Zeitgeschehen: Lektionen aus der Germanwings-Katastrophe

Zeitgeschehen: Lektionen aus der Germanwings-Katastrophe
pixabay - xkeeze

Treffe ich Entscheidungen, ohne an die zu denken, die ich dadurch in Mitleidenschaft ziehe? Von Pedro Torres, Medienbeauftragter der Siebenten-Tags-Adventisten in Spanien

Mit blankem Entsetzen habe ich die Nachrichten über die letzten acht Minuten der Maschine von Germanwings letzte Woche verfolgt [geschrieben am 31. März 2015].

Nachdem der Pilot das Cockpit verlassen hatte, verriegelte Andreas Lubitz offensichtlich die Tür. Danach brachte er den Airbus A320 in einen kontrollierten Sinkflug. Acht Minuten später endete er. Das Flugzeug zerschellte in den französischen Alpen. Alle 150 Personen an Bord starben.

Das Flugzeug war in meinem Wohnort Barcelona gestartet und war bereits 40 Minuten unterwegs Richtung Düsseldorf.

Mein herzliches und tiefstes Beileid geht an die Familien der Verstorbenen und natürlich auch an Familie Lubitz.

Gleichzeitig sehe ich mich einem Trommelfeuer von Fragen ausgesetzt, die sich vielleicht nur ein Pastor stellt. Haben geistliche Führer Lubitz enttäuscht? Was können wir aus dieser grauenhaften Tragödie lernen? Lässt sich daraus etwas auf unseren Alltag übertragen?

Hier sind ein paar Ideen, über die ich nachgedacht habe.

Lubitz war der Kopilot, der Stellvertreter des Flugzeugkapitäns. Für ein paar Minuten wurde ihm die Steuerung der Maschine anvertraut. Auf diese Weise war er die letzte Person, die für 150 Leben verantwortlich war. Diese Tatsache allein reicht schon, um zu zeigen, dass die Entscheidungen, die du und ich eigenständig treffen – die also unsere Familien und Freunde außen vor lassen – katastrophale Folgen haben können.

Ich erinnere mich an einen Aufstand, der vor mehreren Jahrtausenden im Himmel stattfand. Der Stellvertreter wollte den Platz des Obersten Heerführers einnehmen (Jesaja 14,13.14). So, wie Lubitz den Piloten nicht mehr ins Cockpit ließ, hat auch Luzifer den Kapitän des Universums nicht in sein Herz eingelassen.

Die Bibel sagt uns, dass im Himmel ein Krieg ausbrach (Offenbarung 12,7). Bei dieser Gelegenheit konnte der Kapitän zwar die Kontrolle über die Schöpfung zurückgewinnen, doch der Kopilot zog ein Drittel der Besatzung in seinen freien Fall hinein (Offenbarung 12,4.9).

Die Passagiere, die mit Germanwings flogen, wurden sich der Situation erst im letzten Moment bewusst. So ahnen auch viele Passagiere auf diesem Planeten nicht, auf welche Katastrophe wir zusteuern (Matthäus 24,30). Die Opfer entschieden sich nicht freiwillig für die Flugzeugkatastrophe und auch nicht für das Drama, das schon Jahrtausende auf dieser Welt andauert. Doch im Drama dieser Welt gibt es für jeden, der will, einen Notausgang (Johannes 3,16).

Die Flugzeugtragödie hat mich zum Nachdenken über die Verantwortung gebracht, die Personen mit Macht, Einfluss und Entscheidungsbefugnis haben. Welche Auswirkungen hat dies auf andere? Eine falsche Entscheidung in einem Cockpit kann ein Unglück auslösen, doch selbst mitten im Unglück können oft noch Passagiere gerettet werden. Im Germanwings-Flug war eine feste, wiederholte Entscheidung nötig – das Aussperren des Kapitäns und die absichtliche Änderung des Flugsteuersystems –, um den Tod aller herbeizuführen.

Allein der Gedanke daran lässt mich erschaudern! Als Pastor, Vater und Ehemann frage ich mich: »Sind wir in falscher Selbstbestätigung gefangen? Sind wir taub für die Rufe des Kapitäns an der Tür, für die Rufe des Towers und den Alarm, der vor der Gefahr warnt, für die Schreie der Opfer unserer Entscheidungen? Treffe ich eigenständig Entscheidungen, ohne an die zu denken, die ich dadurch in Mitleidenschaft ziehe? Stürze ich meine Familie und meine Gemeinde mit ins Unglück? Ist mir bewusst, dass meine Entscheidungen immer die in Mitleidenschaft ziehen, die mich auf meinem Lebensweg begleiten?

Ich habe einen neuen Vorsatz gefasst: Wenn ich merke, dass ich eine schwere Entscheidung treffen muss, will ich sie nicht mehr eigenständig treffen. Ich werde meine Besatzungsmitglieder – den Piloten, meine Frau oder den Gemeindeältesten – nicht mehr aussperren.

Ich appelliere an jeden, sich nicht im Cockpit einzuschließen. Denn du wirst niemals allein abstürzen. Es gibt immer jemand, der mit dir mitfliegt: Jene, die du am meisten liebst und am wenigsten verletzen willst. »Wenn es aber jemand unter euch an Weisheit mangelt, so erbitte er sie von Gott, der allen gern und ohne Vorwurf gibt, so wird sie ihm gegeben werden.« (Jakobus 1,5)

Das Leben ist ein ständiger Flug, und du bist der Kopilot. Das Leben endet immer gut, wenn du den Piloten fliegen lässt.

Mit freundlicher Genehmigung aus Adventist Review, 31. März 2015
www.adventistreview.org/church-news/story2481-what-i-learned-from-the-germanwings-plane-tragedy

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