Bibelschule lieber schließen als Kompromisse machen: Jüdische Konsequenz

Bibelschule lieber schließen als Kompromisse machen: Jüdische Konsequenz
Foto: Futureal - Wikipedia

Von der Treue so manches Juden kann man nur lernen. Es lohnt sich immer wieder einen Blick in ihre jüngere Geschichte zu werfen. Von Richard Elofer

Die Jeschiwa von Waloschyn wurde im Jahr 1803 von Raw Chajim ben Isaak Woloszyner gegründet, dem ersten Schüler des Gaon von Wilna. Es war ein bahnbrechendes Institut, weil es bis zu seiner Gründung keine organisierten jüdischen Hochschulen (Jeschiwot) gegeben hatte. Wenn jemand die Tora studieren wollte, hatte er sich bis dahin seinen eigenen Rebben (Rabbiner) suchen, aber sich auch um Unterkunft und Verpflegung und eine Gruppe gleichgesinnter Studenten kümmern müssen. Die Jeschiwa von Waloshyn jedoch bot Unterkunft und Verpflegung und eine ganze Menge von hochintelligenten Studenten, die gemeinsam ihr Tora-Wissen vertiefen wollten. Über die Jahrzehnte gingen aus ihr die größten jüdischen Denker und schließlich die Leitfiguren des aschkenasischen Judentums hervor, unter ihnen Rabbi Abraham Dow-Bär Kahana Schapiro, Rabbi Abraham Isaak Kook, Rabbi Schimon Schkop, Rabbi Boruch Bär Leibowitz.

Im Jahr 1892 jedoch entschied der Vorsteher der Hochschule, der verehrte Rabbi Naphtali Zwi Juda Berlin, die Tore der Jeschiwa zu schließen – vielleicht für immer. Die russische Regierung forderte damals die Einführung gewisser säkularer Fächer. Sie wollte auch den Lehrplan bestimmen und verlangte unter anderem: »Alle Lehrer aller Fächer müssen Hochschuldiplome vorweisen.« Oder: »Zwischen 9 und 15 Uhr dürfen keine jüdischen Fächer gelehrt werden. Der Unterricht in den Abendstunden ist nicht gestattet. Die Gesamtzahl der Unterrichtsstunden darf 10 am Tag nicht überschreiten.«

Statt sich zu beklagen, schloss Rabbi Berlin die Jeschiwa. Dieser Vorfall ereignete sich auf dem Höhepunkt ihrer Geschichte. Die Zahl der Studenten ging damals gegen 400. Sie kamen aus dem gesamten russischen Reich, der Ukraine, Litauen, Weißrussland und Polen, ja sogar aus westlichen Ländern wie Großbritannien, Deutschland, Österreich und den Vereinigten Staaten.

Waloschyn war das Zentrum des Tora-Studiums, in dessen Herzen die »Heilige Jeschiwa« stand. Doch das hinderte den Nezib nicht (Akronym für Naphtali Zwi Juda Berlin), ihre Tore zu schließen.

Aus: Shabbat Shalom Newsletter, 649, 26. September 2015, 13 Tishrei 5776
Herausgeber: World Jewish Adventist Friendship Center

Empfohlener Link:
https://wjafc.globalmissioncenters.org/


 

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