Damit der Dialog fruchtbar wird. Von Barnabas Hope
Mein Automechaniker in der Türkei hatte durch ein Wunder einen Handgranatenangriff von Terroristen überlebt. Trotz anhaltender Wundschmerzen war er immer fröhlich und ließ meine Besuche in seiner Werkstatt immer zu einer Mischung aus Komödie und Kameradschaft werden.
Eines Tages rief er mich an und sagte mir mit ernster Stimme, er brauche dringend meine Hilfe. Er wollte unbedingt, dass ich ihn in die Gemeinde mitnehme und ihm dort einen Rat gebe. Natürlich war ich sehr neugierig, was er auf dem Herzen hatte. Er war ein konservativer Muslim und noch nie zuvor in die Gemeinde gekommen.
So setzten wir uns an einem Dienstagnachmittag in unserem Andachtsraum zusammen. Das Ganze wurde noch geheimnisvoller, als er mir besorgt erzählte, eine fremde Ausländerin habe ihm gesagt, auf der Streuobstwiese seiner Familie sei Gold vergraben, und zwar viel.
Diese Behauptung machte ihn so verrückt, dass er nicht schlafen konnte. So wie der Pharao Josef zu sich rief, bat er mich nun, diese kryptische Botschaft zu deuten. Erst dachte ich, die Dame muss eine Art Medium oder Wahrsagerin gewesen sein. Nach einer Stunde Gespräch und Beten mit meinem Freund kam mir plötzlich die Antwort. Die fremde Frau war bestimmt eine Christin. Was sie ihm sagen wollte, war wohl: »Du hast einen Schatz im Acker!« (Matthäus 13,44) Daher schlug ich die Bibel auf, als wir da in der Gemeinde zusammensaßen.
Diese Frau hatte in seinem Herzen einen Samen gesät, der so prall gefüllt war, dass es ihn nicht in Ruhe ließ! Sie hat etwas Bedeutendes erreicht: Der Gedanke ließ ihn nicht mehr los.
Das ist eine großartige Taktik für jeden Zeltmacher oder Gesandten, Menschen zum Nachdenken zu bringen, und zwar über ihren normalen Gesichtskreis hinaus.
Christen vermeiden oft aus Höflichkeit geistliche Gespräche mit Muslimen, in Wirklichkeit warten die meisten gläubigen Muslime jedoch nur darauf, über Religion zu sprechen, weil sie der wachsende Säkularismus in der Gesellschaft genauso beunruhigt wie echte Christen.
Daher ist es ratsam, Muslime in geistlichen Gesprächen immer als Verbündete statt als Gegner zu betrachten. Man hat schließlich eine Person vor sich, die den allmächtigen Schöpfer anerkennt, das Gebet und die Propheten hochschätzt, an ein Endgericht glaubt und die überzeugt ist, dass es einen rechten Weg gibt, nach dem man leben sollte.
Offensichtlich verstehen sie die Einzelheiten des rechten Weges ganz anders als wir. Wir glauben Jesu Worten: »Ich bin der Weg.« (Johannes 14,6) Das ist für unsere muslimischen Freunde nicht ganz so offensichtlich. Daher ist der Respekt für die Bibel ein erster wichtiger Baustein. Die große Frage ist, wie man ihnen Geschmack darauf macht, in diesem »Acker«, der Bibel, zu graben, um den Schatz, Jesus, zu finden.
Meistens machen Christen es den Muslimen schwer, indem sie sich als Lehrer aufspielen. Dabei haben wir jemanden vor uns, der sich genauso sicher ist, dass er Recht hat. Aussagen wie »die Bibel sagt« führen also selten zu etwas. Es bedarf vielmehr der Kreativität, um einen muslimischen Freund mit neuen Augen sehen zu lassen. Hier sind drei Möglichkeiten:
1) UMLENKUNG:
Auf die Frage, ob er Christ sei, antwortet einer meiner Freunde gerne: »Ein bisschen.« Das ist eine Umlenkung, die den Fragesteller nachhaken lässt: »Wie meinst du das?« Jetzt kann mein Freund erklären, dass nicht alles, was Christentum heißt, auch im Sinne Christi ist. So kann man Fragen in eine Richtung lenken, die der Hörer am wenigsten erwartet. Wenn mich jemand fragt, ob ich an den Koran glaube, kann ich sagen: »Der Koran und die Bibel dienen zwei verschiedenen und wichtigen Zwecken. Der Koran erinnert uns daran, Allah zu lieben, während die Bibel uns daran erinnert, dass Allah uns liebt.« Und schon entsteht ein Gespräch.
2) HOFFNUNG:
Angst ist der größte Feind. Leider erweisen einige Religionen ihren Anhängern einen Bärendienst, indem sie eine Menge Ängste schüren. Ich denke oft laut über hoffnungsvolle Dinge nach, wenn meine muslimischen Freunde zuhören. Daher reden sie gerne mit mir. Jeder, der von Jesu Hoffnung beseelt ist, kann Muslimen dienen, indem er über biblische Verheißungen spricht, Gottes Gnade durch Geschichten veranschaulicht, ihnen mit Gottes Liebe Mut macht und ihnen Hoffnung auf Dinge vermittelt, die Gott den Gläubigen gegeben hat.
3) NEUGIER:
Im Islam vermeiden es die Menschen weitgehend, Warum-Fragen über ihren Glauben zu stellen. So kann man Neugier wecken, wie man einer Muschel ein Sandkorn gibt, um es in eine Perle zu verwandeln. Neugierde entsteht manchmal durch Anspielungen. Zum Beispiel, wenn man fragt: »Was glaubst du, was mit einem gottlosen Menschen nach dem Tod passiert?« Lass sie antworten und sage: »Oh, das ist ja ganz anderes als bei mir.« Dann halte inne und lass die Neugier wachsen. Du könntest auch fragen: »Wie meinst du, war das mit Jesu Geburt?« Lass sie antworten und sage: »Hmm. Hast du schon mal gelesen, was Gabriel zu Maria gesagt hat? Das ist so interessant.« Wenn dein Gesprächspartner mehr wissen will, spiele auf Zeit. »Es ist wirklich ganz besonders«, oder »Ich weiß nicht, ob du das wirklich lesen willst. Denn es basiert auf den Worten eines jüdischen Propheten.« Die wachsende Neugier wird es dir ermöglichen, Dinge in sein Herz zu sprechen, die nie möglich gewesen wären, wenn du ihnen deine Gedanken übergestülpt hättest.
Das Leben ist zwar hektisch, aber die Leute denken trotzdem nach. Wir müssen und dürfen sie beim Nachdenken über Wichtiges unterstützen. Jesus sagte Nikodemus, er müsse wiedergeboren werden, und der Frau in Samaria, sie brauche lebendiges Wasser. Wenn wir seinem Beispiel folgen und Worte sprechen, die Menschen aufhorchen lassen, können wir Menschen helfen, ihren Pflug tiefer in den Acker zu senken. Es gibt dort einen großen Schatz zu entdecken.
Aus: Adventist Frontiers, Juni 2019
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