Im Glauben über Hindernisse

Im Glauben über Hindernisse

 Vier Missionare im tiefen Afrika. Von Michael Rathje

Nach drei Monaten in Kenia und zwei Monaten in Uganda im L’ESPERANCE Kinderdorf Kinyo hat uns Gott Ende November hat uns Gott dazu geführt, den Glaubensschritt zu wagen. Fünf Monate waren vergangen, seit wir Äthiopien verlassen hatten. Der Bürgerkrieg im Land hatte sich ausgeweitet. Die Regierung hatte den nationalen Notstand ausgerufen und wir sind immer noch dabei Dokumente für unser Langzeitvisum in Äthiopien zu beschaffen.

Wir waren an den Punkt gekommen, dass wir uns als Team von vier Missionaren aus Deutschland, Chile, Peru und Bolivien entschlossen, eine Woche zu beten und Gott zu suchen, um uns klar zu werden, was wir tun sollten. Wir fühlten den Drang, eine Entscheidung zu treffen. In jener Woche hatten mein chilenischer Missionskollege Kevin und ich die Möglichkeit ein ugandisches Projekt namens FARMSTEW zu besuchen. Dort verbrachten wir fünf Tage mit unseren Glaubensgeschwistern in der Stadt Iganga. Das Programm unterrichtet ausgewählte Menschen vor Ort, wie sie ihre Mitbürgern in den FARMSTEW-Lebensstil einführen können: Farming, Attitude, Rest, Meals, Sanitation, Temperance, Enterprise, Water. Zu Deutsch: Landwirtschaft, die richtige Einstellung, Ruhe, Ernährung, Hygiene, das richtige Maß, Unternehmergeist, Wasser.

Gemeinsam mit diesem Team besuchten wir die verschiedenen Dörfer rund um die Stadt, zeigten, wie man Bäume und Gemüse anpflanzt, gaben Kochkurse und hielten Vorträge über das erfüllte Leben, das Gott uns durch seinen Sohn Jesus Christus schenken möchte. 80% der Einwohner um Iganga sind Muslime. Doch unsere Geschwister werden herzlich aufgenommen, ihr Unterricht ist sehr willkommen.

Nach fünf Tagen kehrten wir ins L’ESPERANCE-Kinderdorf zurück und Gott schenkte uns die einstimmige Entscheidung: Wir gehen zurück nach Äthiopien. Wenn Gott uns das so zeigt, wird er auch jedes Hindernis beseitigen. Am selben Tag beantragte ich online unsere Touristenvisa. Kevin und ich hatten schon zwei Touristenvisa im selben Jahr erhalten und als unsere Missionskolleginnen Luz (Peru) und Ana (Bolivien) nach Äthiopien kamen, bekamen wir Visumsschwierigkeiten. Deshalb hatte ich so meine Zweifel, ob sie uns mitten im Notstand ein weiteres Touristenvisum ausstellen würden. Ich versuchte auch unsere schon länger gebuchten Flüge umzubuchen, konnte aber das Dokument mit unseren Reservierungscodes nicht finden. Gerade rechtzeitig kam ein Mitarbeiter von L’ESPERANCE aus Deutschland zur Mitgliederversammlung in Kinyo. Ich hatte ihn vor einigen Jahren in Bolivien kennen gelernt. Er wollte nun nach Simbabwe weiterreisen. Durch ihn eröffnete uns Gott die Möglichkeit, nach Kampala, die Hauptstadt Ugandas, mitgenommen zu werden. Wir wurden in einem freundlichen, möblierten Apartment mit Küche und einer wunderschönen Aussicht untergebracht und durften dort zwei Nächte gratis verbringen. Ich fand schließlich unsere Ticketinformationen und konnte umbuchen. Für unsere Covid-Tests wurde ein Heimservice bestellt: Eine Dame kam direkt zu uns ins Apartment. Die Ergebnisse erhielten wir am nächsten Morgen per Mail. Die Visa für Äthiopien wurden bewilligt und alles war bereit für den Abflug. Der Besitzer des Apartments brachte uns zum Flughafen und kümmerte sich darum, dass alles reibungslos verlief. Im Flughafen hatten wir beim Check-in erst einmal Probleme, weil wir nur einen Hinflug nach Äthiopien vorweisen konnten. Wir mussten eine halbe Stunde auf den Vorgesetzten warten. Er war gar nicht glücklich, sagte uns, wir könnten nicht mit einem Hinflugticket nach Äthiopien einreisen. Doch als ich ihm erklärte, dass wir Missionare in Gambela sind und dies unser Rückflugticket sei, änderte sich seine Einstellung sofort. Er war begeistert und ermutigte uns, für Äthiopien und seine schreckliche Situation zu wirken und zu beten. Gottlob schien der Heilige Geist diesen strengen Mann in ein sanftes Lamm bekehrt zu haben.

Wir gingen an Board des Flugzeugs und kamen zwei Stunden später in Addis Abeba an. Es war Donnerstag 5:00 Uhr. Die Beamten bei der Einreise schauten unsere Visa an und waren überhaupt nicht einverstanden. Sie ließen uns warten und fragten nach unseren Einreisegründen. Wir könnten doch nicht als Missionare mit einem Touristenvisum arbeiten. Sie baten mich um einen äthiopischen Kontakt. Ich gab ihnen die Nummer des Vorstehers von der adventistischen Missionsvereinigung in Gambela. Wir warteten. Drei Stunden später wurden wir aufgerufen, unsere Pässe gestempelt und wir konnten einreisen. Wir blieben im Gebäude des adventistischen Verbands und flogen am nächsten Tag nach Gambela.

Am Sabbatnachmittag hatten wir die Möglichkeit von unseren Erfahrungen in der Hauptgemeinde von Gambela zu erzählen. Luz und Ana wurden nicht nur vom Wetter wärmstens willkommen geheißen mit 38–40°C im Schatten, sondern auch von den Gemeindegliedern und -leitern. Zum selben Anlass bewegte der HERR mich, über Landwirtschaft, Wasser und Hygiene zu predigen. Ich machte einen Aufruf für die Entwicklung dieses Gebiets in Gambela. Nach der Stunde blieben 10 Zuhörer zurück.

Am Sonntagmorgen gründeten wir mit 17 Personen den Verein Gambela Adventist Nutrition and Sanitation (GANS) und wählten einen achtköpfigen Vorstand. Das Ziel ist die Grabung von Latrinen und Brunnen. In Gambela sind Toiletten eine Seltenheit. Die Leute verrichten ihr Geschäft buchstäblich auf der Straße und den Feldern. Fliegen sind überall und verbreiten Krankheiten und Infektionen. Die Menschen sind sehr ungebildet und arm. Einige Freunde aus Deutschland spendeten uns für den Anfang 2500 Dollar. Wir werden sie verwenden, um Latrinen und Brunnen zu finanzieren. GANS wird mit der Latrine der Hauptgemeinde beginnen, die jeden Sabbat von 600 Gemeindegliedern besucht wird und keine Toilette hat. Ein Mitglied aus dem Vorstand lud mich zu sich nach Hause ein, wo wir ihren Freunden aus der Nachbarschaft eine Präsentation gaben.

Wasser ist das größte Problem in dem gesamten Gebiet, aber es ist eher eine Frage der Initiative und Verwaltung der Mittel. Die Kultur ist sehr stark, die Traditionen lassen sich kaum brechen. Nur sehr wenige Menschen, wollen aus der Reihe tanzen, schauen über den Tellerrand oder denken um die Ecke. Wer dies tut, dessen finanzielle Möglichkeiten sind gleich Null. Von unserer Seite aus wollen wir ein Kanal Gottes sein, um den Menschen, die Initiative zeigen, finanzielle Möglichkeiten zu bieten.

Ein weiteres Projekt entstand nur wenige Tage später, als sich eine Gruppe von fünf Personen zusammenfand und einen Vorschlag machte für ein Mikrofinanzprojekt zum Anbau auf dem Grundstück der Gemeinde. Ich kaufte ihnen einige Werkzeuge, damit die Arbeit beginnen kann. Gleichzeitig werden wir eine Wasserpumpe besorgen, damit Wasser aus dem Fluss gepumpt werden kann. Außerdem muss ein Zaun errichtet werden, um die Ziegen und Kühe fernzuhalten. Dieses Projekt ist sehr schön. Wir wollten das Land schon bei unserem ersten Aufenthalt in Äthiopien kultivieren, wussten aber nicht, wie wir vorgehen sollten. Jetzt sorgt Gott für die Initiative der Einheimischen.

Durch die Gemeinde haben wir viele Gelegenheiten, den Einheimischen nahe zu kommen, mit ihnen zu essen und die Wahrheit zu verkünden, wie sie in Jesus ist. Wir besuchen Gemeinden und Hausgruppen, lernen die Realität in Gambela kennen und beten, dass wir bei der Entwicklung der Lebens- und Gesundheitsbedingungen der Menschen helfen können.

Matthew Nam’s Academie unterrichtet zurzeit Kinder im Kindergartenalter, von 3 Jahren bis unbekannt. Die Grundschule in Äthiopien umfasst die Klasse 1–8. Die Schule hier hat nur sechs Klassen, weil es zu wenige Lehrer und Räume gibt. Dennoch wird die Schule täglich von etwa 500 Kindern besucht. Die Bedingungen sind sehr bescheiden und es fehlt an den grundlegendsten Dingen wie Bleistiften und Büchern. Sogar die Tafeln sind eigentlich schrottreif. Luz und Ana haben begonnen, sich am Schulprogramm zu beteiligen, helfen im Mathe-, Englisch- und Kunstunterricht, bauen Vertrauen zur Schulleitung auf und analysieren die Bedürfnisse und das Potenzial der Schule. Es braucht Taktgefühl und Geduld, sonst kann man sich leicht den Zugang zum Herzen der Einheimischen verschließen. Aber wir sind zuversichtlich, bald eine gewisse Entwicklung anstoßen zu können. Das Alter der Kinder in der Schule ist sehr unterschiedlich, in derselben Klasse kann ein Unterschied von bis zu 6 Jahren sein. Neulich habe traf ich einen jungen Mann im Alter von 18, der mir erzählte, dass er erst in der 8. Klasse ist. Das ist die Realität in Gambela. Das akademische Niveau ist sehr niedrig, in der 4. Klasse können die Kinder immer noch nicht in ihrer Muttersprache Nuer schreiben oder lesen. Der Unterricht ist in Englisch, aber die Kinder verstehen diese Sprache kaum. Zusätzlich lernen sie auch die Landessprache Amharisch, insgesamt eine sehr herausfordernde Situation. Aber wir möchten die Matthew Nam’s Academy gerne zu einer hochwertigen adventistischen Bildungsstätte machen.

Am dritten Schöpfungstag erschuf Gott die Vegetation und auch die Nahrung für seine Geschöpfe. Eines dieser Nahrungsmittel ist die wunderbare Jackfrucht Dieser Baum und seine Früchte haben das Potential, den Hunger auf der ganzen Welt zu beseitigen, wenn sie richtig kultiviert und genutzt werden. Sie kann reif gegessen werden und hat einen köstlichen Geschmack: wie honigsüßes Kaugummi. Man kann sie aber auch unreif kochen: Dann schmeckt sie wie Hühnchen. Eine Frucht kann bis zu 40 kg wiegen. Wir haben sie zum ersten Mal in Uganda gegessen und ich konnte etwa 100 Samen nach Gambela mitbringen. Gott sei Dank sind etwa 50 Samen bereits gekeimt und wenn es uns gelingt, die Pflanzen erfolgreich vor den alles verschlingenden Ziegen zu schützen, werden wir in ein paar Jahren viel Jackfrucht in Gambela haben.

Der Bau des Gästehauses lag vollständig auf Eis, seit wir Gambela im Mai dieses Jahres verlassen hatten. Nach etwa 4 Monaten Wartezeit ergriff nun die Kirchenverwaltung die Initiative und stellte einen Arbeiter ein, der die Bauarbeiten fortsetzte. Die Qualität der Arbeit ist leider Geldverschwendung, aber wir müssen weitermachen. Jetzt sind die zwei Räume, in die wir einziehen wollen fast fertig. Der mittlere Raum ist gefliest und wurde bereits für ein Treffen der Missionsvereinigung mit den Besuchern vom Verband für die Jahresberichtssitzung genutzt. Ich war sehr verzweifelt wegen dem Bau. Die Bauunternehmer sind inkompetent und die Zeit ist knapp, aber wir hatten beschlossen lieber mit den Menschen zu arbeiten als unsere Zeit mit leblosem Material beim Bauen zuzubringen. So betete ich zu Gott, dass wir eine kompetente Person brauchen, die den Bau fertigstellen kann. Ein paar Tage später sorgte Gott für einen jungen, gebildeten adventistischen Bauunternehmer, der gut Englisch spricht. Er kam mit einem seiner Arbeiter und fing an, den Bau zu vermessen, um einen vollständigen Vorschlag zu machen. Ich bete, dass die Arbeit für Gott annehmbar ist und wir das Projekt bald fertigstellen können.

Mein Kollege Kevin hat sich in Uganda durch einen Mückenstich eine Infektion zugezogen, mit der Zeit wurde sie so schlimm, dass sie sich anfing, auf seinem Rücken auszubreiten. Zuerst behandelten wir ihn mit Naturheilmitteln, aber nach drei Wochen griffen wir zu einem Pharma-Antibiotikum. Das brachte die Wendung. Auch wenn wir den übermäßigen Einsatz solcher Medikamente nicht befürworten, loben wir Gott, dass Medikamente für solche Notfälle entwickelt wurden.

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