Manchmal ist nichts so wichtig wie das Gebet. Zum Beispiel, wenn es gilt, dafür einzutreten, dass Gemeinde und Welt nicht vereint werden; wenn Philosophie und Wissenschaft sich als Evangelium ausgeben; wenn Menschen Gottes Gebote auslegen, als wären sie mit menschlichen Traditionen identisch. Inbrünstiges Gebet muss zu Gott aufsteigen, dass die Gemeinde den Glauben Jesu rein und erhaben präsentiert. Durch Wort und Tat soll sie deutlich den Unterschied zeigen zwischen menschlichen Lehren, die angeblich den Fortschritt der Menschheit fördern, und den Methoden, mit denen Gott die Gesellschaft reinigen möchte. Die Gemeinde hat den Auftrag, in dieser Welt als Licht zu leuchten. Doch sie soll dies ausschließlich durch göttliche Kraft tun, durch eine lebendige Beziehung zum lebendigen Gott. Ohne diese Abhängigkeit gibt es keinen Erfolg und keinen Sieg.
Der echte Missionar setzt seine Hoffnung allein auf Gott. Man erkennt ihn daran, dass er den Gnadenthron mit seinen Bitten bestürmt. Kritische Philosophie kann er leicht vom Evangelium unterscheiden; denn das Evangelium offenbart dem Christen, wie abhängig er von Gott ist, und fordert ihn auf, bei Gott Rat zu suchen. Durchs Evangelium wird der Christ zu einem korrekten Wegweiser, der himmelwärts weist. Er sagt: »Ich kann nichts von mir selbst aus tun.« (Johannes 5,30) Er bekundet, dass alle, die auf menschliche Erfindungen stolz sind, von Gott gedemütigt werden. Er beansprucht daher die einzige Kraft, die völlig ausreichend ist, um seine Arbeit zu tun.
Es kommt eine Zeit reger Betriebsamkeit
Es wird eine Zeit kommen, in der göttliche Kraft die Gemeinde zu intensiver Tätigkeit bewegt; denn die lebenspendende Kraft des Heiligen Geistes wird die Gemeindeglieder hinausdrängen, um Seelen für Jesus einzubringen. Doch auch während dieser aktiven Zeit, wird selbst der eifrigste Mitarbeiter nur dann sicher sein, wenn er sich durch beständiges, ernstes Gebet völlig auf Gott verlässt. Ernstlich wird er darum flehen, dass Jesu Gnade ihn davor bewahrt, auf seine Arbeit stolz zu werden oder seine Aktivität zum Erlöser zu machen. Stetig muss er auf Jesus schauen, damit ihm bewusst ist, wessen Kraft das Werk vollbringt. Dann wird er alle Ehre Gott geben.
Es wird unsere Aufgabe sein, Gottes Werk äußerst engagiert voranzutreiben. Das Gebet zu unserem himmlischen Vater wird absolut wesentlich sein. Wir werden in der Kammer, in der Familie und in der Gemeinde beten, unseren Haushalt in Ordnung bringen und ernsten Einsatz zeigen, damit jeder in der Familie sich für Mission interessiert. Suchen wir unsere Kinder für das Ringen um die Verlorenen zu gewinnen, damit sie immer und überall ihr Bestes geben, um Jesus zu repräsentieren!
In welchem Geist geschieht Mission?
Vergessen wir aber nicht: Bei der Ausweitung und dem Erfolg der Arbeit droht die Gefahr, dass wir uns auf unsere menschlichen Pläne und Methoden verlassen. Es besteht die Neigung, weniger zu beten und kleineren Glauben zu haben. Wir laufen Gefahr, unser Gespür für die Abhängigkeit von Gott zu verlieren, der allein unserer Arbeit Erfolg schenken kann. Trotz dieser Tendenz darf niemand meinen, der Mensch müsse weniger tun. Nein, er soll nicht weniger tun, sondern mehr, und zwar indem er das Himmelsgeschenk empfängt: den Heiligen Geist. Die Welt erkannte Gott in ihrer eigenen Weisheit nicht. Außerdem ist jede menschliche Macht von Natur aus mehr oder weniger gegen Gott. Schauen wir daher auf Jesus und ziehen mit den Himmelsmächten an einem Strang, indem wir unsere Bitten dem Vater in Jesu Namen vortragen. Dann werden wir nicht vom Weg abkommen wie jene, die den Funken folgen, die sie selbst schlagen (Jesaja 50,11)! In Wort und Tat werden wir der Welt zeigen, dass wir Jesu Zeugen sind.
Der HERR sagte, dass sein Werk »nicht durch Macht und nicht durch Kraft, sondern durch meinen Geist« geschehen soll (Sacharja 4,6). Gottes Werk wird vollendet werden, indem göttliche und menschliche Mächte am selben Strang ziehen. Die Eigenständigen mögen den Eindruck erwecken, dass sie im Werk Gottes aktiv sind; ohne Gebet nützt ihr Einsatz jedoch gar nichts. Könnten sie ins Räucherfass des Engels hineinschauen, der am goldenen Altar vor dem regenbogengekrönten Thron steht, würden sie sehen, dass Jesu Verdienste mit unseren Gebeten und Bemühungen vermischt werden. Sonst sind sie genauso wertlos wie Kains Opfer. Könnten wir die Betriebsamkeit der Menschen durch Gottes Brille sehen, würden wir erkennen, dass nur das Werk, das unter viel Gebet geschieht und durch Jesu Verdienste geheiligt wird, einst der Prüfung im Gericht standhalten kann. Wenn die große Revision stattfindet, »dann werdet ihr wieder sehen, was für ein Unterschied besteht … zwischen dem, der Gott dient, und dem, der ihm nicht dient« (Maleachi 3,18).
Zu zweit, statt auf eigene Faust
Den Leuten zu predigen, bringt gar nichts, wenn der Mitarbeiter keine lebendige Verbindung zu Gott hat. Der Prediger mag wortgewaltig die Aufmerksamkeit der Zuhörer fesseln; doch wenn sein Geist und seine Taten nicht zu seinen Worten passen, wird er kaum Seelen zur Bekehrung bewegen können. Jesus schickte seine Jünger nicht alleine zur Evangeliumsverkündigung los, sondern zu zweit, damit sie die Wahrheit gemeinsam verbreiteten. Jesus wusste, dieser Plan würde mehr Früchte bringen, als die Aussendung Einzelner. Wenn zwei zusammen arbeiten, kann einer den anderen ermutigen, und sie können sich beraten, beten und die Bibel gemeinsam durchforschen. So erhalten sie helleres Licht über die Wahrheit; denn einer sieht den einen, der andere den anderen Aspekt der Wahrheit. Wenn sie im Irrtum sind, können sie sich in Wort und Einstellung korrigieren, sodass die Wahrheit nicht wegen der Mängel ihrer Befürworter geringgeschätzt wird. Würden die Mitarbeiter alleine ausziehen, könnte niemand ihre Fehler sehen und korrigieren; gehen sie aber zu zweit, ist dies eine Ausbildung, bei der aus jedem Mitarbeiter wird, was er werden soll: ein erfolgreicher Seelengewinner.
Es geschieht häufig, dass einer der Mitarbeiter sich etwas darauf einbildet, dass er die Menschen mit seiner Art fesseln kann. Dennoch führt er vielleicht keine einzige Seele zu Christus! Wie wichtig ist da ein demütiger Mann an seiner Seite, der mit Gott zusammenarbeitet, ganz einfach wacht und betet. Ihn wird der Vater im Himmel, der ins Verborgene sieht, öffentlich belohnen. In den Augen der Menschen scheint der eigenständige Mitarbeiter, die Welt zu bewegen; doch in Gottes Augen bewegt der demütige Ringer den Himmel. Gottes Heerscharen sind an dem demütigen, betenden Mann interessiert, der keinen Schritt wagt, ohne zuerst im Gebet in Gottes Gegenwart gekommen zu sein, um mit dem Allmächtigen zu beraten. Echte Sendbotenarbeit kann nur im Geist des ersten Gesandten getan werden, der unsere Welt besucht hat. Er befand sich häufig im Gebet zu seinem Vater. Manchmal brachte er seine Bitten lautstark und unter Tränen vor und flehte darum, dass Gottes Kraft die retten möge, die nicht wussten, dass sie gerettet werden mussten.
Um die Verlorenen beten und ringen
Wir brauchen den Geist, der Jesus drängte, der ihn bewog, die Rebellen anzuflehen und zu überzeugen, zu ihm zu kommen. Auch wenn Menschen sich mit hartem Herzen von uns abwenden und das Geschenk des ewigen Lebens ablehnen, sollen wir dem Vorbild Jesu folgen. Ihm waren die nicht egal, die ihn geringschätzig behandelten und verwarfen. Es war ein harter Kampf für den Retter, sein geliebtes Kind Jerusalem aufzugeben. Er hatte sein auserwähltes Volk durch die Wüste geführt, umhüllt bei Tag von einer Wolkensäule und bei Nacht von einer Feuersäule. Er hatte ihnen den Weg gezeigt, sie mit seinem Auge geleitet und ständig beschützt. Musste er nun seinen Sohn dahingeben, den er aus der Sklaverei in Ägypten befreit hatte? Hätte die jüdische Nation doch nur den Lebensfürst erkannt, der gekommen war, um sie zu retten! Dann hätten sie ihn nicht gehasst, sich nicht geweigert, ihm zuzuhören, und hätten ihn nicht auch noch gekreuzigt. Obwohl er wusste, dass sie den Willen Satans gegen ihn ausführen würden, schaute er auf Jerusalem und sagte: »Jerusalem, Jerusalem, die du die Propheten tötest und steinigst, die zu dir gesandt sind; wie oft habe ich deine Kinder sammeln wollen wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt!« (Lukas 13,34)
Nur wenn die Gemeinde im Glauben betet, werden wir dann nicht in die Falle des geistlichen Stolzes tappen, wenn der HERR unserer Arbeit Erfolg schenkt. Aufrichtiges, ernstes Gebet wird erhört werden. Gott hat sein Wort gegeben: Er wird den Hilferuf aus ehrlichem Herzen erhören. Dann wird der Befehl im Himmel gegeben: »Öffnet die Himmelsfenster und schüttet Segen auf diesen aufrichtigen Bittsteller!« Sendet viele Botschafter ins Feld, doch lasst sie die Kosten überschlagen, bevor sie die Arbeit beginnen. Jeder frage sich: Bin ich bereit, alles für den Erfolg der Arbeit zu geben? Dann legt eure Pläne weise, widmet euch hundertprozentig der Arbeit und ertragt Widrigkeiten wie gute Soldaten Jesu Christi! Stellt euch ganz in seinen Dienst, vertraut Gott demütig! Er hat gesagt: »Das Gebet eines Gerechten vermag viel, wenn es ernstlich ist.« (Jakobus 5,16) Zieht hinaus, um für die Wahrheit zu arbeiten, und lasst euch von Gottes Händen als Werkzeuge gebrauchen, damit die Verlorenen, für die Jesus starb, gerettet werden!
Aus: Review and Herald, 4. Juli 1893
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