Überlebender eines Schicksalsschlags erzählt – Sonnenaufgang (Teil 11): Sonnenaufgang

Überlebender eines Schicksalsschlags erzählt – Sonnenaufgang (Teil 11): Sonnenaufgang
Bild: alexugalek - Adobe Stock

Eigentlich ist es nur ein Schalter, der umgelegt werden muss, damit die Heilung beginnen kann. Von Bryan Gallant

»In Wirklichkeit trauert man ewig. Über den Verlust eines geliebten Menschen ›kommt man nicht hinweg‹; Man lernt damit zu leben. Man heilt und baut sein neues Leben um den erlittenen Verlust herum auf. Man ist wieder heil, aber nie mehr derselbe. Man sollte auch nicht mehr derselbe sein und will es auch gar nicht.« – Elisabeth Kübler-Ross

Ich erinnere mich immer noch an den Morgen, als ich Penny in die Augen schaute. Wie lange der Unfall her war, weiß ich nicht mehr, aber ich bin sicher, viele Monate waren vergangen, vielleicht sogar mehr als ein Jahr. Wir saßen am Frühstückstisch und hatten uns daran gewöhnt, alleine zu sein. Penny kochte wieder. Wir aßen, glaube ich, ein paar leckere Toastbrote mit Marmelade. Als ich das Brot zum Mund führte, geschah etwas, womit buchstäblich ein neuer Tag anbrach. Gerade schob sich sein erster Glanz über den Horizont. Es waren die Worte, die uns aus der Finsternis ins Licht brachten, als Penny sagte:

»An dem Tag sind nur zwei Menschen gestorben.«

Wir schauten uns an. Das stimmte. Nicht die genaue Anzahl. Die war ja offensichtlich. Nein, die tiefere Bedeutung.

Die Wucht des Unfalls hätte ausgereicht, um uns alle vier zu töten. Als sich unser Gebrauchtwagen ohne Airbags damals im Jahr 1994 mit 100 km/h überschlug, hätte das unser aller Ende bedeuten müssen. Dennoch wurde ich nicht einmal verletzt, und Penny entkam dem Tod und möglichen Hirnschäden, sodass sie weiter kämpfen und leben konnte.

Vom Warum zur Akzeptanz

Warum? Dieses Wörtchen hatte uns monatelang gequält. Doch jetzt lud es uns zu der Frage ein: Warum leben wir noch? Was oder wer hat eingegriffen? War es möglich, dass es einen Sinn für unser Weiterleben gab? Als wir uns so anschauten und das Gewicht der Worte einsank, bewegten wir uns vorsichtig auf den unwirklichen Ort zu, der den Namen »Akzeptanz« trägt.

In den folgenden Tagen überlegten wir weiter und suchten nach Antworten. Wir schauten auf die vergangenen Monate zurück, dachten über die Dunkelheit, den Schmerz und den Gedächtnisverlust nach. Bevor uns die Wahrheit der Worte, die Penny gerade gesprochen hatte, bewusst wurde, hatten wir uns oft schuldig gefühlt, wenn wir lachen mussten – hatten keine langfristigen Pläne mehr gemacht. Immer noch waren unsere Träume vom Tod unserer Kinder beherrscht worden, sowohl tags als auch nachts. Wir hatten noch nicht wieder damit begonnen, wirklich zu leben, sondern existierten wie eine leere Hülse, aus der unsere alte Identität gewichen war.

Doch Pennys Worte drängten uns nach vorne.

Wir waren nicht gestorben. Also musste es in Ordnung sein, dass wir noch lebten. Aus irgendeinem Grund hatte man uns am Leben gelassen. Deshalb durften wir auch wieder aufleben. Wir erkannten plötzlich, dass es in Ordnung war zu lachen, träumen, hoffen, auch ohne dass uns unsere Schuldgefühle lähmten oder wir uns wie Verräter vorkamen. Es fühlte sich an, als wachten wir langsam auf, als rieben wir uns die verschlafenen Augen und erkannten, dass unser Überleben einen tiefen Sinn hatte.

Auf uns wartete eine Zukunft!

Nicht Zufall, sondern Liebe

Als wir weiter über die vorigen, finsteren Monate nachdachten, verbanden wir die einzelnen Lichtpunkte der Liebe miteinander, mit der uns unsere Freunde begegnet waren. Unerklärliche Glücksmomente ergaben plötzlich ein schönes Muster, das wir nicht einfach so abtun konnten. Dinge, die andere Zufall nennen, geschahen immer häufiger, bis wir merkten, dass sie ganz und gar nicht zufällig passierten, sondern irgendwie bis ins Kleinste koordiniert waren. Erinnerungen wurden wach. Da stand plötzlich ein fein gewirktes Kunsthandwerk vor uns. Etwas oder Jemand, was kein Zufall sein konnte. Langsam aber sicher stieg aus der Asche die Offenbarung eines Gottes, der über dem Chaos am Wirken ist. Bald würde sie in voller Pracht hoch am Himmel scheinen.

Wie kann ein liebender Gott so viel Leid zulassen?

Gott war uns nicht unbekannt gewesen. Wir hatten sogar eine persönliche Beziehung zu ihm gehabt. Doch als unsere Kinder starben, nachdem ich gerade eine Predigt über den Glauben gehalten und um Schutz auf der Heimfahrt gebeten hatte, da wurde unsere Wahrnehmung von Gott radikal in Frage gestellt! Im Sturm unserer Wut wurde auch Gott ein Opfer dieses schrecklichen Unglücks. Unser Gottesbild lag in Scherben. Was für ein Gott konnte so etwas Furchtbares zulassen?

Ich konnte immer noch tief im Herzen das Echo meiner Rufe zu Gott hören. Die Frage, die sich in mein Inneres hineingebohrt hatte, hallte nach: Wie konnte ein guter Gott so etwas zulassen? Ich hatte keine leichte Antwort darauf. Es gibt auch keine leichte Antwort. Trotzdem war da eine beharrliche Stimme in mir, die mich darum bat, der Sache noch einmal auf den Grund zu gehen. Mitten in allen meinen Fragen, fing ich an zu erkennen, dass es einen größeren Zusammenhang geben musste.

Jeder hat ja irgendein Gottesbild. Je nachdem wie man aufgewachsen ist, glaubt man an einen, viele oder überhaupt keinen Gott (Monotheismus, Polytheismus, Atheismus). In gewisser Hinsicht fällt es den polytheistischen Religionen leichter zu erklären, warum es das Böse und das Leid gibt. Atheisten können sogar ganz auf die Erklärung verzichten. Aber die großen monotheistischen, abrahamitischen Religionen, Judentum, Christentum und Islam, sowie ein paar kleinere Glaubensgemeinschaften können das »Böse« nicht einfach einer anderen Gottheit in die Schuhe schieben oder alles dem Zufall zuschreiben. Diese monotheistischen Religionen sind gezwungen, um eine schlüssige Antwort auf die Finsternis zu ringen.

Ganz persönlich haben wir alle ein gewisses Bild von Gott und leben entweder im Einklang mit diesem Gottesbild oder wir lehnen uns dagegen auf. In meinem Leben hatte ich einen schweren Fehler in mein Gottesbild integriert. Aus irgendeinem Grund hatte ich etwas missverstanden. Wenn der Unfall nicht geschehen wäre, dann wäre mir das wahrscheinlich nie aufgefallen, denn ich wusste es nicht besser. Doch trotz meiner Aufrichtigkeit nahm ich Gott verzerrt wahr, und erst der Tod meiner Kinder brachte dies zum Vorschein.

Wenn wir völlig am Ende sind

Ich meinte fälschlicherweise, dass meine Beziehung zu Gott auf dem beruhte, was ich für ihn tat. Ich studierte meine Bibel und lernte sie auswendig; ich betete und machte Andacht; ich predigte und gab Zeugnis; ich tat alles Richtige und mied das Falsche. Was lag allem zu Grunde? In vieler Hinsicht beruhte mein Glaube auf dem, was ich tat. Solange ich mehr tat als andere, war ich recht guter Dinge und fühlte mich geliebt. Andere beurteilen und mich mit ihnen vergleichen, das waren meine beiden Glaubenspfeiler. Mein Selbstwert vor Gott (und vor den Menschen) beruhte auf meiner eigenen Leistung. Vor dem Unfall dachte ich, dass ich mich auch tatsächlich ganz wacker schlug.

Dann starben meine Kinder direkt vor meinen Augen.

In den ersten Monaten nach dem Unfall, als ich dem Sturm der Trauer ausgesetzt war, funktionierte nichts mehr von dem, was ich vorher zu tun pflegte. In meinem Zorn habe ich Gott manchmal angeschrien, unfähig irgendeine Andacht zu machen. Mitten in der Depression wollte ich nichts lesen, weder fröhliche noch andere Texte! Ich wollte einfach nur sterben.

Einmal versuchte ich aufrichtig, meinen Glauben wieder auf Touren zu bringen und las das gute Buch meines Freundes Dwight Nelson mit dem Titel A New Way to Pray. Darin bringt er den Lesern nahe, beim Gebet Worte aus der Bibel zu benutzen und sich auf diese Weise vom Wort Gottes berühren zu lassen. Ein großartiger Gedanke und sicher ein Segen für viele Menschen! Doch als ich es versuchte, löste die biblische Sprache bei mir immer wieder das Gegenteil des Erwünschten aus. Ich verstand das nicht selten verwendete Wort »furchtbar« falsch. Als ich las, wie eine Person aus der Bibel über die »furchtbaren« Taten Gottes redete (»furchtbar« im Sinne von »großartig« und »gewaltig«), schäumte ich vor Zorn. Ich schrie Gott an: »Ja, Gott! Du hast auch mir einige ziemlich furchtbare Dinge angetan! Du hast meine Kinder vor meinen Augen sterben lassen, meine Frau ist jetzt behindert und ich schaue verzweifelt, wie ich mit dem nackten Leben davonkomme! O doch, ja! Furchtbare Taten! Genau! Herzlichen Dank, lieber Gott!!! Richte deine Zerstörungswut gefälligst auf jemand anders!« Für manchen klingt das in einer Welt der Kraftausdrücke und Schimpfwörter nicht wie ein Zornausbruch. Doch ich war nie einer gewesen, der zum Fluchen neigte. Beißender Sarkasmus, der sich ins Fleisch meiner Gegner bohrte, war meine Waffe der Wahl. Ja, ich war fuchsteufelswild. Ich warf die Bibel von mir und hatte monatelang keine sinnvolle Kommunikation mehr mit oder über Gott.

Ich predigte nicht mehr und bemühte mich nicht mehr, andere mit dem Evangelium zu erreichen. An jenem Punkt gab es ohnehin nichts Gewinnendes mehr in irgendeinem Bereich meines Lebens. Ich war nichts als ein Mann, der abwechselnd unter Wut oder Niedergeschlagenheit litt und sich mit seiner Frau gegenseitig immer wieder Wunden zufügte.

Penny und ich stritten viel. Obwohl wir bewusst versuchten, in unsere Ehe zu investieren, weil wir dem Gespenst der Scheidung den totalen Krieg erklärt hatten, schien zwischen uns oft mehr zu stehen als außerhalb von uns. Ich hatte den Eindruck, sie brauche meine Hilfe, um zu trauern. Auch ich brauchte ihre. Doch wir beide trauerten unterschiedlich und das Bemühen, dem anderen zu schenken, was er vermeintlich brauchte, führte oft zu Streit. Häufig zogen wir uns zornig und verzweifelt in die gegenüberliegende Ecke des Hauses zurück, völlig verunsichert von den Worten, die wir uns einander an den Kopf geworfen hatten. Zu dem Schmerz durch die ungeduldigen und wütenden Worte, kam noch die Qual der paradoxen Einsamkeit, die man spürt, wenn man gerade die Person verletzt oder von ihr verletzt wird, die einen am besten kennt und am meisten liebt.

Wenn mein Glaube versagt

Dann versuchte ich noch einmal ein Glaubensmann zu sein und Sinn im Schmerz zu finden. Deshalb wollte ich ja beten. Denn ich brauchte Hilfe. Doch wenn ich die Augen schloss und betete, erfasste mich oft ein Flashback. Der Schmerz, die Furcht, das Versagen attackierten mich, bis ich unkontrolliert zitternd in der Ecke saß. Spätestens dann hörte ich mit Beten auf. Ich weiß, wenn andere solche Flashbacks bekämen, würden auch sie mit Beten aufhören. Also musste ich wohl meinen Glauben verloren haben, entschied ich.

Einige Zeit danach erzählte ich unserem Seelsorger, ich müsse meinen Glauben wohl verloren haben. Ich sagte einfach: »Frank, ich denke, ich bin kein gläubiger Mensch mehr, weil … ich kann nichts mehr von dem tun, was ich früher getan habe.« Er hörte mir zu und bat mich, das genauer zu erklären. Ich sagte, ich könne mit Gott nichts mehr anfangen und nichts mehr für ihn tun. Alles, was ich früher getan habe, sei machtlos. Außerdem sei ich wütend auf Gott wegen meines Schicksals. Wie konnte Gott meine lieben Kinder so sterben lassen? Dann sagte er etwas, was ich nie mehr vergessen werde.

Lass dich von Gott lieben

Er schaute mir direkt in die Augen, hielt inne und sprach folgende Worte in mein Leben: »Bryan, nicht was du für Gott tust, baut deine Beziehung auf; sondern was Gott für dich tut! Im Moment bist du verletzt und kannst nichts tun. Lass dich von Gott umarmen und in deinem Verletztsein lieben!« Er erklärte weiter, dass unser großer Gott, der Schöpfer aller Menschen in allen Lebensbereichen von ganzem Herzen um uns wirbt. Wir entscheiden uns nicht für ihn. Er hat sich schon für uns entschieden!

Erstaunlich. Jeder, der einer Glaubensgemeinschaft angehört, hat diese Worte schon häufig gehört. Doch anscheinend nehmen wir uns einen Teil davon heraus und fügen ihn in unser falsches Gottesbild ein – so wie ich. Ich leitete meinen Wert immer noch davon ab, wer ich war, statt davon, wer Gott ist. Ein gigantischer Unterschied!

Vielleicht könnte man diesen Teil meiner Geschichte unter die Überschrift »Bekenntnis eines Pharisäers« setzen, weil Gott mich buchstäblich zerbrechen musste, damit ich das erkannte. An jenem Nachmittag half mir Frank die erstaunliche Liebe Gottes mitten in meiner absoluten Unfähigkeit zu erkennen. Das veränderte mich. Lichtstrahlen fielen in mein Dunkel.

Ich sah den Gott Abrahams plötzlich als einen Gott, der tief, beharrlich und voller Hingabe liebt, der um mich wirbt und Ereignisse einfädelt, die mich frei machen. Vor allem ein Vers bekam eine ganz neue Bedeutung für mich. In Jeremia 31,3 sagt Gott dem Volk nach einer entsetzlichen Zeit des Gerichts und der Gebrochenheit: »Mit ewiger Liebe habe ich dich geliebt; darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Gnade.«

Unvorstellbar! Ich hatte dein Eindruck gehabt, dass ich Gott anderen bringen oder sie mit einem theologischen Glaubensgrundsatz konfrontieren musste, bevor Gott sie lieben und retten konnte. Aber nein! An diesem Tag erkannte ich zum ersten Mal, dass Gott den ersten Schritt macht, dass er zuerst handelt. Nicht wir entscheiden uns für ihn. Er hat sich bereits für uns entschieden! Wie ein Traktorstrahl aus Star Trek zieht uns der Gott des Universums buchstäblich zu sich. Ein verblüffender Gedanke!

Nachdem ich mit Frank gesprochen hatte, erzählte ich Penny von meiner neuen Erleuchtung. Wir überlegten, was das bedeutete. Ein neuer Blickwinkel auf Gott entstand. Konnte es wirklich wahr sein?

Das Gleichnis zweier Väter

Ich vergleiche unsere radikal neue Erkenntnis gerne mit einem kleinen Kind, das zu seinem Vater rennt, dem völlig klar war, wo sich sein Kind befunden hat und der es aufmerksam beobachtet. Plötzlich stürzt das Kind auf den unbarmherzigen Asphalt und schürft sich die Knie, Hände und den Kopf schlimm auf. Es blutet, hat tiefe Wunden, große Schmerzen, und brüllt los. Der Vater rennt schnell zu ihm, nimmt es vorsichtig auf den Arm, hält es fest und versorgt seine Wunden, ja wichtiger, sein Kind. Er spricht tröstende und ermutigende, aber keine verurteilenden Worte. Die Zeit scheint still zu stehen, während seine Liebe das leidende Kind umgibt.

Die meisten von uns können sich diese Szene vorstellen, weil wir wissen, dass Eltern sich fast immer aufrichtig, um das Wohl ihrer Kinder sorgen. Doch ich hatte ein verzerrtes Bild von Gott. Ich konnte diesen Blickwinkel nicht einnehmen. Aus irgendeinem Grund hatte ich ein anderes Gottesbild.

Stellen wir uns einen Vater vor, der von Weitem zuschaut, die Leistung des kleinen Jungen beurteilt, der sich anstrengt, um sein Lob zu ernten, und dabei immer schneller wird. Die unerfahrenen Füße stolpern an einer Unebenheit, und der kleine Läufer stürzt zu Boden. Der Junge schreit vor Schmerzen, aber der Vater bleibt, wo er ist, und schreit seinen Sohn an: Steh auf und lauf weiter! Pass auf, dass du nicht noch mal hinfällst und renn schneller – schneller!

Was für ein Gegensatz. Frank hatte uns eingeladen, Gott wie den ersten Vater zu betrachten, nicht wie den zweiten! Doch mein Bild von ihm glich mehr dem zweiten Vater. Jetzt mit unseren tiefen seelischen Wunden, konnten Penny und ich nicht rennen. Wir hatten nichts zu geben und auch nichts mehr zu beweisen. Wir waren am Ende. War es möglich, dass Gott uns mit unseren Schmerzen in den Armen hielt und uns Zeit zum Heilen schenkte? Die Worte hallten nach: »Lass dich von Gott lieben!« Sicher, schlussendlich würde es vielleicht wieder eine Zeit zum Rennen geben, aber das würde noch lange dauern. Auch der Grund zum Rennen würde ein anderer sein. Wir mussten aufgrund dieser erstaunlichen Liebe unseren Wert nicht mehr irgendjemand beweisen.

Die Heilung hat begonnen

Dieses für uns neue Element von Gottes Gnade und Liebe floss in unsere gebrochenen Herzen und brachte allmählich Heilung. Es war keine Spontanheilung. Sie reifte monatelang heran. Aber wir lernten, wie man sich von Gott lieben lässt. Wir dachten nicht mehr, wir müssten etwas leisten, um bei ihm angenommen zu sein. Wir ließen uns einfach so lieben, wie wir waren, auch in unserer Gebrochenheit. Es war in Ordnung, dass alles wehtat und er uns liebevoll umarmte. Als wir diesen Worten Glauben schenkten, hielten wir Ausschau nach weiteren Botschaften dieser unverdienten Liebe und Annahme.

Wieder öffneten wir unsere verletzten Herzen den ermutigenden Worten der Bibel. Berichte über Vertrauen und vollbrachte Wunder ließen immer mehr Hoffnung in uns aufkeimen. Vergebung und Geduld, mit denen Gott durch die Geschichte hindurch dem Menschen begegnet ist, ließen uns erkennen, dass Gnade und Barmherzigkeit länger auf uns einwirken, als wir es uns hatten vorstellen können. Ein neues Bild von Gott entstand.

In der warmen, liebevollen Umarmung, bildete sich eine Kruste auf den entzündeten, schmerzenden Geschwüren, und sie vertrockneten. Als Gottes Liebe in unsere Herzen ausgegossen wurde, hatten wir mehr Geduld miteinander. Die explosive Wut schmolz dahin. Als der Nebel der Depression sich langsam hob, konnten wir allmählich nach vorne schauen, viel weiter als es noch vor Monaten der Fall gewesen war. Weil wir uns von Gott hatten lieben lassen, saßen wir also nun an jenem Morgen am Frühstückstisch, starrten uns an und hatten die monumentale Erleuchtung, dass nur zwei Menschen an jenem Tag in dem Unfall gestorben waren. Diese Aussage löste in unserer Welt einen Paradigmenwechsel aus. Was hatte das zu bedeuten?

War es möglich, dass der liebende Gott uns verschont hatte, weil er mit uns noch einen Plan verwirklichen wollte? War es möglich, dass er uns seine Liebe auf eine Weise spüren lassen wollte, von der wir nicht einmal ahnten, dass wir sie brauchten? Konnte es sein, dass Caleb und Abigail im Großen und Ganzen nur Schmerz und Krankheit verpassten? War es möglich, dass sie nach der Auferstehung der Toten (wie sie die Bücher der abrahamitischen Religionen lehren) an einem Ort aufwachsen werden, wo Liebe statt Sünde regiert? Was hatte dieser erstaunliche Gott mit Penny und mir jetzt vor, wenn das alles stimmte?

Als wir über diese Fragen nachdachten, begannen kleine Ideen wie Hoffnungssamen in unseren aufgebrochenen Herzensfurchen aufzukeimen und das Wasser aller Tränen der vergangenen Monate hungrig aufzusaugen. Jetzt konnten sie zu einer Ernte der Hoffnung heranwachsen. Der Winter war vorbei, der Frühling war gekommen.

Die Sonne ging wirklich auf mit Heilung unter ihren Flügeln und lud uns ein zu den Abenteuern der kommenden Tage unseres Lebens.

Fortsetzung             Teil 1 der Serie             In Englisch

Aus: Bryan C. Gallant, Undeniable, An Epic Journey Through Pain, 2015, Seite 94-103


 

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