Ein Blick in das Innere unseres Körper zeigt, warum Vitamin B12 so wichtig ist. Von Patricia Rosenthal
In den ersten beiden Artikeln über Vitamin B12 haben wir bereits gesehen, wie wichtig dieses Coenzym für unsere Energiegewinnung, Blutbildung sowie den Schutz der Nerven und damit die reibungslose Weiterleitung von Impulsen ist.
Nerven wie Drahtseile: Was Vitamin B12 mit unserer Leistungsfähigkeit zu tun hat
Leistungsfähig und effizient: Was Vitamin B12 mit unserem Energielevel zu tun hat
Beschäftigen wir uns mit dem Thema Vitamin B12, stoßen wir dabei immer wieder auf den Begriff: »Methylierung«. Was hat es damit auf sich?
Der »Methylrest« – ein kurzer Blick in die Chemie
Eine Methylgruppe oder »Methylrest« ist eine der einfachsten Atomanordnungen in der organischen Chemie. Sie besteht aus nur vier Atomen: ein Kohlenstoff-Atom mit drei Wasserstoffatomen.
Bild: https://www.vitaminb12.de/methylierung-zyklus/
Eine Methylgruppe ist immer Teil eines anderen Moleküls und wird deshalb nicht als eine eigenständige chemische Substanz, sondern als ein »Rest« bezeichnet. Dennoch spielt sie in unzähligen Abläufen eine wichtige Rolle.
Methylierung – der An- und Ausschalter im Körper
Methylierung bedeutet einfach nur: Eine Methylgruppe wird mit Hilfe von verschiedenen Enzymen von einem Molekül auf ein anderes übertragen. Ein Molekül gibt sie ab, ein anderes nimmt sie auf.
So können bestimmte Substanzen oder Moleküle aktiviert oder deaktiviert und wie beim Domino eine ganze Kaskade von Stoffwechselprozessen in Gang gesetzt werden. Stoffe können umgewandelt und viele notwendige Substanzen bereit gestellt werden.
Geben und Nehmen
Dabei geht es die ganze Zeit um »Geben und Nehmen«. Der Methylgeber also dasjenige Molekül, welches eine Methylgruppe an ein anderes Molekül weitergibt, nimmt die Methylgruppe und gibt sie weiter, er nimmt und gibt, nimmt und gibt … Sind seine Hände leer, füllt er sie neu, und weiter geht’s.
SAM – der wichtigste Methylgeber
Bestimmte Stoffe fungieren dabei im Körper als universelle Methylgeber. Sie sind ständig damit beschäftigt, Methyl aufzunehmen und weiterzugeben. In dieser Weise sorgen sie dafür, dass alle körperlichen Prozesse ständig mit ausreichend Methylgruppen versorgt werden. Der wichtigste Methylgeber des Menschen ist SAM (S-Adenosyl-Methionin).
SAM kann man jedoch nicht aufnehmen; es wird im Körper gebildet. Die dafür nötige Methylgruppe erhält er dabei von Methylcobalamin (der chemische Name für B12), und ohne Vitamin B12 kann kein SAM gebildet werden. Damit ist klar: Vitamin B12 ist eine zentrale Schnittstelle der lebenswichtigen Methylierungs-Vorgänge.
Der Methylierungs- und der Methioninzyklus
SAM gibt seine Methylgruppe beständig weiter und muss deshalb in einem permanenten Kreislauf immer wieder regeneriert werden, also eine neue Gruppe erhalten, damit er als Methylgeber wieder zur Verfügung stehen kann. Dieser ständige Kreislauf der Regenerierung von SAM wird als Methionin-Zyklus bezeichnet.
Der Methioninzyklus ist dabei nur ein Teil des gesamten Methylierungszyklus, welcher in sich noch viel komplexer ist und wo mehrere Zyklen ineinander greifen – wie ein geniales Uhrwerk, vom Schöpfer zu unserem Segen gemacht:
Bild: https://www.vitaminb12.de/methylierung-zyklus/
Man erkennt hier gut: Vitamin B12 regeneriert SAM aus Homocystein, einem neurotoxischen Stoff. Und auch hier geht es wieder um Geben und Nehmen:
Vitamin B12 wandelt nämlich Homocystein nicht selbst in Methionin bzw. SAM um. Das geschieht durch das Enzym Methionin-Synthease. Dafür braucht das Enzym aber Methylcobalamin (B12) als ein flüchtiges Zwischenprodukt: Reduziertes Cobalamin (ohne Seitengruppe) nimmt die Methylgruppe von 5-Methyltretrahydrofolat (5-MTHF) entgegen und reicht sie an Homocystein weiter, wodurch Methionin entsteht. Es nimmt und gibt!
Reaktivierung von Cobalamin zu Methylcobalamin
Grundsätzlich verlässt das Vitamin B12 diese Reaktion unverändert. Im Laufe der Zeit entsteht aber immer ein gewisser Anteil inaktives Cob(II)-Cobalamin, das reaktiviert, also durch ein spezielles Enzym wieder zu Methylcobalamin methyliert werden muss. Dabei fungiert aber ausgerechnet SAM als Methylgeber, welches ja eigentlich mit der Hilfe von Vitamin B12 gebildet werden soll. Um diesen Verlust an SAM zu verhindern, ist es gut, Methylcobalamin zuzuführen. Dadurch muss Cobalamin nicht notwendigerweise durch SAM recycelt werden und es stehen zudem ausreichend Methylgruppen zur Verfügung.
Kleine Sache, große Wirkung
So unscheinbar so eine Dosis Methylcobalamin auch scheinen mag. Der ganze Prozess der Methylierung hat letztendlich einen entscheidenden Einfluss auf verschiedene Abläufe im Körper:
Epigenetik
Welche Gene an- und ausgeschalten und wie und ob bestimmte Gene ausgelesen werden, dafür ist die Epigenetik verantwortlich. Durch Methylierung kann ein Gen stillgelegt und durch Demethylierung wieder aktiviert werden.
Neubildung von DNA und RNA
Auch für die Reparatur und Neubildung von DNA und RNA ist Methylierung notwendig, denn in dieser Weise werden die für die Reparatur notwendigen Purine und Pyrimidine gebildet. Jede Minute werden im Körper Millionen von Zellen ersetzt. Fehler bei der Bildung von DNA und RNA können daher schwere Krankheiten nach sich ziehen.
Immunfunktion
Monocyten und Lymphozyten, zwei Arten von Immunzellen, werden methyliert, um aktiv sein zu können.
Synthese und Steuerung von Neurotransmittern und Hormonen
Diverser Hormone und Neurotransmitter werden mithilfe von Methylierung synthetisiert. Ein Fehler in diesem Ablauf kann zu schweren psychischen Krankheiten führen.
Entgiftung
Schwermetalle werden durch Methylierung wasserlöslich und können ausgeschieden werden. Auch Gluthathion, einer der wichtigsten Entgifter und Radikalfänger im Körper, ist bei seiner Synthese auf Methylierung angewiesen.
Myelin
Der Methylierungsprozess kommt ferner bei der Bildung der schon besprochenen Myelinschicht um unsere Nerven zum Einsatz.
Regelmäßig geben
Wir sehen: Damit alle diese Abläufe reibungslos funktionieren, ist es wichtig, dass der Körper nicht nur gelegentlich, sondern regelmäßig Methylcobalamin erhält. In welcher Form, werden wir im nächsten Artikel gemeinsam durchdenken.
Geben und Nehmen
Schon die Bibel sagt: »Geben ist seliger als Nehmen.« Geben wir unserem Körper, was er braucht, erhalten wir gesunde Nerven, ausdauernde Energie, kraftvolle Zellen und eine funktionstüchtige Psyche. Geben wir Liebe und säen wir Frieden, dürfen wir eine Ernte für die Ewigkeit erwarten. Darauf dürfen wir fest vertrauen!
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