Die Reformation in Spanien (3/3): Tapferkeit und Opfer – das Vermächtnis der spanischen Märtyrer

Die Reformation in Spanien (3/3): Tapferkeit und Opfer – das Vermächtnis der spanischen Märtyrer
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Erfahre mehr über das spanische Glaubenszeugnis für Protestantismus und Religionsfreiheit im 16. Jahrhundert. Von Ellen White, Clarence Crisler, H.H. Hall

Lesezeit: 10 Minuten

Dieses Kapitel des Buches The Great Controversy existiert nur in der Spanischen Version und wurde im Auftrag von Ellen White von ihren Sekretären zusammengestellt.

Vierzig Jahre waren vergangen, seit die ersten Veröffentlichungen reformatorischer Lehren ihren Weg nach Spanien gefunden hatten. Trotz der vereinten Anstrengungen der römisch-katholischen Kirche ließ sich der heimliche Fortschritt der Bewegung nicht aufhalten. Von Jahr zu Jahr wurde der Protestantismus stärker, bis sich Tausende von Menschen der neuen Glaubensrichtung anschlossen. Hin und wieder gingen einige von ihnen ins Ausland, um dort Religionsfreiheit zu genießen. Andere verließen ihre Heimat, um an der Schaffung einer eigenen Literatur mitzuwirken, die speziell darauf abzielte, die Sache zu fördern, die sie mehr als das Leben selbst liebten. Andere wiederum, ähnlich den Mönchen, die das Kloster San Isidoro verlassen hatten, fühlten sich aufgrund ihrer besonderen Umstände zum Gehen gezwungen.

Das Verschwinden dieser Gläubigen, von denen viele in politischen und religiösen Angelegenheiten eine prominente Rolle gespielt hatten, weckte seit langem den Verdacht der Inquisition, und im Laufe der Zeit entdeckte man einige der Abwesenden im Ausland, von wo aus sie sich bemühten, den protestantischen Glauben in Spanien zu fördern. Dadurch entstand der Eindruck, es gäbe viele Protestanten in Spanien. Die Gläubigen waren jedoch so diskret vorgegangen, dass kein Inquisitor ihren Aufenthaltsort entdeckte.

Dann führte eine Reihe von Ereignissen zur Entdeckung der Zentren dieser Bewegung in Spanien und vieler Gläubigen. Im Jahr 1556 hatte Juan Pérez, der zu dieser Zeit in Genf lebte, seine spanische Übersetzung des Neuen Testaments abgeschlossen. Er plante, diese Ausgabe nach Spanien zu schicken zusammen mit Exemplaren des spanischen Katechismus, den er im folgenden Jahr vorbereitete, und einer Übersetzung der Psalmen. Es dauerte jedoch einige Zeit, bis er jemanden fand, der bereit war, sich auf dieses riskante Unternehmen einzulassen. Schließlich erklärte sich Julián Hernández, der treue Buchhändler, bereit, es zu versuchen. Er versteckte die Bücher in zwei großen Fässern und schaffte es, den Spürhunden der Inquisition zu entkommen. Er erreichte Sevilla, von wo aus die kostbaren Bände schnell verbreitet wurden. Diese Ausgabe des Neuen Testaments war die erste protestantische Version, die in Spanien ziemlich große Verbreitung fand.

»Auf seiner Reise hatte Hernández einem Schmied in Flandern ein Exemplar des Neuen Testaments gegeben. Der Schmied zeigte das Buch einem Priester und beschrieb ihm den Spender. Dieser alarmierte sofort die Inquisition in Spanien. Dank dieser Informationen »lauerten ihm die Inquisitoren bei seiner Rückkehr auf und verhafteten ihn in der Nähe der Stadt Palma«. Sie brachten ihn zurück nach Sevilla und sperrten ihn in den Mauern der Inquisition ein, wo man mehr als zwei Jahre lang alles Mögliche unternahm, um ihn dazu zu bringen, seine Freunde zu verraten, jedoch ohne Erfolg. Bis zum Ende blieb er treu und ertrug tapfer das Martyrium auf dem Scheiterhaufen. Er war froh, dass er die Ehre und das Vorrecht hatte, »das Licht der göttlichen Wahrheit in sein verirrtes Land zu bringen«. Voller Zuversicht sah er dem Tag des Jüngsten Gerichts entgegen: Dann würde er vor seinem Schöpfer erscheinen, die Worte göttlicher Zustimmung hören und für immer mit seinem Herrn leben dürfen.

Obwohl es ihnen nicht gelang, von Hernández Auskunft zu erhalten, die zur Entdeckung seiner Freunde hätte führen können, »erfuhren sie schließlich, was er so lange geheim gehalten hatte« (M’Crie, Kapitel 7). Zu dieser Zeit erhielten die Verantwortlichen der Inquisition in Spanien »Nachrichten, dass die Geheimgemeinden von Valladolid entdeckt worden waren. Sofort entsandten sie Boten an die verschiedenen Inquisitionsgerichte im Königreich und forderten sie auf, in ihren Zuständigkeitsbereichen heimlich Nachforschungen anzustellen. Sie sollten sich für ein gemeinsames Vorgehen bereithalten, sobald sie weitere Anweisungen erhalten würden« (ebd.). Auf diese Weise wurden still und schnell die Namen von Hunderten von Gläubigen ermittelt. Zu einem bestimmten Zeitpunkt wurden sie dann ohne Vorwarnung gleichzeitig gefangen genommen und inhaftiert. Adelige Mitglieder der blühenden Gemeinden von Valladolid und Sevilla, Mönche, die im Kloster San Isidoro del Campo verblieben waren, treue Gläubige, die weit im Norden am Fuße der Pyrenäen lebten, sowie andere in Toledo, Granada, Murcia und Valencia, befanden sich plötzlich innerhalb der Mauern der Inquisition, um dann ihr Zeugnis mit ihrem Blut zu besiegeln.

»Die wegen Luthertums Verurteilten […] waren so zahlreich, dass sie ausreichten, um in den folgenden beiden Jahren bei vier großen und düsteren Auto-da-fé [öffentlichen Verbrennungen] als Opfer zu dienen […]. Zwei wurden 1559 in Valladolid abgehalten, eines im selben Jahr in Sevilla und ein weiteres am 22. Dezember 1560« (B. B. Wiffen, Anmerkung in seiner Neuausgabe der Espístola consolatoria von Juan Pérez, S. 17).
Unter den Ersten, die in Sevilla verhaftet wurden, befand sich Dr. Constantino Ponce de la Fuente, der lange Zeit unverdächtig gearbeitet hatte. »Als die Nachricht Karl V. erreichte, der sich zu dieser Zeit im Kloster Yuste befand, dass sein Lieblingskaplan verhaftet worden war, rief er aus: ›Wenn Constantino ein Ketzer ist, dann ist er ein großartiger Ketzer!‹ Und als ihm später ein Inquisitor versicherte, dass er für schuldig befunden worden war, antwortete er seufzend: »Ihr könnt keinen größeren verurteilen!‹« (Sandoval, Historia del Emperador Carlos V, Band 2, 829; zitiert nach M’Crie, Kapitel 7).

Es war jedoch nicht leicht, Constantinos Schuld nachzuweisen. Tatsächlich schienen die Inquisitoren nicht in der Lage zu sein, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu beweisen, als sie zufällig »unter vielen anderen einen großen Band entdeckten, der vollständig in der Handschrift Constantinos geschrieben war. Dort formulierte er klar, als ob er nur für sich selbst schriebe, und behandelte vor allem folgende Themen (wie die Inquisitoren in seinem später auf dem Schafott veröffentlichten Urteil erklärten): über den Zustand der Kirche; über die wahre Kirche und die Kirche des Papstes, den er Antichrist nannte; über das Sakrament der Eucharistie und die Erfindung der Messe, über die er behauptete, dass die Welt aufgrund der Unkenntnis der Heiligen Schrift in einem Zauber gefangen sei; über die Rechtfertigung des Menschen; über das reinigende Fegefeuer, das er als Wolfskopf und Erfindung der Mönche zugunsten ihrer Völlerei bezeichnete; über päpstliche Bullen und Ablassbriefe; über die Verdienste der Menschen; über die Beichte […] Als der Band Constantino gezeigt wurde, sagte er: »Ich erkenne meine Handschrift und bekenne offen, dass ich all dies geschrieben habe, und erkläre aufrichtig, dass es alles Wahrheit ist. Ihr müsst nicht mehr nach weiteren Beweisen gegen mich suchen: Ihr habt hier bereits ein klares und eindeutiges Geständnis meines Glaubens. Tut also, was ihr wollt.« (R. Gonzales de Montes, 320-322; 289, 290)

Aufgrund der Härten seiner Haft überlebte Constantino nicht einmal zwei Jahre, seiner Gefängnisstrafe. Bis zu seinen letzten Momenten blieb er seinem protestantischen Glauben treu und behielt sein ruhiges Vertrauen auf Gott. Es muss Vorsehung gewesen sein, dass in derselben Zelle, in der auch Constantino eingesperrt war, ein junger Mönch aus dem Kloster San Isidoro del Campo untergebracht wurde, der ihn während seiner letzten Krankheit betreuen und ihm in Frieden die Augen schließen durfte (M’Crie, Kapitel 7).

Dr. Constantino war nicht der einzige Freund und Kaplan des Kaisers, der aufgrund seiner Verbindung zur protestantischen Sache gelitten hat. Dr. Agustín Cazalla, der viele Jahre lang als einer der besten Prediger Spaniens galt und oft vor der königlichen Familie auftrat, gehörte zu denjenigen, die in Valladolid verhaftet und inhaftiert wurden. Bei seiner öffentlichen Hinrichtung wandte er sich an Prinzessin Juana, vor der er oft gepredigt hatte, und deutete auf ihre ebenfalls verurteilte Schwester hin und sagte: »Ich flehe Euch an, Hoheit, habt Mitleid mit dieser unschuldigen Frau, die dreizehn Waisenkinder zurücklässt.« Dennoch wurde sie nicht freigesprochen, obwohl ihr Schicksal unbekannt ist. Aber es ist bekannt, dass die Schergen der Inquisition in ihrer sinnlosen Grausamkeit, nicht zufrieden damit waren, die Lebenden verurteilt zu haben. Sie strengten auch ein Gerichtsverfahren gegen die vor Jahren verstorbene Mutter dieser Frau an, Doña Leonor de Vivero. Sie wurde beschuldigt, ihr Haus als »Tempel der Lutheraner« genutzt zu haben. »Man entschied, dass sie im Zustand der Ketzerei verstorben sei, ihr Gedächtnis zu verleumden sei und ihr Vermögen zu konfiszieren. Es wurde angeordnet, ihre Knochen auszugraben und öffentlich zusammen mit ihrem Bildnis zu verbrennen. Außerdem sollte ihr Haus zerstört, Salz über das Grundstück gestreut und dort eine Säule mit einer Inschrift errichtet werden, die den Grund für die Zerstörung erklärt. All dies wurde ausgeführt«, und das Denkmal steht seit fast drei Jahrhunderten.

Während des Auto-da-fé zeigte sich der erhabene Glaube und die unbeugsame Standhaftigkeit der Protestanten in dem Prozess von »Antonio Herrezuelo, einem überaus weisen Juristen, und seiner Frau, Doña Leonor de Cisneros, einer außergewöhnlich klugen und tugendhaften Dame von wunderbarer, märchenhafter Schönheit«.

»Herrezuelo war ein Mann von aufrechtem Charakter und fester Überzeugung, gegen die auch die Folterungen des ›Heiligen‹ Inquisitionsgerichts nichts ausrichten konnten. In all seinen Verhören mit den Richtern […] bekannte er sich von Anfang an als Protestant und nicht nur als Protestant, sondern als ein Vertreter seiner Sekte in der Stadt Toro, wo er zuvor gelebt hatte. Die Inquisitoren forderten von ihm, die Namen derjenigen zu nennen, die er in die neuen Lehren eingeführt hatte, aber weder Versprechungen noch Bitten noch Drohungen konnten Herrezuelos Entschlossenheit erschüttern, seine Freunde und Anhänger zu verraten. Mehr noch, selbst die Folterungen konnten seine Standhaftigkeit nicht brechen, die fester war als eine gealterte Eiche oder ein stolzer Felsen, der aus dem Meer aufragt.
Seine Frau […] ebenfalls in den Kerkern der Inquisition gefangen […] knickte schließlich ein wegen der Schrecken der engen, dunklen Mauern, als Verbrecherin behandelt, fern von ihrem Mann, den sie mehr als ihr eigenes Leben liebte […] und voller Angst vor der Wut der Inquisitoren. So erklärte sie schließlich, dass sie sich den Irrtümern der Ketzer hingegeben habe und drückte zugleich unter rührseligen Tränen ihre Reue aus […]
Am Tag des pompösen Auto-da-fé, bei dem die Inquisitoren ihre Überlegenheit zur Schau stellten, betraten die Angeklagten das Schafott und hörten von dort aus die Verlesung ihrer Urteile. Herrezuelo sollte in den Flammen eines Scheiterhaufens umkommen, und seine Frau Doña Leonor sollte die lutherischen Lehren, denen sie bis dahin angehangen hatte, abschwören und auf Anordnung des ›Heiligen‹ Inquisitionsgerichts in den dafür vorgesehenen Haftanstalten leben. Dort sollte sie mit Bußübungen und der Demütigung durch ein Bußgewand für ihre Fehler bestraft werden und eine Umerziehung erhalten, damit sie sich in Zukunft von dem Weg ihres Verderbens und ihrer Zerstörung fernhielte.« De Castro, 167, 168.

Als Herrezuelo zum Schafott geführt wurde, »bewegte ihn nur der Anblick seiner Frau in Bußgewändern; und der Blick, den er (denn er konnte nicht sprechen) auf sie warf, als er an ihr vorbeiging, auf dem Weg zur Hinrichtungsstätte, schien zu sagen: ›Das ist wirklich schwer zu ertragen!‹ Er hörte unbewegt den Mönchen zu, die ihn mit ihren lästigen Ermahnungen zur Rücknahme bedrängten, während sie ihn zum Scheiterhaufen führten. ›Der Bachiller Herrezuelo‹, sagt Gonzalo de Illescas in seiner Historia pontifical, ›ließ sich mit einer beispiellosen Tapferkeit lebendig verbrennen. Ich war so nah bei ihm, dass ich ihn vollständig sehen und all seine Bewegungen und Ausdrücke beobachten konnte. Er konnte nicht sprechen, da er geknebelt war: […] aber sein ganzes Auftreten zeigte, dass er eine Person von außergewöhnlicher Entschlossenheit und Stärke war, die beschlossen hatte, eher in den Flammen zu sterben, als mit seinen Gefährten zu glauben, was von ihnen verlangt wurde. Trotz genauer Beobachtung konnte ich nicht das geringste Anzeichen von Furcht oder Schmerz feststellen; jedoch spiegelte sich auf seinem Gesicht eine Traurigkeit wider, wie ich sie noch nie zuvor gesehen hatte.‹« (M’Crie, Kapitel 7)

Seine Frau vergaß nie seinen Abschiedsblick. »Die Vorstellung«, sagt der Historiker, ֯»dass sie ihm während des schrecklichen Konflikts, den er durchmachen musste, Schmerz zugefügt hatte, entfachte die Flamme der Zuneigung zur reformierten Religion, die heimlich in ihrer Brust brannte; und indem sie beschloss, im Vertrauen auf die Macht, die in der Schwäche vollkommen wird«, dem Beispiel der Standhaftigkeit des Märtyrers zu folgen, »unterbrach sie entschlossen den Bußweg, den sie eingeschlagen hatte«. Sofort wurde sie ins Gefängnis geworfen, wo sie acht Jahre lang allen Bemühungen der Inquisitoren standhielt, sie zur Rücknahme zu bewegen. Schließlich starb sie ebenfalls im Feuer, wie ihr Mann gestorben war. Wer könnte nicht der gleichen Meinung sein wie ihr Landsmann De Castro, wenn er ausruft: »Unglückliches Ehepaar, gleich in der Liebe, gleich in den Lehren und gleich im Tod! Wer wird keine Träne für euer Andenken vergießen und kein Gefühl des Entsetzens und der Verachtung für Richter empfinden, die, anstatt die Geister mit der Süße des göttlichen Wortes zu fesseln, Folter und Feuer als Überzeugungsmittel einsetzten?« (De Castro, 171)

So erging es vielen, die sich im 16. Jahrhundert in Spanien eng mit der protestantischen Reformation identifiziert hatten. »Allerdings dürfen wir nicht den Schluss ziehen, dass die spanischen Märtyrer ihr Leben umsonst geopfert und ihr Blut vergeblich vergossen hätten. Sie brachten Gott wohlriechende Opfer dar. Sie hinterließen ein Zeugnis für die Wahrheit, das nie ganz verloren ging« (M’Crie, Vorwort).

Im Laufe der Jahrhunderte hat dieses Zeugnis die Standhaftigkeit derer gestärkt, die es vorzogen, Gott mehr zu gehorchen als den Menschen. Es besteht bis heute, um denen Mut zu geben, die sich in der Stunde der Prüfung entscheiden, standhaft zu bleiben und die Wahrheiten des Wortes Gottes zu verteidigen. Durch ihre Ausdauer und ihren unerschütterlichen Glauben werden sie lebendige Zeugen der transformierenden Kraft der erlösenden Gnade sein.

Ende der Serie

Teil 1

Aus: Conflicto de los Siglos, 219–226

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