Der Sabbat in Russland: Mord auf dem Roten Platz

Der Sabbat in Russland: Mord auf dem Roten Platz
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Ein Stück Reformationsgeschichte. Von Jim Wood

»Ich bin Iwan Kurizin. Ich bete um Mut, heute mit Würde in den Tod zu gehen. Ich sterbe, weil ich glaube, was die Heilige Schrift, Altes und Neues Testament, bezeugt. Ich sterbe heute, weil ich den siebten Wochentag als heiligen Sabbat des HERRN gehalten habe.
Wie konnte es dazu kommen – zu diesem Feuertod? Ich hatte so große Hoffnungen. Ich träumte von einer Reformation der gesamten russischen Kirche – von einer Erweckung der reinen Evangeliumslehre.
Zar Iwan der Große war einst unser Freund. Elena, die eigene Schwiegertochter des Zaren, und sein Enkel Dmitri, waren Subbotniki – Sabbathalter wie ich. Was wird aus ihnen? Wird man auch sie verbrennen?
Sofia Palaiologa, Iwans zweite Frau! Ein Freudentag für sie. Schon von Anfang an war sie gegen uns. Und Gennadi, der Erzbischof von Nowgorod. Sein Leben galt diesem Tag – diesem Feuer. Er behauptet, wir hätten uns von Jesus abgewandt und seien wie die Juden geworden.
Doch ich bin ein Christ und sterbe heute aus Liebe zu Jesus und seinem Wort.«

Die Nowgorod-Moskau-Bewegung

Die Scheiterhaufen vor 500 Jahren in Moskau besiegelten den Tod der russischen Reformation des 15. Jahrhunderts – einer Reformation, in der man dazu aufgerufen hatte, den Samstag als siebten Tag zu heiligen, als Sabbat.

Iwan Kurizin [Ivan Kuritsyn] war ein angesehener russischer Theologe und der Führer jenes Aufstands, den Historiker die Nowgorod-Moskau-Bewegung nennen. Als der Zar – Iwan der Große – um 1480 Nowgorod einnahm, war diese Bewegung bereits in vollem Gange.

Zwei russisch-orthodoxe Priester standen im Zentrum der Bewegung in Nowgorod. Iwan der Große holte sie von Nowgorod nach Moskau, weil er selbst ein wenig mit den Ansichten der Reformatoren sympathisierte. Er setzte sie als Priester der beiden wichtigsten Kathedralen in Moskau ein.

Der Zar war jedoch nicht der einzige Sympathisant der Reformation. Die Nowgorod-Moskau-Bewegung erreichte höchste Regierungsebenen und den innersten Kreis des Zaren.

Machtprobe am Zarenhof

Die historischen Ereignisse lesen sich wie ein spannender Krimi. Auf der einen Seite Elena Stefanowa, die verwitwete Schwiegertochter des Zaren. Sie gehörte zu den Subbotniki – also den Sabbathaltern.

Auf der anderen Seite Sofia Palaiologa, die zweite Frau des Zaren. Eine griechische Prinzessin, die in Italien unter dem Einfluss römisch-katholischer Geistlicher aufgewachsen war. Man hatte sich von der Heirat mit dem Zaren eine Annäherung zwischen der russischen und der römischen Kirche erhofft. Doch Sofia trat schließlich zum russisch-orthodoxen Glauben über.

Zar Iwan steht zwischen diesen Frauen, die beide einen großen Einfluss auf ihn und seinen Hof haben und sich am jeweils entgegengesetzten Ende der religiösen Auseinandersetzung befinden! Elenas Sohn Dmitri, Iwans Enkel, ist der nächste Thronanwärter. Er unterstützt wie seine Mutter die sabbathaltenden Reformatoren.

Sofia gebar ihrem Mann auch einen Sohn mit Namen Wassili. Sie möchte natürlich, dass ihr Sohn Thronfolger wird. Dafür ist ihr jedes Mittel recht.

Sofia findet einen starken Verbündeten in Gennadi, dem russisch-orthodoxen Erzbischof von Nowgorod. Gennadi ist ein glühender, ja fanatischer Feind der sabbathaltenden Reformatoren. Er fordert drastische Maßnahmen:

In einigen seiner Briefe an den russischen Zaren lobt Gennadi die Methoden der spanischen Inquisition und fordert, dass die russisch-orthodoxe Kirche und der russische Staat diese Methoden im Kampf gegen die russische Subbotniki-Bewegung einsetzen.

Eine gründliche Abrechnung

Die russisch-orthodoxe Kirchenführung kam 1490 zum Konzil von Moskau zusammen und verdammte die Reformatoren als Ketzer. In der Urteilsbegründung stand:

»Einige von euch lästerten viele der heiligen Ikonen, andere schändeten die heiligen Ikonen und verbrannten sie mit Feuer … Auch haltet ihr alle den Sabbat heiliger als den Auferstehungstag Christi.«

Das Konzil von Moskau war der Anfang vom Ende der Nowgorod-Moskau-Bewegung. Sie starb schließlich in den Flammen auf dem Roten Platz.

Auszug aus: Jim Wood, The Seventh Day, Part 4, LLT Productions, Angwin, Kalifornien

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