Gott half mir meinem Vater zu vergeben: Ein Vater für Vaterlose

Gott half mir meinem Vater zu vergeben: Ein Vater für Vaterlose
Bild: ImagineGolf - iStockphoto

»Ein Vater der Waisen, ein Anwalt der Witwen ist Gott, der in seinem Heiligtum wohnt.« (Psalm 68,6). Der Autor Alexander Fowler lebt in den USA, ist mit Allison, Tochter von Tom und Alane Waters, verheiratet und inzwischen selbst Vater.

Als ich fünfzehn Jahre alt war, bekam ich einen unerwarteten Brief, der mich sehr aufwühlte. Er enthielt eine Einladung zu einer Busreise zu meinem Vater. Keine Briefe, keine Anrufe, keine Kommunikation irgendwelcher Art seit fünfzehn Jahren. Und jetzt das? Was sollte ich darauf antworten? »Kommt nicht in Frage! Wenn du mich kennen lernen willst, dann kannst du dir einen Ruck geben und mich da aufsuchen, wo ich wohne.«

Ich bekam nie eine Antwort. Das Leben ging weiter, aber Gott hatte einen Plan für diesen vaterlosen Jungen. Zwei Jahre nach der Erfahrung mit dem Brief tippte Gott mir auf die Schulter und appellierte an mein Herz.

Die Bibel als Schlüssel zum Vater(sein)

Ich war gerade auf einem Jugendkongress und ging an einem Tisch mit Bibeln vorbei, wo für einen Bibelleseplan geworben wurde. Ich hielt an und schaute mir die Bibeln an. Da hörte ich meine Gewissensstimme sagen: »Wenn du ein richtiger Vater werden willst, dann lies dieses Buch!« Der Gedanke faszinierte mich. Denn ich wollte meiner zukünftigen Familie nicht dasselbe antun, was man mir als Kind angetan hatte. Aber ich traf keine Entscheidung.

Gott gab jedoch noch nicht auf. Ich musste vor und nach jedem Vortrag an diesen Bibeln vorbei. Jedes Mal wurde die Aufforderung stärker. Nach dem letzten Vortrag war der Eindruck so stark, dass ich Gottes Ruf nicht länger widerstehen konnte. In jenem Moment gelobte ich ihm: »Ich werde dieses Buch einmal ganz durchlesen, und wenn du danach nicht greifbare Wirklichkeit für mich geworden bist, wende ich mich anderen Dingen zu.« Ich ahnte kaum, was dieses Gelübde noch alles bewirken würde.

Als ich die Bibel las, entdeckte ich erstaunliche Dinge. Schöne Verheißungen sprachen mich an und in mir veränderte sich etwas. Gott zeigte mir, worum es ihm eigentlich ging: »Ein Vater der Waisen, ein Anwalt der Witwen ist Gott, der in seinem Heiligtum wohnt.« (Psalm 68,6) Gott zeigte mir, dass er mein Vater gewesen war, als meiner durch Abwesenheit glänzte. Was für herzerwärmende Neuigkeiten! Damals wurde mir bewusst, wie gut Gott ist.

Ich ärgerte mich sehr über Entscheidungen, die meine Eltern getroffen hatten und unter denen meine Schwestern und Brüder leiden mussten. Das Leben ist sehr instabil, wenn Väter auf der Flucht sind, man ständig umzieht und von Hilfseinrichtungen und Lebensmittelgutscheinen lebt. Bei uns daheim gab es unter Alkoholeinfluss häufig Streit. In einem jungen Menschen kann sich die Wut anstauen, ohne dass er sich dessen so richtig bewusst ist. Ich war sehr jähzornig und kämpfte in der Grundschule viel mit den anderen Jungen. Mein Zorn und mein Groll wuchsen, bis ich es mit meiner Familie nicht mehr aushielt. Ich schlüpfte bei den Familien meiner Freunde unter. Doch Gott wollte, dass ich die Vergangenheit losließ, um in meiner eigenen Familie ein Einfluss zum Guten zu werden.

Als ich Zeit mit Gottes Wort verbrachte, nahm mir mein himmlischer Vater den Groll auf meine Familiensituation weg und verwandelte ihn in Liebe und Sehnsucht nach Heilung und Wiederherstellung. »Ich aber will ihnen ein einiges Herz geben, ja, ich will einen neuen Geist in euer Innerstes legen; und ich will das steinerne Herz aus ihrem Leib nehmen und ihnen ein fleischernes Herz geben, damit sie in meinen Satzungen wandeln und meine Rechtsordnungen bewahren und sie tun; und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein.« (Hesekiel 11,19.20) Diese und viele andere Verheißungen zeigten mir, dass Gott meine Hartherzigkeit verändern und mir ein Herz geben wollte, das meiner Familie Liebe schenkt.

Erste Begegnung mit meinem leiblichen Vater

Es dauerte etwas, bis ich diesen Ruf verstand und bereit war, darauf zu reagieren. Doch wie befreiend war es, als ich alle meine unschönen Erinnerungen und Verletzungen Jesus auslieferte! Ich schmeckte zum ersten Mal Leben im Überfluss, unbelastet von Groll und Wut. »Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es im Überfluss haben.« (Johannes 10,10) Jetzt kann ich meiner Familie zeigen, wer Jesus ist und sie zu diesem Leben in Fülle führen; denn genau das hat Jesus auch für mich getan. »Gott aber beweist seine Liebe zu uns dadurch, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.« (Römer 5,8) Meine Familie soll auch von der großen Liebe unseres Retters erfahren dürfen, während sie noch Sünder sind.

Ich durfte meinen Vater mit 28 dann doch noch aufsuchen. Ich wollte ihm von dem wunderbaren himmlischen Vater erzählen, den ich kennen gelernt hatte. Das erste Geschenk, das ich meinem Vater machte, war eine Umarmung und das zweite eine Bibel. Es war ein seltsames Gefühl als Sohn neben diesem wildfremden Menschen zu sitzen. Wir redeten lange an jenem ersten Abend und er entschuldigte sich von sich aus für die Vergangenheit. Seitdem haben wir uns jedes Jahr einmal besucht und auch gelegentlich miteinander telefoniert.

Ich weiß nicht, was Gott noch alles vorhat, aber ich sehe hoffnungsvoll in die Zukunft. Denn er hat versprochen: »Und er wird vor ihm hergehen im Geist und in der Kraft Elias, um die Herzen der Väter umzuwenden zu den Kindern und die Ungehorsamen zur Gesinnung der Gerechten, um dem Herrn ein zugerüstetes Volk zu bereiten.« (Lukas 1,17) Ich sehne mich nach nichts mehr, als dass mein Papa die Ewigkeit mit der Familie unseres himmlischen Vaters verbringen wird.

Aus: Forever a Family, Frühling 2010, Seite 8-9

Zuerst im Deutschen erschienen in Fundament für ein befreites Leben, 7-2010


 

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