Wie mutiges Beten den Unterschied macht … Von Ellen White
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In einer Vision sah ich, wie Gottes Volk mächtig durchgeschüttelt wurde. Einige darunter zeigten starken Glauben und flehten mit schmerzerfüllten Gebeten zu Gott. Ihre Gesichter waren bleich und von tiefer Sorge gezeichnet. Denn in ihnen tobte ein Kampf, ihre Züge wirkten entschlossen und ernst und auf ihrer Stirn bildeten sich nach und nach Schweißtropfen, die schließlich zu Boden fielen. Von Zeit zu Zeit leuchteten ihre Augen auf, weil sie Gottes Zustimmung spürten. Doch dann kehrte wieder dieser intensive, ernsthafte und besorgte Ausdruck zurück.
Böse Engel drängten sich um sie, wollten sie mit ihrer Finsternis umschließen, Jesus aus ihrem Blickfeld rücken, damit ihre Augen nur noch Schwarz sähen, sie Gott misstrauten und gegen ihn murrten. Jetzt bestand ihre einzige Sicherheit im direkten Blick nach oben. Engel wachten über Gottes Volk. Als der Gifthauch der bösen Engel sich um diese Besorgten legte, vertrieben ihre Schutzengel die Finsternis über ihnen mit ihren Flügeln.
Einige beteten und flehten nicht. Sie schienen gleichgültig und sorglos zu sein, ließen sich wehrlos von der Finsternis verschlingen. Sie wurden von Gottes Engeln verlassen, die daraufhin den ernsthaften Betern zu Hilfe eilten, jedem, der mit voller Energie den bösen Engeln Widerstand leistete und sich zu helfen suchte, indem er ausdauernd zu Gott betete. Doch wer keinen Einsatz brachte, blieb allein zurück und geriet aus meinem Sichtfeld.
Während die Beter weiter zu Gott riefen, erreichte sie zuweilen ein Lichtstrahl von Jesus, der sie ermutigte und ihre Augen aufleuchten ließ.
Nach dem Sinn dieses Bebens fragend, wurde mir gezeigt, dass es von der deutlichen Botschaft des Treuen Zeugen an die Laodizeaner bewirkt wird. Sie bewegt die Herzen der Empfänger, sodass diese die Latte höher legen, sich deutlich zu ihrem Glauben bekennen und reinen Wein einschenken. Diese klare Botschaft können einige nicht ertragen. Sie stehen dagegen auf, und das löst ein Erdbeben unter Gottes Volk aus.
Die Botschaft des Treuen Zeugen wurde bis jetzt nicht einmal zur Hälfte beherzigt. Obwohl das Schicksal der Kirche davon abhängt, nimmt man sie auf die leichte Schulter oder ignoriert sie sogar. Dabei will die Botschaft tiefe Reue bewirken, Menschen zur Umkehr und Nachfolge rufen sowie Herzen reinigen.
Der Engel sagte: »Achtung!« Kurz darauf hörte ich eine Stimme, die wie viele Musikinstrumente auf einmal klang, alle perfekt gestimmt, warm und harmonisch, schöner als jede Musik, die ich bis dahin gehört hatte. Die Stimme war überaus barmherzig, einfühlsam und voll erhebender, heiliger Freude. Sie durchschauerte mein ganzes Sein bis in den letzten Winkel. Der Engel sagte: »Schau hin!« Da sah ich wieder die Erschütterten von vorhin. Während sie zuvor noch geweint und mit schmerzerfülltem Geist gebetet hatten, umgaben sie jetzt doppelt so viele Schutzengel. Sie trugen von Kopf bis Fuß eine Rüstung und bewegten sich absolut koordiniert wie ein Kampftrupp. Ihnen stand noch der durchlebte heftige Konflikt ins Gesicht geschrieben, das quälende Ringen mit der Finsternis. Doch die Sorgenfalten waren nun vom Licht und der Schönheit des Himmels umschienen. Der Sieg war erlangt. Sie waren einfach nur dankbar und von heiliger Freude erfüllt.
Die Zahl dieser Truppe hatte sich verringert. Einige von ihnen wurden durch das Beben vom Weg abgebracht. Die Sorglosen und Gleichgültigen, denen der Sieg und die Rettung nicht wichtig genug waren, um dafür zu ringen, durchzuhalten und zu flehen, sie hatten ihn nicht erlangt und blieben in der Finsternis zurück. Aber ihre Plätze wurden sofort von anderen eingenommen, die sich aufgrund der Wahrheit den Kämpfern anschlossen. Die bösen Engel drängten sich zwar noch immer um sie, aber hatten keinen Einfluss mehr.
Die Gerüsteten verbreiteten die Wahrheit mit großer Wirkung. Ich sah die Befreiten: Frauen, die zuvor von ihren Männern zurückgehalten wurden, Kinder von ihren Eltern. Die Aufrichtigen, denen man den Zugang zur Wahrheit versperrt hatte, saugten die Botschaft jetzt begierig auf. Alle Furcht vor Familienangehörigen war verschwunden. Ihnen kam es nur noch auf die Wahrheit an. Ich fragte, wie es zu diesem großen Wandel gekommen war. Ein Engel antwortete: »Das ist der Spätregen. Die Erfrischung aus der Gegenwart des HERRN. Der Laute Ruf des Dritten Engels.«
Diese Erwählten hatten großen Einfluss. Der Engel sagte: »Schau hin!« Nun sah ich die Bösen bzw. die Ungläubigen. Sie waren alle völlig aufgebracht. Die Begeisterung und der Einfluss von Gottes Volk hatte sie stutzig und zornig gemacht. Überall herrschte Chaos. Maßnahmen wurden gegen diese Schar ergriffen, die von Gottes Kraft und Licht durchdrungen war. Die Finsternis um sie her wurde zwar dichter, aber sie standen aufrecht unter Gottes Zuspruch und im Vertrauen auf ihn. Dennoch waren sie jetzt ratlos. Bald aber hörte ich ihr ernstes Rufen zu Gott. Tag und Nacht riefen sie zu ihm: »Dein Wille geschehe, o Gott! Wenn es deinen Namen verherrlicht, dann schaffe deinem Volk doch einen Fluchtweg! Rette uns bitte von den Ungläubigen ringsumher! Sie wollen nur unseren Tod; aber dein Arm kann uns retten.« Das sind alle Worte, an die ich mich erinnere. Ihre Unwürdigkeit war ihnen sehr bewusst. Deshalb drückten sie ihre völlige Hingabe an Gottes Willen aus. Ausnahmslos alle flehten intensiv und rangen wie Jakob um Befreiung.
Bald nachdem sie ihr intensives Gebet begonnen hatten, wollten die Engel sie aus Mitgefühl befreien. Doch ein großer, eindrucksvoller Engel hielt sie auf. Er sagte: »Gottes Wille ist noch nicht erfüllt. Der Kelch ist noch nicht ausgetrunken. Sie werden mit der Taufe getauft.«
Bald darauf hörte ich Gottes Stimme, die Himmel und Erde erzittern ließ. Ein großes Erdbeben entstand. Überall stürzten Gebäude ein. Ein triumphierender Siegesruf erscholl laut, melodisch und klar. Ich schaute zu der Schar, die kurz vorher noch angespannt und gefangen war. Ihre Gefangenschaft hatte sich gewendet. Ein warmer Lichtglanz leuchtete um sie. Wie schön sie jetzt waren! Alle Anzeichen von Müdigkeit und Sorge waren verflogen. Gesundheit und Schönheit spiegelten sich in jedem Gesicht. Ihre ungläubigen Feinde fielen wie tot zu Boden, denn sie konnten das Licht um die befreiten Heiligen nicht ertragen. Dieser helle Glanz umgab sie, bis Jesus in den Himmelswolken erschien und die treue, geläuterte Schar in einem einzigen Augenblick verwandelt wurde von einer Herrlichkeit zur nächsten. Dann öffneten sich die Gräber und die Heiligen traten hervor, angetan mit Unsterblichkeit, mit dem Siegesruf über Tod und Grab auf den Lippen. Gemeinsam mit den lebenden Heiligen wurden sie eingesammelt, um ihrem Herrn in der Luft zu begegnen; während jede unsterbliche Zunge voll Bewunderung und Siegesruhm war, jede Lippe geheiligt Gott lobsang.
Quelle: Review and Herald, 31. Dezember 1857
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