Die Deutsche Schule in San Ramón vergrößert ihren Einfluss. Von Marc Engelmann
Dunkle Wolken schoben sich bedrohlich immer mehr in unsere Richtung. In der Ferne sah man den Regen fallen. Regen bringt Segen, aber gerade jetzt brauchten wir garantiert keinen Regen. Wir waren dabei, das Fundament für das neue Wohnheim/Gesundheitszentrum zu gießen und Regen war das Letzte, was wir jetzt brauchten. Die Arbeiter waren fleißig dabei, den flüssigen Beton zu gießen, aber der Regen kam immer näher. Wir beteten inständig zu Gott, er möge den Regen ablenken. Wir waren voller Zuversicht, dass Gott wieder ein Wunder tun würde, wie er es schon beim ersten Gebäude gemacht hatte. Dann fühlte ich die ersten Regentropfen auf meiner Haut. Wie war das möglich? Wir hatten doch gebetet. Als wir um uns schauten, sahen wir, dass der richtige Regenschauer um uns herum herunterkam. Die wenigen Regentropfen waren nur die Ausläufer. Wir sahen sogar einen doppelten Regenbogen (s. Bild) als Verheißung der Gnade Gottes für uns. Wieder einmal hatte Gott die Wolken geteilt und uns das trockene Gießen des Fundaments ermöglicht. Erst, als wir ganz fertig waren, fing es auch bei uns langsam an zu regnen. Den ganzen nächsten Tag regnete es schön sanft auf das nun gegossene Fundament und sparte uns das Bewässern. Gottes perfektes Timing!
Neue Volontäre und offene Stellen
Im Januar bekamen wir wieder neue Freiwillige aus Europa, die uns fleißig hier bei unserem Dienst helfen. Franz und Andy Nusime aus Österreich helfen uns in der Grundschule mit Mathematik und Deutsch, zusammen mit Julika Jakupec aus Norddeutschland, die Sachkunde und andere Fächer übernommen hat. Ihre Schwester Carolin Jakupec ist im Kindergarten tätig mit den Kleinsten. Wir sind dankbar für jeden Freiwilligen, der sich hier mit ganzem Herzen für Gott und die Menschen einbringt. Im Juni dieses Jahres werden uns Jason, Anni und Tabea wieder Richtung Deutschland verlassen und wir sind aktuell noch auf der Suche nach einem Ersatz im Bereich der Musik- und Grundschule. Falls ihr jemanden kennt, der interessiert ist, könnt ihr gerne meinen Kontakt weitergeben.
Großer Andrang auf die Schülerplätze
Anfang Februar war wieder die Zeit gekommen, ein neues Schuljahr zu starten. Wir starteten mit 28 Schülern in 4 Klassenzimmern – vom Kindergarten bis zur 6. Klasse. Zum Schulanfangsgottesdienst waren auch die Eltern dabei, von denen viele sonst nie zu einem adventistischen Gottesdienst kommen würden. Seitdem sind schon einige Monate vergangen und wir sind Gott so dankbar, dass wir bis jetzt ungestört von irgendeinem Virus Präsenzunterricht durchführen konnten. Auch die Kinder sind so dankbar dafür. Die Lehrer haben sich jetzt schon gut eingelebt und die Eltern sind dankbar, dass ihre Kinder auf unserer Schule sein können. In der Einschreibungsphase im Vorhinein gab es großen Andrang und Interesse von vielen Eltern, ihre Kinder zu uns zu schicken. Leider mussten wir vielen absagen, da wir an die Grenzen unserer Schulkapazität stoßen. Immerhin sind wir noch in einem provisorischen Schulgebäude, was am Anfang als Heim für die Unterbringung von Lehrkräften angedacht war. Wir hoffen und beten, dass Gott uns eines Tages ein eigenständiges Schulgebäude schenken wird, wo wir dann auch die Oberstufe bis zur 12. Klasse anbieten können.
Missionsreise nach Mexiko
Ende März gab es eine besondere Missionsreise außerhalb von Bolivien. Seit der Pandemiezeit bin ich im Kontakt mit Tina, einer adventistischen Schwester in Mexiko, die damals unsere Videos bekommen und weitergeleitet hatte. Sie ist ehemalige Mennonitin, aber schon seit vielen Jahren getauft und in der spanischsprachigen Adventgemeinde in Cuauthemoc/Mexiko involviert. Gott hat es ihr aber aufs Herz gelegt, ihre mennonitischen Familienangehörigen und Freunde zu erreichen. Seit Jahren hat die mexikanische Vereinigung vor Ort Versuche unternommen, die 140.000 Mennoniten in dieser großen Kolonie im Bundesstaat Chihuahua, im Norden Mexikos, zu erreichen – aber ohne Erfolg. Ende 2021 entstand die Idee, dass ich mal für 2 Wochen dorthin reise, um ihnen unser Missionsmaterial zu zeigen und um zu sehen, was man dort missionarisch tun könnte. Gesagt, getan. Die Adventisten vor Ort bezahlten mir den Flug und so konnte ich Mitte März nach Mexiko fliegen.
100-jähriges Jubiläum der Mennoniten
Dort feierte man gerade in diesem Jahr die 100-jährige Präsenz der Mennoniten in Mexiko.Wenn man dort ist, merkt man sehr schnell, dass die Mennoniten dort viel weiterentwickelt sind als in Bolivien. Dort gibt es ganze Industriezweige und Geschäfte, die bis nach Kanada und Südamerika vernetzt sind. Auch die Mennoniten selber sind viel offener und weniger schüchtern, über ihren Glauben zu sprechen und Neues aufzunehmen.
Wir fingen an mit Besuchen und luden Familie und Freunde von Tina zu Abendvorträgen mit aktuellen prophetischen Themen ins Privathaus unserer Glaubensschwester Tina ein. Viele waren interessiert, aber nicht alle kamen. Aber die, die dann da waren, kamen fast regelmäßig zu allen Vorträgen. Durch diese Gruppe, die da zusammenwuchs, konnte ein Hauskreis gegründet werden, der sich nach wie vor trifft und mit Jüngerschaftsthemen weitermacht.
Glaubensgespräch mit einem Mennoniten
Wenn ich an unsere Besuche in der Kolonie zurückdenke, erinnere ich mich an Bernhard. Er erzählt gerne Menschen von Jesus. Überall, wohin er geht. Wir besuchten ihn eines Nachmittags. Es war schon gegen Abend und kalt geworden. Wir setzten uns in seine Garage, wo der Wind aber noch sehr wehte. So erzählten wir von den Abenden und den einzelnen Themen. Wir kamen dann auch auf den Sabbat und er meinte, dass das alles nicht so wichtig wäre, wenn man nur Jesus im Herzen hat. Wir sahen das zwar anders, aber hatten trotzdem ein nettes Gespräch. Am Ende war er so froh, dass wir ihn besucht hatten, dass er sich mehrmals bei uns bedankte. Danach fragte er mich, wer denn den Flug bezahlt hätte. Er zog seine Geldtasche heraus und gab mir 500 Pesos (ca. 25 Dollar) in die Hand, um uns zu unterstützen. Das Geld gab ich dann gleich den Geschwistern. Am nächsten Tag rief er nochmal Jakob, meinen Begleiter, an, und sagte ihm, wie sehr er sich über den Besuch gefreut hatte. So eine Dankbarkeit erlebt man nicht allzu oft.
Geschichte mennonitischer Adventisten in Mexiko
Bei meinen Besuchen dort lernte ich auch Johann kennen, der schon seit etlichen Jahren in die Adventgemeinde kommt und getauft wurde. Er sammelte bei etlichen Familien den Müll ein und sah hin und wieder die interessanten Titelseiten von weggeworfenen adventistischen Zeitschriften, die er teilweise mit nach Hause nahm, um sie dort zu lesen. Dadurch kam er in Kontakt mit den Adventisten. Der erste mennonitische Adventist in Chihuahua war Tinas Vater Heinrich. Er war eigentlich nur Christ dem Namen nach. Er fand im Glauben nicht viel Sinn und so suchte er sein Herz mit Alkohol zu beruhigen. Eines Tages bekam er Besuch von einem Buchevangelisten, der mit ihnen sprach und Bücher hinterließ. Heinrich sagte zu seiner Frau, dass sie diese Bücher nie lesen würden und sie diese wegschmeißen sollte. Aber seine Frau sah das anders und so versteckte sie die Bücher heimlich, ohne sie aber selber zu lesen. Einige Zeit später waren alle auf einer Beerdigung. In der Kirche sprach ein mennonitischer Prediger über das Millennium, was sich interessant anhörte. Am Grab hielt ein anderer Prediger eine kurze Ansprache auch über das Millennium, aber er sagte genau das Gegenteil von dem, was sein Vorredner erzählt hatte. Das machte den Vater stutzig. Nur eine Version kann wahr sein, nicht beide! Am Mittagstisch zuhause teilte er der Frau seine Gedanken mit. Hatten sie zu diesem Thema nicht schon mal Bücher von jemandem bekommen? Aber dann erinnerte er sich, dass die ja weggeschmissen wurden. Zu seiner großen Überraschung holte seine Frau dann die Bücher des Buchevangelisten wieder hervor. Er begann intensiv die Bücher zu studieren. Ganz vergessen war der Alkohol und manche seiner anderen schlechten Gewohnheiten. Er hatte nur noch ein Ziel: Er wollte die Wahrheit herausfinden – und zwar die ganze Wahrheit! Tage- und nächtelang las er in den Büchern. Er lernte zwar viel Neues, aber es machte alles Sinn und stand auf der Grundlage der Bibel. Am Ende lernte er durch die Bücher die Adventgemeinde kennen und ließ sich schließlich taufen. Seine Frau folgte zwei Wochen später ins Taufwasser. Beide waren das erste und einzige Ehepaar in der ganzen Kolonie. Seine Kinder waren damals schon groß und nur zwei entschlossen sich auch für den neuen Glauben: Abram und Tina, die Glaubensschwester, durch die ich in Kontakt mit Mexiko gekommen war.
Ihr Bruder Heinrich war schon mit jungen Jahren interessiert am Glauben. Schon mit acht Jahren fragte er seinen damaligen Schullehrer, ob der Sabbat der Bibel der richtige Ruhetag sei. Damals bekam er keine Antwort! Als ich jetzt im März dieses Jahres dort zu Besuch war, hörte ich von ihm, dass er nach all den Jahren immer noch interessiert am Thema Sabbat sei, aber noch Fragen habe. So lernten wir uns kennen. Er brachte mir Fragen mit zu scheinbaren »Anti-Sabbat«-Texten in Kolosser 2,16 und 1. Korinther 16,1. Wir setzten uns an einem Abend nach dem Vortrag in Ruhe zusammen und ich erklärte ihm den Hintergrund dieser Bibelstellen. Ich wartete noch auf Einwände, aber es kamen keine. Er war mit den Antworten zufrieden. Am Ende des Gesprächs fragte ich ihn: »Und wie geht es weiter? Möchtest du den Sabbat halten?« Darauf sagte er erst mal nichts. Am nächsten Abend fragte ich ihn noch einmal, was er jetzt mit dem Sabbat machen würde. Er sagte: »Wenn es eine deutsche Sabbat haltende Gemeinde gibt, bin ich sofort dabei!« Ich sagte ihm, dass wir den Plan hätten eine deutsche Gemeinde in der Kolonie zu starten. Momentan sind wir zusammen mit der nordmexikanischen Vereinigung auf der Suche nach einer deutschsprachigen Familie mit medizinischem Hintergrund, die dort unter den Mennoniten eine Gesundheitsmission beginnen kann.
Wenn ich an die Vorträge zurückdenke, kommt mir vor allem das Thema über Daniel 7 in den Sinn. Über das Kleine Horn kommt man ja dann auch auf das Sabbatthema zu sprechen, weil hier vorhergesagt wurde, dass diese Macht „Festzeiten und Gesetz“ verändern würde. Und das wiederum bezieht sich auf die Veränderung der Heiligkeit des Sabbats auf den Sonntag. Wir hatten das Thema an den Abenden zuvor schon einmal zugunsten eines anderen Vortrags nach hinten verschoben. Nun war es Sonntagabend und es stellte sich heraus, dass sich an diesem Abend mehr Gäste angemeldet hatten als gewöhnlich. Auch eine Familie war da, die extra 3 Stunden angefahren waren. Es war 30 Minuten vor Beginn des Abends. Wir fragten uns: Sollten wir das Thema noch mal verschieben? Wie würden die neuen Gäste das aufnehmen? Welches Thema war jetzt das Beste für die Situation? Wir waren uns unsicher. Ich ging ins Gebet und legte Gott mein Anliegen vor. Am Ende bekam ich die Gewissheit, das geplante Thema über Daniel 7 zu halten. Es würde auf jeden Fall spannend werden!
Ich ging durch das Thema wie an den anderen Abenden zuvor ohne Zwischenfälle. Alle hörten interessiert zu. Am Schluss war noch Zeit für Fragen oder Anmerkungen. Ich erwartete Gegenwind oder große Fragezeichen. Aber nichts dergleichen passierte. Ich war überrascht. Dann sagte eine Frau von der Familie, die drei Stunden angefahren waren: »Ich bin mir sicher, wir sollen den Sabbat halten! Aber wir tun es nicht! Wir wissen, dass die katholische Kirche den Sabbat verändert hat! Aber wie sollen wir den Sabbat halten?« Ihre Antwort und Fragen verblüfften uns alle. Damit hatten wir bestimmt nicht gerechnet. Aus diesen Fragen entspann sich dann noch ein sehr gutes Gespräch – auch mit den anderen Gästen. Alle hatten das Thema sehr gut aufgenommen. Am Ende meiner Zeit dort lud mich genau diese Familie von weiter her ein, bei ihnen in der mennonitischen Kirche eine Vortragsreihe zu halten. Ich bin gespannt, wann Gott mir die Gelegenheit dazu geben wird. Gerne würde ich das Interesse dieses Jahr noch weiterverfolgen – jetzt, wo die Türen dazu offen sind.
Zurück in Bolivien
Ich möchte diesen Infobrief schließen mit einer kleinen Geschichte aus unserem Schulalltag: Eine Frau besuchte uns diese Woche in der Schule, um ihren dreijährigen Sohn bei uns in der Grundschule anzumelden. Immer am Ende des Trimesters kann man hierzulande die Schule wechseln. Sie sagte, dass ihr Sohn verhaltensauffällig sei und sie deswegen eine gute Schule für ihn suche. Sie hatte mit Bekannten gesprochen und diese hatten ihr unsere Schule empfohlen mit dem Hinweis: »Dort verändern sich Kinder in ihrem Verhalten zum Besseren!« Was für ein Zeugnis, was Gott hier in unserer Schule unter den Kindern vollbringt! Wir sind die einzige christliche Privatschule im Umkreis von 70 km. Gott ist groß! Er tut sein Werk – in uns und durch uns! Und das wünschen wir euch auch!
hoffnungfürbolivien.de
Ein Projekt der Baden-Württembergischen Vereinigung
Aus: Newsletter Bolivienprojekt #17, Mai 2022
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