Und alle, die geistlich werden wollen. Von Ellen White
Wenn ein Geistlicher täglich in der Jesus-Schule lernt, ist er sich immer bewusst, dass Gott ihm mit dem Auftrag gesandt hat, Dinge zu tun, die Ewigkeitswert haben. Wer auf diese Schule geht, wird keine Aufmerksamkeit für sich, seine Bildung oder seine Fähigkeit suchen. Sein einziges Ziel besteht darin, Sünder zum Retter zu führen. So weit überragt nämlich der Messias alles, dass man sich selbst darüber vergisst. Wer erkennt, wie schwach und unwürdig er ist, wie kümmerlich sein Einsatz verglichen mit dem seines Retters, der bleibt demütig, selbstkritisch und verlässt sich, was Kraft und Leistung betrifft, auf Jesus.
So jemand spricht mit einer Vollmacht, die von oben kommt. Sein Herz ist erfüllt mit Jesu Mitgefühl und Liebe, und sogar steinharte Herzen, die schon lange gegen Gott verhärtet waren, werden durch die ernst gemeinten Aufrufe eines solchen Geistlichen weich. Denn sie ziehen Sünder zum Kreuz.
1. Fürbittegebete für den Sünder
Geistliche sollten nicht zögern, wenn es ums Gebet geht. Leider wird unter den Geistlichen, die Jesus nachfolgen, noch viel zu wenig gebetet. Sie tun sich statt dessen selbst viel zu viel hervor. Zu wenig weinen sie zwischen Vorhalle und Altar mit den Worten: »HERR, schone dein Volk und lass dein Erbteil nicht zuschanden werden.« (Joel 2,17) Zu wenig reden sie von Jesu Liebe und Mitgefühl. Dabei setzt sich der Messias doch ununterbrochen für Sünder ein. Wer mit ihm an einem Strang ziehen will, tut also am besten Dinge, die zu dem passen, was im Himmel geschieht!
Jesus hat für uns die Himmelstür geöffnet. Also können auch wir am Gnadenthron Fürsprache tun: Wir dürfen heilige Hände aufheben ohne Zorn und Zweifel (1. Timotheus 2,8) und die Menschen vor Gott bringen, um die wir uns bemühen. Im Glauben dürfen wir den Himmel offen sehen und dort den verherrlichten Gottessohn erblicken, den Hohen Priester unseres Heils, wie er für die Sünder eintritt.
Es reicht nicht, den Menschen zu predigen. Es gilt, für sie und mit ihnen zu beten. Wir können ihnen nicht helfen, solange wir ihnen mit kühler Distanz begegnen. Sie brauchen Mitgefühl, wie es Jesus hatte, und müssen seine Liebe spüren.
2. Ständige Gemeinschaft mit dem Himmel
Geistliche dürfen mit Gott wandeln wie Henoch damals. Das beste Gesprächsthema für sie ist die grenzenlose Liebe des Erlösers, die beste Art, Einsatz zu bringen, ist, dies ernsthaft und selbstlos zu tun, so wie auch Jesus es tat. Nur wenn ihre Herzen von der Liebe des Retters erfüllt sind, können sie Vorurteile bei ihren Zuhörern abbauen. Da Neubekehrte selten das geistliche Niveau ihrer Lehrer übertreffen, ist es ungeheuer wichtig, dass alle Bibellehrer geistlich gesinnte Menschen sind, die ständige Gemeinschaft mit dem Himmel haben.
Göttliche Vollmacht allein bringt sündhafte Herzen zum Schmelzen, macht reuig und führt zum Messias. Weder Luther, Melanchthon, Wesley, Whitefield noch irgendein anderer Reformator oder Lehrer hätte aus sich selbst die Herzen so ansprechen und so großartige Resultate erzielen können. Doch Gott sprach durch sie. Die Menschen spürten den Einfluss einer höheren Macht, der sie sich unwillkürlich hingaben. Wer sich heute selbst vergisst und sich bei der Seelenrettung ganz auf Gott verlässt, der kann durch Gottes Hilfe erleben, dass sein Einsatz auf herrliche Weise zahlreiche Menschenleben rettet.
Ich muss leider sagen, dass viele unserer Geistlichen zu wenig Vollmacht haben. Gott möchte sie zwar liebend gerne mit seiner Gnade ausstatten, aber sie lassen einen Tag nach dem anderen verstreichen, haben nur dem Namen nach Glauben, predigen die Wahrheit in der Theorie ohne jene Lebenskraft, die aus einer persönlichen Verbindung mit dem Himmel kommt und die Worte direkt ins Herz dringen lässt. Wenn doch unsere Geistlichen aus ihrem geistlichen Schlaf erwachen würden, damit ihre Lippen mit einer lebendigen Kohle vom göttlichen Altar berührt werden! Sie dämmern im Halbschlaf vor sich hin, während um sie herum Menschen in Finsternis und Irrtum umkommen.
3. Erfüllt von ernstgemeinter Liebe
Ihr Diener des Messias, versucht die aufzuwecken, die tot in Übertretungen und Sünden sind. Lasst eure Herzen vor Liebe zu Gott und euren Mitgeschöpfen leuchten. Eure ernsthaften Bitten und Warnungen werden ihnen zu Herzen gehen. Eure mitfühlenden Gebete werden ihre Herzen erweichen und sie in Reue zum Retter führen. Ihr seid Botschafter für den Messias, die seine Heilsbotschaft einer untergehenden Welt verkündigen. Auf euch ruht eine gewaltige Verantwortung. Ihr gehört euch nicht selbst. Für eure Erlösung hat der Retter einen Schmerzens- und Blutpreis bezahlt. Auf euren Dienst hat er ein Anrecht. Er rechnet mit eurem bereitwilligen Mitwirken in der Seelenrettung. Denn er braucht alle eure mentalen und körperlichen Fähigkeiten für die Rettung von Seelen. Wachst ihr allerdings nicht kontinuierlich in seiner Gnade und in der Erkenntnis der Wahrheit, so werft ihr ein schlechtes Licht auf ihn.
4. Bereitwilliger Dienst
Welches Leid du auch immer zu tragen hast, lass kein einziges murrendes Wort über deine Lippen kommen. Jesus hat für dich mehr ertragen, als du je für ihn ertragen könntest. Er hat sein Leben für deine Erlösung geopfert. Immer wenn er zu dir sagt: »Arbeite heute in meinem Weinberg!«, lass nicht zu, dass eigene Wünsche oder weltliche Ziele dich davon abhalten, ihm fröhlich und bedingungslos zu dienen.
5. Authentischer, allgegenwärtiger Glaube
Gott ruft alle auf, die in seinem Namen die ernsteste Botschaft verkünden, die der Welt je gegeben wurde: Verkörpert die Wahrheit im täglichen Leben! Würde dies geschehen, würden viele, die sich hinter der Brüstung des Unglaubens verschanzen, zum Glauben an die Wahrheit gebracht. Der Einfluss eines echten Christen ist wie der helle Sonnenschein, der die Finsternis vertreibt, wo immer man ihn hineinlässt. Argumenten kann man ja widersprechen, Überzeugungsversuchen und Bitten kann man die kalte Schulter zeigen, die wortgewaltigsten Aufrufe kann man ignorieren; aber durch tägliche Frömmigkeit in allen Lebensbereichen, uneigennützige Liebe zu anderen, die einem ins Gesicht geschrieben steht und aus den Worten zu spüren ist, durch solche Frömmigkeit und Liebe werden Aufrufe fast unwiderstehlich.
6. Bibelstudium und Gebet
Geistliche können nur dann wirksam Seelen retten, wenn sie die Bibel studieren und Männer des Gebets sind. Es wäre eine Sünde, wenn man andere im Wort unterrichten wollte, ohne es selbst gründlich zu studieren. Wer den hohen Wert von Menschenseelen begreift, wird in die Festung der Wahrheit fliehen und sich dort Weisheit, Erkenntnis und Gotteskraft holen. Nicht eher wird er ruhen, bis er von oben gesalbt wurde. Denn zu viel steht auf dem Spiel, als dass ihm sein geistlicher Fortschritt egal sein könnte.
7. Ein lernwilliges Herz
Meine Brüder, denkt daran, dass zu wenig Gebet und Weisheit eine Seele aus dem Gleichgewicht bringen und in den Untergang schicken kann. Wir können es uns nicht leisten, leichtsinnig und gleichgültig zu sein. Wir sollten zu jeder Zeit und Unzeit bereit sein. Wir brauchen Vollmacht und diese Vollmacht gibt Gott uns gerne und uneingeschränkt, wenn wir zu ihm gehen und ihn beim Wort nehmen. Der HERR bittet allein um ein demütiges, zerschlagenes Herz, das bereit ist, seinen Verheißungen zu glauben und sie zu empfangen. Wir brauchen nur das einzusetzen, was Gott in unsere Reichweite gestellt hat. Dann werden wir von ihm gesegnet werden.
Review and Herald, 24. März 1903
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