Eine Geschichte aus Südostasien: Mut zum Sabbat

Eine Geschichte aus Südostasien: Mut zum Sabbat
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Die Kunst, feinfühlig Mut zu machen. Von AFM

Eines Sabbats besuchten mein Mann und ich die Gemeinde in der Hauptstadt. Es ist schon Monate her gewesen, dass wir unsere Geschwister dort gesehen hatten. Nadine, eine unserer neuen Freunde und ich begrüßten uns nach der Gemeinde. Bei früheren Besuchen war Nadine immer in Begleitung von Silvia gewesen. »Wo ist Silvia?«, fragte ich Nadine.

»Sie arbeitet heute.«

»Ach so. Gerade hat sie mir noch eine Nachricht geschickt und mir einen schönen Sabbat gewünscht. Ich dachte, sie würde zum Gottesdienst kommen.« Ich wusste nicht, ob Silvia wirklich arbeitete oder sich nur um jemanden kümmert. Aber ich machte mir Sorgen. Sie war für mich wie eine Tochter gewesen. Hoffentlich hatte sie seit unserem Wegzug nach Süden nicht ihren Glauben verloren. Silvias Mutter Jutta kam auf mich zu und wir umarmten uns. Wir überlegten gemeinsam, ob wir nicht Silvia am Nachmittag besuchen könnten. Sie wohnten zusammen und ich wollte gerne wissen, wie es ihr wirklich geht.

Als mein Mann und ich am Nachmittag dann bei Jutta vorbeischauten, saß Silvia auf der Bank vor dem Haus. Ich ging auf sie zu und betete im Stillen um Weisheit. Sollte ich die Sache mit der Arbeit am Sabbat ansprechen?

Es wäre nicht unser erstes schwieriges Gespräch gewesen. Schon vor Jahren hatte ich bei einem Besuch in ihrem Laden einige Flaschen mit durchsichtiger Flüssigkeit entdeckt und sie gefragt, was das sei? Sie sagte: Alkohol. Vor meinem Besuch an jenem Tag hatte ich gebetet, dass ich ihr zum Segen werden würde. Jetzt hatte ich ein schwieriges Gespräch mit Silvia über den Alkohol, den sie verkauften. Silvia sagte, ihre Mutter verkaufe das Zeug nur ungern, aber sie bräuchte die Einkünfte. Wir lasen dann Bibelverse, die ihr Mut machten, auf Gott zu vertrauen. Er würde für ihre Familie sorgen.

Während unseres Gesprächs kam Jutta herein und Silvia erklärte ihr, worüber wir sprachen. Ich zeigte ihr dieselben Verse und machte ihr den Vorschlag, doch einmal Gott einen Monat lang zu prüfen, indem sie keinen Alkohol verkauften, um zu sehen, ob er sein Versprechen halten würde, dass er für sie sorgen wird.

Ich betete viel für Jutta und Silvia in diesem Monat und besuchte sie ein- oder zweimal die Woche, um zu hören, wie es lief. Am Ende des Monats gestand Jutta ein, dass Gott Wort gehalten hatte. Sie hatte keine Einkommenseinbuße in diesem Monat. Gott sei gelobt!

Diese Erinnerungen gingen mir durch den Kopf, als ich auf Jutta zuging. »Wie geht’s dir?«, fragte ich, als wir uns umarmten.

»Mir geht’s gut«, erwiderte sie lächelnd.

»Ich hab dich heute in der Gemeinde vermisst«, sagte ich. »Ist alles in Ordnung?«

»Ja, ich habe heute gearbeitet.«

»Wirklich? Was arbeitest du denn?«

»Ich packe Schuhe ab in einer Fabrik.«

»Und warum machst du das gerade heute?« Sie sagte, ihre Mutter hätte sie darum gebeten, damit sie ihr Motorrad abbezahlen könne.

Nervös fragte ich: »Silvia, erinnerst du dich noch, was geschah, als deine Mutter vor einigen Jahren Alkohol im Laden verkaufte? Sie war einverstanden, Gott zu prüfen, verkaufte keinen Alkohol und erlebte seinen Segen.«

»Ja, das stimmt.«

»Hat sie dadurch Geld verloren?«

»Nein«, erwiderte Silvia und Tränen stiegen ihr in die Augen.

»Silvia«, fuhr ich vorsichtig fort. »Du entscheidest, ob du am Sabbat arbeiten willst oder nicht. Gott liebt dich in jedem Fall. Ich will dir einfach nur helfen, daran zu denken, wie gut Gott zu dir und deiner Mutter war.«

Mein Mann zeigte ihr noch ein paar Bibelverse und sagte dann: »Vielleicht hilft Gott dir ja eine andere Stelle zu finden, wo du nicht am Sabbat arbeiten musst. Oder du kannst dein Motorrad irgendwie anders abbezahlen. Gott hat tausend Wege, um unsere Bitten zu erfüllen.«

Silvia wischte sich die Augen, schaute mich an und sagte: »Ich glaube Gott hat euch heute zu mir geführt, damit wir darüber reden.«

Kurz darauf kam Jutta dazu. Sie hatte erfolglos versucht, etwas zu verkaufen. Als sie mich auf der Veranda sitzen sah, setzte sie sich und umarmte mich fest. Reuetränen liefen ihr über die Wangen, noch bevor ich etwas sagen konnte. Wir machten einen Kreis und beteten zusammen. Außerdem gaben wir ihnen etwas Geld, um die Last zu erleichtern.

Die ganze nächste Woche betete ich für Silvia und Jutta, dass Gott ihnen Mut machen würde, seinen Willen zu tun. Am nächsten Sabbatmorgen schickte ich Silvia eine Nachricht mit dem Vorschlag, Matthäus 6 und 7 zu lesen – zwei Kapitel, die mir in einer Herausforderung geholfen hatten. Sie bedankte sich und fügte hinzu: »Ich weiß, dass ihr uns liebt, weil ihr in Gott große Liebe habt und eure Treue stark ist.«

Gelobt sei Gott. Silvia hat sich nach einem anderen Job umgeschaut. Es sieht so aus, als ob sie von einer Firma eingestellt wird, wo sie nicht am Sabbat arbeiten muss. Ich danke Gott dafür, dass er ihr Glauben gegeben und Mut gemacht hat.

Aus Adventist Frontiers, Juni 2019, S. 22-23. Namen geändert.


 

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