: Jetzt wird sie bestimmt eine Ausnahme machen und ihn vor allen zurechtweisen. Ich beobachtete, wie sie ihm mehrere unauffällige Signale gab, zurechtweisende, flehende und warnende Blicke aus ihren sanften Augen, aber nichts half. Die Natur war stärker als er. Er konnte sich keine Minute lang dazu zwingen, ruhig zu sein.

Schließlich sagte sie in einem vollkommen natürlichen und ruhigem Ton: ›Charlie, komm doch mal kurz zu mir. Ich möchte dir was sagen.‹ Niemand am Tisch ahnte, dass es mit seinem schlechten Verhalten zu tun hatte. Sie wollte auch nicht, dass man es merkte. Als sie mit ihm flüsterte, sah nur ich, wie seine Wangen erröteten und ihm die Tränen in die Augen stiegen. Doch sie schüttelte den Kopf und er ging tapfer, aber mit hochrotem Kopf zu seinem Sitz zurück.

Nach wenigen Augenblicken legte er Messer und Gabel beiseite und sagte: ›Mama, darf ich bitte aufstehen?‹ ›Natürlich, mein Schatz‹, sagte sie. Niemand außer mir begriff, was vor sich ging. Niemand bemerkte, dass der kleine Mann sehr schnell das Zimmer verließ, um nicht schon vorher in Tränen auszubrechen.

Später erzählte sie mir, dass sie ein Kind nur auf diese Weise vom Tisch wegschickte. ›Aber was hättest du getan‹, fragte ich, ›wenn er sich geweigert hätte, vom Tisch zu gehen?‹ Da wurden ihre Augen ganz feucht vor Tränen. ›Meinst du, er würde das tun‹, antwortete sie, ›wenn er sieht, dass ich nur versuche, ihn vor Schmerzen zu bewahren?‹

Am Abend saß Charlie auf meinem Schoß und war sehr vernünftig. Zuletzt flüsterte er mir zu: ›Ich verrate dir ein schlimmes Geheimnis, wenn du es nicht weiter erzählst. Dachtest du, ich war heute Nachmittag mit dem Essen fertig, als ich vom Tisch ging? Stimmt nicht. Mama wollte es, weil ich mich nicht benommen habe. So macht sie das immer. Ist aber schon lange nicht mehr vorgekommen. Das letzte Mal war ich noch sehr klein.‹ (Inzwischen war er acht Jahre alt.) ›Ich glaube nicht, dass es noch mal vorkommt, bis ich erwachsen werde.‹ Dann fügte er nachdenklich hinzu: ›Mary brachte mir meinen Teller nach oben, aber ich habe ihn nicht angerührt. Ich hab’s ja nicht verdient.‹

Ermutigung

Wenn wir ernsthaft überlegen, welcher Art elterliche Zurechtweisung sein und welches Ziel sie haben sollte, ist die Antwort sehr einfach: Zurechtweisung soll weise sein und aufbauen. Sie sollte erklären, worin das Kind aus Unerfahrenheit und Schwäche einen Fehler gemacht hat, damit es diesen Fehler in Zukunft vermeiden kann.«

Simon, der Pharisäer

Durch die Art und Weise, wie Jesus den Pharisäer Simon behandelte, lehrt er die Eltern, einen Übeltäter nicht offen zu tadeln:

[Da wandte sich Jesus zu ihm. »Simon«, sagte er, »ich habe dir etwas zu sagen.« Simon erwiderte: »Meister, bitte sprich!« »Zwei Männer hatten Schulden bei einem Geldverleiher«, begann Jesus. »Der eine schuldete ihm fünfhundert Denare, der andere fünfzig. Keiner der beiden konnte seine Schulden zurückzahlen. Da erließ er sie ihnen. Was meinst du: Welcher von den beiden wird ihm gegenüber wohl größere Dankbarkeit empfinden?« Simon antwortete: »Ich nehme an, der, dem er die größere Schuld erlassen hat.« – »Richtig«, erwiderte Jesus. Dann wies er auf die Frau und sagte zu Simon: »Siehst du diese Frau? Ich bin in dein Haus gekommen, und du hast mir kein Wasser für meine Füße gereicht; sie aber hat meine Füße mit ihren Tränen benetzt und mit ihrem Haar getrocknet. Du hast mir keinen Kuss zur Begrüßung gegeben; sie aber hat, seit ich hier bin, nicht aufgehört, meine Füße zu küssen. Du hast meinen Kopf nicht einmal mit gewöhnlichem Öl gesalbt, sie aber hat meine Füße mit kostbarem Salböl gesalbt. Ich kann dir sagen, woher das kommt. Ihre vielen Sünden sind ihr vergeben worden, darum hat sie mir viel Liebe erwiesen. Wem aber wenig vergeben wird, der liebt auch wenig.« – Lukas 7,39-47

»Simon war gerührt, dass Jesus so freundlich war, ihn nicht offen vor allen Gästen zu tadeln. Er spürte, dass Jesus nicht seine Schuld und seine Undankbarkeit vor den anderen herausstellen, sondern ihn mit einer wahrheitsgetreuen Beschreibung seines Falls überzeugen wollte, um sein Herz mit einfühlsamer Freundlichkeit zu gewinnen. Strenge Zurechtweisung hätte Simons Herz nur verhärtet. Doch geduldiges Zureden machte ihn einsichtig und gewann sein Herz. Er erkannte die Größe seiner Schuld und wurde ein demütiger, aufopfernder Mann.« (Ellen White, Spirit of Prophecy 2, 382)

Da diese Begebenheit nur von Lukas erzählt wird, liegt es nahe, dass Simon dieses Vier-Augen-Gespräch mit Jesus dem Lukas selbst erzählt hat.]

Gekürzt und sprachlich bearbeitet aus: ELLA EATON KELLOGG, Studien zur Charakterbildung, Seite 148-152. Buch erhältlich über NewStartCenter oder direkt bei patricia@angermuehle.com

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