Die ersten Jahre durfte niemand wissen, dass es mich gibt. Wenn Besuch kam, wurde ich im Schweinestall versteckt. Später kam ich doch in die Schule, aber sprechen konnte ich kaum. Erst ein Feldwebel bei der Bundeswehr nahm sich meiner an. Gott hatte seinen Plan. Von Herbert Kropf
»Ich kannte dich, ehe ich dich im Mutterleib bereitete, und sonderte dich aus, ehe du von der Mutter geboren wurdest« (Jeremia 1,5 Luther 84)
Ich war ein ungewolltes Frühchen
Am 16.09.1950 wurde ich im Südschwarzwald als ungewolltes Frühchen und zweites Kind nur dreizehn Monate nach meiner Schwester geboren. Nach der Geburt wurde ich notgetauft und in ein Kinderheim gebracht. Neun Monate später musste ich aus dem Heim wieder abgeholt werden. Warum meine Eltern mich nicht einfach dort gelassen haben, weiß ich nicht.
Niemand durfte wissen, dass es mich gibt
Zu Hause durfte niemand wissen, dass es mich gibt, weder Verwandte noch andere Leute im Dorf. Die einzige, die außer meinen Eltern von mir wusste, war meine Oma. Immer wenn Besuch kam, wurde ich im Schweinestall versteckt. Dort waren ein bis zwei Schweine. Es waren meine einzigen Freunde.
Als ich etwa vier Jahre alt war, nahm meine Mutter mich in den Nachbarort Steinen zu meiner Oma mit. Dort lernte ich das erste Mal andere Kinder kennen. Ich ging mit ihnen auf eine Baustelle. Und wie es halt so ist: Ich machte mich schmutzig. Danach prügelte mich meine Mutter so, dass meine Eltern mich dort drei bis vier Wochen auf einem Speicher versteckt hielten, damit niemand meine Verletzungen sah. Erst danach holte meine Mutter mich nach Hause in den Stall zurück. Nach 63 Jahren habe ich immer noch Albträume, eingesperrt und festgebunden zu sein.
Mit fünf Jahren wurde ich entdeckt
Als ich etwa fünf Jahre alt war, wurde ich von einer Schwester meiner Großmutter im Schweinestall gefunden. Ich werde nie vergessen, wie das war, als eine fremde Frau mich anfasste und aus dem Schweinestall befreite. Ich hatte schreckliche Angst, weil ich ja noch nie im Stall einen anderen Menschen außer meiner Mutter oder meiner Großmutter gesehen hatte.
Danach war in unserer Familie ein Riesenkrach. Ich wusste, dass ich die Ursache dafür war und bekam furchtbare Angst. Aufgrund meiner Vergangenheit konnte ich aber nicht sprechen und deshalb nichts dazu sagen oder fragen. Die Schwester meiner Großmutter wollte mich nun zu sich nehmen, das wollten aber meine Eltern nicht, da ja nun sowieso jeder wusste, dass es mich gibt.
Schulzeit und Ausbildung
Mit sechs Jahren wurde ich eingeschult. Aber kein anderes Kind wollte mit mir etwas zu tun haben, weil ich kaum sprechen konnte. Ich war das sogenannte Opferkind. Acht Jahre lang schlug ich mich mehr schlecht als recht durch die Schulzeit. Bis zum Schluss konnte ich nicht richtig sprechen.
Nach Schulende machte ich eine Lehre als Karosseriespengler in Steinen und dann als Autolackierer in Rüsselsheim. In beiden Berufen legte ich nach drei Jahren die Gesellenprüfung ab.
Die Bundeswehr, mein Glück
Mit 18 Jahren wurde ich zur Bundeswehr eingezogen. Für mich war dies das größte Glück meines bisherigen Lebens. Ich kam zu einem Feldwebel, der sofort merkte, was mit mir los war. Er nahm sich die Zeit, mir richtig Sprechen beizubringen und ermutigte mich, bei der Bundeswehr alle Führerscheine und den Fahrlehrerschein zu machen. Die Prüfungen bestand ich ohne Probleme.
Gaby und die Adventisten
Nach der Bundeswehr lernte ich meine liebe Frau Gaby kennen, mit der ich seit nunmehr vierzig Jahren eine sehr gute Ehe führe. Gaby ist Adventistenkind, ging aber lange Zeit nicht zur Gemeinde. 2001 war ich mit einem adventistischen Prediger, Pastor Tonhäuser, in Afrika und lernte dort die Adventisten richtig kennen. Gaby hatte schon einige Jahre vorher begonnen, die Gemeinde wieder regelmäßig zu besuchen. 2007 ließ ich mich in Afrika auf den adventistischen Glauben taufen.
Gaby und ich haben zwei Kinder und mittlerweile fünf Enkelkinder, die ich sehr liebe. Ein Urenkel ist mittlerweile auch unterwegs, worauf ich mich unheimlich freue.
So ist Gott!
»Sondern was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er die Weisen zuschanden mache; und was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er zuschanden mache, was stark ist; und das Geringe vor der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt, das, was nichts ist, damit er zunichte mache, was etwas ist, damit sich kein Mensch vor Gott rühme.« (1. Korinther 1,27.28 Luther 84)
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