Die Reformation in Spanien (2/3): Kein anderes Land hatte damals so viele Gebildete, die heimlich Protestanten waren

Die Reformation in Spanien (2/3): Kein anderes Land hatte damals so viele Gebildete, die heimlich Protestanten waren
Zentrum der Reformation in Spanien :: Adobe Stock - joserpizarro

Der Glaube ist stärker. Von Ellen White, Clarence Crisler, H.H. Hall

Lesezeit: 20 Minuten

Die Kraft des Heiligen Geistes half den Reformatoren. Sie legten die Wahrheiten aus Gottes Wort während der großen Reichstage dar, die Karl der Fünfte von Zeit zu Zeit einberief. Das machte einen großen Eindruck auf die Gemüter der Adligen und kirchlichen Würdenträger aus Spanien. Obwohl einige von ihnen, wie Erzbischof Carranza, viele Jahre lang zu den entschiedensten Anhängern des römischen Katholizismus zählten, gelangten nicht wenige schließlich zu der Überzeugung, dass jene unerschrockenen Verteidiger der Wahrheit wirklich von Gott geleitet und gelehrt wurden. Daraufhin traten sie mit der Bibel für die Rückkehr zum Urchristentum und die Freiheit des Evangeliums ein.

Juan de Valdés

Zu den ersten spanischen Reformatoren, die die Druckerpresse benutzten, um die Kenntnis der biblischen Wahrheit zu verbreiten, gehörte Juan de Valdés. Er war ein Bruder von Alfonso de Valdés, einem weisen Juristen und Sekretär des spanischen Vizekönigs von Neapel. Seine Werke zeichneten sich aus durch eine »Liebe zur Freiheit, die den höchsten Preis verdient«. Er schrieb »meisterhaft und scharfsinnig, in angenehmem Stil und mit sehr originellen Gedanken« und trug wesentlich dazu bei, die Grundlagen des Protestantismus in Spanien zu legen.

Reformation in Valladolid

»In Sevilla und Valladolid hatten die Protestanten die meisten Anhänger.« Da aber »diejenigen, die die reformierte Auslegung des Evangeliums annahmen, sich in der Regel mit seiner Verkündigung begnügten, ohne die Theologie oder die katholische Kirche offen anzugreifen“ (Fisher, The History of the Redemption, 361), konnten sich die Gläubigen untereinander kaum erkennen. Sie fürchteten, ihre wahren Gefühle denen zu offenbaren, die ihnen nicht vertrauenswürdig erschienen. Durch Gottes Vorsehung durchbrach schließlich ein Schlag der Inquisition selbst die Mauer der Zurückhaltung in Valladolid und ermöglichte es den Gläubigen, sich zu erkennen und miteinander zu sprechen.

                                  Wo das Licht besonders hell leuchtete

Francisco San Román, gebürtig aus Burgos und Sohn des Bürgermeisters von Briviesca, hatte auf seinen Handelsreisen Gelegenheit, Bremen zu besuchen, wo er Predigten der evangelischen Lehren hörte. Nach Antwerpen zurückgekehrt, wurde er acht Monate lang inhaftiert. Danach durfte er seine Reise nach Spanien fortsetzen unter der Auflage zu schweigen. Aber wie die Apostel in alter Zeit konnte er nicht aufhören, »von dem zu reden, was er gesehen und gehört hatte«, weshalb er bald darauf »der Inquisition in Valladolid ausgeliefert wurde«. »Kurz war sein Prozess … Er bekannte offen seinen Glauben an die Hauptlehren der Reformation, nämlich, dass niemand durch seine eigenen Werke, Verdienste oder Kräfte gerettet wird, sondern allein durch Gottes Gnade, durch das Opfer eines einzigen Mittlers.« Weder durch Flehen noch durch Folter konnte er zum Widerruf bewegt werden. So wurde er zum Scheiterhaufen verurteilt und erlitt 1544 in einem bemerkenswerten Autodafé den Märtyrertod.

Es war etwa ein Vierteljahrhundert her, seit die reformierte Lehre zum ersten Mal in Valladolid angekommen war. Aber damals hatten ihre Jünger die Wahrheit für sich behalten oder nur mit größter Vorsicht mit ihren vertrauten Freunden darüber gesprochen. Studium und Andacht, die durch das Martyrium des hl. Roman genährt wurden, setzten dieser Zurückhaltung ein Ende. Äußerungen der Sympathie für sein Los oder Bewunderung für seine Meinungen führten zu Gesprächen, bei denen diejenigen, die den sogenannten neuen Glauben befürworteten, einander leicht erkennen konnten. Der Eifer und Großmut, die der Märtyrer im Angesicht von Hass und Todesleiden um der Wahrheit willen an den Tag gelegt hatte, provozierten die Nachahmung selbst der Schüchternsten; sodass sie sich einige Jahre nach diesem Befehl in einer Kirche organisierten. Diese hielt dann regelmäßig in Privathäusern Religionsunterricht und Gottesdienste ab.« (M’Crie, Kap. 4)

Domingo de Rojas war der erste Pfarrer dieser Kirche, die durch das Verhalten der Inquisition entstanden war. »Sein Vater war Don Juan, der erste Marquis von Poza; seine Mutter war die Tochter des Grafen von Salinas und stammte aus der Familie des Marquis de la Mota … Außer den Büchern der deutschen Reformatoren, mit denen er vertraut war, verbreitete er einige seiner eigenen Schriften, insbesondere eine Abhandlung unter dem Titel Erklärung der Glaubensartikel, die eine kurze Darlegung und Verteidigung der neuen Ansichten enthielt.« »Er verwarf die Lehre vom Fegefeuer, die Messe und andere Glaubensartikel als widersprüchlich zur Schrift.« »Seine feurigen Ermahnungen veranlassten viele dazu, sich der reformierten Kirche von Valladolid anzuschließen, darunter mehrere Mitglieder der Familie von Rojas selbst, aber auch die des Marquis von Alcañices und anderer Adelsfamilien Kastiliens« (ebd., Kap. 6). Nach einigen Jahren des Dienstes für die gute Sache erlitt Rojas den Märtyrertod auf dem Scheiterhaufen. Auf dem Weg zur Folterstätte kam er vor der königlichen Loge vorbei und fragte den König: »Wie könnt Ihr, mein Herr, so Zeuge der Qualen eurer unschuldigen Untertanen werden? Rettet uns vor einem so grausamen Tod.« »Nein,« erwiderte Philipp, »ich selbst würde das Holz tragen, um meinen eigenen Sohn zu verbrennen, wenn er so ein miserabler Mensch wäre wie du.« (ebd., Kap. 7)

Dr. Don Agustíno de Cazalla, Gefährte und Nachfolger von Rojas, »war der Sohn von Pedro de Cazalla, dem obersten Beamten der königlichen Schatzkammer« und galt als »einer der wichtigsten geistlichen Redner Spaniens«. 1545 wurde er zum Kaplan des Kaisers ernannt, »den er im folgenden Jahr nach Deutschland begleitete« und dem er Jahre später gelegentlich predigte, als Karl der Fünfte sich in das Kloster von Yuste zurückgezogen hatte. Von 1555 bis 1559 hatte Cazalla die Gelegenheit, sich lange Zeit in Valladolid aufzuhalten, wo seine Mutter herstammte. In ihrem Haus traf er sich regelmäßig, aber heimlich zum Gottesdienst der protestantischen Kirche. »Er konnte den wiederholten Bitten nicht widerstehen, mit denen er gedrängt wurde, sich ihrer geistigen Interessen anzunehmen; die, begünstigt durch das Talent und die Ernennung des neuen Hirten, rasch an Zahl und Ansehen zunahm.« (ebd., Kap. 6).

Hier verbrachte Karl V. seinen Lebensabend und las spanisch-reformatorische Schriften :: Adobe Stock – Al Carrera

In Valladolid »drang die reformierte Lehre sogar in die Klöster ein. Sie wurde von einer großen Anzahl von Nonnen der hl. Klara und des Zisterzienserordens von St. Bethlehem angenommen. Ihr rechneten sich bekehrte Personen aus dem Kreis der frommen Frauen zu, die selig genannt wurden und … in Werken der Nächstenliebe tätig waren.«

»Die protestantischen Lehren verbreiteten sich überall in Valladolid und waren in fast allen Städten und in vielen Dörfern des alten Königreichs León angekommen. In der Stadt Toro wurden die neuen Lehren von … Antonio Herrezuelo angenommen, einem Rechtsanwalt von großem Talent, und von Mitgliedern der Familien des Marquis von La Mota und Alcañices. In der Stadt Zamora war Don Cristóbal de Padilla das Oberhaupt der Protestanten.« Von ihnen gab es auch einige in Kastilien-la-Vieja, in Logroño, im Navarra-Streifen, in Toledo und in den Provinzen Granada, Murcia, Valencia und Aragonien. »Sie bildeten Gruppen in Saragossa, Huesca, Barbastro und vielen anderen Städten.« (ebd.)

Über den Charakter und die soziale Stellung derer, die sich der Reformbewegung in Spanien anschlossen, drückt sich der Historiker folgendermaßen aus: »Vielleicht gab es in keinem Land einen so großen Anteil durch Geburt oder Wissen berühmter Persönlichkeiten, die zu einer neuen und verbotenen Religion konvertierten. Diese einzigartige Tatsache erklärt, warum eine Gruppe von Dissidenten von mindestens zweitausend Menschen es schaffte, trotz ihrer großen Zerstreuung im Land und ihrer schwachen Verwandtschaftsbande, ihre Ideen mitzuteilen und ihre Treffen für einige Jahre lang geheim zu halten, ohne von einem so eifrigen Tribunal wie dem der Inquisition entdeckt zu werden.« (ebd.)

Reformation von Sevilla

Als sich die Reformation in Nordspanien ausbreitete, mit Valladolid als Zentrum, ging im Süden ein Werk von gleicher Bedeutung von Sevilla aus. Dank einer Reihe von Vorsehungen sah sich Rodrigo de Valer, ein wohlhabender junger Mann, veranlasst, sich von den Freuden und dem Zeitvertreib der müßigen Reichen abzuwenden und ein Verkünder des Evangeliums Jesu zu werden. Er besorgte sich ein Exemplar der Vulgata und nutzte jede Gelegenheit, um Latein zu lernen; denn seine Bibel war in dieser Sprache. »Dadurch, dass er Tag und Nacht studierte, lernte er bald die Lehren der Heiligen Schrift kennen. Das Ideal, das sie vertrat, war so offensichtlich und unterschiedlich von dem des Klerus, dass Valer sich gedrungen fühlte, diesem einige Wahrheiten vor Augen zu führen: wie weit sich alle sozialen Klassen sowohl im Glauben als auch in den Sitten vom Urchristentum entfernt hatten; die Korruption seines eigenen Ordens, die dazu beigetragen hatte, die gesamte christliche Gemeinschaft zu infizieren; und die heilige Pflicht, sofortige und radikale Abhilfe zu schaffen, bevor das Böse völlig unheilbar wird. Diese Darstellungen waren stets begleitet von der Berufung auf die Heilige Schrift als höchste Autorität in religiösen Angelegenheiten und von einer Darlegung ihrer Hauptlehren.« (ebd., Kap. 4) »Und das sagte er«, schrieb Cipriano de Valera, »nicht in irgendwelchen Winkeln, sondern mitten auf den Plätzen und Straßen und auf den Tribünen von Sevilla.« (Cipriano de Valera, Dos tratados del papá y de la misa, 242-246)

Der bedeutendste unter den Konvertiten von Rodrigo de Valer war Dr. Egidio (Juan Gil), Hauptkanoniker des kirchlichen Hofes von Sevilla (De Castro, 109). Trotz seiner außergewöhnlichen Gelehrsamkeit erlangte er viele Jahre lang keine Popularität als Prediger. Valer erkannte die Ursache für Dr. Egidios Versagen und riet ihm, »Tag und Nacht die Gebote und Lehren der Bibel zu studieren. So wich die ohnmächtige Kälte, mit der er gepredigt hatte, kraftvollen Appellen ans Gewissen und freundlichen Ansprachen, die den Zuhörern zu Herzen gingen. Ihre Aufmerksamkeit wurde geweckt und sie gelangten zu der tiefen Überzeugung, dass das Evangelium notwendig und vorteilhaft ist. Auf diese Weise wurden die Zuhörer darauf vorbereitet, die neuen Lehren der Wahrheit anzunehmen, die sie vom Prediger hörten, und das so, wie sie ihm offenbart worden waren, und mit der Vorsicht, die bei der Verwundbarkeit des Volkes und der Gefährdung des Predigers angeraten und erforderlich schien.«

»Auf diese Weise und aufgrund eines Eifers … der durch Vorsicht gemäßigt wurde, wurden nicht nur Bekehrte für Christus gewonnen, sondern auch Märtyrer für die Wahrheit erzogen. ›Unter den anderen himmlischen Gaben dieses heiligen Mannes‹, sagte einer seiner Jünger, ›war die eine wirklich bewundernswert: Er vermittelte allen, die er geistlich unterrichtete, ein heiliges Feuer, das so in ihnen brannte, dass alle ihre frommen Werke – sowohl innerlich als auch äußerlich – von einer Liebe erleuchtet wurden, einer Liebe zum Kreuz, das sie bedrohte: Allein hierdurch wurde deutlich, dass Jesus ihm in seinem Predigtdienst beistand. Denn sein Geist grub sich in die Herzen seiner Zuhörer ein, sobald ihm die Worte über die Lippen kamen.« (M’Crie, Kapitel 4).

Dr. Egidio zählte zu seinen Konvertiten Dr. Vargas sowie Dr. Constantino Ponce de la Fuente, einen Mann von ungewöhnlichem Talent, der viele Jahre in der Kathedrale von Sevilla gepredigt hatte und der 1539 zum Tod der Kaiserin mit der Trauerrede beauftragt wurde. Im Jahr 1548 begleitete Dr. Constantin Prinz Philipp im königlichen Auftrag in die Niederlande, »um den Flamen klarzumachen, dass es Spanien nicht an weisen und höflichen Rednern mangelte« (Geddes, Miscellaneous Tracts 1:556); und nach seiner Rückkehr nach Sevilla predigte er regelmäßig jeden zweiten Sonntag in der Kathedrale. »Wenn er predigen musste (gewöhnlich um acht Uhr), war das Volk so zahlreich, dass es um vier, oft sogar um drei Uhr morgens kaum einen bequemen Platz mehr im Tempel gab, um ihn zu hören.«

Es war in der Tat ein großer Segen für die protestantischen Gläubigen von Sevilla, Männer wie Dr. Egidio und Dr. Vargas und den beredten Constantin als geistliche Führer zu haben, die mit so viel Mut und Unermüdlichkeit an der Förderung der Sache mitarbeiteten, die sie so sehr liebten. »Tagsüber eifrig mit der Erfüllung ihrer beruflichen Pflichten beschäftigt, trafen sie sich nachts mit den Freunden der reformierten Lehre, manchmal in einem Privathaus, manchmal in einem anderen; die kleine Gruppe von Sevilla wuchs unmerklich und wurde zum Hauptstamm, aus dem Zweige entnommen wurden, um sie in die benachbarte Landschaft zu pflanzen.« (M’Crie, Kap. 4)

Während seiner Amtszeit »unterwies Constantin das Volk von Sevilla von der Kanzel aus und bemühte sich, religiöses Wissen durch die Presse im ganzen Land zu verbreiten. Der Charakter seiner Schriften zeigt uns mit voller Klarheit die Vortrefflichkeit seines Herzens. Sie entsprachen den geistigen Bedürfnissen seiner Landsleute. Dabei stellten seine Schriften weder seine Talente in den Vordergrund, noch suchten sie unter den Weisen Ruhm zu erlangen. Sie wurden in seiner Muttersprache geschrieben, in einem Stil, der für die weniger Gebildeten verständlich war. Abstrakte Spekulationen und rhetorische Ausschmückungen, die ihm von Haus aus oder Bildung her zur Verfügung standen, opferte er ohne Zögern. Er verfolgte nur einen Zweck: von allen verstanden und für alle nützlich zu werden« (ebd., Kap. 6). Karl V. hatte fast sein ganzes Leben gegen den Protestantismus gekämpft. Als er, davon müde, auf den Thron verzichtete und sich auf der Suche nach Ruhe in ein Kloster zurückzog, war es doch eines der Bücher von Dr. Constantin, seine Summe der christlichen Lehre, das der König als eines der dreißig Lieblingswerke auswählte, die ungefähr seine gesamte Bibliothek ausmachten. Das ist historisch einzigartig und bedeutsam. (Stirling, The Cloister Life of the Emperor Charles the Fifth, Seite 266.)

Karl V.

Wenn man den Charakter und die hohe Stellung der Führer des Protestantismus in Sevilla in Betracht zieht, ist es nicht verwunderlich, dass das Licht des Evangeliums dort mit ausreichender Klarheit schien, um nicht nur viele Häuser der Unterstadt, sondern auch die Paläste der Fürsten, Adligen und Prälaten zu erhellen. Das Licht schien so deutlich, dass es wie in Valladolid sogar einige der Klöster eroberte, die ihrerseits zu Zentren des Lichts und des Segens wurden. »Der Kaplan des Dominikanerklosters San Pablo propagierte mit Eifer die reformierten Lehren.«

Es gab Jünger im Kloster Santa Isabel und in anderen religiösen Einrichtungen in Sevilla und Umgebung. Aber es war im »Hieronymitenkloster San Isidoro del Campo, einem der berühmtesten Klöster Spaniens«, etwa zwei Kilometer von Sevilla entfernt, wo das Licht der göttlichen Wahrheit in noch mehr Glanz erstrahlte. Einer der Mönche, García Arias, gemeinhin Dr. Blanco genannt, lehrte seine Brüder vorsichtig, »dass das Rezitieren in den Chören der Klöster, Tag und Nacht, die heiligen Gebete, ja schon beten und singen, nicht unbedingt bedeutet, zu Gott zu beten; dass die Ausübung der wahren Religion anders geht als das, was die meisten Ordensleute so dachten; dass die Heilige Schrift mit großer Aufmerksamkeit gelesen und betrachtet werden sollte und dass man nur aus ihr wahre Erkenntnis über Gott und seinen Willen schöpfen könne.« (R. González de Montes, 258-272; 237-247) Diese Lehre wurde von einem anderen Mönch, Casiodoro de Reina, »der später berühmt wurde, indem er die Bibel in seine Landessprache übersetzte, treffend hervorgehoben.« Die Unterweisung durch so bedeutende Persönlichkeiten bereitete den Weg für »die radikale Wende«, die 1557 »im Innern dieses Klosters« eingeführt wurde. »Nachdem die Brüder eine gute Auswahl an Exemplaren der Heiligen Schrift und protestantischer Bücher in spanischer Sprache erhalten hatten, lasen sie sie mit großem Eifer […] Aus diesem Grund beschlossen der Prior und andere offizielle Personen im Einvernehmen mit der Bruderschaft, ihre religiöse Institution zu reformieren. Die Stunden, Gebete genannt, die oft auf feierlichen Wallfahrten verbracht worden waren, waren nun dem Hören von Vorträgen über die Heilige Schrift gewidmet; Gebete für die Toten wurden fallgengelassen oder durch Lehren für die Lebenden ersetzt; päpstliche Ablässe und Ausnahmegenehmigungen – ein lukratives Monopol – wurden vollständig abgeschafft; die Bilder durften zwar bleiben, wurden aber nicht mehr verehrt; regelmäßige Abstinenz ersetzte abergläubisches Fasten; und die Novizen wurden in den Grundsätzen wahrer Frömmigkeit unterwiesen, anstatt in die müßigen und erniedrigenden Gewohnheiten des Mönchtums eingeweiht zu werden. Von dem alten System blieben nur noch die klösterliche Kutte und die äußere Zeremonie der Messe übrig, die sie nicht aufgeben konnten, ohne sich einer unvermeidlichen und unmittelbaren Gefahr auszusetzen.

»Die guten Auswirkungen einer solchen Veränderung waren bald außerhalb des Klosters San Isidoro del Campo zu spüren. Durch ihre Vorträge und Bücher verbreiteten diese fleißigen Mönche die Erkenntnis der Wahrheit in den benachbarten Regionen und machten sie vielen bekannt, die in Städten lebten, die weit von Sevilla entfernt waren.« (M’Crie, Kap. 6).

So wünschenswert »die von den Mönchen von San Isidoro in ihrem Kloster eingeführte Reform auch war … sie brachte sie jedoch in eine heikle und schmerzhafte Lage. Sie konnten die klösterlichen Formen nicht ganz loswerden, ohne sich der Wut ihrer Feinde auszusetzen; auch konnten sie sie nicht behalten, ohne sich wegen Widersprüchlichkeit schuldig zu machen.«

Wohlüberlegt beschlossen sie, ein Fluchtversuch aus dem Kloster sei unvernünftig; das Einzige, was sie tun könnten, sei, »zu bleiben, wo sie waren, und sich dem anzuvertrauen, was die allmächtige und gütige Vorsehung so gefügt hatte.« Spätere Ereignisse veranlassten sie, die Sache noch einmal zu überdenken, und sie kamen überein, jedem die Freiheit zu lassen, nach den Umständen zu tun, was ihnen am besten und klügsten erschien. »Zwölf von ihnen verließen das Kloster und schafften es auf unterschiedlichen Wegen, sich außerhalb Spaniens in Sicherheit zu bringen, und sich doch innerhalb von zwölf Monaten in Genf wieder zu vereinigen« (ebd.).

Lies weiter: Teil 3: Tapferkeit und Opfer: Das Vermächtnis der spanischen Märtyrer

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Zu Teil 1 der Reformationsserie: Martin Luthers Charakter und Frühzeit: Durch die Hölle in den Himmel

Aus: Conflicto de los Siglos, 227-234

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