Was führt Gott im Schilde? Das, wovor du dich im Innersten fürchtest oder wonach du dich sehnst? … Von Kai Mester
Lesezeit: 4 Minuten
Die missverstandenste Persönlichkeit des Universums ist ihr Schöpfer. Aus Liebe schuf er, aus Liebe geht er dem Menschen nach, aus Liebe rettet er. Doch der Mensch betrachtet ihn immer wieder mit seiner eigenen Brille der Selbstsucht. Wenn er überhaupt an ihn glaubt, dann bleibt in ihm oft der Verdacht, dass Gott mit seiner Allmacht und Allwissenheit doch irgendwie ein Egoist sein muss.
Bei diesem Verständnis lesen sich die ersten drei Gebote in 2. Mose 20,2-7 emotional ungefähr so:
Die ersten drei Gebote als Drohung
Was ich dir mal sagen will: Ich bin der HERR, dein Gott. Ich habe dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt. Deshalb habe gefälligst keine anderen Götter neben mir. Denn das dulde ich nicht.
Du sollst dir auch kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen … Bete sie nicht an und diene ihnen nicht! Denn andernfalls bekommst du mich, den HERRN, deinen Gott, als eifersüchtigen Gott zu spüren, der die Sünden der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied an den Kindern derer, die mich hassen. Nur an den vielen Tausenden, die mich lieben und meine Gebote halten, erweise ich nämlich meine Gnade.
Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes, nicht missbrauchen! Denn lass dir gesagt sein: Der HERR wird den strafen, der seinen Namen missbraucht.
Lesen wir die ersten drei Gebote aber aus der Brille, die Jesus uns vermittelt hat, weil er unsere Blindheit heilen und unsere Augen öffnen möchte, dann klingen die Gebote ganz anders:
Die ersten drei Gebote als Rat und Verheißung
Ich bin der HERR, dein Gott. Ich habe dich geschaffen, ich kenne dich, ich meine es gut mit dir. Ich habe dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt, war und bin dein einziges Tor zur Freiheit. Lass dich deshalb nicht von anderen Göttern täuschen! Sie gaukeln dir höchstens Freiheit vor, legen dir aber nur wieder Ketten an.
Wenn du mich liebst, wirst du dir auch kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen. Denn sie sind tot und machtlos. Schenke ihnen nicht deine Aufmerksamkeit und Hingabe! Denn nur ich, dein Gott, liebe dich leidenschaftlich und gehe auch noch den Urenkeln derer nach, die sich von mir abgewandt haben. Ich werbe um ihre Herzen und biete ihnen an, ihre Schuld auf mich zu nehmen und sie von ihren Sünden zu befreien. Aber die, die mich lieben und meine Gebote halten, bekommen meine Liebe noch bis in die tausendste Generation zu spüren, weil sie sich dafür geöffnet haben.
Wenn du mich liebst, wirst du im Namen des HERRN, deines Gottes nichts Böses tun, seinen Namen nicht verdrehen, seinen Ruf nicht beschmutzen, seinen Charakter nicht falsch präsentieren. Tue dies nicht; denn der HERR kann den nicht entschulden, entsündigen, rechtfertigen, reinigen, der seinen Namen missbraucht, weil der sich vom Lebensstrom trennt, und dadurch krank wird und stirbt – körperlich, seelisch und geistlich.
Ist dir diese Paraphrase zu gewagt? Dann schau dir die Parallelstellen zu den folgenden im Grundtext verwendeten Wortwurzeln an:
eifersüchtig קנא
Salomo dichtete: »Denn Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft [Eifersucht] unwiderstehlich wie das Totenreich.« (Hohelied 8,6) Ja, Gott eifert leidenschaftlich um uns, will uns nicht der Sünde und dem Tod überlassen. Doch er zwingt sich uns nicht auf. Widerstehen wir ihm lange genug, ereilt uns leider schließlich unser selbstgewähltes Schicksal.
heimsuchen פקד
Mose erzählte: »Und der HERR nahm sich Saras an [suchte sie heim] … und Sara ward schwanger.« (1. Mose 21,1) Wie positiv ist das denn! Auf dem Sinai offenbarte Gott sich dann dem Mose mit folgender Charakterbeschreibung: »HERR, HERR; Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue, der da Tausenden Gnade bewahrt und vergibt/nimmt/trägt die Schuld, Übertretung und Sünde … und sucht die Schuld der Väter heim [nimmt sich ihrer an] an den Kindern und Kindeskindern bis ins dritte und vierte Glied.« (2. Mose 34,6-7) Gott verlässt uns nicht, er geht uns nach, um uns zu segnen. Nur der beharrliche Widerstand dagegen kann uns endgültig zu Fall bringen.
ungestraft lassen נקה
David betete zu Gott: »Verzeihe mir [reinige mich von den/lass ungestraft] die verborgenen Sünden.« (Psalm 19,13) Es ist Gottes Wunsch, unsere Schuld auf sich zu nehmen, uns zu befreien. Wie tragisch, wenn wir genau das tun, was ihm die Hände bindet: die Sünde gegen den Heiligen Geist. Eben davon redet das dritte Gebot. Wie wichtig, dass wir Gottes wahres Wesen erkennen, damit wir absolutes Vertrauen zu ihm fassen. Dann kann er alle Apps auf unsere mentale Festplatte herunterladen, die er in seinem Herzen entwickelt hat.
Jesus, unsere Brille
Wir dürfen die ganze Bibel mit der Jesus-Brille lesen. Denn wer ihn sieht, der sieht den Vater (Johannes 12,45; 14,9). Der versteht, wie der Vater im Herzen denkt und fühlt. Gottes Wort ist so geschrieben, dass der Heilige Geist uns beim Lesen die Augen öffnen kann. Dann sehen wir den sanftmütigen Gott, der seine Feinde liebt, der lieber Unrecht leidet, als einem seiner Geschöpfe Schaden zuzufügen. Wir sehen auch den Gott, der in der Lage ist, alle selbst- und fremdverursachten Leiden in Herrlichkeit und Sieg zu verwandeln. Den Gott, der Leid zulässt, weil er den freien Willen seiner Geschöpfe respektiert, aber selbst mehr daran leidet als sie. Den Gott zum Verlieben eben.
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